Titel: Historische und kritische Betrachtungen über die neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von Karl Karmarsch.
Autor: Prof. Karl Karmarsch [GND]
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 1
Download: XML
Historische und kritische Betrachtungen über die neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von Karl Karmarsch. Karmarsch, Betrachtungen über das europäische Münzwesen. Wirft man einen Blick auf die Wandlungen, welche das Münzwesen der europäischen Staaten seit Beginn des laufenden Jahrhunderts erfahren hat, so ist es unmöglich, dem nach Vervollkommnung strebenden Charakter dieser Bewegung Anerkennung zu versagen; zugleich aber kann der Beobachter sich nicht des Befremdens erwehren über die weiten Umwege, welche man zum Ziele eingeschlagen hat, und über eine ziemliche Anzahl wesentlicher Mängel, welche trotz aller Rührigkeit auf diesem Felde noch bestehen geblieben, ja zum Theil erst neu geschaffen worden sind. In den vorliegenden Blättern beabsichtige ich nicht, die politische und staatswirthschaftliche Seite des Gegenstandes zu erörtern, sondern nur solche Punkte in Betrachtung zu nehmen, welche die äußere Erscheinung der Münzen betreffen, also mehr oder minder nahe dem technisch-wissenschaftlichen Gebiete angehören.Insofern kann die gegenwärtige Abhandlung als eine Fortsetzung oder ein Anhang der Schrift betrachtet werden, welche ich unter dem Titel „Beitrag zur Technik des Münzwesens“ (Hannover, 1856) herausgegeben habe; doch schadet dies ihrer Selbständigkeit nicht. Demnach ist die Aufmerksamkeit auf folgendes zu richten: I. Die Währung. II. Der Münzfuß. III. Die Münzmetalle. IV. Die Münzenformate, und zwar A) an sich betrachtet; B) im Vergleich mit einander als Glieder eines Systems. V. Das Gepräge der Münzen, und zwar A) nach seinem Inhalte; B) nach seiner künstlerischen und technischen Ausführung. Wenngleich hierbei die Staaten Europas zunächst ins Auge gefaßt werden, so soll doch die Gelegenheit nicht unbenutzt bleiben, auch da und dort einen Blick auf außereuropäische Länder zu werfen. I. Die Währung. In allen civilisirten Staaten ist unter normalen Verhältnissen von je her entweder Silber oder Gold das dem Münzwesen zu Grunde gelegte Hauptzahlmittel gewesen, d.h. es hat in ihnen entweder Silberwährung oder Goldwährung geherrscht. Bei reiner Silberwährung kann mehr oder weniger gemünztes Gold zu Hilfe genommen werden; demselben wird aber in diesem Falle kein feststehender Werth in Silbergeld beigelegt, sondern sein Zahlwerth schwankt nach Maßgabe des veränderlichen Marktpreises, welchen das Gold als Waare hat: die Goldmünze unterliegt einem wechselnden „Curse“. Bei reiner Goldwährung dient das Silbergeld nur zur Ausgleichung kleinerer Beträge, welche mit Goldstücken nicht dargestellt werden können, spielt die Rolle einer vornehmern Art Scheidemünze, und darf nur in solcher Menge vorhanden sein, wie diese seine Bestimmung erforderlich macht. Zwitterzustände bilden die Doppelwährung und die gemischte Währung. Erstere besteht in dem gleichzeitigen Vorhandensein der Gold- und der Silberwährung als getrennte und von einander unabhängige Zahlmittel, zwischen welchen der Geschäftsverkehr nach Willkür oder Bedürfniß wählt. Unter der gemischten Währung läuft Goldmünze zu einem festgestellten Zahlwerthe in Silbermünze um, und beide Metalle sind bei allen Zahlungen gleichberechtigt. Die Doppelwährung (welche z.B. im Nordwesten Deutschlands, zumal dem Lande Hannover bis zur neuesten Zeit bestanden hat) setzt das Vorhandensein von solchen relativen Mengen Goldmünzen und Silbermünzen voraus, daß jede dieser beiden ein eigenes Verkehrsgebiet beherrschen kann, sie sich – um so zu sagen – die Wage halten. Gemischte Währung ist nur dann und zwar nothdürftig aufrecht zu halten, wenn die Menge der Goldmünzen gegenüber der Silbermünze einen geringen Betrag ausmacht (wie z.B. in Preußen zur Zeit der Friedrichd'or), schlägt aber bei stark anwachsender Goldmenge entweder in Silberwährung um, indem, der gesetzlichen Werthung der Goldmünze zum Hohn, diese im Verkehr einen veränderlichen Preis in Silbergeld erhält (wie in Frankreich längere Zeit hindurch), oder wird factisch zur Goldwährung (wie ebenfalls Frankreich in den jüngsten Jahren bewiesen hat). Geregelte Zustände in großen Staatsgebieten lassen nur entweder reine Silber- oder reine Goldwährung zu, und für den internationalen Verkehr ist allgemeine Uebereinstimmung in der Wahl zwischen beiden höchst wünschenswerth. Diesem Ziele hat sich die Welt in neuester Zeit außerordentlich genähert, und die Entdeckung der californischen wie der australischen Goldquellen (1848, beziehungsweise 1851) hat für die Goldwährung entschieden. Schätzungsweise