Titel: Ueber die Methoden zur Conservirung des Fleisches; von Dr. G. Jüdell , Assistent für Chemie an der medicinischen Universitätsklinik zu Erlangen.
Autor: G. Jüdell
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 78
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Ueber die Methoden zur Conservirung des Fleisches; von Dr. G. Jüdell Verfasser dieser Abhandlung ist plötzlich am 26. October 1876 gestorben.Die Red., Assistent für Chemie an der medicinischen Universitätsklinik zu Erlangen. Mit Tabellenbeilage. Jüdell, über die Conservirung des Fleisches. Die hohe nationalökonomische Bedeutung der einschlägigen Technik in Verbindung mit dem Umstande, daß die hierher gehörige Literatur in Zeitschriften und Monographien der verschiedensten wissenschaftlichen Disciplinen sich zerstreut findet, läßt eine möglichst vollständige Sammlung der zu gedachtem Zwecke bisher angegebenen Methoden als eine den Lesern vielleicht willkommene Arbeit erscheinen. Der Tendenz dieses Journals dürfte dagegen ein Eingehen auf die physiologischen Processe der Fäulniß und Verwesung ebenso fern liegen, wie die detaillirte Besprechung der Verhältnisse im Staate und dem socialen Leben überhaupt, welche eine Conservirung des Fleisches nöthig machen. Im Princip kann festgestellt werden, daß ein Mißverhältniß zwischen localer Production und Consumtion, welches begreiflicher Weise durch die mannigfaltigsten Zustände bedingt sein kann, in letzter Linie stets die Veranlassung zur technischen Bearbeitung der Conservirungsfrage abgeben muß. Als wesentlichste Vorbedingungen zum Zustandekommen der Fäulniß sind zu bezeichnen: 1) eine mittlere Temperatur, 2) ein bestimmter Wassergehalt, 3) der Zutritt atmosphärischer Luft, 4) das Fehlen gewisser in noch nicht völlig aufgeklärter Weise wirkenden, sogen. antiseptischen Chemikalien. Entsprechend der großen Anzahl von äußern Gründen, welche die Conservirung des Fleisches von je her nöthig machten, sind dahin zielende Bestrebungen fast so alt wie die Menschheit selbst. Schon die Aegypter kannten das Salzen des Fleisches als Mittel gegen Eintritt der Fäulniß (Herodot); die Römer besaßen ihre Salsamentarii; die Trockenmethode war bei den Armoricanern, die Bereitung von Pemmican und Tasajo schon vor der Entdeckung Amerikas üblich; auch die Chinesen und Mongolen conserviren seit Jahrtausenden ihre Jagdvorräthe durch Pulverisiren getrockneten Fleisches mit Maismehlzusatz. Die Conservirung durch Kälte ist in den nordischen Ländern von Alters her üblich. Das in Frankreich angewendete Salz- und Rauchverfahren für Stockfisch (Boucanage) soll den Caraiben entlehnt sein. Der erste Name einer bestimmten Persönlichkeit in der Geschichte der Fleischconservirung ist der des Holländers Beuckelz (Beukel, auch Pökel geschrieben), welcher im 14. Jahrhundert das noch heute nach ihm genannte „Pökeln“ in Europa eingeführt haben soll.Schleiden (Das Salz, Leipzig 1875, S. 46) erklärt diese Persönlichkeit für legendenhaft und glaubt mit Bestimmtheit annehmen zu müssen, daß schon im 10. Jahrhundert der Heringsfang mit den verschiedenen sich daran schließenden Aufbewahrungsmethoden betrieben worden sei. In den nächsten Jahrhunderten zeigt sich nur ein geringer Fortschritt auf dem Gebiete der Conservenindustrie; zwar soll Boyle 1663 in einem zu Oxford erschienenen Werke ein nicht weiter detaillirtes Conservirungsverfahren mitgetheilt haben, und ebenso erhielten die Engländer Porter und White 1691 durch ein Patent (Nr. 278) das Monopol, mittels einer nicht näher bezeichneten Flüssigkeit Fleisch für alle Klimaten dauernd zu conserviren; doch aber regte erst die Entdeckung des Sauerstoffes und die Gay-Lussac'sche Theorie (1876 221 285) von dem Einflusse desselben auf die organischen Zersetzungsprocesse eine wissenschaftliche Thätigkeit auf diesem Gebiete an, die dann allerdings im J. 1804 schon einen außerordentlichen Aufschwung durch die Entdeckung der Appert'schen Methode nahm. Von nun an entfaltete sich ein sehr reges Leben auf diesem wichtigen Gebiete; in Frankreich war es die Société d'Encouragement, welche 