Titel: Ueber Untersuchungen von Töpfergeschirr; von Dr. Ed. Ebermayer in Nürnberg.
Autor: Ed. Ebermayer
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 98
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Ueber Untersuchungen von Töpfergeschirr; von Dr. Ed. Ebermayer in Nürnberg. Ebermayer, über Untersuchungen von Töpfergeschirr. Seit einer Reihe von Jahren bin ich vom Magistrat der Stadt Nürnberg mit der Untersuchung von Töpfergeschirr beauftragt, das auf den dortigen Messen zum Verkauf kommt. Bevor ich mit meinen Resultaten beginne, möchte ich den von der Regierung in Ansbach nach dem Gutachten des Kreismedicinal-Ausschusses eingenommenen Standpunkt und deren Vorschriften für die Prüfung anführen. 1) Wenn auch Töpfergeschirr mit einer richtig zusammengesetzten und gut eingebrannten Bleiglasur im Gebrauch für die Gesundheit keine nachtheiligen Folgen mit sich führt, so ist doch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß bei unrichtiger Behandlung der Glasur in der Zusammensetzung und beim Brennen Eigenschaften sich zeigen können, welche die Gesundheit der Consumenten ernstlich bedrohen können. 2) Da zur Zeit aus verschiedenen Gründen für Blei kein anderer Stoff zur Glasur verwendet werden kann, so ist der Käufer aufmerksam zu machen, daß alle Waare, die einen schlechten Klang oder sichtbare mangelhafte Glasur hat, als schlecht zu betrachten ist. In zweifelhaften Fällen, und überhaupt immer der Vorsicht halber, soll jedes Geschirr vor der erstmaligen Benutzung mit Wasser, dem auf jede Maß je 1 Löffel Salz und Essig (blos ein Löffel Essig?) zugesetzt wird, angefüllt, zugedeckt und 1/4 Stunde ausgekocht werden. 3) Zur längern Aufbewahrung von sauren Speisen oder Flüssigkeiten eignet sich Töpfergeschirr überhaupt nicht. Für die Prüfung wird vorgeschrieben, es sollen die Gefäße mit einer zur Hälfte aus Wasser und Essig bestehenden und mit je 1 Eßlöffel Salz auf jede Maß versetzten Flüssigkeit angefüllt, zugedeckt und 1/4 Stunde lang ausgekocht werden. Nach dem Erkalten soll die Flüssigkeit mit Schwefelammonium auf Blei geprüft werden. Erfolgt ein brauner oder schwarzer Niederschlag, so ist die Procedur des Auskochens mit neuer Flüssigkeit zu wiederholen, und im Falle dann mit Schwefelammonium wieder ein brauner oder schwarzer Niederschlag entsteht, ist das Geschirr als gesundheitsgefährlich zu betrachten. Da ich dieses Kochen als sehr zeitraubend fand, namentlich wenn eine große Partie Geschirre untersucht werden muß, außerdem der Essig durch das Kochen schwächer wird, so ersetze ich das Kochen dadurch, daß ich die Flüssigkeit länger in den Töpfen lasse, aber auch einen viel schwächern Essig anwende. Zur Prüfung nehme ich einen schwachen käuflichen Essig, welcher mit der Viersachen Menge Wasser verdünnt ist, und dem auf 1l Essig 50g Kochsalz zugesetzt werden. Der Zusatz von Kochsalz könnte ganz unterlassen werden, da das sich bildende Chlorblei, nur in ganz geringer Menge im kochsalzhaltigen Wasser löslich ist. Wenn die Glasur gut ist, wird sie weder von verdünntem Essig noch von Kochsalz angegriffen; ist sie aber schlecht, so wird viel mehr Blei vom Essig aufgelöst als vom Salzwasser, wie ein weiter unten angeführter Versuch gezeigt hat. Die angeführte Essig und Salz haltige Flüssigkeit lasse ich 8 bis 12 Stunden in den Töpfen stehen. Ich wende für jeden Topf immer ein abgemessenes Quantum, etwa 0l,25, an und gebe bei der Wiederholung