Titel: W. Thomson's Heberschreibapparat und automatischer Abkürzungssender für unterseeische Kabel.
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 405
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W. Thomson's Heberschreibapparat und automatischer Abkürzungssender für unterseeische Kabel. Mit Abbildungen im Text und auf Taf. VII [a.b/4]. (Schluß von S. 286 dieses Bandes.) Thomson's automatischer Abkürzungssender für unterseeische Kabel. Der automatische Abkürzungssender (automatic curb sender) wurde von W. Thomson und Prof. Fleeming Jenkin erfunden und 1871 und 1873 patentirt. In Folge der elektrischen Ladung des Kabels tritt beim Telegraphiren eine Verzögerung des Stromes auf. In Figur 12 zeigt die Curve I die allmälig zunehmende Stromstärke am empfangenden Ende des Kabels, wenn das andere Ende desselben bleibend an den einen Batteriepol gelegt wird; die Abscissen geben die Zeiten nach einer willkürlichen Einheit a, welche sich so definiren läßt: Es sei das Kabel derart elektrisirt, daß die Ladung durch eine harmonische Curve dargestellt wird, mit einem einzigen Maximum in der Mitte und Null an jedem Ende; werden dann beide Enden mit der Erde verbunden, so mag a die Zeit bedeuten, in welcher die Ladung auf ¾ ihres ursprünglichen Betrages herabsinkt. Anfangs fällt I mit der Achse OX zusammen; im ersten a nach dem Anlegen der Batterie tritt also kein merklicher Strom in die Linie, obwohl die Wirkung am andern Ende, streng genommen, augenblicklich beginnt. Nach der Zeit a, wächst die Stromstärke rasch; nach 5 a hat der Strom etwa die Hälfte seiner endlichen Stärke, die er nach 10a ziemlich ganzBeim französischen atlantischen Kabel verfließen etwa 0,25 Secunden, bevor ein empfindliches Spiegelgalvanometer eine Wirkung zeigt; das Maximum wird in etwa 2,5 Secunden erreicht. erreicht hat, so daß er nachher kaum noch merklich wächst, obgleich er seine volle Stärke erst nach Verlauf einer unendlichen Zeit erlangt. Curve II zeigt den Vorgang, wenn das sendende Ende während der Zeit 4 a an die Batterie, dann aber an Erde gelegt wird. Der allmälig abnehmende Strom bleibt noch beträchtliche Zeit nach Unterbrechung der Batterie im Kabel, und dies grade stört die Arbeit auf Unterseekabeln so sehr. Der Abkürzungssender soll nun die Wirkungen der Verzögerung vermindern. Dazu wird jedes Signal durch 2 Ströme gegeben; der zweite, der abkürzende Strom (curbing current) ist dem ersten entgegengesetzt gerichtet und muß von kürzerer Dauer sein, damit er nicht durch Ueberschreiten der Achse OX ein falsches Zeichen gibt; er beschleunigt die Neutralisation des Kabels, indem er die Nachwirkung des ersten zu zerstören strebt. Wird der erste Strom die Zeit 4a, der zweite die Zeit 3a hindurch dem Kabel zugeführt, so erscheint am empfangenden Ende durch den zweiten Strom allein die durch Curve III dargestellte Wirkung, während Curve IV, deren Ordinaten die algebraische Summe aus denen von II und III sind, die Gesammtwirkung beider Ströme und in der schnellen Rückkehr zur Achse OX die Vortheile des Abkürzungssenders darstellt. Durch diesen wird der Lichtzeiger des Spiegelgalvanometers und die Schreibspitze des Heberschreibapparates schnell nur bis zur Mittellinie zurückgeführt und scharfe Biegungen der Schrift selbst erzielt. Dazu müssen der Telegraphirstrom und der Abkürzungsstrom (oder die zu einem Zeichen gehörige Folge solcher Ströme) in strenger Regelmäßigkeit auf einander folgen, was nur mittels automatischer Einrichtungen zu erreichen ist. Die Mitbenutzung von Condensatoren erhöht die Wirkung des Abkürzungsstromes. Holzschnitt II zeigt den automatischen Abkürzungssender nach einer Photographie. Das abzutelegraphirende Telegramm ist in einem Papierstreifen P (Fig. 11) gestanzt, welcher links und rechts von der zur Führung des Streifens dienenden Mittellochreihe Löcher für die Striche und Punkte der Morseschrift enthält und in der Pfeilrichtung mit gleicher Geschwindigkeit durch den Apparat läuft. Er tritt durch die Röhre U ein und geht unter zwei Stiften oder Nadeln hindurch, welche den Löchern