Titel: Beiträge Zur Kenntniss der Mechanik weicher Körper; von Reg.-Rath Prof. Friedr. Kick und Assistent Ferd. Polak.
Autor: Friedrich Kick [GND], Ferd. Polak
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 465
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Beiträge Zur Kenntniss der Mechanik weicher Körper; von Reg.-Rath Prof. Friedr. Kick und Assistent Ferd. Polak. Mit Abbildungen. Kick und Polak, Beiträge zur Kenntniß der Mechanik weicher Körper. Wirken äußere Kräfte formändernd auf weiche Massen oder bildsame Körper ein, so finden bleibende Verschiebungen der Massentheilchen statt. Die zu lösende Aufgabe läßt sich in nachstehender Weise formuliren: Es ist für weiche Körper bestimmter Eigenschaft jene Arbeitsgröße festzustellen, welche zur Erlangung der gegebenen Formänderungen erforderlich ist. Diese Arbeitsgröße ist nicht die gleiche, wenn die Formänderung langsam oder rasch erzielt wird; sie ist aber weder für den einen, noch den andern Fall der Zeit allgemein angebbar. Wollte man sagen, sie sei die Summe (das Integral) aus den Wegen mal den Widerständen der einzelnen zu verschiebenden Massentheilchen, so wäre dies keine Lösung der Aufgabe, weil man selbst für die einfachsten Fälle weder die Wege, noch die Widerstände der einzelnen Massentheilchen kennt. Es mag dies befremden, wird jedoch bei Betrachtung des sogleich zu besprechenden einfachsten Falles klar werden. Fig. 1, S. 465, Bd. 224 Fig. 2, S. 465, Bd. 224 Stellt man einen genau cylindrischen Körper aus bildsamen Thon, Wachs, Blei o. dgl. auf eine horizontale feste Platte und drückt denselben durch eine zweite horizontale, genau vertical geführte Platte zusammen (vgl. Fig. 1 bis 6)Die in diesem Artikel vorgeführten Proben sind in annähernd ½ n. Gr. Nach Photographien der Versuchsstücke in Holz geschnitten., so erhält man stetsMöglichst gleichförmiges Material natürlich vorausgesetzt. Die Reibung an der Unterlags- und Preßplatte spielt hierbei keine maßgebende Rolle. eine tonnenähnliche Deformationsform (Fig. 1), und bei weiter getriebener Deformation stellen sich Risse unter bestimmten Neigungswinkeln (Fig. 2) ein. Die Formveränderung und die Risse sind ein Beweis, daß sich die Materialtheilchen unter verschiedenen Pressungen und Spannungen befanden, und doch war die Inanspruchnahme eine solche, von welcher man gewöhnlich voraussetzt, daß sie alle Theilchen gleichmäßig trifft. Fig. 3, S. 466, Bd. 224 Cylinder aus Porzellanmasse, achsial zusammengedrückt. Fig. 4, S. 466, Bd. 224 Hartblei-Cylinder, durch Druck in der Richtung der Achse deformirt. Fig. 5, S. 466, Bd. 224 Deformirter Weichblei-Cylinder. (Statt der Risse wird die Oberfläche runzelig.) Fig. 6, S. 466, Bd. 224 Deformation des Wachses. Betrachtet man die Einwirkung der drückenden Kräfte in unserm Falle näher, so läßt sich wohl ziemlich leicht entnehmen, daß die gegen außen und die Mitte der Höhe liegenden Molecüle einen Druck gegen außen erlangen. Dies lehrt die Deformationsform, und es läßt sich dies durch die nachstehende populäre, aber innerhalb der Grenzen der Folgerungen wohl zulässige Betrachtung verdeutlichen. Es bedeuten in Figur 7 die kleinen Kreise die einzelnen Molecüle (oder richtiger ihren Schwingungsraum); p sind die drückenden Kräfte, und diese zerlegen sich, wie in der Figur ersichtlich gemacht ist, so, daß ihre Componenten central auf die nächsten Molecüle wirken. Die gegen außen liegenden Molecüle (in der Figur schraffirt) werden demnach von einer schräg nach abwärts wirkenden Kraft beeinflußt, während die mehr nach