Titel: Ueber Vanadanilinschwarz; von G. Witz.
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 639
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Ueber Vanadanilinschwarz; von G. Witz. Witz, über Vanadanilinschwarz. Guyard's Versuche, für die Anilinschwarzfärberei der Baumwolle das Vanadiumchlorür zu verwenden, haben zu dem Resultat geführt, daß die Farbflotte auf 1000 Th. salzsaures Anilin 1 Th. jenes Vanadiumsalzes zu enthalten habe (vgl. 1876 222 390). An derselben Stelle gibt Gouillon an, das Farbbad verlange für ein sicheres Resultat als geringsten Zusatz 5mg Vanadiumsalz für 1l Färbeflüssigkeit, und die von ihm gebrauchte Gesammtmenge des Vanadiumsalzes betrug den 20000 sten Theil des verwendeten Anilinsalzes. Witz (Bulletin de Mulhouse, 1876 S. 425) hat diese Färbeversuche wiederholt und im Allgemeinen bestätigt gefunden; nur gelangte er zu dem Resultat, daß dieses Verhältniß für das Vanadiumsalz immer noch zu hoch gegriffen sei. Die Beobachtung, daß der Proceß der Anilinschwarzbildung ganz unmerklich und ruhig beginnt und proportional der allmäligen Concentration der Flotte, sowie dem wachsenden, wenn auch noch so geringen Vanadiumgehalt derselben sich beschleunigt, hat ihn veranlaßt, das neue Verfahren auf den Baumwolldruck auszudehnen. Eine Reihe von Versuchen hatte zunächst den Zweck, die geringste erforderliche Menge von Vanadium für eine Anilinschwarzdruckfarbe zu bestimmen, und es zeigte sich, daß das Verhältniß von 1 Th. Vanadium auf 135 000, ja sogar auf 270 000 Th. salzsaures Anilin im Stande ist, in wenigen Tagen bei einer Temperatur von 25° ein brauchbares Anilinschwarz zu erzeugen, und daß je größer der Vanadiumgehalt in der Druckfarbe ist, desto schneller die Oxydation vor sich geht. Die Versuche im Kleinen veranlaßten Witz bald, dieselben im Großen zu wiederholen und nach einiger Zeit das Schwefelkupfer ganz zu verlassen. Das Recept, nach welchem er nun im Großen arbeitete, enthält auf 1l Farbe 80g salzsaures Anilin (entsprechend 55g Anilinöl) und 1mg,30 Vanadium, d. i. genau der 61 700 ste Theil des Anilinsalzes, oder der 42 500 ste des darin enthaltenen Anilinöls, oder, da 1l Farbe 1100g wiegt, der 850 000 ste Theil des Gesammtgewichtes der Druckfarbe. Trotz dieser gewiß homöopatischen Vanadiumdosis wird das Anilinschwarz auf der Baumwolle dennoch in 2 bis 3 Tagen fertig, wenn die beiden Thermometer des Hygrometers in der Hänge 20° und 25° zeigen. Man sieht schon, daß die Calculation der neuen Druckfarbe nicht bedenklich ausfallen kann. Nach den frühern Vorschriften kommen auf 1k Anilinöl 550g Schwefelkupfer, entsprechend 100g metallischem Kupfer, zum Preis von 44 Pf.; diesen stehen jetzt gegenüber 0g,055 vanadsaures Ammoniak (entsprechend 0g,024 Vanadiummetall, mithin 4200 mal weniger als Kupfermetall), welche sich beim gegenwärtigen Preis von 80 Pf. für 1g dieses Vanadiumsalzes auf 4 Pf., somit auf den 11 ten Theil der Ausgabe für das Schwefelkupfer berechnen. Zur Zeit der allerersten Versuche mit Vanadanilinschwarz, da die Vanadverbindungen noch 3 mal so hoch im Preis standen als das Gold, betrug die Ersparniß gegenüber dem Schwefelkupfer schon 50 Proc. Betreffend die Auswahl der zu Gebot stehenden Vanadiumsalze, so hat sich der Verfasser zunächst der Chlorverbindung bedient. Dieselbe stellt im wasserfreien Zustande eine dunkelrothe, rauchende Flüssigkeit vor, welche sehr begierig Wasser aufnimmt und höchstens 29 Proc. Vanadium (3g,45 entsprechen also 1g Metall) enthält. — Das vanadsaure Ammoniak NH4 O,VO3 ist ein schweres Pulver von schmutzig gelber Farbe und enthält 43,6 Procent Vanadium (2g,3 entsprechen 1g Metall). — Das zweifach vanadsaure Ammoniak 2(NH4 O,VO3) + V2O5 kommt in schönen, orangefarbigen, an der Luft unveränderlichen Krystallen vor und dürfte deshalb, weil leichter rein zu erhalten, besondere Beachtung verdienen. Uebrigens hat es sich gezeigt, daß unreine Vanadiumverbindungen sogar noch wirksamer sind als die reinen. Das saure Ammoniaksalz enthält 49 Proc. Vanadium, oder 2g,04 Salz entsprechen 1g Metall. Es ist zu bemerken, daß diese Procentberechnungen nicht dem sondern dem Bulletin de Rouen (1876 S. 310) entnommen sind, welchletzteres dieselbe Abhandlung von Witz bringt, aber unter Zugrundelegung des richtigen Atomgewichtes, wie es Roscoë 1868 für das Banadium zu 51,3 bestimmt hat, anstatt 68,55, wie Berzelius das Aequivalentgewicht dieses Metalles angegeben und der Bericht im Bulletin de Mulhouse angenommen hat.Rl. — Die alkalischen Vanadverbindungen sind im Allgemeinen schwer löslich in Wasser; will man sie verwenden, so müssen sie zuvor mit verdünnter