Titel: Ueber die quantitative Bestimmung des in verschiedenen Roheisen-, Stahl- und Stabeisensorten enthaltenen Mangans; von Boussingault.
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 81
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Ueber die quantitative Bestimmung des in verschiedenen Roheisen-, Stahl- und Stabeisensorten enthaltenen Mangans; von Boussingault. Boussingault, über die quantitative Bestimmung des Mangans in Roheisen, Stahl und Stabeisen. Erreicht der Mangangehalt eines gekohlten Eisens mehrere Procent, so reicht das Verfahren zur Trennung des erstern Metalles vom Eisen mittels essigsauren Natriums vollständig aus. Eine zu untersuchende Roheisenprobe wird in Chlorwasserstoffsäure — zur Höheroxydation des Eisens und zur Verbrennung des Kohlenstoffes unter Zusatz von Salpetersäure oder Kaliumchlorat — gelöst, die Lösung, behufs Abscheidung vorhandener Kieselsäure, zur Trockne verdampft, der Rückstand wiederum in Chlorwasserstoffsäure gelöst, die Lösung mit viel (bei Inangriffnahme von 3g Substanz mit 2 bis 3l) Wasser verdünnt, dann in einen Kolben gebracht und mit reinem kohlensaurem Natrium auf das Genaueste neutralisirt. Nun bringt man die Flüssigkeit zum Kochen, versetzt sie mit Natriumacetat in Form von kleinen Stücken oder einer kalt gesättigten Lösung, unterhält das Sieden 15 bis 20 Minuten lang und filtrirt die noch sehr heiße Flüssigkeit, welche jetzt vollständig farblos sein muß. Nach dem Erkalten fügt man dem Filtrat entweder ein aus gleichen Volumen gesättigter Lösungen von Natriumhypochlorid und Natriumbicarbonat bereitetes Gemisch oder gesättigte wässerige Bromlösung hinzu und bedeckt das Gefäß mit einer Glasplatte. Beide Reagentien geben bald einen Niederschlag von Manganhyperoxyd, den man nach mehrstündigem Stehen auf einem Filter sammelt, gut auswäscht, nach dem Trocknen zu lebhafter Kirschrothglut erhitzt und wiegt. Die Behandlung einer sehr verdünnten gesättigten Lösung der Eisenprobe mit Natriumacetat gewährt den namentlich bei gleichzeitiger Ausführung mehrerer Manganbestimmungen nicht zu unterschätzenden Vortheil, daß man das in Folge des eigenthümlichen Aggregatzustandes des auf dem ersten Filter zurückgebliebenen Eisenniederschlages sehr erschwerte Auswaschen des letztern unterlassen kann, insofern dieses Gemenge von Eisenhydroxyd und basischem Eisenacetat eine nur sehr geringe und somit zu vernachlässigende Manganmenge zurückhält. Mittels dieses von Eggertz herrührenden und zur Bestimmung selbst geringer Mangangehalte genügenden Verfahrens erhält man bei Beobachtung der sehr zu empfehlenden Vorsichtsmaßregel, die Volume der anzuwendenden Reagentien genau abzumessen, ziemlich gute Resultate. Eggertz selbst hält Bromwasser zur Fällung des Mangans als Hyperoxyd für vortheilhafter, was aber in Boussingault's Laboratorium keine Bestätigung fand. Hier arbeitet man in folgender Weise. 1g des Probirguts wird in einem Kolben in 6cc Chlorwasserstoffsäure (von 1,12 spec. Gew.) aufgelöst; die Lösung wird behufs der Oxydation des Eisens und Kohlenstoffes mit 4cc Salpetersäure (1,20 spec. Gew.) versetzt, in einer Porzellanschale zur Abscheidung der Kieselsäure zur Trockne abgedampft, der Rückstand in einem Gemisch von 6cc derselben Salzsäure und 6cc Wasser unter Erwärmen gelöst, mit Wasser verdünnt und filtrirt; die Kieselsäure wird ausgesüßt und das Waschwasser der sauren Lösung hinzugefügt; die gesammte Flüssigkeit muß das Volum von 1l haben. Hierauf neutralisirt man genau mit Natriumcarbonat, säuert die in den Kolben zurückgebrachte neutrale Lösung mit 2cc Chlorwasserstoffsäure an, fügt 60cc einer kalt gesättigten Lösung von essigsaurem Natrium hinzu, erhitzt die Flüssigkeit zum Sieden, läßt sie eine Viertelstunde lang kochen, bringt sie in siedendem Zustande auf ein großes Filter und wäscht den Eisenniederschlag mit heißem, 1 Proc. essigsaures Natrium enthaltendem Wasser aus. Das Filtrat wird mit 30cc einer gesättigten Lösung von Natriumbicarbonat und 20cc einer unterchlorigsauren Natriumlösung versetzt, worauf man das Gefäß bedeckt und die Füssigkeit 24 Stunden lang