Titel: Die Functionen des Gloverthurmes; von Dr. Ferd. Hurter.
Autor: Ferdinand Hurter
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 563
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Die Functionen des Gloverthurmes; von Dr. Ferd. Hurter. (Schluss von S. 473 dieses Bandes.) Mit Abbildungen. Hurter, über die Functionen des Gloverthurmes. 4) Lunge's Specialversuche sollen beweisen, dass in der Schwefelsäurefabrikation durch die Verwendung der Gloverthürme ein Salpeterverlust nicht stattfindet. Schon die am Anfange dieser Abhandlung mit den Forster'schen Resultaten ausgeführte Berechnung weist das gerade Gegentheil nach. Da aber in jener Rechnung die verschiedenen Factoren etwas an Unbestimmtheit leiden, so will ich lieber hier eine andere Rechnung, welche sich auf bestimmtere Angaben stützt, anführen. Ich hoffe, dass letztere zugleich noch einem anderen Ziele zuführen, nämlich einer viel klareren Auffassung der Salpeterökonomie m der Schwefelsäurefabrikation. Die Auseinandersetzung über diesen Gegenstand scheint in der That äusserst nothwendig; denn betrachtet man einige Angaben Lunge's in seiner Arbeit über den Gloverthurm, so muss man sich gestehen dass er von den Vorgängen im Kammer-System ein nicht ganz klares Bild sich gemacht hat. Ebenso leicht hat F. Bode sich dieses Gegenstandes entledigt. Lunge sagt nämlich (Bd. 225 S. 478), dass „die in die Kammern eintretenden Gase bei dem ziemlich grossen Salpeterconsum von 5 Proc. auf den verbrannten Schwefel noch nicht ein Fünfzigstel davon an salpetrigen Dämpfen enthalten.“ Das Wort „davon“ soll sich hier auf das Wort Volumprocent beziehen, obwohl diese Bezeichnung nirgends vorhanden ist und dadurch die Angabe etwas zweideutig wird. Man überzeugt sich aber durch die angestellte Rechnung, dass die 5 Proc. Salpeter auf 100 Schwefel ungefähr 0,2 Vol.-Proc. NO2 geben würden, wenn die 100 Schwefel 8,8 Proc. SO2 entsprechen. Und diese Angabe zeigt nun deutlich, wie Lunge diese Sache behandelt hat; denn man kann mit einem Salpeter verbrauch von blos 3 Proc. auf den verbrannten Schwefel gegen 2 Vol.-Proc. NO2 in den Kammern haben. Bode begeht einen ähnlichen Fehler, wenn er (1876 223 507) berechnet, dass zur Absorption der salpetrigen Säure bei einem Verbrauch von 5 Proc. Salpeter gerade die dieser Menge entsprechende Menge Schwefelsäure als Minimum nöthig sei. Schon aus Vorster's Angaben lässt sich leicht ersehen, dass die zu condensirende Menge salpetriger Säure mindestens das dreifache, und mehr noch, von dem angewendeten Salpeter beträgt. Wollte man aber seine Rechnungsmethode auf die wirklich stattfindenden Verhältnisse anwenden, so würde man als Resultat finden, dass man das 1,5fache der erzeugten Menge Säure zur Bedienung der Gay-Lussac-Thürme gebraucht, was wohl nirgends der Fall ist. Beide Verfasser übersehen, dass der zugesetzte Salpeter nur Verluste deckt, dass aber die arbeitende Menge eine ganz andere ist. Man muss wohl unterscheiden zwischen frisch zugesetztem Salpeter und dem umlaufenden Salpeter. Die folgenden Zahlen sind den Betriebsbüchern der Fabrik Gaskell, Deacon und Comp. entnommen. Während 14 Tagen wurden folgende Materialien verwendet: 1) Pyrite. Die verbrannte Menge Pyrite entspricht nach Abzug des in den Abbränden zurückgebliebenen Schwefels 4185 Ctr. Schwefel. 