wird angegeben, daß die Jahresproduction auf der ganzen Erde betragen habe: im Jahr an Silber an Gold k k 1600   233850   1870 1700   397500   7485 1800   900000  22400 1850   978700 103620 1874 1112000 298700. In 274 Jahren hat sich also die Silberproduction nur auf das 4 3/4fache, dagegen die Goldproduction auf das 160fache gesteigert. Setzt man den Werth von 1k Gold gleich dem von 15k,5 Silber, so findet sich, daß von dem vereinigten Werthe beider Metalle das Gold ausgemacht hat: im Jahre 1600 11,0 Proc. 1700 22,6 1800 27,8 1850 62,1 1874 80,6 womit der dem Golde neuerlich eingeräumte Vorzug in der Ausmünzung schlagend als gerechtfertigt sich darstellt, ebenso wie danach begreiflich ist, daß in früherer Zeit der Silberwährung die Herrschaft zukam. Ein kleiner deutscher Staat, die Hansestadt Bremen, ging mit Annahme der Goldwährung voran (1763) und blieb über ein halbes Jahrhundert lang das einzige Beispiel hierin. Zunächst folgte Großbritannien (1816), dann nach größerer Pause Brasilien (1849), die Nordamerikanischen Vereinstaaten (1853), Portugal (1854), die Mittelamerikanischen Staaten Guatemala, San Salvador, Costa Rica (1870 bis 1871), das Deutsche Reich (1872), Schweden, Norwegen und Dänemark (1873). In Frankreich ist seit 1864 tatsächlich an Stelle der schon längst schwankend gewordenen Mischwährung die Goldwährung eingeführt durch Gehaltsverminderung des Silbergeldes, welches damit den Charakter der Scheidemünze angenommen hat; diesem Vorgange schloßen sich durch Staatsverträge an: 1866 Italien, Belgien und die Schweiz, 1868 Griechenland; und Spanien ist seit 1868 gleichfalls dazu übergegangen. Im Königreich der Niederlande ist 1873 und 1876 die Goldwährung derartig zur Erwägung gekommen, daß deren Annahme als bevorstehend angesehen werden kann. Somit findet sich dieselbe bereits über ein Gebiet verbreitet, dessen Bevölkerungszahl 232 1/2 Millionen beträgt, und von den europäischen Staaten hängen nebst Niederland nur noch Oesterreich-UngarnHier scheinen dem Uebergange zur Goldwährung nur die derzeitigen Geldverhältnisse einstweilen noch im Wege zu stehen. und Rußland der Silberwährung an, während in der Türkei eine der Goldwährung angenäherte gemischte Währung besteht. II. Der Münzfuß. Wenn nach der für alle Zweige des großen Verkehrs so wünschenswerthen allgemeinen Uebereinstimmung der Münzverfassung gestrebt wird, so handelt es sich nebst einer gemeinschaftlichen Währung zunächst um die Festsetzung einer gemeinschaftlichen Münzeinheit und um übereinstimmende Theilung derselben. Auch hierin hat unsere Zeit sehr große Fortschritte aufzuweisen, wiewohl daneben einige Beispiele von recht beharrlicher Widerspenstigkeit vorliegen, deren Motive nicht überall und durchaus stichhaltig sind. Die unbegreifliche, ja fast unglaubliche Buntheit, welche hinsichtlich dieses Gegenstandes bis in eine noch gar nicht entfernte Periode sich breit machte und heut zu Tage nur erst einigermaßen gesäubert ist, kann als einer der Beweise dafür gelten, wie sehr schwer nicht nur Völker, sondern sogar Bruchtheile eines und desselben Volkes zur Einsicht, Verständigung und Regelung in Betreff höchst nahe liegender wichtiger Dinge kommen. Es ist überflüssig, ein Bild davon zu entrollen; die noch nicht entbehrlich gewordenen Bücher, welche neben Maß- und Gewichts- auch das Münzwesen der verschiedenen Staaten behandeln, sind als sprechende Documente in Jedermanns Händen. Aber die Gerechtigkeit verlangt, daß die bessernden Schritte, welche stattgefunden haben, anerkennend hervorgehoben werden. In Deutschland sind die früheren verwirrten Münzzustände mit lobenswerther Consequenz, aber in so behutsam langsamem Tempo der Einigung zugeführt worden, daß man fast an den thierfreundlichen Mann erinnert wird, welcher seinem Hunde den Schwanz stückweise nach und nach abhackte, um ihm weniger weh zu thun. Die Münzconvention von 1837 zwischen den süddeutschen Regierungen; die Schaffung des Doppelthalers als deutsche Vereinsmünze (1838) und des süddeutschen Doppelguldens (1845); der Wiener Münzvertrag von 1857 mit seiner verunglückten Goldmünze (der „Krone“); die demselben theils vorausgegangenen, theils gefolgten langjährigen Discussionen und massenhaften Vorschläge über die zweckmäßigste Wahl einer allgemeinen deutschen Münzeinheit; endlich 1871 bis 1873 die Festsetzung der „Mark“ als solche nebst zugehörigen Bestimmungen – dies sind die Stadien, welche das Einigungswerk durchlaufen mußte, um sein Ziel zu erreichen, und welche als nutzlos verlängerte Geburtswehen den schließlichen Entbindungsschmerz nicht um ein Körnchen verringern konnten, vielmehr nur während eines 34jährigen Zeitraums einen gänzlich verlorenen ungemeinen Aufwand an Kosten und an