Titel: Zur Verhütung der Dampfkesselexplosionen.
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 182
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Zur Verhütung der Dampfkesselexplosionen. Mit Abbildungen auf Taf. IV [b/4]. Zur Verhütung der Dampfkesselexplosionen. In einem kleinen Hefte bespricht Martini die Ursachen der Dampfkesselexplosionen. Nach seiner Ansicht kann durch mangelhafte Kessel zwar auch viel Unheil entstehen, aber eine eigentliche Explosion wird allein dadurch niemals herbeigeführt werden. Eine Explosion wird niemals entstehen ohne einen zu niedrigen Wasserstand, aber der niedrige Wasserstand allein wird auch keine Explosion zur Folge haben, wenn nicht eine weitere Ursache hinzutritt. Zur Begründung dieser Ansicht gibt Verfasser an, daß er im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre eine ziemliche Anzahl Kessel gesehen habe, welche ausgebrochen und durch neue ersetzt waren; fast bei allen solchen meistens lange Jahre im Gebrauch gewesenen Kesseln fand er Stellen, welche von außen her tief eingerostet, so daß man mit einem Hammerschlage Beulen oder gar Löcher einschlagen konnte, und dennoch war keiner dieser Kessel zum Explodiren gekommen. Er habe ferner eine Anzahl Cornwall-Kessel gesehen, welche theils ausrangirt, theils noch im Gebrauch waren, in welchen an der obern Wand des Feuerrohres sich Stellen befanden, welche sichtbar in glühendem Zustande eingedrückt und zum Theil angebrannt waren, und doch hatte dabei keine Explosion stattgefunden. Martini meint dann, es werde kein Sachverständiger darüber im Zweifel sein, daß sich überall da, wo das Wasser im Kessel so tief gesunken, daß die Wände des Dampfraumes längere Zeit vom Feuer berührt worden, Wasserstoff durch Zersetzung des Wassers entwickeln könne und müsse. Es bedürfe dann nur noch des Hinzutrittes von atmosphärischer Luft und die Explosion des gebildeten Knallgases könne oder vielmehr müsse erfolgen. Daraus schließt der Verfasser nun, daß zwei Umstände zusammentreten müssen, um eine Explosion herbeizuführen, nämlich Erglühen der Kesselwand und Eindringen atmosphärischer Luft; wäre nur das Eine oder das Andere allein schon dazu hinreichend, so würden solche Explosionen gar nicht zu den seltenen Fällen gehören, denn unter den in Betrieb befindlichen Kesseln werden sich nicht viele finden, in welchen nicht wenigstens schon einmal das Wasser weit unter dem niedrigsten Stande gewesen. Da sich seiner Ansicht nach somit die Entwicklung von Wasserstoffgas nur schwer vermeiden läßt, so ist es von der größten Wichtigkeit, Mittel anzuwenden, wodurch das Eindringen der im Speisewasser gelösten atmosphärischen Luft in den Dampfraum des Kessels gänzlich verhindert wird. Er glaubt diese Aufgabe durch Construction eines kleinen Apparates gelöst zu haben und gibt sich der Hoffnung hin, daß damit die jetzt noch vorhandene Gefahr beinahe als beseitigt angesehen werden dürfte!Vgl. Fr. Martini: Ueber Dampfkesselexplosionen, deren zum Theil unbekannte Ursachen und Mittel zu ihrer Verhütung. 16 S. Preis 1 M. (Eberfeld 1876.) Die Figuren 34 und 35 stellen zwei verticale Längenschnitte dieses Apparates dar, und zwar zeigt Figur 34 denselben in dem Zustande, in welchem sich keine Luft in demselben befindet, in welchem Falle derselbe durch den selbstthätigen Verschluß bei dd nach außen abgesperrt ist. Figur 35 stellt den Apparat in dem Zustande dar, wo sich in demselben so viel Luft angesammelt hat, daß der Schwimmer K, nicht mehr von Wasser umgeben, sich gesenkt hat, um durch die dadurch entstandenen Oeffnungen bei dd die Luft entweichen zu lassen, welche Oeffnungen sich aber sofort wieder schließen, wenn das steigende Wasser die Luft ausgetrieben und den Schwimmer