Titel: Ueber Thermometer und Pyrometer; von Ferd. Fischer.
Autor: Ferd. Fischer
Fundstelle: Band 225, Jahrgang 1877, S. 463
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Ueber Thermometer und Pyrometer; von Ferd. Fischer. Mit Abbildungen. (Schluß von S. 278 dieses Bandes.) Fischer, über Thermometer und Pyrometer. 5) Elektrische Erscheinungen. Pouillet (1837 63 221) berechnet die Temperaturen aus der Stromstärke eines thermo-elektrischen Elementes von Eisen und Platin. Solly Philosophical Magazine, II. v. 19 p. 391. verwendet ein solches von Eisen und Kupfer, Becquerel, wie bereits erwähnt, Platin und Palladium. Schinz (* 1865 177 85. * 1866 179 436) zeigt, daß man mit dem Apparate von Becquerel völlig falsche Angaben erhält; er verwendet daher wieder Eisen und Platin. Nach den früheren Versuchen von Regnault Relation des exp. Mém. de l'Académie, t. 21 p. 246. gibt jedoch auch ein Eisen-Platinelement unzuverlässige Resultate.Vielleicht gehört hierher auch das Pyrometer von Wurm (1847 106 152). Empfehlenswerth ist dagegen das elektrische Pyrometer von Siemens (1869 193 516) 1870 198 258. 394. 1871 201 41. * 1873 209 419. * 1875 217 291), welcher bekanntlich den mit der Temperatur wachsenden Leitungswiderstand eines Platindrahtes verwendet. Wie bereits früher (1876 221 468) erwähnt, sollte bei Anwendung desselben nur der untere Theil des Eisenrohres der zu messenden Temperatur ausgesetzt werden. Williamsen (1873 210 176) und Forster Chemical News, t. 30 p. 138. haben bereits beobachtet, daß bei diesem Pyrometer mit Eisenhülle nach anhaltendem Glühen der Widerstand des Platindrahtes zunimmt. Ich kann diese Angabe nur bestätigen; auch bei dem von mir seit einem Jahre zur Bestimmung der Temperaturen von 600 bis 1100° benutzten Pyrometer hat der Leitungswiderstand, wenn auch nur wenig zugenommen. Es ist daher erforderlich, den Widerstand von Zeit zu Zeit genau zu bestimmen und bei der Verwendung des Apparates die erforderlichen Correctionen anzubringen, wenn man nicht etwa das sehr theure Pyrometer mit Platinhülle (1875 217 294) vorzieht. 6) Vertheilung der Wärme. Zur Bestimmung hoher Temperaturen hat man mehrfach versucht, die Wärme durch Leitung oder Strahlung so weit zu vermindern, daß sie mittels eines Quecksilberthermometers bestimmt werden kann, oder aber den erhitzten Körper durch einen andern entsprechend abzukühlen. Jourdes (1860 157 151) setzt das Ende einer Eisenstange der zu messenden Hitze aus und bestimmt mittels eines gewöhnlichen Thermometers die Temperatur von Oel oder Quecksilber, welche in die Höhlung des andern Endes gebracht sind. Schinz (* 1862 163 321) suchte aus der Temperatur der äußern Fläche der Ofenwand die im Innern des Ofens herrschende Hitze zu berechnen, überzeugte sich aber später (* 1865 177 85), daß wegen der ungleichen Wärmeleitungsfähigkeit des Mauerwerkes auf diese Weise keine brauchbaren Resultate zu erlangen sind. Main (* 1876 221 117) umgibt ein Quecksilberthermometer mit Asbest und berechnet aus den so erhaltenen Angaben die Temperatur heißer Gebläseluft, nachdem er für jeden Apparat die Wärmeleitungsfähigkeit der Asbestumhüllung festgestellt hat. SweenyPoggendorff's Annalen, 1828 Bd. 14 S. 531. berechnet die Temperatur eines Ofens aus der strahlenden Wärme desselben, welche er mittels eines Hohlspiegels auf die Kugel eines Quecksilberthermometers concentrirt. Irgendwie zuverlässige Resultate sind hierdurch nicht zu erreichen. Hobson (* 1876 222 46) erniedrigt die Temperatur des heißen Gebläsewindes durch Vermischen mit einer bestimmten Menge kalter Luft, so daß er die Temperatur des Gemisches mittels Quecksilberthermometer finden kann. Besser ist das auf gleichem Princip beruhende Pyrometer von Bradbury (* 1877 223 620). Besonders häufig sind hohe Temperaturen dadurch bestimmt worden, daß man die von einem festen Körper aufgenommene Wärme, welcher auf die zu messende Temperatur erhitzt war, durch Eintauchen auf eine größere