Titel: Das Barometer als Wage; von H. Jäger.
Autor: H. Jäger
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 503
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Das Barometer als Wage; von H. Jäger. Jäger, über das Barometer als Wage. Bekanntlich hat die gewöhnlich angewendete feine chemische Wage den Mangel, sehr kostspielig zu sein. Diese Kostspieligkeit ergibt sich der Hauptsache nach erstens aus der Schwierigkeit, die beiden Wagebalken vollständig gleich herzustellen oder, da dies eigentlich unmöglich ist, sich diesem Ziele wenigstens bis zu einem sehr hohen Grade zu nähern, und zweitens aus der Schwierigkeit, Stabilität und Empfindlichkeit, d.h. Labilität, möglichst zu vereinigen. Will man daher jenen Mangel beseitigen, so muß man diese beiden Schwierigkeiten umgehen. Dies in Betreff der ersten, wenigstens soweit es sich um kleine Gewichte handelt, zu erreichen, dürfte vielleicht folgende Einrichtung geeignet sein. Man füllt eine zweischenkelige communicirende Röhre mit Quecksilber, legt auf das eine Niveau eine gut schließende, ohne Reibung sich bewegende Platte – die Wagschale – und bringt nun darauf den zu wägenden Körper. Dessen Gewicht (sowie das der Wagschale) wird einen Druck auf die Flüssigkeit ausüben und das andere Niveau wird sich daher heben, entsprechend der Größe des aufgelegten Gewichtes, d.h. also, es tritt ganz von selbst Gleichgewicht ein und zwar mit der größten Sicherheit, während bei den gewöhnlichen Wagen höchstens durch einen glücklichen Zufall absolute Gleichheit zwischen den Gewichtsstücken und dem einen Wagebalken auf der einen Seite und dem zu wägenden Körper und dem zweiten Wagebalken auf der andern Seite zu Stande kommt, wobei man außerdem noch auf die immer mit gewissen Ungenauigkeiten behaftete Methode der Zählung und Vergleichung ungleicher Schwingungen angewiesen ist. Wählt man nun ein bekanntes Gewicht, z.B. 1g, und bemerkt sich, wie hoch das Quecksilber steigt, legt dann ein zweites Gramm auf, notirt wiederum die Hebung und fährt in dieser Weise fort, so kann man leicht eine das Gewicht angebende Scale herstellen. Dieselbe Scale kann man, da jeder Hebung in dem einen Schenkel eine Senkung in dem andern entspricht, auch von dem andern Niveau aus, auf das die Gewichte gebracht werden, auftragen, natürlich in entgegengesetzter Richtung, und hat so den Vortheil einer gewissen Controle. Was den zweiten Punkt betrifft, die Empfindlichkeit, so ist diese wegen der Eigenschaft der Flüssigkeiten, jeden Druck mit Leichtigkeit fortzupflanzen, bei dem eben beschriebenen Apparate nicht unbedeutend. Dieselbe kann jedoch noch gesteigert werden durch Anwendung der Torricelli'schen Leere; man läßt also die Platte mit den zu wägenden Körpern in dem offenen Schenkel eines Barometers auf- und niedersteigen. Die Scale kann in diesem Falle, wegen des wechselnden Luftdruckes, keinen festen Nullpunkt haben, was im Vergleich mit dem vorigen Fall eine unbedeutende Unbequemlichkeit mit sich bringt. Die hier vorgeschlagene Wage ist nur bei kleinen Gewichten anwendbar; dieser Mangel ist jedoch nur sehr gering, da es sich bei genauen Wägungen in der Regel nur um kleine Körper handelt. Dagegen vereinigt dieser Apparat im Vergleich mit der gewöhnlichen feinen chemischen Wage große Billigkeit mit Sicherheit und Bequemlichkeit der Anwendung. Natürlich hat man die auch bei Barometerablesungen nöthigen Vorsichtsmaßregeln zu beobachten.