Titel: Ueber den Einfluss der Bestandtheile eines Wassers auf die Gerberei; von W. Eitner.
Autor: Wilhelm Eitner
Fundstelle: Band 226, Jahrgang 1877, S. 525
Download: XML
Ueber den Einfluss der Bestandtheile eines Wassers auf die Gerberei; von W. Eitner. Eitner, über den Einfluß des Wassers auf die Gerberei. Obgleich den verschiedenen Wässern nicht selten Wirkungen in der Gerberei zugeschrieben werden, die sie nicht haben können, so spielt doch auch hier die Wasserfrage mit Recht eine große Rolle. Man wußte jedoch bis jetzt im Allgemeinen nur, daß die Häute in gewissen Wässern sehr schnell und stark schwellen, in anderen dagegen wieder verfallen. Um so mehr ist es anzuerkennen, daß W. Eitner (Der Gerber, 1877 S. 183) die Wirkung der einzelnen Bestandtheile eines Wassers durch sorgfältige Versuche festgestellt hat. Der Einfluß, welchen die Beschaffenheit eines Wassers auf den Gerbeproceß ausübt, äußert sich hauptsächlich im Aufgehen und im Verfallen der Haut, weshalb auch die Ursache dieses Einflusses überall dort gesucht werden muß, wo ein Aufgehen und ein Verfallen der Häute und Felle statthaben kann. In der Rothgerberei bemerkt man demnach diese Vorgänge beim Wässern der Häute, besonders nach der Schwitze, in den Schwellfarben; in der Oberledergerberei beim Wässern nach dem Kalken, während der Reinmacharbeit und selbst in den Farben; endlich in der Weißgerberei in fast allen Stadien des Gerbeprocesses, mit Ausnahme des Aescherns. Zweifelhaft ist nach Eitner noch die Wirkung des ozonisirten Sauerstoffes. Dagegen äußern sich größere Mengen von organischen Stoffen im Wasser immer durch ein Verfallen der Leder in demselben, sei es bei Flußwasser nach heftigen Regengüssen, oder im Wasser aus Brunnen, in deren Nähe sich undichte Abortsgruben u. dgl. befinden. Diese üble Wirkung wird noch vergrößert, wenn das Wasser bei Temperaturen über 12° angewendet wird, da dann die organischen Stoffe rasch in Fäulniß übergehen, von welcher auch die Haut sofort angegriffen wird. Zur Prüfung der unorganischen Bestandtheile eines Wassers hat Eitner in destillirtem Wasser kohlensaures Calcium, kohlensaures Magnesium, schwefelsaures Calcium, schwefelsaures Magnesium und Chlormagnesium in solchen Mengen gelöst, daß das Wasser 20° Härte zeigte (1873 210 300), ferner Wasser mit Chlornatrium und kohlensäurehaltiges reines Wasser angewendet. Nun wurde ein aus dem Rücken einer Ochsenhaut geschnittenes Stück abgeschwitzt, enthaart, in acht gleiche Theile geschnitten und je ein Theil in eines von den vorbereiteten Wässern gebracht, die alle eine Temperatur von 8° hatten. Vor dem Einbringen der Hautstücke in die Wässer wurden sie mit einer Lösung von Salicylsäure behandelt, um die aus der Schwitze stammenden Fäulnißorganismen zu zerstören, und hierauf mit einer genügenden Menge destillirten Wassers gewaschen. Das Auswässern dieser Stücke wurde in 4 Tagen, während welcher Zeit auch das Putzen und Scheren vorgenommen wurde, ausgeführt. Es zeigte sich nun, daß die matt in die Wässer eingebrachten Hautstücke ein ganz verschiedenes Aussehen bekommen hatten, und daß schon jetzt in ihnen die Qualität des spätern Leders erkannt werden konnte. Die Hautstücke waren gar nicht aufgegangen im Wasser mit Chlornatrium und Chlormagnesium, fast gar nicht in destillirtem Wasser, mäßig in solchem mit den Bicarbonaten des Calciums und Magnesiums, gut im Wasser mit Kohlensäure und mit schwefelsaurem Calcium, am besten aufgegangen im Wasser mit schwefelsaurem Magnesium. Zunächst scheint hieraus hervorzugehen, daß die Temperatur des Wassers allein keinen Einfluß auf die Haut hat, sondern nur insofern als die höhere Temperatur die Entwicklung der Fäulnißorganismen begünstigt. Bemerkenswerth ist, daß die freie Kohlensäure – und in Folge dessen auch die Wässer, welche Bicarbonate enthalten – schwellend auf die Häute wirken. Dagegen schwellen die Chloride die Haut nicht; sie heben sogar die schwellende Wirkung der Säuren auf. Meerwasser ist daher für derartige Gerbereizwecke nicht brauchbar. Als vorzüglich gute Schwellsubstanzen für Häute ergeben sich dagegen das schwefelsaure Calcium und Magnesium. Hieraus erklärt sich auch die vortheilhafte Wirkung eines vorsichtigen Zusatzes von Schwefelsäure zu einem Wasser, welches viel Bicarbonate enthält. Die Schwellung der Proben erfolgte in Farben, welche aus den erwähnten Wässern angestellt wurden. Für die Angerbung wurde Birkenrinde mit destillirtem Wasser ausgezogen und davon jeder Farbe die gleichen Mengen allmälig verstärkt zugesetzt; ebenso wurde jeder Farbe dieselbe Menge reiner Milchsäure zugefügt. Nach der Schwellung und Anfärbung ergaben sich folgende Erscheinungen. Die Probestücke in Lösungen mit Chlormagnesium und Chlornatrium zeigten kaum Spuren von Schwellung, das aus kohlensaurem Wasser blieb unverändert, das aus destillirtem Wasser schwellte genügend, die aus kohlensaurem und schwefelsaurem Calcium und aus kohlensaurem Magnesium waren gut, das aus schwefelsaurem Magnesium war ganz prall und voll. Alle acht Proben wurden nun gemeinschaftlich zuerst mit Eichenlohe, später mit einem Gemische aus Eichenrinde mit 30 Proc. Valonea versetzt und nun mit destillirtem Wasser abgetränkt. Die fertigen Leder, welche aus diesen Versuchen hervorgingen, waren ganz entsprechend den Eigenschaften, welche dieselben nach dem Wässern, resp. nach dem Schwellen zeigten. Den schönsten Schnitt hatte die Probe, welche mit schwefelsaurer Magnesia behandelt war; ihr zunächst stand die mit Kohlensäure. Die Proben mit destillirtem Wasser und mit Bicarbonaten warm von einander wenig verschieden, die geringste davon war die aus dem kohlensauren Kalk. Alle diese Leder waren sehr fest, voll, von schön geschlossenem Kern, glänzender glatter Schnittfläche. Die Proben aus Salz und Chlormagnesium waren dünner als die vorigen, verhältnißmäßig weich, das Fasergewebe war feiner verfilzt als oben, auch lag der Narben nicht so geschlossen auf dem Kern, sonst waren sie aber nicht leer oder lappig. Die Charakteristik wurde somit dem Leder bereits beim Auswässern und in den Schwellfarben gegeben, und da sie durch Bestandtheile des Wassers hervorgebracht wurde, so findet dort, wenigstens bei Sohlleder, der Haupteinfluß des Wassers auf den Gerbeproceß statt. Wo bereits die eigentliche Gerbung mit concentrirten Gerbstoffbrühen eingetreten ist, verschwindet die sichtbare Wirkung der mineralischen Bestandtheile des Wassers.