wieder gehoben hat. Der Apparat, welcher bei b an der obern Kesselwand so befestigt wird, daß ein hermetischer Verschluß vorhanden, besteht aus zwei Theilen. Der obere Theil von c bis b kommt über den Kessel zu stehen und besteht aus einer runden, sorgfältig abgedrehten Eisenstange; dieselbe ist oben von c bis d der Länge nach, also vertical durchbohrt, bei dd in der Richtung des Durchmessers, also horizontal durchbohrt; dadurch entstehen zwei Oeffnungen in der Stange, welche in der Mitte derselben zusammentreffen und durch die verticale Oeffnung von d bis c mit der äußern Luft in Verbindung stehen. Ueber der Eisenstange befindet sich eine eng anschließende Messingröhre, an deren unterm Ende bei g eine hermetisch sorgfältig verschlossene Metallbüchse K in solider Weise befestigt ist. Diese Metallbüchse (als Schwimmer dienend) darf nicht allzu leicht und specifisch etwa halb so schwer sein als Wasser, so daß deiselbe, im Wasser sich befindend, wenigstens annähernd eben so viel Steigkraft besitzt, als außerhalb des Wassers ihr absolutes Gewicht beträgt. Die an der Metallbüchse befestigte Röhre ist so eingerichtet, daß sie sich auf einem kurzen Wege etwa 10 bis 15mm lang hin und her (also hier auf- und niederwärts) bewegen kann, ferner so, daß sie sich an der Stange nicht drehen kann. Damit aber die Röhre beim Auf- und Niedergehen keiner zu starken Reibung ausgesetzt ist und doch an der Stelle bei dd einen sichern Verschluß bildet, ist die Röhre von oben her auf mehrere Centimeter der Länge nach durchschnitten, so daß beide Hälften durch den dann darauf wirkenden Dampf- resp. Wasserdruck noch dichter an die Stange bei dd sich anschließen; auch muß die Röhre oberhalb der Metallbüchse bei g eine oder zwei Oeffnungen haben, damit beim Auf- und Niedergehen der Büchse in den untern Theil der Röhre Wasser ein- und austreten kann. Diese Oeffnungen, sowie auch der Längeneinschnitt in die Röhre, konnten in den Zeichnungen wegen der Richtung des Querschnittes nicht angedeutet werden. Die bis jetzt beschriebene Eisenstange nebst Röhre und Metallbüchse oder Schwimmer ist in ein cylindrisches, oben und unten mit einem Deckel versehenes Gefäß so eingeschlossen, daß ein kleiner Theil der obern (durchbohrten) Stange aus dem obern Deckel herausragt, während der untere Deckel mit der Röhre, welche in den Kessel führt, in einer solchen Verbindung steht, daß das Wasser im Kessel in das außerhalb des Kessels befindliche Gefäß leicht eindringen und wieder zurückgehen kann. Der untere Theil des Apparates besteht nur aus einer innerhalb des Kessels angebrachten, in den untersten Wasserraum hinreichenden und unten trichterförmig auslaufenden Röhre. In diesen Trichter wird aus dem Speiserohr bei m das Speisewasser hinein geführt. – Der Verfasser scheint bei Aufstellung dieser Hypothese über die Dampfkesselexplosionen übersehen zu haben, daß nach den Versuchen des Franklin Institutes (1836 61 418) 1839 71 269) Wasser in einem rothglühenden Kessel, dessen Oberfläche zwar rein, aber nicht metallisch glänzend ist, nicht zersetzt wird. In einem Kessel mit Krustenbildung ist natürlich gar nicht an eine solche Zersetzung zu denken, und doch finden sich in explodirten Kesseln sehr oft ganz bedeutende Kesselsteinbildungen. Aber selbst dann, wenn sich Wasserstoff entwickeln sollte, und wenn auch die zur Bildung von Knallgas erforderliche Menge atmosphärischer Luft mit dem nicht vorgewärmten Speisewasser eingeführt wäre, so würden diese Gase doch so rasch durch den Wasserdampf über die Explosionsgrenze hinaus verdünnt und weggeführt, daß an eine Dampfkesselexplosion durch Knallgas nicht zu denken ist (vgl. 1874 213 299). F.

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