des Versuches etwas weniger in die Töpfe, damit die Flüssigkeit nicht höher zu stehen kommt und neue Theile der Glasur berühren kann. Nach 8 bis 12 Stunden wird dann der Inhalt der Töpfe mit Schwefelammonium auf Blei geprüft. Wenn kein Niederschlag von Schwefelblei entsteht oder sich höchstens eine hellgelbe bis hellbraune Färbung zeigt, so sind solche Töpfe als der Gesundheit nicht gefährlich zu betrachten. Entsteht jedoch ein schwarzer Niederschlag oder eine dunkelbraune Färbung, aus welcher sich nach kurzer Zeit ein Niederschlag abscheidet, so ist die Glasur solcher Töpfe bedenklich. Diese Geschirre werden dann ordentlich mit Wasser ausgespült und noch einmal mit dem Probeessig gefüllt. Nach 8 bis 12 Stunden wird wieder mit Schwefelammonium geprüft. Die Töpfe, die nun keinen Niederschlag mehr geben, sind als gut zu betrachten. Bei solchen Töpfen braucht man nichts zu fürchten, wenn die Vorsicht gebraucht wird, sie vor dem Gebrauch mit essighaltigem Wasser auszukochen. Diejenigen Töpfe aber, die auch nach der zweiten Behandlung mit Schwefelammonium einen Niederschlag geben, sind als gefährlich zu erklären. Wiederholt man diesen Versuch noch öfters, so findet immer noch eine Abgabe von Blei an den Essig statt – ein Beweis, daß die Glasur durchgängig schlecht ist und nicht blos einzelne Stellen vorhanden sind, die nach einmaligem Berühren mit essighaltigem Wasser aufgelöst werden. Um zu constatiren, wie die Geschirre, die sich bei Behandlung mit der essighaltigen Probirflüssigkeit als gut gezeigt haben, sich gegen Salpetersäure verhalten, machte ich folgende Versuche. Ich nahm Salpetersäure von 1,47 spec. Gew., verdünnte sie mit der 20 fachen Menge Wasser und füllte damit 11 Töpfe, welche mit der Essig und Salz haltigen Flüssigkeit behandelt, mit Schwefelammonium gar keinen Niederschlag gaben oder höchstens eine hellbraune Färbung, aus welcher sich entweder gar kein Niederschlag absetzte, oder erst nach längerer Zeit blos Spuren von Schwefelblei sich niederschlugen. Nach 24 Stunden entstand bei einem Topf mit Schwefelammonium ein schwarzer Niederschlag. 7 Töpfe gaben eine mehr oder weniger hellbraune Färbung; 3 Töpfe nur eine opalisirende milchige Trübung. Nach 48 Stunden gaben 3 Töpfe einen schwarzen Niederschlag, 5 Töpfe eine mehr oder weniger hellbraune Färbung, 3 Töpfe die gleiche milchige Trübung wie nach 24 Stunden. – Nach 120 Stunden oder 5 Tagen gaben 8 Töpfe einen schwarzen Niederschlag und die letzten 3 Töpfe eine milchige Trübung von ausgeschiedenem Schwefel. Diese 3 Töpfe wurden nun mit einer Salpetersäure von 1,47 spec. Gew., welche blos mit dem zweifachen Volum Wasser verdünnt war, gefüllt. Nach 24 Stunden mit Schwefelammonium probirt, entstand bei sämmtlichen 3 Töpfen blos eine milchige Trübung von ausgeschiedenem Schwefel. Nach 48 Stunden erhielt ich das gleiche Resultat. Jetzt wurden diese 3 Töpfe mit unverdünnter Salpetersäure von 1,47 spec. Gew. gefüllt; aber auch von dieser starken Säure wurde nach 24 Stunden noch kein Blei aufgelöst. – Nach 48 Stunden erhielt ich dasselbe Resultat, nur war die milchige Trübung des einen Topfes etwas gelblich gefärbt, was Spuren von Blei anzeigen kann. – Nachdem die concentrirte Salpetersäure im Ganzen 6 Tage in den Töpfen stand, wurde wieder probirt, und man erhielt nur eine starke milchige Trübung. Aus der des ersten Topfes setzte sich nach einiger Zeit ein geringer aber schwerer brauner Niederschlag