Titel: Neue Methode, das specifische Gewicht des Leuchtgases zu bestimmen; von Prof. Dr. Recknagel.
Autor: Recknagel
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 82
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Neue Methode, das specifische Gewicht des Leuchtgases zu bestimmen; von Prof. Dr. Recknagel. Mit einer Abbildung auf Tafel 4. Recknagel's Bestimmung des specifischen Gewichts von Leuchtgas. Soll die Bestimmung des specifischen Gewichtes als Controle der Fabrikation dienen, so muss die Methode einfach genug sein, um ohne besonderen Aufwand an Zeit und Mühe (womöglich durch blose Ablesungen) das Gesuchte mit hinreichender Genauigkeit zu geben. Die Methode der Ausflussgeschwindigkeiten, mit dem von Schilling angegebenen Apparate ausgeführt, kommt der zu stellenden Forderung schon ziemlich nahe, da die Handhabung einfach ist und das ganze Geschäft leicht in 10 bis 15 Minuten abgemacht wird. Auch die Berechnung bietet keine Schwierigkeit, und die Genauigkeit der Methode ist dadurch charakterisirt, dass durch einen Fehler von einer Secunde in einer der Zeitbestimmungen das specifische Gewicht um ungefähr 7 Einheiten der dritten Decimale unrichtig wird. Die im Folgenden beschriebene Methode, die auf einem andern Princip beruht, bietet insofern noch mehr Bequemlichkeit, als sie das Beobachtungsgeschäft auf einige Ablesungen beschränkt, welche in längstens 2 Minuten beendigt sein können. Dabei ist die Berechnung nicht schwieriger und die Genauigkeit kann leicht noch höher gesteigert werden, als bei der Methode der Ausflussgeschwindigkeiten. Das Princip der Methode ist folgendes; Sind zwei gleichhohe Gassäulen unten durch eine Sperrflüssigkeit von einander getrennt, während oben auf beide der gleiche Druck der atmosphärischen Luft wirkt, so kann im Falle des Gleichgewichtes die Sperrflüssigkeit in beiden Schenkeln nicht gleich hoch stehen; sie steht vielmehr auf der Seite des leichtern Gases um so viel höher, dass der Druckunterschied der beiden Gassäulen durch den Druck der gehobenen Flüssigkeitssäule ausgeglichen wird. Vergleicht man 2m hohe Säulen von Luft und Leuchtgas und nimmt Wasser als Sperrflüssigkeit, so ist der Höhenunterschied der Wassersäule grösser als 1mm und wird noch im Verhältniss von 4 zu 5 grösser, wenn man statt des Wassers Petroleum anwendet. Es ist leicht, diesen Höhenunterschied durch einen Ausschlag von 40 bis 60mm sichtbar zu machen, wenn man die Sperrflüssigkeit in ein Differentialmanometer bringt, dessen äusserer, in die Luft ausmündender Schenkel nur um einen kleinen Winkel über die Horizontale emporsteigt. Beträgt nämlich die Steigung dieser Röhre beispielsweise 3 Proc., so drückt sich 1mm senkrechter Höhenunterschied durch 33mm,33 aus. Fig. 10 Taf. 4 zeigt den vollständigen MessapparatDerselbe wird von der mechanischen Werkstätte Carl Stollenreuther und Sohn in München um den Preis von 90 M. geliefert. in einer für den Versuch zweckmässigen Anordnung. Das Differentialmanometer ABC ist auf einem in Tischhöhe an der Wand befestigten Träger horizontal aufgestellt und so weit mit Petroleum gefüllt, dass die Flüssigkeit in der Glasröhre BC irgendwo zwischen den Theilstrichen 80 und 100 endigt. Von dem innern Niveau aus führt der Kautschukschlauch AM zu dem Hahnstück M, welches sich am untern Ende der verticalen, 2m hohen Röhre MGH befindet, die ebenfalls an dem Träger oder auch an einem nebenstehenden Tische festgeschraubt werden kann. Der Hahn M hat zwei Bohrungen, eine gerade, welche dazu dient, die Verbindung zwischen dem Manometer und dem Innern der Röhre M H herzustellen, und eine Kniebohrung, durch welche das Manometer mit der äussern Luft in Verbindung gesetzt werden kann. Das Verfahren ist folgendes: Während der Hahn M so gestellt ist, dass das Manometer mit der äussern Luft in Verbindung steht,lässt man durch das Hahnstück G, das durch einen Kautschukschlauch mit der Gasleitung verbunden ist, Gas durch die Röhre strömen., welches man an der obern Mündung H anzündet; während das Gas die Luft austreibt, was längstens in 2 Minuten geschehen ist, überzeugt man sich von dem Einstehen der auf dem Manometer angebrachten Dosenlibelle D und liest den Stand der Flüssigkeitssäule in der Glasröhre B C mit Schätzung bis 0mm,1 ab. Ist die Luft ausgetrieben, so schliesst man den Hahn G und stellt durch Drehen des Hahnes M die Verbindung zwischen der Röhre und dem Manometer her. Es erfolgt sofort ein Zurückweichen der Flüssigkeit. Nach einigen Secunden hat sie einen festen Stand angenommen, welchen man abliest. Nun notirt man noch den Stand des im Versuchszimmer hängenden Barometers und des Thermometers, womit der Versuch beendigt ist. Die Differenz der beiden am Manometer gemachten Ablesungen wird mit der vom Mechaniker beigegebenen Reductionszahl multiplicirt, und stellt dann den Gewichtsunterschied zwischen 2cbm Luft und 2cbm Leuchtgas in Kilogramm dar. Hat man z.B. den ursprünglichen Stand des Manometers (den Nullpunkt) bei 87,3, den schliesslichen bei 39,5 gefunden und ist die Reductionszahl 0,0252, so ist der Gewichtsunterschied = (87,3 – 39,5) 0,0252 = 1k,204, somit 1cbm Leuchtgas um ½ × 1,204 = 0k,602 leichter als 1cbm der umgebenden Luft, Will man das absolute Gewicht von 1cbm Leuchtgas, so ist die gefundene Zahl 0,602 von dem zu dem beobachtenden Barometer- und Thermometerstande gehörigen Gewichte von 1cbm Luft abzuziehen. Das letztere Gewicht kann aus der jedem Apparate beigegebenen Tabelle entnommen werden. Ist z.B. der Barometerstand 720mm, die Temperatur 15°, so gibt die Tabelle für das Gewicht von 1cbm Luft die Zahl 1k,158, somit 1,158 – 0,602 = 0k,556 das Gewicht von 1cbm Gas. Will man endlich das auf Luft von gleicher Spannung und Temperatur bezogene specifische Gewicht des Gases, so ist die gefundene Zahl noch durch den Minuenden zu theilen, also 0,566 : 1,158, wodurch 0,480 erhalten wird. Was die Genauigkeit des Verfahrens betrifft, so macht ein Ablesungsfehler von 0mm,1 das specifische Gewicht nur um eine Einheit der dritten Decimale falsch. Correcturen sind nicht anzubringen. (Nach dem Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1877 S. 662.)

Tafeln

Tafel Tafel 4
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