innen liegenden, indem sich die Componenten wieder vereinigen, durch verticale Drücke p gepreßt werden. Die hier für eine durch die Cylinderachse gehende Schnittebene und nur für den obern rechts liegenden Theil durchgeführte Betrachtung läßt sich analog mit Berücksichtigung des Gegendruckes der Auflage Textabbildung Bd. 224, S. 467 Textabbildung Bd. 224, S. 467 platte auf den ganzen Cylinder, welcher der Pressung unterworfen ist, erstrecken. Man kommt hierdurch zu dem Ergebnisse, daß die Massentheilchen des Cylinders sich in zwei Gruppen scheiden — in solche, welche nur von verticalen Drücken afficirt werden, und in solche, deren Drücke andere Richtung haben. Die vertical gedrückten Massentheilchen sind in Kegeln angeordnet (Fig. 8), deren Basis die untere und obere Endfläche ist und deren Spitzen in der Achse des Cylinders liegen. Das hier Besprochene war eine Folge der Betrachtung der Versuchsergebnisse. Da wir aber in vorliegender Darstellung nicht den langwierigen Weg der Aufzählung der vielen geglückten und mißglückten Experimente gingen, sondern den kürzern analytischen Weg einschlugen, so sei derselbe auch fortgesetzt. Indem sich die Massentheilchen des gepreßten Cylinders in zwei Gruppen getheilt denken lassen, die Molecüle der ersten Gruppe ausschließlich Verticaldrücken ausgesetzt sind und den Raum der Kegel ausfüllen, während die Drücke der andern Massentheilchen von der verticalen Richtung abweichen, so müssen die Kegeloberflächen bei der Zusammendrückung zu Rutschflächen werden, an welchen sich die angrenzenden Materialtheilchen hinschieben. An diesen Kegeloberflächen müßte auch der Bruch, bezieh, die Trennung der Schichten bei allen jenen Materialien erfolgen, deren Weichheit nicht so groß ist, daß sie bei der Verschiebung den Bruch verhindert, weil ein Mitführen, Hängenbleiben, der angrenzenden Theilchen stattfindet. Würde man stat cylindrischer Stücke prismatische für die Druckversuche anwenden, so müßten sich die Kegel in Pyramiden verwandeln. Dies geschieht auch bei Sandstein, einem Gemenge aus Sand und Wachs, ja selbst, wenn auch minder deutlich erkennbar, bei reinem Wachs. Beim Zerdrücken von Sandstein hört man vor eintretendem Bruche das Knirschen der beginnenden Verschiebung. Der Bruch, wie er bei einem Prisma von kreuzförmiger Basis stattfand, ist in Figur 9 dargestellt; desgleichen in Figur 10 Textabbildung Bd. 224, S. 468 Prisma aus feinem Sand und Wachs von kreuzförmiger Grundfläche bis zum Bruch gedrückt. Textabbildung Bd. 224, S. 468 Kegel entstanden beim Zerdrücken eines Sandsteinthurmes. die untere Sandsteinpyramide, welcher eine ganz ähnliche obere entgegengesetzt war. (Bei Sandstein speciell beobachtete Bauschinger diese Erscheinung wiederholt, wie man sich durch Betrachtung von Bl. X Fig. 3 und 4, Bl. XI Figur 11 seiner Versuchsmittheilungen, Separatabdruck aus der Zeitschrift des bayerischen Architecten- und Ingenieurvereines, 1875 überzeugen kann.) Die Bildung des Rutschungskegels nimmt man bei Thon, Porzellanmasse o. dgl. ganz deutlich bei folgenden Versuchen wahr: Drückt man ein Prisma oder einen Cylinder mit horizontaler Endfläche in geschichteten Thon etc. (Fig. 11), so nimmt der Cylinder einen Kegel der Masse der ersten Schichte mit nach abwärts, an dessen Mantelfläche das Abfließen der Nebentheilchen gegen oben erfolgt. Durch dieses Abfließen oder Hinschieben werden Theilchen des Kegels mitgerissen und dessen Höhe, sowie die Schärfe der Form allmälig vermindert; aber die Erscheinung ist unzweifelhaft vorhanden. Ist ein Preßcylinder