Titel: Ueber die Anforderungen, welche an ein für Bierbrauereien bestimmtes Wasser zu stellen sind.
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 495
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Ueber die Anforderungen, welche an ein für Bierbrauereien bestimmtes Wasser zu stellen sind. Ueber Wasser für Bierbrauereien. Wenn man auch vielleicht der Beschaffenheit des Wassers zuweilen einen zu großen Einfluß auf die Güte des Bieres hat zuschreiben wollen, so haben doch neuere Versuche bestätigt, daß einige Bestandtheile des Wassers ungünstig auf das Weichen der Gerste, auf den Sud- und Gährungsproceß einwirken können. Besonders bedenklich ist die Anwendung eines mit in Zersetzung begriffenen organischen Stoffen verunreinigten Wassers. Dieselben bleiben an der Gerste hängen, setzen ihren Zersetzungsproceß auf der Weichtenne fort, veranlassen Fäulniß und Schimmelbildung und können nach Schneider (Die Mälzerei, Leipzig 1875. Verlag von Spamer) unter Umständen selbst noch die Gährung der mit solchem Malz hergestellten Würze schädigen. Auch Gerbsäure, Quellsäure und Quellsatzsäure wirken schädlich; Wasser aus Waldungen und aus Flüssen, welche Gerbereiabfälle aufnehmen, ist daher mit Vorsicht anzuwenden. (Der Bierbrauer, 1872 Bd. 3 S. 226.) Bier, welches mit einem durch thierische Auswurfstoffe verunreinigten Wasser hergestellt wurde, zeigt erfahrungsmäßig eine nur geringe Haltbarkeit. Auch das Eindringen von Abwässern der Brauerei selbst macht sich durch störende Einflüsse auf den Gährungsproceß bemerklich. (Zeitschrift für Bierbrauerei, 1876 S. 222.) Ein Ammoniakgehalt des Wassers wirkt beim Weichen der Gerste auf den Kleber nachtheilig ein und verzögert oder verhindert die Keimung. Schwefelwasserstoff disponirt Kleber und Hefe zur Fäulniß und stört die diastatische Kraft des Malzes. (Der Bierbrauer, 1872 Bd. 3 S. 220.) Von den Salzen scheinen namentlich die Magnesiumverbindungen bedenklich zu sein, während die Alkalisalze in der gewöhnlich vorhandenen Menge als unschädlich bezeichnet werden dürfen. (Der Bierbrauer, 1873 Bd. 4 S. 149.) Ueber die Bedeutung der im Wasser gelösten Kalkverbindungen sind die Ansichten noch getheilt. Thausing (Zeitschrift für Bierbrauerei, 1876 S. 325) fordert reines Wasser zum Weichen; gutes Brunnenwasser ist nach ihm besser als jedes Bach- oder Flußwasser. Derselbe stellte mit einem Wasser, welches 2g,6 Gyps in 1l enthielt, Brauversuche an, aus denen hervorgeht, daß Gyps im Maischwasser unschädlich ist. Der kohlensaure Kalk scheint insofern nützlich zu sein, als er die bei der Bierbereitung auftretenden schädlichen Säuren bindet. Uebrigens wird das Bicarbonat des Kalkes sowohl wie das der Magnesia, wenn die Maischen oder das Maischenwasser gekocht werden, in Carbonate umgewandelt, die als unlöslich ausfallen und von den Trebern im Läuterbottich zurückgehalten werden. (Fünftes Programm der Brauerschule in Mödling.) Nach Schneider bringt weiches Wasser, zum Weichen der Gerste angewendet, den Quellproceß rascher fertig als hartes Wasser; außerdem werden aber der Gerste etwas mehr Extractivstoffe und Salze entzogen als mit hartem Wasser, so daß Vorsicht erforderlich ist. Von einer Seite wird angegeben, daß Kalk