2) Salpeter. Es wurden während dieser Zeit 211,2 Ctr. Salpeter verbraucht.Der Salpeter wird in dieser Fabrik nach Burnards' englischem Patent Nr. 2873 vom J. 1875 in Form einer concentrirten Lösung auf die Gloverthürme aufgegeben. Es sei bemerkt, dass dieses Verfahren nur da Verwendung finden kann, wo ein Gehalt der Schwefelsäure an Natronsulfat unschädlich ist, dass ferner eine mehr als 4 bis 5 Proc. Salpeter entsprechende Menge Sulfat in der erzeugten Menge Schwefelsäure kaum löslich ist, dass man keine geschlossenen Röhrenleitungen, sondern nur offene, lose bedeckte Kanäle zur Verzweigung der Säure benutzen darf, weil leicht Verstopfungen eintreten, und dass endlich die zur Bedienung der Gay-Lussac-Thürme bestimmte Säure von Natronsulfat frei sein muss, wenn man sich nicht der Gefahr aussetzet will, diesen Thurm zu verstopfen. 3) Während dieser 14 Tage flössen auf die 7 Gloverthürme der Fabrik 929 Eggs Schwefelsäure, wovon 293 nitrose und 636 Eggs Kammersäure sich befanden. Ein Egg enthält genau 40 Cubikfuss (1133l) Säure. Die nitrose Säure stammte von zwei Gay-Lussac-Thürmen. Der eine lieferte 157 Eggs mit 3,23 Pfund (zu 4548) Salpeter für 1 Cubikfuss; der andere 136 Eggs mit 6,0 Pfund Salpeter für 1 Cubikfuss (natürlich in Form von salpetriger Säure und Untersalpetersäure). Die Gay-Lussac-Thürme lieferten so 53024 Pfund Salpeter. Die Kammer säure enthielt im Durchschnitt 0,60 Pfund Salpeter für 1 Cubikfuss und lieferte also 15264 Pfund Salpeter. 4) Unten am Gloverthurm fliesst die denitrirte Säure ab, die Kammersäure mit 0,0290 Pfund Salpeter für 1 Cubikfuss, die Gay-Lussac-Säure mit 0,570 Pfund Salpeter für 1 Cubikfuss durchschnittlich. Man verliert also mit der Kammersäure 737,7 Pfund Salpeter und sendet 6680 Pfund Salpeter wieder nach dem Gay-Lussac-Thurm zurück. (In der genannten Fabrik circulirt nämlich dieselbe Säure immer wieder zwischen Glover- und Gay-Lussac-Thurm.) 5) Am Ende der Gay-Lussac-Thürme fliessen nach anemometrischer Messung secundlich 48 Cubikfuss Gas ab. Die Berechnung aus dem Sauerstoffgehalt der Gase ergibt ungefähr 50 Cubikfuss. Nimmt man 50 Cubikfuss an und den von uns gefundenen Durchschnittsgehalt der Gase zu 0,000033 Pfund Salpeter für 1 Cubikfuss, so ergibt sich in 14 Tagen ein Verlust von 1996 Pfund Salpeter. Folgendes Schema bringt nun alle diese Zahlen in übersichtlicher Darstellung. In den Gloverthurm fliessen ein: 1) als frisch zugesetzter Salpeter 23654 2) mit der Kammersäure 15264 3) mit der Gay-Lussac-Säure 53024 –––––– Summe 91942. Vom Gloverthurme gehen ab: 1) mit der Kammersäure 737 2) mit der Gay-Lussac-Säure 6680 3) mit den Gasen in die Kammern 63604 4) absolut zerstört (Differenz) 20921 –––––– Summe 91942. In die Kammern gehen: von den Gloverthürmen 63604. Aus den Kammern gehen: 1) mit der Kammersäure 15264 2) mit den Gasen 48340 –––––– Summe 63604. In den Gay-Lussac treten ein: 1) mit nicht vollkommen denitrirter Säure 6680 2) mit Gasen aus Kammern 48340 –––––– Summe 55020. Aus dem Gay-Lussac-Thurme kommen: 1) mit der Nitrose 53024 2) mit den abziehenden Gasen 1996 –––––– Summe 55020. Aus diesen Zahlen ergibt sich zunächst folgendes: 1) Die gesammte im Systeme umlaufende Menge Salpeter beträgt auf 100 verbrannten Schwefel berechnet 19,61 Proc., 2) die auf 100 Schwefel zugesetzte Menge Salpeter beträgt 5,04 Proc; 3) die mechanischen Verluste betragen