mit Schichten aus z. B. verschieden gefärbter Porzellanmasse (vgl. Fig. 12 a, b) gefüllt, besitzt derselbe im Boden ein centrisches, kreisrundes Loch und preßt man nun einen Kolben herab, so daß ein Ausfließen aus der Bodenöffnung erfolgt, so bildet sich der Rutschungskegel α β hier natürlich umgekehrt, wie Figur 13 (und 12) dies darstellt. Textabbildung Bd. 224, S. 469 Textabbildung Bd. 224, S. 469 Auftreten Rutschungskegels beim Ausfließen geschichteter Porzellanmasse Textabbildung Bd. 224, S. 469 Textabbildung Bd. 224, S. 469 Wachscylinder wurden in der eingangs erwähnten Weise achsial gedrückt und deformirten sich hierbei in der in Figur 6 dargestellten Weise. Nach Beendigung des Versuches wurde an der Endfläche nahe dem Umfang (entsprechend der ursprünglichen Basis) eine lichtere Linie — ein Sprung — ringsherum laufend, wahrgenommen. Es wurde nun ein Holzcylinder mit seiner Endfläche in geschmolzenes Wachs getaucht, an die Endfläche der Wachscylinder angedrückt und nach dem Erstarren ein geringer achsialer Zug ausgeübt. Es blieb bei zwei Versuchen ein Wachskegel am Holze hängen, wie ihn Figur 15 bei b zeigt, während a den Hohlraum darstellt. Zwei niedrige Bleicylinder wurden auf einander gestellt und durch eine hydraulische Presse zusammen gedrückt. Nach der Deformation zeigte sich die Trennungsfläche (Berührungsfläche beider) nicht eben, sondern die untere Fläche zeigte in der Mitte eine conische Erhöhung, die obere eine ebensolche Vertiefung; der untere, im Material offenbar härtere Kegel (Truncus) hatte sich in den obern Kegel eingedrückt. Textabbildung Bd. 224, S. 469 Ein horizontal geschichteter Porzellanmassecylinder verändert sich beim Druck, wie Figur 15 ersichtlich macht. Durch diese und viele andere in zahlreichen Variationen durchgeführten Versuche erscheint das Vorhandensein der Rutschungskegel außer Zweifel gestellt. Textabbildung Bd. 224, S. 470 Es stellte sich nun zunächst die Frage, ob es nicht möglich wäre, den Neigungswinkel der Erzeugenden des Kegels, den Rutschungswinkel, durch Rechnung zu finden. Hierzu schlugen wir folgenden Weg ein, welcher zwar nicht frei von Annahmen ist, die zunächst noch nicht bewiesen sind, welcher jedoch zu einem Resultate führte, das mit sämmtlichen Versuchen gut übereinstimmt, so daß die Annahmen gerechtfertigt sein dürften. Die Rechnung setzt zuförderst das Vorhandensein von Rutschungskegeln, oder bei nicht cylindrischer Form des gepreßten Stückes das Vorhandensein von Rutschflächen, eventuell Ebenen voraus. Sei nun eine Masse einem gleichvertheilten verticalen Drucke ausgesetzt und komme auf ein Flächenelement ab (Fig. 16) der Oberfläche der Druck p und liege dieses Flächenelement so weit vom Umfang ab, daß die Fortpflanzung des Druckes ausschließlich vertical abwärts stattfindet, so wird der Druck p auf das Flächenelement ab′ der Rutschungsebene von noch unbekanntem Neigungswinkel übertragen. Dort theilt sich die verticale Kraft in die Compenenten p1 und p2. Es ist p1 = p cos φ und p2 = p sin φ. Die Componente p2 strebt die Theilchen längs C B zu verschieben. Dieser Verschiebung steht die innere Cohäsion und Reibung entgegen. Bezeichnet man die auf ein Flächenelement a b wirkende Cohäsion mit C, so ist die Cohäsion am Flächenstückchen ab′ gleich C/cos φ und die Reibung kann durch γp1, ausgedrückt werden. Man erhält für das Gleichgewicht, resp. den Beginn des Rutschens die GleichungTextabbildung Bd. 224, S. 470 Für den richtigen Rutschungswinkel muß p darum ein Minimum werden, weil bei jedem andern, welcher nicht