Salzsäure behandelt und durch reducirende Substanzen in eine niedrigere Chlorverbindung übergeführt werden. Z. B. für 3 Th. basisches Salz werden 12 bis 15 Th. Salzsäure vom spec. Gew. 1,1691, mit ihrem gleichen Volum Wasser verdünnt, genommen; hernach wird mit einer Mischung von 2 Th. Wasser und 1 Th. Glycerin (spec. Gew. 1,2390) reducirt und schließlich die klare blaue Lösung mit Wasser so gestellt, daß 1l derselben 10g Vanadiummetall entspricht. Merkwürdig ist die Beobachtung, welche Witz bei concentrirteren Druckfarben gemacht hat. Je größer der Anilingehalt der letztern ist, desto geringer braucht der Vanadiumzusatz zu sein. Nimmt man statt 80g Anilinsalz deren 90g, so können am Vanadium ungefähr 25 Proc. abgebrochen werden; würde man dasselbe entsprechend dem Anilinsalz um den 8 ten Theil vermehren, so würde vielmehr der Vanadiumgehalt der mit Stärke verdickten Druckfarbe zu groß ausfallen und es wäre eine Zersetzung der letztern zu befürchten. Das Verhältniß von Vanadium zu Anilinsalz berechnet sich in diesem Fall auf 1 : 93 000, zu Anilinöl auf 1 : 64 000, und die Ausgaben für Vanadium und Schwefelkupfer verhalten sich nunmehr wie 1 : 16,5. Läßt man aber den Anilingehalt der Druckfarbe constant, so hat man es je nach der Menge Vanadiumsalz, die man zufügen will, bis zu einem gewissen Grade in der Hand, die Entwicklung des Schwarz auf der Baumwolle beliebig zu verlangsamen oder zu beschleunigen. Wenn beispielsweise der Zusatz von 3cc einer vorräthig gehaltenen Vanadsalzlösung zu 20l Farbe genügt, um das Schwarz in der Hänge bei 25° in 1 Tag fertig entwickelt zu erhalten, so bedingt der Zusatz von 2cc,5 ein Verhängen von 2 Tagen und der Zusatz von 2cc ein solches von 3 Tagen. Läßt man ferner den Anilin- und den Vanadiumgehalt der Farbe constant, erhöht jedoch die Temperatur in der Hänge, so kann man auch auf diese Weise die Zeitdauer des Verhängens nach Belieben abkürzen. Selbstverständlich wird das Vanadiumsalz erst nach dem Auskochen und vollständigen Erkalten der Druckfarbe beim letzten Passiren durch das Sieb zugegeben. Trotz der minimalen Menge desselben hat Witz doch, auch nachdem er längst das Vanadanilinschwarz im Großen eingeführt, nie eine ungleiche Vertheilung des Vanadiumsalzes in der Farbe oder, dadurch bedingt, eine stellenweise ungleiche Entwicklung des Schwarz auf der Baumwolle beobachtet. Betreffs der Verdickungsmittel, so sind, wie beim Schwarz mit Schwefelkupfer, Dextrin, Gummi und dunkelgegebrannte Stärke als solche zu vermeiden. Während jedoch bei Anwendung von Schwefelkupfer die genannten Verdickungsmittel ein absolut unbrauchbares Resultat liefern, so kann man dieselben, wenn es der Druck gewisser Muster geradezu verlangt, immerhin für das Vanadanilinschwarz verwenden, und damit, vorausgesetzt, daß man den Vanadiumgehalt ungefähr verzwanzigfacht, innerhalb 3 Tagen ein brauchbares Schwarz erzielen. Das Schwefelkupfer diente in der alten Vorschrift zugleich als Blendung für den Drucker. Für das neue Schwarz bedarf es einer eigenen Blendfarbe. Witz verwendet hierfür das Methylviolett, ungefähr 0g,3 auf 1l Druckfarbe, und erreicht damit zugleich den Vortheil, sich von dem Grad der sauren Reaction des angewendeten Anilinsalzes Rechenschaft geben zu können. Ist ein Ueberschuß von Säure vorhanden (in gewöhnlichem Anilinsalz 1 bis 3 Proc.), so wird die Druckfarbe durch das Methylviolett blau geblendet sein (vgl. 1874 214 312); um nun die Farbe haltbarer und für die Rakeln weniger gefährlich zu machen, so hat man nur vorsichtig mit Anilinöl oder Ammoniak zu neutralisiren, bis die Blendung schön rothviolett ist. Der Zusatz von Ammoniak vermehrt den ohnedies in der Druckfarbe vorhandenen Gehalt an Salmiak. Dieser hat sich übrigens, so wichtig er für die alte Vorschrift des Anilinschwarz erscheinen mochte, für das Vanadiumschwarz als überflüssig erwiesen, insbesondere wenn in der Hänge der richtige Feuchtigkeitsgrad eingehalten wird. Für die Combination von Anilinschwarz mit Bleiorange kann diese Entbehrlichkeit des Salmiaks beim Drucken nur von Vortheil sein. Das Vanadiumanilinschwarz läßt sich überhaupt für alle bisher in Anilinschwarz ausgeführten Artikel mit Vortheil benutzen; namentlich erträgt es nach vorhergegangenem Oxydiren die Operation des Dämpfens, liefert ein schönes sattes Schwarz, ohne besondere Neigung zum Nachgrünen, gibt einen reinen, saubern Druck, greift das Gewebe, die Rakeln und Walzen nicht an, hält sich lange in der Farbküche, läßt sich leicht und sicher in der Fabrikation handhaben und kommt dabei nicht unwesentlich billiger zu stehen als ein Anilinschwarz mit Schwefelkupfer. Kl.