auf 100 Schwefel berechnet 0,58 Proc. oder 11 Proc. des frisch zugesetzten Salpeters; 4) die Verluste durch chemische Zersetzung betragen hier auf 100 Schwefel berechnet 4,45 Proc. oder 89 Proc. der zugesetzten Menge Salpeter, auf die umlaufende Menge Salpeter 22,75 Proc. Hier ist nun allerdings stillschweigend vorausgesetzt, dass der überhaupt zersetzte Salpeter gänzlich im Gloverthurme zersetzt worden sei. Für diese Behauptung lässt sich aus obigen Zahlen allein keine Stütze finden. Der grosse Theil des zersetzten Salpeters muss aber auf Rechnung des Gloverthurmes geschoben werden, sobald man angibt, dass mit der Kochtrommel als Denitrationsapparat auch nicht mehr als 5 Proc. Salpeter nöthig sind. Man denke sich zwei Systeme von gleicher Ausdehnung und Arbeit mit dem einzigen Unterschiede, dass das eine die Gay-Lussac-Säure in den Gloverthurm, das andere in die Kochtrommel bringt, und dass beide gleich viel Salpeter verbrauchen und bei beiden der durch die abziehenden Gase verursachte Verlust gleich sei. Hier decken nun die 5 Proc. Salpeter im Systeme mit Gloverthurm einen kleinen mechanischen und einen grossen chemischen Verlust, während im System mit Kochtrommel der mechanische Verlust mit der Kammersäure weit überwiegender ist und wohl 3 von den 5 Proc. ausmachen wird. Dieser Vergleich ist geeignet, recht deutlich darauf aufmerksam zu machen, dass, wenn der Gloverthurm Salpeter nicht zersetzte, man den ganzen in der Kammersäure sonst entführten Salpeter wieder gewinnen müsste, woraus folgen würde, dass die Anwendung des Gloverthurmes statt der Kochtrommel eine ganz bedeutende Ersparniss an Salpeter hätte erzielen müssen. Nach Bode hat sich eine solche Ersparniss aber nicht sehr auffallend gezeigt, denn er sagt blos, „man hätte eher weniger als mehr Salpeter verbraucht“ Ich bin aber fest überzeugt, dass die grössere Hälfte dieser Zersetzung im Gloverthurme stattfindet, denn dort sind die Bedingungen für eine solche Zersetzung am allergünstigsten, sehr viel günstiger als in den Kammern. Hiermit glaube ich mit Zahlen aus der Praxis bewiesen zu haben, dass die mechanischen Salpeterverluste durchaus nicht dem Salpeterverbrauch entsprechen, dass somit ein Salpeterverlust durch chemische Zersetzung angenommen werden muss, und dass diese Zersetzung höchst wahrscheinlich zur grössern Hälfte (meiner Ansicht nach) im Gloverthurme stattfindet. In dieser Ansicht bin ich noch weiter unterstützt worden durch eine Anzahl Laboratoriumsversuche, lediglich Wiederholungen derjenigen Vorster's mit grösserer Vorsicht, welche ich kurz beschreiben will. Es wurde zunächst eine künstliche Nitrose dargestellt durch Einleiten eines Gases, erhalten durch Erhitzen von salpetersaurem Blei, in Schwefelsäure von 1,80 sp. G. Diese Nitrose wurde der Analyse unterworfen. a) 4g,689 der Nitrose, in einem mit langem Capillarröhrchen versehenen Glaskügelchen abgewogen, wurden auf den Boden eines tiefen Glascylinders, der vorher mit starker Natronlauge gefüllt worden, abfliessen lassen und, nachdem durch Einpressen von Luft die Nitrose alle ausgetrieben war, wurde das Kügelchen zertrümmert. Man konnte so die Säure neutralisiren auch ohne die Spur von Gas zu verlieren. Die alles N2O3 und NO2 enthaltende Lauge wurde mit Zink und Eisen, nachdem sie 12 Stunden kalt damit in Berührung gestanden, aus 2 