Thätigkeit der Münzstätten zur Folge gehabt haben. Als interessanter Gegensatz zu dem von Deutschland erzielten Aufgehen mehrerer disharmonischer alter Münzsysteme in einem gemeinsamen gänzlich neuen Systeme stellt sich die Erscheinung dar, daß ein schon länger bestehendes System, nämlich das französische mit dem „Frank“ als Grundlage, neuerlich in einer ansehnlichen Zahl von Staaten einfach adoptirt und an die Stelle eben so vieler verschiedener Systeme gesetzt worden ist. Im J. 1795 begründet und seit 1803 zur Vollendung gebracht, war dasselbe mit der französischen Herrschaft dem Napoleonischen Königreiche Italien (1805 bis 1814) zu eigen geworden, nach dessen Auflösung es im Königreich Sardinien fortbestand, hier im J. 1826 gesetzlich bestätigt wurde und folgerecht auf das ganze jetzige Königreich Italien überging. Nach der Abreißung Belgiens von Holland nahm ersteres im J. 1832 die französische Münzverfassung an; ein gleiches that die Schweiz 1850 (der Kanton Genf mit einigen Abweichungen in der Ausmünzung schon 1838). Eine Reihe anderer Länder folgte diesem Beispiele durch Gesetz oder tatsächlich durch Prägung von Münzen nach dem Frankenfuße, wobei es von wenig Bedeutung ist, daß – gleichwie in Italien der Frank zur „Lira“ umgetauft war – je nach Landesbelieben die Namen der Münzsorten andere wurden. Diese Neuerung erfolgte in Chile 1851, Neugranada 1853, Peru 1863, Ecuador 1866, Rumänien 1867, Griechenland und Serbien 1868, Spanien 1869, Guatemala und San Salvador 1870, Bolivia und Costa Rica 1871, Venezuela 1872. Es umfaßt hiernach das Frank-System schon jetzt ein Gebiet mit etwa 109 Millionen Bewohnern. Im J. 1855, bei Gelegenheit der Weltausstellung zu Paris, wurde der Versuch gemacht, eine allgemeine Münz-Einigung anzubahnen, indem man auf Grundlage der Goldwährung eine „Weltmünze“ zu schaffen vorschlug, wozu ein 25-Frank-Stück ausersehen sein sollte. Der Schritt blieb ohne Erfolg, und doch stehen die schon damals existirenden Goldmünzen der Hauptländer an innerem Werthe dem gedachten (zur Zeit nicht vorhandenen) Stücke so nahe, daß man die vollkommene Gleichstellung für nicht zu schwierig halten möchte. In der That ist, dem gesetzlichen Goldgehalte nach, der englische Sovereign = 25,22 Franken und das nordamerikanische 5-Dollar-Stück = 25,93 Franken; um nicht einer der drei Sorten zu nahe zu kommen, hat man dem deutschen 20-Mark-Stücke den Werth von 24,69 Franken gegeben und so die Abneigung gegen eine etwa drohende Weltmünze documentirt. Oesterreich-Ungarn dagegen schlägt seit 1871, offenbar von andern Ansichten ausgehend, Goldstücke von dem Werthe der 20- und 10-Frank-Stücke, welche nebst der Bezeichnung 20 beziehentlich 10 Franken auch jene mit 8 beziehentlich 4 Gulden tragen, mithin den Uebergang zur Goldwährung und eine Verschwisterung des Gulden- mit dem Frank-System vorahnen lassen. Das jüngste vollendete Beispiel einer Verschmelzung des Münzwesens mehrerer Staaten zu einem neuen einheitlichen Ganzen liegt in der Skandinavischen Münzconvention vom 18. December 1872 zwischen Schweden und Dänemark vor, welcher Norwegen 1873 im Wesentlichen, dann 1875 völlig beigetreten ist. Das hiernach zu prägende Goldstück von 20 Kronen entspricht 27,77 Franken in Gold, geht also gleich der deutschen Münze seine eigene Bahn, aber in entgegengesetzter Richtung und wenigstens mit größerer Entschiedenheit. Hinsichtlich der Theilung der Münzeinheit hat – wie in den Münzeinheiten selbst – Deutschland lange Zeit hindurch den Vorrang durch bunte Mannigfaltigkeit behauptet und dabei die naturgemäße Decimaltheilung – auf welche wir durch unser Zahlensystem und sogar durch unsere zehn Finger hingewiesen sind – beharrlich perhorrescirt, bis endlich mit der neuesten Münzumwälzung auch hierin besserer Rath geschafft wurde. Wir theilten den Thaler in 24 × 12, 36 × 8, 30 × 12, 30 × 10; den Gulden in 60 × 4, 24 × 8; die Mark in 16 × 12; und alles das haben die ältern unter den heute noch Lebenden mit angesehen. Wie naturgemäß die decimale Theilung der Münze selbst uncultivirten Völkern erscheint, zeigt am besten das Beispiel Rußlands, wo schon mit Beginn einer wirklichen Münzenprägung gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Rubel 100 Kopeken galt, und dieser Zustand ununterbrochen fortgedauert hat, während das übrige Europa erst viel später die decimale Eintheilung anordnete, namentlich das Königreich der Niederlande 1816, Griechenland 1828, Portugal 1835, die Türkei 1844, Spanien 1848, Schweden 1855, Oesterreich 1857, das Deutsche Reich 1872, Dänemark und Norwegen 1873 – eine Reihenfolge, welche zu denken gibt. Frankreich erhielt das Decimalsystem im Münzwesen 1795 mit Einführung des Frank, und die schon oben genannten Staaten, welche nachher die französische Münzgrundlage annahmen, haben natürlich auch diese Theilung adoptirt. In Großbritannien ist mit Prägung der Doppelschillinge oder Florins = ein Zehntel Pfund (seit 1849) eine schwache und bisher nicht weitergeführte Annäherung zum Decimalsystem versucht. In den Nordamerikanischen Vereinstaaten besteht die decimale Münztheilung seit 1783, in den Staaten der Argentinischen Conföderation seit 1857, in Bolivia seit 1863, in Mexiko seit 1864, und selbst in Japan seit 1871 (unvollkommen schon von länger her). III. Die Münzmetalle. 