Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 490
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Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. (Fortsetzung von S. 895 dieses Bandes.) Griessmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Zucker im Malz. Einige Analytiker finden Zucker im Malz, andere nicht. Nach Kühnemann ist ein krystallisirender, rechts drehender Zucker darin, der die Fehling'sche Lösung nicht reducirt, und Traubenzucker. Es mag dies wohl je nach der Gerstenvarietät, der Dauer der Weiche und der Art des Mälzens sich verschieden halten. Sicherlich aber ist es ein guter Gedanke von Seite eines Ungenannten (in dem Brewers Journal, 1877 Bd. 13 S. 20) zum Nachweise des im Malze befindlichen Zuckers sich einer gesättigten Lösung von Borax, neben dem sonst üblichen absoluten Alkohol zu bedienen; denn der Borax übt dieselbe hindernde Wirkung auf die ungeformten Fermente, wie das Chloroform und hoher Druck (Bert) auf die geformten. Wenn man daher geschrotetes Malz in eine Mischung von absolutem Alkohol und gesättigter Boraxlösung bringt, so ist man sicher, dass die Diastase nicht in Activität treten kann. Untersucht man nun das Filtrat und findet Zucker, so war dieser offenbar schon im Malze vorhanden. Es wurde so 12 bis 15 Proc. Maltose vom Gewichte des Malzes gefunden. Die Bestimmung der Gerbsäure im Bier liegt noch sehr im Argen. Die früheren Methoden, die Gerbsäure mit Alaunleim oder Cinchonin zu bestimmen, liefern höchst problematische Werthe. Unter den jetzt gebräuchlichen Methoden ist die von Löwenthal in ihrer neuesten Gestaltung (Zeitschrift für analytische Chemie, 1877 S. 33) entschieden die beste, am feinsten durchgearbeitete und den Proben von Carpené und Jean bei Weitem vorzuziehen. (Vgl. Kathreiner S. 481 d. Bd.) Der Titer der Chamäleonlösung wird hierbei in der Art gestellt, dass man eine Lösung von getrocknetem Handelstannin zunächst bis zum Eintritt der gelben Farbe (mit röthlichem Stich) titrirt, dann die nämliche Menge derselben Lösung mit gesalzenem Leim und Salzsäure versetzt, schüttelt und nach ½ Stunde filtrirt; das Tannat bleibt im Niederschlage, das Gallat und andere oxydable Stoffe gehen ins Filtrat, welches nun ebenso titrirt wird. Man zieht nun die für das Filtrat gebrauchten Cubikcentimeter von der Gesammtmenge ab und erhält so diejenige Zahl, die reinem Tannin entspricht und natürlich auch dem Procentgehalt des Handelstannins an reinem Tannin. Um nun den Gerbsäuregehalt verschiedener Gerbmaterialien zu bestimmen, müsste man von jeder Sorte ein Muster auswählen, dieses gleich 100 setzen und alle anderen Proben damit vergleichen, oder (aber das steht noch in weitem Felde) man müsste erst die specifischen Gerbsäuren rein darstellen, ihren Titer in Beziehung auf Chamäleon erheben und nun den Procentgehalt der einzelnen Gerbstoffe hierauf beziehen. Was die Hopfengerbsäure betrifft, so ist sie noch nicht lange bekannt. Etti (Annalen der Chemie und Pharmacie, 1876 Bd. 180 S. 223) hat sie zuerst entdeckt. Ergibt ihr die Formel C25H24O13. Thierische Haut und Brechweinstein fällen sie nicht, auch Leim macht ihre Lösungen nur opalisirend – aber Mineralsäuren und Kochsalz fällen sie. Wie sich die verschiedenen Hopfenharze, sowie die Hopfenbittersäure zu einer gesalzenen und angesäuerten Leimlösung verhalten, ob sie in den Niederschlag oder ins Filtrat gehen, davon wissen wir nichts. Immerhin ist es verdienstlich, dass nach dem Brewers' Journal, 1877 Bd. 13 S. 169 Fr. Gothard in Burton-on-Trent diese Frage in Angriff genommen hat. Er stellt zwar zunächst selbst den Grundsatz auf, dass man den Titer der Hopfengerbsäure ebenso feststellen müsse, wie dies en für die Galläpfelgerbsäure angeführt wurde. Allein indem er zur Praxis übergeht, zieht er es