Kolben abdestillirt und der Dampf vom zweiten Kolben noch durch eine Glaskugel geleitet, in welcher mitgerissene Tropfen sich sammeln und zurückfliessen konnten. Dann wurden die Dämpfe in einem kleinen Liebig'schen Kühler abgekühlt und endlich in Normalschwefelsäure aufgefangen. Die Destillation wurde so lange fortgesetzt, bis die im Kühler sich niederschlagenden Dämpfe mit Nessler's Reagens keinen Niederschlag mehr gaben, höchstens eine schwache gelbe Färbung hervorriefen. Um sich hiervon zu überzeugen, wurde die im Kühler sich niederschlagende Flüssigkeit von Zeit zu Zeit geprüft, die Prüfung aber erst dann vorgenommen, wenn man schon sicher auf Abwesenheit von Ammoniak rechnen konnte, nämlich nach Verlauf von 3 Stunden. Es wurden 250cc einer Zehntelnormal schwefelsaure vorgeschlagen. Diese brauchten zum Zurücktitriren 174cc Zehntelnormalnatronlauge. Hieraus berechnete sich der Procentgehalt der Nitrose, als NO2 berechnet, zu 14,90 Proc. (Nach früher Mitgetheiltem war es natürlich ein Gemenge von N2O3 und NO2 aber bei diesen Versuchen glaubte ich hiervon keine Notiz nehmen zu müssen.) b) 3g,879 derselben Nitrose auf gleiche Weise behandelt verbrauchten 187cc derselben Natronlösung, woraus sich der Procentgehalt der Säure zu 14,91 Proc. ergab. Diese Uebereinstimmung der Versuche bestimmte mich die Harcourt-Siewert'sche Methode in dieser Form für alle folgenden Versuche beizubehalten, denn es kam hier gerade darauf an, den in nützlicher Form vorhandenen, d.h. durch Kalilauge absorbirbaren Stickstoff direct zu messen. Textabbildung Bd. 237, S. 567 Bei den Denitrationsversuchen wich ich von Vorster's frühern Versuchen darin ab: 1) dass ich nur mit kleinern Mengen Nitrose arbeitete, so dass ich die gesammte Quantität sofort der Analyse unterwerfen konnte; 2) vermied ich alle Kautschukverbindungen. Das Denitrationskölbchen bestand aus einem doppelt kegelförmigen Fläschchen mit zwei Hälsen. Der eine Hals wurde in eine lange, enge Röhre ausgezogen, und war in der Mitte des Kölbchens an der weitesten Stelle angebracht. Diese Vorrichtung gestattete, die gesammte in der Flasche enthaltene Säure bis auf wenige Tropfen ausfliessen zu lassen. Der andere Hals der Flasche war durch ein eingeschliffenes Glasrohr, das bis zur Spitze des untern Kegels reichte und als Gaszuleitungsrohr diente, verschlossen. Der ganze Apparat wog etwa 40g. Ich konnte so meine Nitrose direct im Denitrationsapparat abwiegen. War dies geschehen, so wurde der Apparat zunächst mit einem leeren Geissler'schen Kugelapparate verbunden, und zwar war der lange Hals des Denitrationskölbchens in die Einleitungsröhre des Kugelapparates luftdicht eingeschliffen. Es wurden dann noch drei weitere Kugelapparate angehängt, welche mit Natronlauge gefüllt waren. Diese Natronlauge war vorher bis zur Vertreibung jeder Spur von Ammoniak mit etwas Zink und Eisen gekocht worden. Derselbe Apparat und dieselbe Vorsicht wurde bei allen Versuchen verwendet. Das durch diesen Apparat zu leitende Gasgemenge wurde in einem grossen wohl kalibrirten, gläsernen Gasometer, welches durch concentrirte Schwefelsäure abgeschlossen war, bereitet und gemessen und bestand bei manchen Versuchen aus einem Gemenge von gleichem Volum reinem Sauerstoff und schwefliger Säure, bei andern Versuchen von atmosphärischer Luft und schwefliger Säure in andern