1. Gold und Silber. – Die Nothwendigkeit, diese zwei Metalle nicht im ungemischten (feinen) Zustande zu vermünzen, wird jetzt wohl von keinem Einsichtigen mehr bezweifelt, weil es ausgemacht ist, daß diese Metalle vermöge ihrer großen Weichheit zu sehr einer Gewichtverminderung durch Abreibung, wie auch der Verwischung des Gepräges durch Niederdrückung und VerschiebungMan erkennt den Anfang dieser Veränderung bei Münzen aus feinem Silber daran, daß die Buchstaben der Umschriften sich abgestumpft und sichtlich verbreitert haben. unterworfen sind. Wenn demungeachtet die Dukaten und ähnliche Münzen aus beinah feinem Golde sich bis auf den heutigen Tag in einigen Ländern erhalten haben, so sind dagegen Münzen aus feinem Silber gänzlich außer Gebrauch gekommen, nachdem im J. 1840 die letzten feinen Thaler in der Münze zu Klausthal am Harz und 1864 die letzten fast ganz feinen halben Thaler (36 Groten) der Hansestadt Bremen geschlagen wurden. Da man ferner beide edlen Metalle einzig mit Kupfer legirt, so bleibt nur die Frage zu erörtern, in welchem Maße dies geschehen solle, d.h. welches Mengenverhältniß des Kupferzusatzes das zweckmäßigste sei. Bekanntlich würde der Zusatz ein sehr beträchtlicher sein müssen, wenn man durch ihn die größte Härte, also die höchste Dauerhaftigkeit der Münze erreichen wollte; aber diese Rücksicht ist nicht die einzige maßgebende. Durch die zu starke Legirung verlieren Gold und Silber all ihr schönes Ansehen; die Münzen sind dann sehr der Oxydation und Schmutzbildung auf ihrer Oberfläche ausgesetzt, wobei neben dem Kupfer auch Theile des edlen Metalles in den Abgang hineingezogen werden; die große erforderliche Menge Kupfer verursacht unnöthige Kosten und vermehrt oftmals das Gewicht der Stücke in lästigem Grade; endlich ist die Falschmünzerei wesentlich erleichtert, wenn das Metall der Münzen zu stark legirt wird, weil die Abweichung der falschen Stücke in Farbe und Gewicht, welche in diesem Falle aus einer noch weitern Vermehrung des Kupfergehaltes hervorgeht, weniger auffällt. Es erscheint als unmöglich, a priori das beste Legirungsverhältniß festzusetzen; es kann auch nicht ohne weiteres behauptet werden, daß für Gold und für Silber ein gleich starker Zusatz das Angemessenste sei. Lange und gründliche Erfahrung allein vermag über diese Punkte zu entscheiden. In mehr oder weniger lange vergangenen Zeiten hat nicht selten Gewinnsucht der Gewalthaber zu unmäßiger Steigerung des Kupferzusatzes geführt und dann – eine officielle Münzfälschung – jedesmal größte Verwirrung in die Geldverhältnisse gebracht.Es ist nicht uninteressant ein Beispiel an der Münzverschlechterung zu beobachten, welche der Verfall des Römerreichs mit sich geführt hat. Folgendes gibt die Resultate chemischer Analysen von römischen Silbermünzen.Kaiser.Regierungszeit.Feingehalt der Münzen.Vespasian  69 –   790,800Domitian  81 –   960,861Trajan  98 – 117            0,877 – 0,890Hadrian117 – 138            0,809 – 0,882Antonius Pius138 – 161            0,703 – 0,913Marc Aurel161 – 180            0,632 – 0,796Commodus180 – 192            0,671 – 0,797Septimius Severus193 – 2110,547Caracalla211 – 2170,512Heliogabal218 – 2220,506Gordian238 – 2440,282Philipp244 – 2490,434Decius249 – 2510,396.Unter Gallienus (259 bis 268) wurde der Gehalt gar auf 0,200 verringert, worauf Claudius Gothicus (268 bis 270) an die Stelle der silbernen Münzen kupferne, nur dünn übersilberte setzte. Erst unter Diocletian (284 bis 305) gelangte das Münzwesen wieder in einen bessern Zustand.Gegen das Vorstehende halte man aus einer uns näher liegenden Zeit die während des siebenjährigen Krieges 1756 bis 1763 von Preußen auf eigenem und auf erbeutetem fremden Stempel geprägten Gold- und Silber-Sorten, z.B.auf preußischem StempelFeingehalt.Friedrichd'or0,640statt0,906Drittelthaler0,4910,666Sechstelthaler0,3640,520auf sächsischem StempelAugustd'orund0,6400,3120,895Drittelthaler0,3580,833. Von ganz anderer Art ist die Verwendung stark legirten Silbers bei kleineren und ganz kleinen Geldstücken, welchen man dadurch ein größeres und daher bequemeres Format zu geben beabsichtigt, ohne das Gewicht des darin