vor, den Titer von Handelstannin festzustellen und seine Hopfengerbsäure dann darauf zu beziehen, oder mit andern Worten: Er drückt den Gehalt eines Bieres an Hopfengerbsäure Procent der gewöhnlichen Gallusgerbsäure aus. Man kann sich bis auf weiteres damit einverstanden erklären, da hierdurch doch gut vergleichbare relative Werthe erhalten werden. Auch ist diese Art des Schiessens in der Brauerei nicht neu. Sind denn alle unsere mit dem Saccharometer erhobenen Werthe etwas Anderes als der Extractgehalt, ausgedrückt in Procent einer Candiszuckerlösung? Zum Behufe der Ausführung muss man zuerst den Alkohol entfernen, weil das Leimhopfentannat darin löslich ist. Man dampft daher 10cc Bier auf ⅓ ein und nimmt erst dann den Rückstand in Verwendung. Indem Gothard so nach Löwenthal'scher Methode Burton-Ale untertheilte, fand er, dass 100cc Ale 0g,027 (Gallus-) Gerbsäure enthalten. Auch die Ausbildung dieser Methode gehört in das Arbeitsfeld der Versuchstationen. Ein neues Klärmittel. Man verwendet in Frankreich vielfach die Robbenhaut zur Klärung; 1k,5 derselben werden mit 750g Säure angemacht und für 80hl Bier in Gebrauch genommen. Im Moniteur de la brasserie vom 7. Januar 1877 wird nun darauf hingewiesen, dass sich diese Haut der Mönchsrobbe zur Klärung von Lagerbieren nicht eigne, da sie die Vollmundigkeit denselben raubt und ihre Haltbarkeit gefährdet; wohl aber sei sie passend für Biere, die rasch zum Consume gelangen., da ihre Wirkung eine sehr schnelle und durchgreifende sei. Fremde Zusätze zum Bier. Nach Chatelain (Moniteur de la brasserie vom 29. April 1877), welchem ich auch alle Verantwortung für folgende höchst zweifelhafte Angabe überlasse, finden statt Gerstenmalz und Hopfen oder daneben folgende Stoffe Verwendung: In England kommen in alle Biersorten gemahlene Paradiesäpfelkörner, Coriander und Kochsalz. Das Schottisch-Ale erhält Orangenschalen in Pulverform, das gewöhnliche Ale Ingwer. Der Kronstout enthält Cocculus indicus und Fubia amara, das Tafelbier (amber beer) enthält Süssholz, Melasse, Paradieskörner und Capsicum oder Cayennepfeffer. Von den Münchener Bieren wird behauptet – offenbar ganz irrthümlich – sie verdankten ihre Haltbarkeit nur der Einverleibung harziger Stoffe in den Hopfenkessel, was ihnen einen speciellen Geschmack und ein so charakteristisches Bouquet verleihe, dass sie in Paris sehr gesucht waren. Diese harzigen Stoffe kommen aber einfach aus dem Hopfen. Ein neuer Feind der Gerstenkultur. Der gelbstreifige Erdfloh (Haltica nemorum) war bisher auf Getreidesaaten noch gar nicht beachtet worden. Dr. Dimitriewicz fand ihn nach der Wiener landwirthschaftlichen Zeitung, 1877 Nr. 22 in diesem Frühjahre auf Gerstenfeldern, wo derselbe die Blätter der jungen Pflanzen durchfrisst, und zwar meistens der Länge, selten der Quere nach. Dieses Durchlöchern geschieht schnell – binnen 25 bis 30 Minuten sind etwa 2mm Länge durchfressen. Nach Taschenberg soll das Insekt in 40 Tagen vollkommen erwachsen sein. Die Grösse variirt von 1,5 bis 3mm. Der Käfer springt, läuft und fliegt (im Sonnenschein), verbleibt längere Zeit im Begattungsacte und legt seine unmerklich kleinen Eier auf die Blätter. Aus den Eiern schlüpfen nach etwa 10 Tagen die Larven und bohren sich in die Blattfläche ein, welche an dieser Stelle blass erscheint. Die Larven verpuppen sich flach unter der Erdoberfläche und erscheinen schon nach 14 Tagen als Käfer. Da das Insekt im Frühjahre erst bei anhaltend günstigem Wetter stärker auftritt und jüngere Saaten mehr befällt, so wären Frühanbau, sowie Düngung und andere entsprechende, die Vegetation und schnelle Entwicklung der Pflanze begünstigende Kulturmittel das Geeignetste, was zur Hintanhaltung des Schadens durch dieses Insekt unternommen werden könnte. ==> V. Griessmayer.