ab. Aus den beiden andern schied sich nur Schwefel aus. Die saure Lösung, mit Wasser verdünnt, wurde dann noch mit Schwefelsäure versetzt, aber aus keiner dieser Lösungen setzte sich selbst nach längerm Stehen schwefelsaures Bleioxyd ab. Die salpetersauren Lösungen wurden dann vollständig neutralisirt und Schwefelammonium gab bei dem 1. Topf geringe Mengen eines schwärzlichen Niederschlages, welcher sich leicht absetzte und ganz das Ansehen von Schwefelblei hatte; die überstehende Flüssigkeit war grünlich gefärbt durch Spuren von Mangan. Die beiden andern Töpfe gaben einen leichten flockigen Niederschlag von Thonerde, und die Flüssigkeit war grün gefärbt, wahrscheinlich herrührend von Mangan. Selbst diese starke Salpetersäure läßt auch nicht geringste Einwirkung auf die Glasur bemerken. Die Glasur hat noch denselben Glanz als vor der sechstägigen Einwirkung der Salpetersäure auf dieselbe. Die Probe vor dem Löthrohr ergab bei der Glasur des 1. Topfes ein kleines Bleikorn. Die Glasur der beiden andern Töpfe waren vollkommen bleifrei. Brachte man die Glasur vom 1. Topf zum Schmelzen, so fand man nach dem Erkalten die Stelle nicht mehr, wo die Schmelzung stattgefunden hat. Bei allen schlechten bleihaltigen Glasuren entsteht, wenn Stellen mit dem Löthrohr angeblasen werden, ein Kochen und der Fleck ist nach dem Erkalten leicht sichtbar. Auch beim 2. Topf hinterließ das Anblasen mit dem Löthrohr keinen sichtbaren Fleck; beim 3. Topf jedoch war der angeblasene Fleck etwas rauh. Der 1. Topf war von Treuchtlingen, hatte eine dunkelgelbe Glasur mit braunen Flecken, der Thon war ein röthlicher und wurde nach und nach von der Säure durchdrungen. Die beiden andern Töpfe stammten aus Görlitz und hatten eine dunkel violettbraune Glasur mit weißem Rand. Der Thon des 2. Topfes war vollkommen weiß und wurde nicht im Geringsten feucht. Der Thon des 3. Topfes war etwas röthlich gefärbt und ließ etwas Feuchtigkeit durch. Um der Einwirkung von Kochsalzlösung auf die Bleiglasur zu prüfen, nahm ich den schlechtesten Topf, der constant an ganz schwachen Essig Blei abgab. Dieser Topf wurde mit Wasser gefüllt, dem Kochsalz zugesetzt war. Nach 24 Stunden mit Schwefelammonium geprüft, erzeugte dasselbe eine braungelbe Färbung, aber keinen Niederschlag; es haben sich also blos Spuren von Blei aufgelöst. Nach 48 Stunden erhielt man bereits eine braungelbe Färbung, aus der sich bald ein Niederschlag abscheidet; nach 6 Tagen eine dunkelbraune Färbung, aus der sich sogleich Schwefelblei abschied. Dieser Topf gab aber schon nach 24 Stunden an ganz verdünnten Essig so viel Blei ab, daß sofort mit Schwefelammonium ein dicker schwarzer Niederschlag entsteht. Dies bewirkte aber Kochsalzlösung noch nicht nach 6 Tagen. Da man bei der Prüfung der Bleiglasur gezwungen ist, eine beliebige Grenze zu wählen, bei welcher der Bleigehalt als schädlich zu betrachten ist, und zwar sobald Schwefelammonium einen Niederschlag hervorbringt, und da man sein Gutachten nur für die betreffenden untersuchten Töpfe abgeben kann, nicht aber einen Schluß auf das übrige Geschirr vom gleichen Brand ziehen kann, so wäre zu wünschen, daß Kochgeschirre mit Bleiglasur nach und nach ganz vom Verkauf ausgeschlossen würden und nur Töpfe mit einer bleifreien Glasur in den Handel gebracht werden dürften. Wenn man anfangs auch auf Schwierigkeiten, die bei keiner Neuerung fehlen, stoßen wird, so sind solche doch zu überwinden.