enthaltenen Silbers zu verringern. Dieses Verfahren ist bis zur neuesten Zeit in vielen Ländern, besonders auch in Deutschland, nöthig erachtet worden, wodurch dann oft in den Silbermünzen eines und desselben Staates eine wahre Musterkarte von Silberlegirungen in Münzengestalt umlief (in Preußen z.B. zwischen 1839 und 1875: 0,900 – 0,750 – 0,666 – 0,520 – 0,375 – 0,220, und ähnlich im übrigen Deutschland). Solch wunderlichem Zustande entgegen hat sich das Bestreben geltend gemacht, nicht blos sämmtliche Münzsorten eines Landes aus gleichstark und nur mäßig mit Kupfer versetztem Metall zu schlagen, sondern auch den Gebrauch der gewählten Legirung – sowohl des Silbers als des Goldes – nach und nach allgemein zu verbreiten. Zu diesem entschiedenen Fortschritte ist der Anstoß durch Frankreich gegeben worden, dessen im J. 1803 ergangenes Münzgesetz das zu 0,900 fein legirte Gold und Silber einführte. Dort und damals war diese einfache, nebenher dem Decimalsystem so schön entsprechende Festsetzung völlig motivirt durch den Umstand, daß in den Goldmünzen der meisten Länder und in den zu jener Zeit vorhandenen französischen Silbermünzen das Legirungsverhältniß mit geringen Abweichungen um die Zahl 0,900 schwankte. Mit dem ganzen Münzsysteme Frankreichs wurde auch die neue Legirung in dem unter französischer Herrschaft gegründeten Königreiche Italien (seit 1808) angeordnet, blieb auch nach dem Zerfall jener politischen Schöpfung (1814) in deren Trümmern üblich und ist seit Entstehung des neuen italienischen Königreichs (1861) für die ganze Halbinsel in Geltung getreten. Weiterhin fand, was zunächst die Goldprägung betrifft, die Legirung zu 0,900 Aufnahme in den Niederlanden 1816, in der Schweiz 1818, in Griechenland 1829, Belgien 1832, Nordamerika 1837, Spanien 1848, Neugranada 1849, Chile 1851, Deutschland und Peru 1857, Schweden, Norwegen und Dänemark 1873. Für die Silberprägung kam diese Legirung verschiedentlich, theils zugleich, theils schon früher, theils später, theils auch gar nicht zur Anwendung, zudem hin und wieder mit Ausschluß der kleinsten Münzsorten; die Einführung fand statt 1829 in Griechenland, 1832 in Belgien, 1837 in Nordamerika, 1848 in Spanien, 1850 in der Schweiz, 1851 in Chile, 1852 in Oesterreich, 1853 in Neugranada, 1857 in Peru u.s.w. Deutschland eignete sich dieselbe 1837 für seine Guldenmünzen, 1838 für die Doppelthaler, 1857 für die Thaler, 1873 endlich für sein gesammtes Silbergeld an. In Europa enthalten sich gegenwärtig nur noch Großbritannien, Portugal, die Niederlande, Rußland, Skandinavien und die Türkei des 0,900 feinen Silbers; die zuerst genannten drei Staaten gehen höher hinauf, die übrigen bleiben darunter zurück. Die große Verbreitung, welche solchergestalt die zu 0,900 Feingehalt legirten Münzmetalle bereits erlangt haben, könnte zu dem Glauben verführen, es sei die Frage über Zweckmäßigkeit dieses Mischungsverhältnisses entschieden und abgeschlossen. Dem ist aber keineswegs so. In Ansehung des Goldes mag zugestanden werden, daß mit gedachtem Verhältnisse des Kupferzusatzes das Richtige nahezu getroffen sei, so daß unangemessen sein würde, hierin eine Aenderung zu wünschen oder zu verlangen. Anders rücksichtlich des Silbers, für welches die Würdigung aller vorliegenden Erfahrungen eine etwas größere Beimischung von Kupfer zu fordern berechtigt. Eine unbefangene Betrachtung großer Mengen französischen Silbergeldes, wie man es im Umlauf findet, lehrt unzweideutig, daß das Gepräge desselben ungemein stark leidet – nicht nur durch Abreibung, sondern sehr bedeutend auch durch Verschiebung oder Verwischung, so daß nach 30 bis 40 Jahren auf den Franken die Schrift fast ganz verschwunden ist, die kleineren Stücke aber häufig als glattgeschliffene Plättchen mit geringen Spuren von Gepräge erscheinen. Aus ganz entscheidenden Versuchen hat sich ergeben, daß Münzsilber von dem Feingehalte 0,312 (vielleicht etwas mehr oder weniger) das der geringsten Abnutzung unterliegende ist und namentlich das von 0,900 in dieser Beziehung sehr ansehnlich übertrifft. Man kann aber hiervon, des viel zu hohen Kupfergehaltes wegen, keinen Gebrauch machen und sollte sich – ohne der blosen Nachahmungslust zu großes Recht einzuräumen – nach einem Legirungsverhältnisse umsehen, bei welchem die erreichbar geringste Abnutzbarkeit vereinigt mit einer genügenden Schönheit der Farbe und thunlichster Kupferersparung auftritt. Das vormalige deutsche Thaler-Silber (0,750) entspricht dieser Forderung nicht, wohl aber thut dies das Silber der früheren Conventions-Speciesthaler und Gulden (0,833 1/3), welchem das jetzige Münzsilber der Türkei (0,830) sehr nahe steht, und beinahe eben so gut jenes der Kronthaler und der russischen Münzen (0,868). Frankreich selbst hat kein Bedenken getragen, 1864 und beziehentlich 1866 den Gehalt seines Silbergeldes (mit Ausnahme der Fünffrankstücke) von 0,900 auf 0,835 herabzusetzen, und die Skandinavischen Staaten prägen seit 1873 ihre größeren Silberstücke mit einem Feingehalte von nur 0,800.In dem ersten Entwurfe des deutschen Münzgesetzes war die Legirung 0,875 für die Reichs-Silbermünzen vorgeschlagen. Die Unterschiede zwischen den eben genannten verschiedenen Legirungen treten am deutlichsten hervor, wenn die Menge Silbers ausgesprochen wird, welche darin auf 1 Theil Kupfer enthalten ist: Feingehaltder Legierung. Silber auf1 Th. Kupfer. 