links und rechts entsprechen. Geht ein Loch rechts oder links durch, so fällt die betreffende Nadel auf ganz kurze Zeit in dasselbe ein und drückt so eine Feder a oder a′ (Fig. 13) durch die Oeffnung l oder l′(Holzschnitt III) in dem Rande der umlaufenden Scheibe OO′; die Feder wird von dem Rande gefangen und muß während eines vollen Umlaufes darin bleiben, bis die Oeffnung im Rande sie wieder frei läßt. Die Scheibe macht einen Umlauf, während ein Raumtheil (zwischen zwei auf einander folgenden Löchern der Mittelreihe) des Streifens P unter den Nadeln hinläuft. Wenn die Feder a oder a′ in den Rand geschoben wird, so stellt sie den Contact zwischen dem einen Pole der Batterie und einem andern Satze von Federn her, welche durch ein doppeltes Excenter JJ′ auf derselben Welle A wie OO′, bewegt werden. Während eines Umlaufes sendet das Excenter mittels des zweiten Satzes von Federn erst einen Strom von der einen und gleich nachher einen etwas kürzern Strom von der andern Richtung in das Kabel; der erste ist der Telegraphir-, der zweite der Abkürzungsstrom. Geht ein Loch links unter den Nadeln vorbei und fällt die zugehörige Nadel ein, so ist der erste Strom positiv, der zweite negativ; bei einem Loche links ist der erste negativ, der zweite positiv. Das Einfallen und Ausheben der Nadeln besorgen besondere Daumen auf der Welle A. und auf diese Weise wird der Streifen selbst geschont. Figur 11 läßt erkennen, wie der für den automatischen Abkürzungssender gestanzte Streifen P aussieht. Das dargestellte Streifenstück enthält die Löcher für das Zeichen „Verstanden“ und die ersten sieben Buchstaben. Seine Fortbewegung vermittelt ein mit Stiften besetztes Rad, indem die Stifte bei seiner Umdrehung in die Löcher der mittlern Reihe eindringen. Die Einschaltung und die Wirkung der Contactfedern wird aus Figur 13 klar. Für gewöhnlich liegen die Federn a und a′ auf den Contacten c und c′, welche über Z mit dem Zinkpole der Linienbatterie B verbunden sind; die Batterie ist also offen. Hebt die Scheibe OO′ durch ihren Rand die Feder a, so kommt diese an die über C mit dem Kupferpole der Batterie B verbundene Feder d zu liegen; so lange nun die Scheibe J′, deren excentrischer Theil etwas mehr als den halben Umfang einnimmt, die Feder e′ auf dem Contacte f′ festhält, ist der Kupferpol von B über C, d, a, n, f′, e′ und E mit der Erde, der Zinkpol über Z, c′, a′, v, g, e und L, mit der Luftleitung verbunden, und der Telegraphirstrom durchftießt die Linie, bis das nicht ganz den halben Umfang einnehmende Excenter J die Feder e auf f legt, während gleichzeitig e′ an g′ emporgeht, der Strom also umgekehrt wird. Die entgegengesetzte Richtung haben die beiden Ströme, wenn die Scheibe OO′ die Feder a′ erfaßt und mit d′ in Berührung bringt. Die beiden gleichen Hälften, woraus die „bestimmende“ Scheibe OO′ besteht, sind durch eine Ebonitlage gegen einander isolirt. Die durch den Abkürzungssender erzielte größere Leistung wird natürlich durch einen größern Batterieaufwand erkauft. Als Triebkraft wird ein Gewicht an der auf die Trommel D gewickelten Scheibe zugleich mit einer Feder in dem Federhause S benutzt. Als Regulator dient eine Centrifugalbremse, deren zwei Klötze sich beim Umlaufen an die Innenwand eines feststehenden Cylinders anlegen; die Klötze sind an Uhrfedern aufgehängt und sind durch Spiralfedern mit je einer radialen Stellschraube verbunden, durch deren Spannung die Centrifugalkraft um einen beliebigen Betrag vermindert werden kann. Wird außerdem die Bewegung auf die Regulatorachse durch ein Paarcylindrische Reibungsscheiben übertragen, von denen die eine, auf der Regulatorachse sitzende, mit ihrer Mantelfläche die Stirnfläche der andern berührt, so läßt sich einfach durch Heben und Senken des Cylinders und der Regulatorachse das Verhältniß der Uebersetzung der Geschwindigkeit verkleinern und vergrößern, die Centrifugalkraft also dem entsprechend vergrößern und verkleinern. E—e.

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Tafel Taf. VII
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