Titel: Untersuchung einiger künstlichen Weinfarben; von W. Stein
Autor: W. Stein
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 329
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Untersuchung einiger künstlichen Weinfarben; von W. Stein Stein, über Untersuchung einiger künstlichen Weinfarben. Nachdem ich mich schon seit längerer Zeit mit der Untersuchung künstlich gefärbter Rothweine beschäftigt hatte, bin ich in den Besitz von drei Weinfarben aus einer Fabrik „für Weinmaterialien“ gelangt, deren Zusammensetzung ich im Folgenden kurz mittheile. Nr. 1 und 2 waren rothe Farben, Nr. 3 war als „Moselgrün“ bezeichnet; alle drei hatten Syrupsconsistenz. Nr. 1 besaß in dünnen Schichten und im durchgehenden Lichte eine sehr schöne rothe Farbe mit blauem Tone, hinterließ 42,459 Proc. Trockenrückstand bei 110° und eine geringe Menge Asche ohne alkalische Reaction, in welcher vor dem Löthrohre eine Spur Thonerde nachweisbar war. Mit 1/5 Vol. essigsaurer Thonerde (Lösung 1 : 10) und dann dem doppelten Volum Alkohol gemischt, entstand ein dunkelvioletter Niederschlag, nach dessen Absitzen die Flüssigkeit tief violett gefärbt war. Auf einem mit eisenfreiem Alaun imprägnirten, dann getrockneten Papiere erzeugte die Farbe beim Eintrocknen einen violetten Fleck, der durch Einlegen in destillirtes Wasser rein blau wurde. Dieses Verhalten charakterisirt, wie ich in einer spätern Mittheilung über die Erkennung künstlich gefärbter Weine ausführlicher angeben werde, den Farbstoff der Blüthen von Malva arborea. Wolle ohne Beize, mit der Farbe kochend ausgefärbt, nahm eine dauernde dunkle Rosafarbe an. Wurde diese mit Kalkwasser einige Zeit in Berührung gelassen, so ging sie in Grün über. Bleiessig fällte den Farbstoff aus der Lösung vollständig aus. Dieses Verhalten, sowie das gegen Wolle beweist die Abwesenheit von Fuchsin. Zucker konnte in der Flüssigkeit nicht nachgewiesen werden, dagegen ergab die Destillationsprobe einen Alkoholgehalt von 15 Gew-Proc. Nr. 2 besaß eine mehr ins Braune ziehende rothe Farbe und eine dickere Consistenz. Der Trockenrückstand bei 110° betrug 53,684 Proc. Beim Abdampfen war ein Caramelgeruch zu bemerken, und in der durch Knochenkohle möglichst entfärbten Flüssigkeit zeigte Kupferlösung die Anwesenheit von Zucker an. Die mit Wasser etwas verdünnte Farbe wurde weder durch Kalkwasser, noch durch Bleiessig gefällt; dagegen durch viel Ammoniak, ebenso wie durch Salzsäure zu Bräunlich entfärbt. Wolle färbte sich darin ohne Beize dauernd roth mit blauem Stich, und diese Farbe verschwand durch Ammoniak, kam aber durch Essigsäure wieder zum Vorschein. Dieses Verhalten beweist, daß die Farbe aus Fuchsin besteht und ein Pflanzenroth nicht vorhanden ist. Das Fuchsin war indessen nicht die gereinigte Sorte, sondern die, welche bisweilen unter dem Namen „Naphtabraun“ teigförmig in den Handel kommt. Ich schließe dies aus dem Verhalten derselben beim Ausfärben durch Wolle. Eine Lösung von reinem Fuchsin kann nämlich durch wiederholte Behandlung mit frischer Wolle vollständig entfärbt werden, was bei dieser Farbe nicht möglich war. Arsenik wurde nicht gefunden. Am interessantesten war mir die Farbe Nr. 3, denn ich hatte bis dahin keine Ahnung davon, daß man die Weine auch grünlich färbe, und am wenigsten wäre ich auf den Gedanken gekommen, daß dies mit dem Farbstoff geschähe, den ich gefunden habe. Die Farbe war dunkel olivengelb, entwickelte beim Eindampfen Caramelgeruch und hinterließ bei 110° einen Trockenrückstand von 52,231 Proc.; wurde dieser mit Alkohol übergossen, so färbte sich der letztere augenblicklich gelb, nahm einen sehr bittern Geschmack an, wurde durch Cyankalium beim Erwärmen tief roth und färbte, mit Wasser gemischt, Wolle schön gelb: Pikrinsäure. Die mit Wasser verdünnte Flüssigkeit setzte nach einiger Zeit einen braungrünen Niederschlag ab, der abfiltrirt, getrocknet und mit Alkohol ausgekocht, dem letztern eine violette Farbe ertheilte. Wenn in dem Filtrat Pikrinsäure kochend gelöst wurde, so schieden sich beim Erkalten schön grün gefärbte Krystalle ab. Die durch Kohle möglichst entfärbte Flüssigkeit reducirte die Kupferlösung kräftig. Dies Alles läßt keinen Zweifel darüber, daß die Farbe aus durch Zuckercouleur gebräuntem Jodgrün bestand. Dresden, April 1877.