der natürliche Rutschungswinkel ist, ein Zwang ausgeübt werden müßte, der dann gleichfalls überwunden werden muß. p wird ein Minimum, wenn der variable Nenner ein Maximum wird; differenzirt man y = cos φ (sin φ - γcos φ), so ist dy/d φ = 0 = cos2 φ + 2γsin φcos φ - sin2 φ und hieraus das Resultat Textabbildung Bd. 224, S. 470 In Formel (2) ist die Cotangente des Rutschungswinkels durch den Reibungscoefficienten γ, in (3) jener Winkel durch den Reibungswinkel ausgedrückt.Die Rechnung stellt sich so:Textabbildung Bd. 224, S. 471tg 2φ = tg(90 ± α) vder φ = 45 ± α/2, wobei hier wohl nur das positive Zeichen Bedeutung haben kann. Dasselbe Resultat findet sich leichter, wenn Gleichung (a) umgewandelt wird in γsin + cos = 0 oder cotg = - γ = - tgα. Wäre die Reibung der sich verschiebenden Theilchen gleich Null, so würde der Rutschungswinkel φ gleich 45°. Es ist ferner ersichtlich, daß dieser Winkel von der innern Cohäsion unabhängig ist, und daß er wächst mit dem Wachsen der Reibung. Für γ = ½, wird φ = 58° 20′, und für den andern Grenzfall γ = 1,wird φ = 67° 30′. Bei weichem Thon und bei Porzellanmasse gibt der Versuch Rutschungswinkel, welche nahe 45° sind; Sandstein gibt Pyramiden von 60° und mehr, und nur bei Wachs erhielten wir den ausgezogenen Kegel von viel geringerer Neigung als 45°, was wohl seine Ursache in secundären Umständen haben dürfte, da bei dem später zu besprechenden, in Figur 17 dargestellten Falle der normale Kegel zu bemerken war. Die Bedeutung der Rutschungsflächen scheint uns eine weitergehendere zu sein, als dies für den ersten Augenblick erscheinen mag. Die Rutschungswinkel sind für weiche Massen von ähnlicher Bedeutung, wie die Böschungswinkel bei Sand oder Gerölle. Eine Lehmschichte, deren Dicke oder Neigung oder beides zugleich so beschaffen ist, daß die Bildung einer Rutschfläche möglich ist, kann Rutschungen bei eintretender Durchweichung zulassen, weil durch diese die Cohäsion und Reibung wesentlich vermindert wird. Solche Rutschungen brauchen jedoch nicht über einen Winkel von 45° zu erfolgen, wie dies beim Minimum des Druckes geschieht, sondern es kann das Abrutschen bei hinreichender Pressung über weit weniger geneigte Rutschflächen erfolgen.Ist C, γ und p gegeben, so ließe sich φ aus Gleichung (1) berechnen:Textabbildung Bd. 224, S. 472Es könnte daher bei sehr großen p ein Gleiten eintreten, weil dann Textabbildung Bd. 224, S. 472 ist. Auch dies stimmt mit den bei Rutschungen gemachten Erfahrungen zusammen Für γ = 0 findet sich p sin 2 φ/2 = C, und da sin 2 φ die Einheit als Grenzwerth hat, so ergibt sich die kleinste Pressung, von welcher an erst ein Rutschen stattfinden kann, mit p = 2C. Nun kommt noch eine Eigenschaft des Lehmes (sandigen Thones) hinzu, welche hier zu erwähnen wäre. Befindet sich nämlich dieses Material unter Druck, so geht in verhältnißmäßig kurzer Zeit das Wasser aus den obern Schichten theilweise in die untern über. Wenige Procente mehr Wasser verändern die innere Cohäsion in einem außerordentlichen Maße. — Porzellanmasse von 25 Proc. Wassergehalt wurde in einem Preßcylinder von 5cm Durchmesser, welcher unten eine Ausflußöffnung hatte, während 40 Minuten einem von 25k auf 60k sehr langsam wachsenden Drucke ausgesetzt; der eigentliche Zweck jenes Versuches wurde zwar nicht erreicht, aber es wurde constatirt, daß die bald nach Beginn des Versuches austretende Masse 27,2 Proc., die gegen Ende des Versuches austretende nur 21,4 Proc. Wassergehalt besaß. Erstere war fast schon breiig, letztere sperr und