0,750 3,00 Th. 0,800 4,00       0,333 1/3 5,00 0,835 5,06 0,868 6,57 0,900 9,00 Am meisten dürfte sich die in der Mitte liegende Legirung 0,833 1/3, d.h. genau fünf Sechstel, empfehlenSie bildet in der That fast genau das Mittel zwischen 0,750 und 0,900 denn die wirkliche Mittelzahl ist 0,825., und im besondern zu den jetzigen deutschen Silbermünzen würde diese schon darum vorzuziehen sein, weil mit ihr sehr einfache Zahlen für die Gewichte der einzelnen Münzstücke sich ergeben, wie ich später zeigen werde. Ihre Abnutzbarkeit darf auf Grundlage einschlagender Versuche um 3 bis 4 Proc. geringer als jene des 0,900 haltenden Silbers und um 4 bis 5 Proc. größer als die des 0,750 haltenden angenommen werden; die Verschiebbarkeit der Theilchen, durch welche das Gepräge ohne Abreibung verwischt wird, ist viel geringer als bei Silber von 0,900, ja vielleicht gar nicht vorhanden. 2. Platin. – Der Versuch, Platin zu vermünzen, ist von Rußland gemacht worden, hat aber nicht zu dauerndem Bestande des Platingeldes geführt. Es wurden seit 1828 Imperial-Dukaten zu 3 Rubel, dann seit 1829 dergleichen doppelte zu 6, und seit 1830 vierfache zu 12 Rubel aus Platin geschlagen. Darin war das Kilogramm Platin zu 96,59 Rubel ausgebracht oder zu sehr wenig über 34 3/4 Proc. vom Werthe eines gleichen Gewichtes feinen Goldes. Anfangs vielleicht mit Neugier aufgenommen, erfreuten sich diese Münzen bald keiner Beliebtheit mehr; die ausgegebenen flossen sehr schnell in die kaiserlichen Kassen zurück, weshalb man 1843 die weitere Prägung einstellte, dann 1845 die Einziehung bewerkstelligte und den gesetzlichen Umlauf aufhob. Dieses Schicksal ist wohl erklärlich: dem Platin mangelt die Schönheit des Ansehens und die allgemeine Verwendbarkeit als Material, da es nur zu wenig Gegenständen verarbeitet wird und die Vereinigung in größere Körpermassen nur durch weitläufige kostspielige Processe erreicht werden kann; als Concurrentin der Goldmünze hat die Platinmünze außerdem das beinahe dreimal so große Gewicht bei gleichem Werthe gegen sich; und endlich ist der Preis des Platins gegen Gold oder Silber ein eben so schwankender, wie jener des Goldes gegen Silber, so daß eine Feststellung seines Werthes in Münzgestalt schon aus diesem Grunde mißlingen mußte. 3. Nickel-Legirungen. – Die Thatsache, daß Scheidemünzen von geringen Werthbeträgen, wenn man sie aus Silber mit Kupferlegirung in zweckmäßiger Körpergröße darstellen will, durch den nothwendig sehr beträchtlichen Kupfergehalt äußerst häßlich roth werden, sobald die weißgesottene Oberfläche sich abgenutzt hat, ist Veranlassung geworden, für dergleichen Münzsorten sich nach andern Metallmischungen umzusehen. Man warf zunächst das Augenmerk auf die weißen Zusammensetzungen, welche das Nickel in Verbindung mit Kupfer und Zink liefert, und welche als Neusilber oder Argentan seit 1824 so bedeutende technische Anwendung gefunden haben. Bei der Reform des schweizerischen Münzwesens im J. 1850 fand die Benutzung einer derartigen Mischung als Zusatz zum Silber in den 20-, 10- und 5-Rappen- (Centim-) Stücken statt. Es wurden folgende Mischungsverhältnisse gewählt: 20 Rappen. 10 Rappen. 5 Rappen. Silber 150 100   50 Kupfer 500 550 600 Zink 250 250 250 Nickel 100 100 100. Die hieraus geprägten Münzen werden freilich nicht durch die Abnutzung roth, verwandeln aber ihre anfängliche weiße Farbe durch längern Umlauf in eine unangenehme schwärzliche; daneben widerstehen sie keineswegs in hohem Grade der Abreibung, vielmehr sind nach 20 bis 25 Jahren häufig die groß aufgeprägten Werthzahlen bis zur Unsichtbarkeit verwischt. Sprechen schon diese Umstände wenig empfehlend, so wiegt noch schwerer der gerechte Tadel, daß hier das Silber geradezu vergeudet und in einer Masse von drei fremden Metallen ertränkt ist, aus welcher es nicht ohne die größten Weitläufigkeiten und Kosten je wiedergewonnen werden könnte. Zu einem Feingehalte von 0,050 bis 0,150 ist man nirgend sonst bei der Scheidemünzprägung herabgestiegen. Das Silber in diesen sonderbaren Münzen kann bei seiner geringen Menge