oder Kreide die Bierwürze roth färbe; russische Brauer sollen zuweilen zum Dunkelfärben der Biere der Würze Kalk beim Hopfengeben zufügen. (Zeitschrift für Bierbrauerei, 1876 S. 461.) In England herrscht die Ansicht vor, daß zur Herstellung eines guten Ale (Burton-on-Trent) ein gyps- und kalkhaltiges Wasser erforderlich sei (vgl. 1831 41 395). Man blieb nicht nur beim Lobe des Burton-Wassers stehen, sondern ging noch weiter, so daß man, im Vertrauen auf die Förderlichkeit eines Gypsgehaltes, das Burton-Wasser so zu sagen künstlich durch einen absichtlichen Gypszusatz herzustellen oder nachzuahmen suchte. Von Shutes und Comp. (Duke-Street in Derby) wird für diesen Zweck bestimmter Gyps eigens fabrikmäßig erzeugt: Shutes and Co.'s specially prepared gypsum for mixing with water for brewing purposes.“ Diese Firma betont in ihrem Prospect die Eigenschaften des gypshaltigen Wassers noch besonders in der Angabe: The gypsum in the water gives it the property of extracting all the alcoholic principles of the malt, without extracting the colouring matter. (Der bayerische Bierbrauer, 1876 S. 241.) Lintner (Zeitschrift für Bierbrauerei, 1876 S. 452) stellt an ein Wasser, welches zu Brauereizwecken verwendet werden soll, dieselben Anforderungen wie an ein gutes Trinkwasser. Zu hartes Wasser verlangsamt den Weichproceß; sehr weiches Wasser entzieht der Gerste leicht zu viel Salze. Beim Sudproceß ist weiches Quellwasser vorzuziehen; namentlich ist ein Wasser zu vermeiden, welches viel Chloride, Nitrate, Nitrite und organische Stoffe enthält; auch ein stark eisenhaltiges Wasser wird von den Brauern gefürchtet, doch sind Beispiele vorhanden, wo selbst mit eisenhaltigem Wasser ein gutes Gebräu erzielt wurde. Gypshaltiges Wasser befördert die Klärung der Würze. (Die Bierbrauerei, S. 120). Nach Faßbender sind die Vortheile, welche einem größern Gypsgehalte des Brauwassers zuzuschreiben sind: rascheres Brechen der Würze und eine nicht zu schnelle Vergährung derselben; Nachtheile kennt er keine. (Zeitschrift für Bierbrauerei, 1876 S. 220. 331.) Tauber (Der bayerische Bierbrauer, 1873 S. 86) hat seiner Zeit festgestellt, daß ein großer Theil des Gypses in die Treber übergeht: bei gesättigtem Gypswasser, und das Malz mit dem vierfachen Gewicht Gypslösung gemaischt, sogar 63,9 Proc. des Gypsgehaltes; die Gypslösung der fertigen Würze zugesetzt, weit weniger nur beziehungsweise 21,5 Proc., – ein für die Brauerei, wenn man aus andern Gründen einen Gypsgehalt wünscht, sehr wichtiges Factum. Tauber begrenzte seine Untersuchung nach dieser Richtung und ließ die Frage, was außerdem in den Niederschlag resp. in die Treber an Würzebestandtheilen überging, einfach offen. L. Geisler (Der bayerische Bierbrauer, 1876 S. 244) hat dieselbe nun dahin erweitert: ob in der That, wie gewöhnlich angenommen wurde, Proteïnsubstanzen mit dem Gyps resp. dessen Kalkgehalt niedergeschlagen und aus der Würze in die Treber übergeführt werden. Die Versuche Geisler's haben die erwähnte Frage verneint. Ein und dieselbe Malzsorte (unterdarriges Münchener Malz) wurde wie bei der sogen. Maischprobe einmal mit destillirtem Wasser, in der Parallelprobe mit gesättigter Gypslösung eingemaischt und in beiden