ruhig stehen läßt. Das ausgefällte Manganhyperoxyd wird auf einem Filter gesammelt, mit Wasser ausgewaschen, welches mit 1 Proc. einer von jeder Spur von Chlorwasserstoff freien Salpetersäure versetzt ist, getrocknet, zum Rothglühen erhitzt und gewogen. Während des Erkaltens des Oxyduloxyds soll dasselbe etwas Sauerstoff absorbiren; ist diese Behauptung gegründet, so würde daraus eine gewisse Unzuverlässigkeit der aus dem durch das Glühen des Hyperoxyds erhaltenen Oxyduloxyde (Mn3O4) berechneten Menge von Manganoxyden sich ergeben. Um sich vor diesem Fehler zu schützen, wägt man nach Ebelmen das Mangan stets als Oxydul (Mn O), indem man die bei der Analyse erhaltenen Oxyde in einem Wasserstoffstrome zum Rothglühen erhitzt. Diese Operation ist unschwer auszuführen; das Glühen muß indessen bei Hellrothglut geschehen, sonst nimmt das Oxydul beim Liegen an der Luft wieder eine merkliche Sauerstoffmenge auf. Es möge hier noch bemerkt werden, daß die bei der Bestimmung des Mangangehaltes in einem gekohlten Eisen, ganz besonders aber in Stabeisen, erhaltenen Mengen Oxyduloxyd gewöhnlich so gering sind, daß die geglühte Masse sehr rasch erkaltet und der absorbirte Sauerstoff mittels der Wage kaum wahrnehmbar ist, daß man folglich in einem derartigen Fall die Reduction des Oxyduloxyds unterlassen kann, indem die Gewichtsmenge desselben diejenige der der berechneten Zusammensetzung Mn3O4 entsprechenden Metallmenge mit hinreichender Genauigkeit angibt. Nachweisung eines sehr geringen Mangangehaltes in kohlenstoffhaltigem Eisen. Erhitzt man ein Manganoxydulsalz mit (ganz reiner, namentlich Chlorwasserstoff freier) Salpetersäure und setzt Bleisuperoxyd hinzu, so entsteht eine sehr intensive purpurrothe Färbung. Diese von W. CrumNicht, wie Boussingault angibt, von H. Rose; vgl. dessen Handbuch der analytischen Chemie, 1851 Bd. 1 S. 80.H. H. angegebene Reaction läßt sich zur Nachweisung der geringsten Mengen Mangan benutzen; bei der Analyse von gekohlten Eisensorten erhält man selbst bei einem Mangangehalte von weniger als 1/10 000 noch eine deutliche, von entstandener Uebermangansäure bedingte Färbung. Leclerc benutzte diese Reaction zur Bestimmung des Mangans in Bodenarten und Aschen, wobei er eine Lösung von Quecksilberoxydulnitrat benutzte, die mit Chamäleon titrirt war, bis zur Zerstörung der gebildeten rothen Verbindung; der Mangangehalt entsprach dem Verbrauche an reducirender Flüssigkeit (Comptes rendus, t. 75 p. 1209). Zur Bestimmung des Mangangehaltes von Stabeisen, Stahl und Roheisen änderte Boussingault dieses Verfahren bedeutend ab. Zunächst machte die Titrirung der Reductionsflüssigkeit Schwierigkeiten; das anfänglich angewendete Uebermangansäuresalz ergab keine befriedigenden Resultate, denn das von einer bestimmten Menge desselben herrührende Manganoxyd wurde bei seiner durch das Bleisuperoxyd herbeigeführten Umwandlung in die rothe Verbindung durch ein geringeres Volum reducirender Flüssigkeit entfärbt, als das Hypermanganat selbst; mit andern Worten, das Mangan besitzt in dem durch das Bleisuperoxyd hervorgerufenen Zustande von rother Verbindung ein geringeres Oxydationsvermögen, als im Zustande von übermangansaurem Kali, was auf eine Bestätigung der von H. Rose ausgesprochenen Ansicht hindeutet, daß die auf den Zusatz von Bleisuperoxyd eintretende schöne Färbung nicht von Uebermangansäure, sondern von einem Sesquioxyde herrührt. Dies veranlaßte Boussingault zur Anwendung von Manganoxydulsulfat, welches er unter genauer Befolgung des für das Metall, in welchem das Mangan bestimmt werden soll, angewendeten Verfahrens in die rothe Verbindung überführt. Darstellung der titrirten Mangansäurelösung. Als Typus wurde eine Probe von dem jetzt in vielen Hütten fabrikmäßig gewonnenen Ferromangan, mit einem Mangangehalte von 63,3 Proc., genommen. Man löst von dieser Legirung 0g,158, welche 0g,100 Mangan enthalten, in 20cc Schwefelsäure (mit 5 Gew. Th. Wasser versetztem Monohydrat) und verdünnt zu 500cc; 5cc dieser Lösung entsprechen 0g,001 metallischen Mangans. Zur Bestimmung des Mangans in einem höchstens nur 2 bis 