nichts zur schönen Farbe, nichts zur Erhaltung der Schönheit beitragen. Man kann auch nicht sagen, daß es einigermaßen oder annähernd den Werth repräsentire, für welchen die Münze umläuft, wie es bei anderer Silberscheidemünze der Fall ist; aus folgender Zusammenstellung geht dies hervor: Textabbildung Bd. 223, S. 12 Das Stück von; wiegt; enthält demnach Feinsilber; entspricht aber (nach dem Gehalte des Silberfranken vor 1866) Feinsilber Da der neuere Frank selbst schon Scheidemünze ist, so muß zur Vergleichung der ältere gewählt werden; hiernach ist der Münzfuß der in Rede stehenden Scheidemünzen 1,8 bis 2,7 mal so hoch als der Courantfuß. Ein derartiger Scheidemünzfuß ist unerhört und stellt sich über jenen der so übel berufenen „Koburger Sechser“ etc. vergangener Zeit.In Sachsen-Koburg sind zur Zeit des 24-Gulden-Fußes die Sechser nach einem 28-, die Groschen nach einem 32-, die Kreuzer nach einem 39-Gulden-Fuße geprägt, d.h. beziehungsweise zum 1 1/6-, 1 1/3-, 1 5/8fachen des Courantfußes. – In Preußen war, zur Zeit des 14-Thaler-Fußes, für die Scheidemünze der 16-Thaler-Fuß giltig; die Wiener Münzconvention von 1857 bestimmte, neben dem 30-Thaler-Fuße, für die Scheidemünze einen 34 1/2-Thaler-Fuß (im erstern Falle nahezu, im letztern genau das 1,15fache des Courantfußes). In jeder Beziehung also zeigt sich die Schöpfung der 1850 eingeführten und noch jetzt cursirenden Silberscheidemünze der Schweiz als ein verfehltes (deshalb verdientermaßen ohne Nachahmung gebliebenes) Experiment. Das bischen Silber, welches diese Münze enthält, ist überflüssig; Geldstücke von so kleinen Werthbeträgen brauchen kein Silber zu enthalten. Läßt man dieses weg, wird ferner berücksichtigt, daß das Zink in zu großer, das Nickel in zu kleiner Menge vorhanden ist, um eine gute weiße Farbe in Verbindung mit bedeutender Härte und Dauerhaftigkeit zu erzeugen, so gelangt man leicht zu dem Gedanken, auch das Zink fern zu halten; es bleibt dann nichts übrig als ein Gemisch von Kupfer mit Nickel (letzteres zu vergrößertem Antheile), wie es in den „Nickelmünzen“ der neuesten Zeit wirklich auftritt. Die Nordamerikanischen Vereinstaaten machten hiermit den Anfang, indem sie von 1857 bis 1863 Stücke zu 1 Cent mit 12 Proc. Nickelgehalt prägten. Mit Grund hat man diese Mischung (welche weder schön weiß, noch hart genug ist) unzulänglich gefunden und an deren Stelle eine Zusammensetzung mit 25 Proc. Nickel (3 Kupfer, 1 Nickel) eingeführt, woraus seit 1865 Stücke zu 5 und zu 3 Cents geschlagen werden. Dieselbe Composition hatte Belgien 1861 zu vermünzen begonnen (20-, 10- und 5-Centim-Stücke), und sie ist nachher 1871 von Brasilien (200, 100 und 50 Reis), sowie 1873 vom Deutschen Reiche (10- und 5-Pfennig-Stücke), 1876 in Venezuela adoptirt worden. Das Mischungsverhältniß des Nickelkupfers, woraus die englische Regierung seit 1869 Penny- und Halfpenny-Stücke für Jamaika, sowie der Freistaat Honduras gleichfalls seit 1869 seine 1-, 1/2-, 1/4- und 1/8-Real-Stücke prägt, habe ich nicht ermitteln können. Im Allgemeinen zeigen diese verschiedenen Nickelmünzen eine gute weiße, von der des Silbers etwas verschiedene Farbe; immerhin können sie neu leicht mit Silbermünzen gleicher oder nahezu gleicher Größe bei flüchtigem Ansehen, zumal unter schwacher Beleuchtung, verwechselt werdenGewiß haben Andere gleich mir schon viele Mißgriffe beobachtet, die durch Verwechselung von neuen Zehnpfennig-Stücken mit silbernen Fünfzigpfennig-Stücken entstanden., und dies ist ein Umstand, welcher gegen die Nickelmünzen, überhaupt gegen die Anwendung eines zweiten weißen Metalles neben dem Silber, zur Münzprägung spricht. Die Härte des Nickelkupfers in der jetzt üblichen Zusammensetzung verspricht große Dauerhaftigkeit des Gepräges, aber die Stücke nehmen bei längerem Umlauf eine unansehnliche schmutzige Farbe an. Dazu kommt der ziemlich hohe Preis des Materials. Die deutsche Münzprägung hat das Nickel durch die gesteigerte Nachfrage bedeutend vertheuert. Die bis zum 2. December 1876 in den deutschen Münzstätten verfertigten 35160 344 M. Nickelmünzen haben – wenn man annimmt, daß beide Sorten in gleicher Werthsumme hergestellt seien – in knapp 4 Jahren 395554k Nickel erfordert, was im Verhältniß des natürlichen Vorkommens und der Fabrikation dieses Metalles schwer in die Wagschale fällt. Die Kostspieligkeit des Materials nöthigt zu solchen Formaten der Nickelmünzen, vermöge welcher sie sowohl den über ihnen stehenden kleinen Silberstücken als den ihnen untergeordneten Bronzemünzen zu nahe kommen, wie später an den deutschen Geprägen zu zeigen sein wird. Nach all diesem kann man bezweifeln, daß die Einführung der Nickelmünzen durch einen glücklichen Gedanken veranlaßt sei.Eine