Menge Flüssigkeit vertheilte. Coulomb Poggendorff's Annalen, 1828 Bd. 14 S. 530. bestimmte so die zum Härten von Stahl angewendete Hitze, Clement-Deformes (1829 33 145) mittels einer in Wasser getauchten Eisenplatte die Temperatur der aus dem Schornstein entweichenden Gase. Auch Gay-Lussac (1837 63 285) empfahl, Metallringe der zu messenden Hitze auszusetzen und aus der Temperaturzunahme des durch Einlegen derselben erwärmten Wassers dieselbe zu berechnen. Pouillet (1837 63 219) bestimmte gleichzeitig hohe Temperaturen mittels einer 178g schweren Platinkugel und Wasser. Miller (* 1848 108 115) kühlt den erhitzten Platincylinder in Quecksilber – ein Verfahren, welches L. Schwartz bereits im J. 1826 anwendete und von dem Schubarth (1848 110 32) zeigt, daß es ungenau ist. Wilson (* 1852 125 432) verwendet wieder Wasser mit Platin oder kleinen Thonstücken. Auch SchinzSchinz: Wärmemeßkunst, 1858 S. 53. bespricht die Bestimmung hoher Temperaturen mittels Platinkugel und Wasser. Ein diesem ähnliches Pyrometer hat sich Bystrom Mechanics' Journal, II. v. 8 p. 15. im J. 1862 in England patentiren lassen. Siemens (1860 * 158 108) nimmt als Calorimeter ein Kupfergefäß mit 1 Pinte (568cc) Wasser und einen Kupfercylinder, dessen Wärmecapacität genau 1/50 von dem des mit Wasser gefüllten Calorimeters beträgt, so daß die Temperaturzunahme desselben, mit 50 multiplicirt, die zu messende Hitze angibt. J. Salleron Scientific American, Juli 1875 S. 50. füllt in das Calorimeter 500cc Wasser, wirft einen auf die messende Wärme erhitzten 100g schweren Kupfercylinder hinein und rührt um. Die Temperatur berechnet er mittels der Formel T = 50 (t't) + t'. Hat z.B. vor dem Einsenken des Kupfercylinders das Wasser im Calorimeter die Temperatur t = 15°, nach Beendigung des Versuches t' = 25°, so ist die gesuchte Temperatur T = 50 (25 – 15) + 25 = 525°. Da hier und bei dem Pyrometer von Siemens keine Rücksicht genommen ist auf die bei höherer Temperatur voraussichtlich zunehmende specifische Wärme des Kupfers, so sind die mit diesen Pyrometern erhaltenen Resultate wohl nicht ganz genau. Weinhold zeigt in seiner mehrfach erwähnten Arbeit (S. 32), daß sich beim Platin eine Zunahme der mittlern specifischen Wärme bis gegen 250° zeigt; dann nimmt dieselbe ab, später wieder zu. Die specifische Wärme des Schmiedeisens wächst dagegen mit der Temperatur so regelmäßig, daß sie die Anwendung einer Interpolationsformel zuläßt. Die wahre specifische Wärme des Schmiedeisens bei der Temperatur t ist hiernach: c t, = c₀ + α t + β t², die mittlere specifische Wärme zwischen t₁ und t₂ : W/(t₂ – t₁) = c₀ + α/2(t₂ + t₁) + β/3 (t₂² + t₁² + (t₂ + t₁)²)/2. Die Constanten sind c₀ = 0,105907; α = 0,00006538 und β = 0,00000066477. Textabbildung Bd. 225, S. 466 T =; t₁ = SchneiderZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 16. bedient sich dieser Formel zur Bestimmung hoher Temperaturen mittels einer schmiedeisernen Kugel. Er hat zu diesem Zweck eine Anzahl von Tabellen berechnet, welche S. 466 verkürzt wiedergegeben sind. Dieselben enthalten die von 1k Schmiedeisen abzugebende Wärmemenge, wenn dasselbe von der Temperatur T auf t₁ abgekühlt wird, also den Werth cm (Tt₁) = (G s + W)(t₁ – t₀)/P Soll z.B. die Temperatur T bestimmt werden, und hat man eine schmiedeiserne Kugel vom Gewichte P = 14g,352 auf dieselbe Temperatur erwärmt, und findet man, nachdem die Kugel im Calorimeter, dessen Wasserwerth 23g,6 ist und welches 1020g,4 Wasser von t₀ = 16,4° enthält, eine Endtemperatur t₁ = 18,8°, so ergibt sich die Temperatur T aus der Gleichung Tt₁ =(G s + W)(t₁ – t₀)/c m P = (1044 × 2,4)/14,352 c m in welcher c mj die mittlere specifische Wärme des Schmiedeisens innerhalb der Temperaturen T und t₁, also eine Function der noch unbekannten Temperatur T ist. Statt für c mj, den oben angegebenen Werth in die Gleichung einzusetzen, deren Lösung sehr zeitraubend wäre, findet man leicht c mj (Tt₁) = (1044 × 2,4)/14,352 = 174,58°. Für t₁ ist die Differenz für 0,1° zwischen 10 bis 20° 0,0107, 20 bis 30° = 0,0108, 30 bis 40° = 0,0108, somit cm(T – 19) = 174c,601. In der Horizontalreihe für t₁ = 19 findet man für den zunächst kleinern Werth 170,87 die Temperatur 1050°. Mit Hilfe der unten angegebenen Differenzwerthe für 1° von T ergibt sich für 174,60 – 170,87 der Zuschlag 3,73 : 0,253 = 15, also eine Gesammttemperatur von 1065°. Die Differenzwerthe für T = 1° betragen für 300 bis 350° = 0,1342       700 bis  750° = 0,1883 350   „  400 = 0,1398   750   „   800 = 0,1965 400   „  450 = 0,1457   800   „   850 = 0,2051 450   „  500 = 0,1520   850   „   900 = 0,2140 500   „  550 = 0,1586   900   „   950 = 0,2233 550   „  600 = 0,1655   950   „ 1000 = 0,2329 600   „  650 = 0,1728 1000   „ 1050 = 0,2428 650   „  700 = 0,1803 1050   „ 1100 = 0,2530. Die von Weinhold und von Schneider angegebenen Calorimeter sind etwas schwerfällig; ich habe mir daher folgenden einfachen Apparat herstellen lassen, dessen Durchschnitt Figur II in 1/4 natürlicher Größe zeigt. Der 145mm hohe und 50mm weite Cylinder A aus dünnstem Kupferblech hängt in der Holzbüchse B, welche mit einem bequemen Handgriff versehen ist. Fig. 2., Bd. 225, S. 468 Der Raum zwischen Holzbüchse und Blechgefäß ist mit langfaserigem Asbest gefüllt. Der Apparat wird durch eine dünne Messingplatte geschlossen, welche eine größere Oeffnung d von 20mm Durchmesser für den Rührer c und zum Einwerfen der Metallcylinder, und eine kleine für das Thermometer b hat. Das Normalthermometer von Geißler in Bonn, mit sehr kleinem Quecksilbergefäß, für 0 bis 50° ist in 0,1° getheilt, so daß man noch 0,01 Grade ablesen kann; es wird durch den Bügel a aus dünnem Kupferblech vor Zerbrechen durch den Rührer geschützt. Der Rührer besteht aus einer runden Kupferscheibe, welche an einen starken Kupferdraht gelöthet ist; derselbe ist oben in einen Glasstab eingeschmolzen, der als Handgriff dient. Das Kupfergefäß wiegt 35g,905, der Rührer ohne Glasstab 6g,445, daher Wasserwerth des Calorimeters (specifische Wärme des Kupfers 0,094) 3g,98, mit dem Thermometer 4g; als Kühlwasser verwende ich 246g, so daß der Wasserwerth des gefüllten Calorimeters 250g beträgt. Fig. 3., Bd. 225, S. 468 Zur Messung der Temperaturen benutze ich doppelt durchbohrte schmiedeiserne Cylinder von 12mm Durchmesser und 20 bis 22mm Länge, welche etwa 20g wiegen. Dieselben werden in einem bedeckten eisernen Gefäß (Fig. III), welches an einem 1m langen eisernen Stiele mit hölzernem Handgriff befestigt ist, der zu messenden Hitze ausgesetzt, zum Calorimeter gebracht und durch die Deckelöffnung d eingeworfen. Der Eisencylinder fällt regelmäßig auf die Platte des Rührers; durch Heben und Senken desselben wird die Wärme sehr rasch dem Wasser gleichmäßig mitgetheilt, so daß nach kaum einer Minute das Thermometer die Endtemperatur anzeigt. Correctionen wegen Verdampfung von Wasser oder Temperaturunterschiede der äußern Luft sind nicht erforderlich, da die Verdunstung verschwindend klein, die Isolirung des Calorimeters aber so vollkommen ist, daß bei einer Lufttemperatur von 18,6° die Temperatur desselben von 25,1° innerhalb 2 Stunden auf nur 22,8° fiel. Bei Bestimmung hoher Temperaturen ist es kaum zu umgehen, den eisernen Cylinder nach jedem Versuch abzuputzen und wieder zu wiegen, so daß man sich mit einer entsprechenden Anzahl derselben versehen muß; zur Vermeidung dieser raschen Oxydation will ich Cylinder aus Nickel und aus platinirtem Eisen versuchen. Das Kühlwasser muß gewechselt werden, sobald dasselbe etwa 40° warm wird. Die mit diesem Pyrometer erhaltenen Angaben stimmen zwar mit denen des Siemens'schen elektrischen Pyrometers hinreichend genau; für manche Zwecke ziehe ich aber doch das elektrische Pyrometer vor; nur schade, daß dasselbe so schwierig zu transportiren und so theuer (450 M.) ist, während das von mir vereinfachte Pyrometer nur wenige Mark kostet und mit Zubehör kaum 1k wiegt.