brüchig. Langdauernde, ausgiebige Regen müssen daher die untern Schichten einer stark sandigen Lehmlage gleichfalls so durchweichen, daß dann Rutschungen eintreten. Indem sich bei dem oberwähnten Versuche mit Porzellanmasse über dem Preßkolben Wassertropfen abschieden, während die weichen Partien unten ganz gleichmäßig durchfeuchtet abflössen, so kann eine Rutschungen vorbeugende Entwässerung klarer Weise auch nur durch Drainage auf der Lehmlage von Nutzen sein. Derselbe Versuch mit Lehm wiederholt hatte einen analogen Erfolg, doch lange nicht so auffallend wie bei Porzellanmasse. Textabbildung Bd. 224, S. 472 Gehen wir wieder zurück zu dem Verhalten der den Pressungen unterworfenen weichen Körper. Bei einem Druckversuch, welchem ein Wachscylinder unterworfen wurde, war die Pressung nicht ganz achsial, die Trennung erfolgte nach einer unter dem Rutschungswinkel geneigten schiefen Ebene, die Trennungsfläche war also hier eine Ellipse, welche den Rutschungskegel tangirte. Das Vorhandensein des Kegels ist an der Trennungsfläche ganz deutlich wahrnehmbar, und wurde gesucht, dies in Fig. 17 c anzudeuten, wenn auch das Bild weit hinter der Deutlichkeit des Probestückes zurückbleibt. Es ist nicht uninteressant, daß der Flächeninhalt dieser Rutschungs-Ellipsenfläche gleich ist dem Flächeninhalt des Rutschungskegels.Es ist die kleine Achse gleich dem Cylinderradius r, die große gleich r/cos φ, mithin f = r2 π/cos φ; die Kegeloberfläche ist gleich Textabbildung Bd. 224, S. 473 also gleich der Ellipsenfläche. Es bleibt nur noch die Begründung des Eintretens der Oberflächensprünge übrig. Findet das Abrutschen über die ebene Fläche (Ellipse) statt, so sind Sprünge der Masse an der Cylinderoberfläche nicht wahrzunehmen, sie treten nicht auf; bei vollkommen centralem Druck aber zeigen sich bei Porzellanmasse, Wachs, Blei, wenn die Deformation weit genug gediehen ist, stets Risse. Je zäher, je bildsamer die Masse ist, um so später entstehen die Risse. Mit einer geradezu überraschenden Regelmäßigkeit findet das Auftreten der Risse bei nicht allzu weichen Porzellanmassen statt (vgl. Fig. 3), während bei Modellirthon die Risse um so später entstehen, je fetter er ist, übrigens oft die übereinstimmende Lage haben. Der Neigungswinkel φ1 der Oberflächenrisse ist größer als der Rutschungswinkel φ und scheint sich durch die Gleichung cosφ = cotgφ1 ausdrücken zu lassen. Die geometrische Betrachtung, welche zu diesem Resultate führt, basirt aber auf Annahmen, welche noch nicht durch das Experiment erwiesen sind, und muß die Erklärung der Regelmäßigkeit der Oberflächenrisse als noch offen stehend betrachtet werden. Aus den zahlreichen Versuchen mit Porzellanmasse und Thon geht die für die Praxis nicht unwesentliche Folgerung hervor, daß ein Mehr von selbst nur 2 bis 3 Proc. des Wassergehaltes die Bildsamkeit so wesentlich erhöhen, daß weit niedrigere Pressungen denselben Effect hervorbringen. Das ganz analoge Verhalten aller erwähnten weichen Körper, trotz ihrer substanziell so verschiedenen Natur, läßt den Schluß zu, daß die Deformationsgesetze bei allen jenen Körpern, bei welchen ein Verschieben oder Fließen der Theilchen durch Druck erzielbar ist, die gleichen sind. Für die Ergründung derselben ist daher auch die Anwendung bildsamerer Massen gestattet. Der ziffermäßigen Feststellung der Beziehung von Deformation und Arbeitsverbrauch stellen sich manche Schwierigkeiten entgegen; diese liegen vorzüglich in der schwer zu erlangenden und zu erhaltenden Gleichförmigkeit der Versuchsmassen. Prag, Anfang April 1877.