Vergleichung des Werthes, zu welchem das Nickelkupfer in verschiedenen Staaten bei der Vermünzung ausgebracht wird, gestattet folgende Zusammenstellung.Land.Münzsorte.Deren Nennwerthin deutschenPfennigen.Deren Gewichtin GrammHiernach erfolgenaus 1k NickelkupferDeutsche Mark.Belgien20 Centim167    22,8610      „  8   4,5    17,78  5      „  43    13,33Brasilien200 Reis4615    30,66100    „231023Nordamerika5 Cent21  5423    „  12,6         1,944     64,81Deutschland10 Pf.10  425  5  „  52520 4. Bronze. – Zufolge der Weichheit des Kupfers sind die aus diesem Metalle geprägten Münzen um so mehr einer starken Abnutzung und davon herrührenden Beschädigung des Gepräges unterworfen, als grade das Kupfergeld in besonders hohem Maße den angreifenden Einwirkungen des Kleinverkehrs ausgesetzt ist. Man hat hierin Veranlassung gefunden, dem Kupfer kleine Mengen anderer Metalle zuzumischen, welche dessen Härte, also Dauerhaftigkeit, ansehnlich erhöhen. Namentlich sind Zinn und Zink hierzu gewählt, also an die Stelle der Kupfermünzen Bronzemünzen gesetzt worden. Dieser Schritt ist als eine wahre Verbesserung zu bezeichnen, wenngleich die in Rede stehenden Münzen ihre anfänglich schöne, zum Theil fast goldähnliche Farbe schnell verlieren und nach wenigen Jahren des Umlaufs fast schwarz werden. Bekanntlich sind Bronzemünzen schon im Alterthume gebräuchlich gewesen, wo die Prägung des unvermischten Kupfers weniger stattfand; allein diese antiken Münzen waren im Allgemeinen durch einen weit größern Gehalt an Zinn und besonders an Zink von den heutigen wesentlich verschieden.Von 22 durch Samuel Parkes analysirten römischen Bronzemünzen aus den Jahren 26 bis 403 n. Chr. enthielt nur eine einzige (des Kaisers Constans I. 340) 96,8 Proc. Kupfer nebst Zinn; in allen übrigen wechselte der Kupfergehalt von 63,6 bis 89 Proc., woneben in 19 Stücken 2,5 bis 22,7 Proc. Zink, in 21 Stücken 1,9 bis 9,3 Proc. Zinn und in 9 Stücken 1,4 bis 10,9 Proc. Blei gefunden wurde. Auch in neuer Zeit sind Bronzemünzen gelegentlich zum Vorschein gekommen: in Frankreich 1791 bis 1793 Stücke zu 2 Sous, 1 und 1/2 Sou aus dem Metall der Glocken von aufgehobenen Klöstern; 1793 Belagerungsmünzen der Festung Mainz zu 5 und 2 Sous ähnlichen Ursprunges; 1827 bis 1841 Stücke zu 10 und 5 Centim für die Colonien; in Spanien 1825 bis 1833 Stücke zu 8 und 4 Maravedis; in Portugal 1819 bis 1832 solche zu 40, 20 und 10 Reis; in Neapel 1810 solche zu 3 und 2 Grana. Aber alle diese Fälle sind vorübergehend und meist Nothbehelfe gewesen. Die Schweiz ist es, welche mit Einleitung einer rationellen und consequenten Bronzemünzung im J. 1850 voranging; sie wählte dazu eine Zusammensetzung aus 95 Th. Kupfer, 4 Th. Zinn, 1 Th. Zink. Ihr Beispiel fand rasch Nachfolge, und die eben genannte Metallmischung wurde 1852 von Frankreich, 1855 von Schweden, 1857 von Venezuela, 1860 von Großbritannien, 1866 von Spanien und Aegypten, 1867 von Rußland, Norwegen und Rumänien, 1869 von Griechenland, Serbien und Brasilien, 1873 von Dänemark und dem Deutschen Reiche zur Anwendung gebracht. Sogar für Siam sind Bronzemünzen 1874 in England geprägt. Dänemark hatte vorher (seit 1856) Münzen aus einer besonders schön gelben Legirung von 90 Kupfer mit 5 Zinn und 5 Zink geschlagen. In den Nordamerikanischen Vereinstaaten ist 1864 ein Gemisch von 95 Kupfer mit 5 Zinn und Zink in Gebrauch gekommen, dabei aber das Verhältniß zwischen den beiden letztern Bestandtheilen nicht gesetzlich vorgeschrieben. In Italien bediente man sich seit 1864 einer Zusammensetzung aus 96 Kupfer und 4 Zinn ohne Zink; da jedoch ein bedeutender Theil feiner Bronzemünzen zu Paris geprägt sein soll, so wäre zu vermuthen, daß wenigstens dieser mit der in Frankreich üblichen zinkhaltigen Bronze angefertigt sei. Die Regierung der Türkei hat im J. 1865 für 20 Millionen türkischer Piaster Nennwerth (etwas über 3 2/3 Millionen deutsche Mark) Bronzemünzen in England prägen lassen und lieferte als Material dazu alte Geschützrohre, wonach anzunehmen ist, daß diese Münzen kein Zink und mehr Zinn als die vorerwähnten enthalten. 5. Aluminium. – Ich gedenke dieses interessanten Metalles an gegenwärtiger Stelle nur deshalb, weil es (offenbar von einem Nichttechniker) allen Ernstes zum Prägen von Scheidemünzen – wahrscheinlich anstatt der Nickelmünzen – empfohlen worden ist.Deutsche Industriezeitung, 1873 S. 143. Freilich würde das Aluminium den Vortheil haben, bei geringem Gewichte verhältnißmäßig große Münzstücke zu geben; aber es scheint vergessen zu sein, daß das Metall von verdünnten Säuren und von alkalischer Lauge aufgelöst, durch den Händeschweiß stark angegriffen wird, sehr weich ist und etwa den halben Preis des feinen Silbers hat. (Fortsetzung folgt.)