Würzen der Proteïngehalt durch Verbrennung mit Natronkalk ermittelt. Es ergab sich: In 100 Th.Extract. Aus 100 Th.Malztrockensubstanz. Gemaischt mit destillirtem Wasser 4,03 Proteïnoide     2,77 Proteïnoide        „        „    concentrirter Gypslösung 4,21        „     2,88        „ Es verblieb also der volle Proteïngehalt in der Würze, und eine ungünstige Wirkung des Gypsgehaltes im Brauwasser kann nicht aus der Entfernung von Proteïnkörpern durch denselben aus der Würze erklärt werden. C. Frank bestimmte den Phosphorsäuregehalt der mit destillirtem Wasser und in einer Parallelprobe mit gewöhnlicher gesättigter Gypslösung erhaltenen Würze. Derselbe fand hierbei: Phosphorsäurein 100 Th. Extract. Gemaischt mit destillirtem Wasser 0,61        „         „   concentrirter Gypslösung  0,33. Es war also der Phosphorsäuregehalt in der Würze durch die Anwesenheit des Gypses nahezu auf die Hälfte herabgestimmt. Dies dürfte die beobachtete nachtheilige Wirkung gypshaltigen Wassers in gewissen Fällen vollkommen zu erklären im Stande sein, da ein so beträchtliches Herabstimmen des für Ernährung der Hefe ganz wesentlichen Phosphorsäuregehaltes für die Gährung nicht gleichgiltig sein kann. Bei dieser Gelegenheit hat Frank auch die von Leyser schon früher (Der bayerische Bierbrauer, 1869 S. 30) behandelte Frage nach dem Einflusse eines Gypsgehaltes im Brauwasser auf die Extractausbeute wieder aufgenommen und gelangte zu demselben Ergebnisse wie Leyser, nämlich daß die Extractausbeute dadurch sehr wesentlich beeinträchtigt wird. Es wurde durch den Versuch erhalten: Extract aus 100 Th.Malztrockensubstanz. Leyser Frank Gemaischt mit destillirtem Wasser 70,38 67,99        „         „   concentrirter Gypslösung 63,23 60,23 Differenz   7,15   7,76. Ein solcher Ausfall in der Extractausbeute ist für die große Praxis durchaus nicht gleichgiltig, wenn auch wohl kaum je eine vollständig gesättigte Gypslösung als Brauwasser zur Verwendung kommt. O. Schottler hat noch einige Versuche ausgeführt, um zu ermitteln, ob die Ausscheidung und Zerlegung des Gypses wesentlich ein Vorgang des eigentlichen Maischens ist, oder ob das geschrotene Malz bereits bei gewöhnlicher Temperatur die Ausscheidung resp. Zerlegung des Gypses bewirke. Die Versuche zeigten, daß letzteres der Fall ist. Lintner zieht aus den zuletzt erwähnten Versuchen folgende Schlüsse: 1) Die Extractausbeute aus dem Malz wird durch einen Gypsgehalt des Brauwassers wesentlich herabgestimmt, bei Anwendung gesättigter GypslösungGppslösung etwa um 6 bis 7 Proc. des lufttrockenen Malzes. 2) Der Gehalt der Würze an Proteïnoiden wird durch den Gypsgehalt des Brauwassers nicht alterirt. 3) Der Phosphorsäuregehalt der Würze wird durch den Gypsgehalt des Brauwassers wesentlich herabgestimmt, bei Anwendung gesättigter Gypslösung (und den übrigen Verhältnissen der Maischprobe) nahezu auf die Hälfte reducirt. 4) Der Aschengehalt der Würze wird durch gypshaltiges Brauwasser nicht entsprechend vermehrt. Bei Anwendung von gesättigter Gypslösung gehen 63 Proc. ihres Fixgehaltes in die Treber über. 5) Auch beim kalten Einmaischen (Satzverfahren) wird bereits der Gypsgehalt des Wassers zerlegt und phosphorsaurer Kalk abgeschieden. F.