3 pro mille davon enthaltenden carburirten Eisen behandelt man 1g Substanz in einer Porzellanschale von ungefähr 200cc Fassungsraum mit 25g reiner Salpetersäure von 1,20 spec. Gew. und 15cc Wasser, indem man mindestens 5 Minuten im Sieden erhält. Nach vollständig erfolgter Auflösung setzt man der Flüssigkeit 8g Bleisuperoxyd hinzu, und zwar die erste Hälfte desselben in kleinen Antheilen und unter fortdauerndem Erhitzen zum Sieden, den Rest hingegen nach Entfernung der Wärmequelle auf einmal, rührt tüchtig um, fügt kochendes Wasser hinzu und gießt das Ganze in ein in 100cc getheiltes Probirrohr, spült mit etwas kochendem Wasser nach und bringt mit diesem Spülwasser die Flüssigkeit auf das Volum von 100cc, worauf man umschüttelt und das Rohr ruhig hinstellt. Ist die rosenrothe Flüssigkeit nach dem Absetzen des Bleisuperoxyds klar geworden, so nimmt man davon 50cc mit einer graduirten Pipette, bringt sie in einen Stehcylinder und fügt ohne Zögern aus einer Gay-Lussac'schen Bürette eine Lösung von Quecksilberoxydulnitrat tropfenweise und unter Umrühren bis zur Entfärbung der Flüssigkeit hinzu. Die Quecksilberlösung stellt man sich empirisch so dar, daß zum Entfärben der Lösung von 1mg Mangan 15 bis 20 Bürettentheilstriche erforderlich sind, und erreicht einen entsprechenden Concentrationsgrad näherungsweise durch Auflösen von 0,45 bis 0g,50 trocknem salpetersaurem Quecksilberoxydul in 100cc Wasser; eine solche Flüssigkeit, die sich nicht merklich verändert, wird mit 5cc der 1mg Mangan äquivalenten Normalflüssigkeit titrirt; man braucht nur diese 5cc anstatt der Eisenlösung anzuwenden und wie vorher zu verfahren. Die Menge des Mangans ist der zur Entfärbung erforderlichen Anzahl von Theilstrichen der Bürette proportional. Diese Methode ist nur zur Bestimmung sehr geringer Manganmengen anwendbar, welche nicht mehr als 3mg betragen; darüber hinaus bekommt man keine zuverlässigen Resultate mehr. Versuche zur Bestimmung des Mangans auf elektrolytischem Wege. Leitet man einen galvanischen Strom durch eine Eisen und Mangan enthaltende Lösung, so scheidet sich das letztgenannte Metall im Zustande von Mangansuperoxyd am positiven Pole ab, und bei Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln ist es möglich, seine ganze Menge zu erhalten, oder wenigstens die geringsten Quantitäten desselben nachzuweisen. Zur genaueren Prüfung dieses Verfahrens führte Boussingault zahlreiche Versuche aus, von den hier nur folgender mitgetheilt werden soll. In 50cc Wasser, welches mit 1cc Schwefelsäure versetzt und in welchem dann 2g,15 krystallisirtes reines Eisensulfat nebst einer 10mg Metall entsprechenden Menge Mangansulfat gelöst waren, wurde ein durch ein Bunsen'sches Element von ziemlich geringer Intensität erzeugter Strom geleitet; die positive Elektrode hatte eine Oberfläche von 24qc, die negative dagegen war um die Hälfte kleiner. Die erstere bedeckte sich sofort mit einem schwarzen, von violetten (wahrscheinlich von einer sehr sauerstoffreichen Manganverbindung herrührenden) Wölkchen umgebenen Ueberzuge. Nach 48 Stunden wurde der Strom unterbrochen; auf der gewaschenen und getrockneten Platte befanden sich 15mg Mangansuperoxyd, 9mg,6 metallischem Mangan äquivalent, also der angewendeten Menge sehr nahe kommend. Die gereinigte Platte wurde nun wiederum der Wirkung des Stromes ausgesetzt; es entstand selbst im Laufe mehrerer Stunden kein weiterer Niederschlag, welcher sich aber auf Zusatz einer Spur von Mangansulfat augenblicklich bildete. Der mit diesem Verfahren verknüpfte Uebelstand, daß zu einer Bestimmung öfters viel Zeit erforderlich ist, sowie (wenn man sich so ausdrücken darf) seine „Launenhaftigkeit“, insofern häufig mit abnehmender oder wachsender Stromstärke der bereits entstandene Niederschlag sich wieder auflöst, so daß es sehr schwierig ist, diese Stromstärke constant zu erhalten, veranlaßte Boussingault, die Methode aufzugeben. Indessen läßt sich von Verbesserungen der Ausführungsmittel eine Beseitigung dieser Uebelstände wohl hoffen. (Nach den Annales de Chimie et de Physique, 5. série t. 5 p. 184). H. H.