1813 auf den Antrag von François de Neufchâteau ein Preisausschreiben erließ für eine Methode, „das Fleisch zu conserviren (mit Ausschluß des Pökelverfahrens, doch mit dem Postulat derselben Sicherheit), um den Seeleuten ein Mittel an die Hand zu geben, sich eine gesunde und saftige Nahrung zu verschaffen“; das Concurrenzprogramm erlitt 1818 und 1833 Modificationen und wird von 1842 ab in den Bulletins der Gesellschaft nicht mehr erwähnt. In England häuften sich von nun ab Patente auf Patente, deren Inhaber alle mit mehr oder weniger Erfolg dasselbe Ziel und zwar vorwiegend im Interesse der Marine anstrebten. Nur ganz allmälig erweiterte sich der Gesichtspunkt, von dem aus die Bedeutung der Conserven betrachtet wurde, in der Weise, daß die volkswirthschaftliche Seite der Frage mehr in den Vordergrund trat und man die Nothwendigkeit begriff, auch der übrigen Bevölkerung die Wohlthat eines constanten und ausreichenden Fleischconsums zugängig zu machen; und wie sehr die neueren Forschungen auch von den damals maßgebenden Anschauungen differiren, das unbestrittene Verdienst, den Anstoß zur Verwerthung transatlantischen Fleischimportes in Conservenform nach Europa gegeben zu haben, gebührt Justus v. Liebig. Neuerdings hat die Regierung der Argentinischen Republik unter dem 2. November 1868 ein Preisausschreiben erlassen, wonach für die beste Methode, große Massen Fleisch im frischen Zustande aufzubewahren, eine Prämie von 32000 M. bewilligt wurde. Ueber die Ertheilung derselben ist nichts verlautbart. Gleichzeitig machte sich übrigens auf dem so überaus wichtigen Gebiete der Fleischconservirungsindustrie ein Uebelstand bemerklich, welcher dem gedeihlichen Aufschwunge und der wissenschaftlichen Begründung gleichmäßig Abbruch that, und auch von Chevallier lebhaft beklagt wird. Dilettantismus und Speculation herrschten da, wo die exacte Wissenschaft das entscheidende Wort zu sprechen hätte; relativ gering war die Betheiligung hervorragender Kräfte an der Lösung dieses so wichtigen Problems, und erst die neueste Zeit brachte eine Besserung in dieser Hinsicht. Die in stetigem Steigen begriffene Zahl der Conservenaussteller, wie sie aus einer Vergleichung der Ausstellungsberichte von London 1852 und 1862, Paris 1855 und 1867, Wien 1873 ersichtlich, gibt an sich für einen wirklichen Fortschritt keine absolute Garantie. (Zahl der Aussteller: London 1852 etwa 100, Paris 1867 ca. 278 und Wien 1873 beiläufig 470.) In der beigegebenen TabelleP S....bedeutet Patent Specification und zwar bis 1852 diedurchlaufende Nummer, von da ab für die englischen die laufendeJahresnummer. Bei einigen ist in Klammern die Jahreszahl eingeschaltet.Der Zusatz V resp. W (d.h. also PSV... PSW...) bezieht sich auf die australischen Colonien Victoria und New-South-Wales.A P....bedeutet das betreffende Amerikanische Patent.0in der letzten Columne bezieht sich auf die nachweislich unterbliebeneBenutzung des ertheilten Patentes.Chevbedeutet Chevallier, und zwar dessen Arbeiten in den Annalesd'hygiène 2. Serie, 8. und 9. Band.neben der Jahreszahl der zweiten Columne soll sagen, daß diePublication der betreffenden Methode nach den in der vorletzten Columne mitgetheilten Quellen in dem betreffenden Jahrestattgefunden habe.Die Citate aus Dingler's polytechnischem Journal sind in üblicher Weise durch die auf einander folgenden Zahlen: Jahrgang, Band (mit fetter Schrift) und Seitenzahl ausgedrückt. hat sich Verfasser bemüht, sämmtliche ihm zugängige Patente und sonstige Mittheilungen über die Methoden zur Conservirung des Fleisches vom J. 1784 an bis auf den heutigen Tag chronologisch zu ordnen, um so das Material für die Ableitung der allgemeinen Grundsätze zu gewinnen. I. Reine Fleischconserven. Textabbildung Bd. 223, S. I Textabbildung Bd. 223, S. II Textabbildung Bd. 223, S. III Textabbildung Bd. 223, S. IV Textabbildung Bd. 223, S. V Textabbildung Bd. 223, S. VI Textabbildung Bd. 223, S. VII Textabbildung Bd. 223, S. VIII Textabbildung Bd. 223, S. IX Textabbildung Bd. 223, S. X Textabbildung Bd. 223, S. XI Textabbildung Bd. 223, S. XII