Verhältnissen. In allen Fällen wurde die Geschwindigkeit des Stromes so gleichmässig als möglich gehalten. Bei manchen Versuchen wurden die Gase trocken verwendet, bei andern erst durch erhitzte verdünnte Schwefelsäure geleitet, um sie bis zu einem gewissen Grade mit Wasserdampf zu sättigen. Die Temperatur des Denitrationskölbchens wurde im Oelbade durch Anwendung eines Regulators constant gehalten, aber bei verschiedenen Versuchen gewechselt. Die Denitration war nie vollständig bei Anwendung sehr concentrirter Nitrose. Das Durchleiten der Gase wurde so lange fortgesetzt, als eine Entwicklung von braunen Gasen noch bemerkt werden konnte; dann wurde zur Vorsicht noch genau so viel Gas durchgeleitet, als bis dahin verbraucht worden war. Die in den drei Kugelapparaten enthaltene Lauge war hinreichend, die 10 bis 20fache Menge der verwendeten Gase zu absorbiren. Jeder Versuch dauerte 1 Stunde oder mehr. Nach Beendigung des Versuches wurden die im Apparat enthaltenen Gase durch einen von Ammoniak befreiten Luftstrom nach den Kugelapparaten gewaschen. Nachher wurde der Apparat aus einander genommen, die im Denitrationskölbchen enthaltene Säure durch den langen Hals auf den Boden eines mit Natronlauge gefüllten Cylinders entleert, dann das Kölbchen mit etwas reiner Schwefelsäure nachgespült und endlich mit Natronlauge ausgewaschen. Die so erhaltene Flüssigkeit wurde mit dem Inhalte der Kugelapparate gemengt und entweder die ganze Menge oder ein aliquoter Theil derselben destillirt. 1. Versuch. 28g,382 der oben beschriebenen Nitrose wurden bei 158 bis 160° mit einem Gemenge von reinem Sauerstoff und schwefliger Säure zu gleichen Theilen behandelt. Die durchgeleitete Menge Gas betrug 4l. Von der erhaltenen Lauge wurde ⅕ destillirt und 250cc Zehntelnormalschwefelsäure vorgeschlagen. 180cc Zehntelnormalnatronlauge wurden zum Zurücktitriren verbraucht. Es entsprach dies, auf die angewendete Säure berechnet, 11,34 Proc. NO2, so dass 100(14,91 – 11,34) : 14,91 – 23,95 Proc. der benutzten Stickstoffverbindungen verloren war. Die Tabelle III gibt nun die Resultate meiner Versuche, deren weitere Beschreibung unnöthig ist. Es ist unter diesen Resultaten der geringste Salpeterverlust 13 Proc., der höchste 48 Proc. Die in Procent ausgedrückten Verluste zeigen aber weiter keine Regelmässigkeiten, und es ist dies auch gar nicht zu erwarten. Tabelle III. Nr. AngewendeteNitrose Nitrose enthieltNO2 Gesammtgew.des NO2 1/10 Normal-Schwefelsäureneutralisiert Gesammtgew.des gefundenenNO2 VerlorenesNO2 ZerstörtesNO2 Temperatur AngewendeteGasmenge AngenähertesGewicht der SO2 Die Gaseenthielten 100 SO2 zer-störten NO2 Auf 100 SO2vorhanden NO2 O SO2 g Proc. cc Proc. Grad l g Vol. Proc. 1 28,382 14,90   4,229 340 3,220 1,009 23,8 160 4,00 5,44 50 50 18,4 78,0 2 15,262   2,274 2,274 215 1,978 0,296 13,0 150 2,00 2,72 50 50 10,9 83,0 3 15,667 2,74 0,429   24 0,221 0,208 48,5   80 4,00 5,44 50 50   3,8 7,8   4 14,793 6,80 1,005   90 0,828 0,177 17,6   80 4,00 5,44 50 50   3,2 18,4 5   9,161 6,80 0,623   51 0,469 0,154 24,7   80 10,0 2,72 19 10   5,6 22,9 6 10,417 6,80 0,708   55 0,506 0,202 28,5      85,0 10,0 2,72 19 10   7,4 26,0 7 11,75   6,80 0,799   54 0,497 0,302 37,7 100 12,0 3,26 19 10   9,2 24,5 Berechnet man aber die für 100 SO2 verlorene Salpetermenge, so findet man, dass diese um so höher ist, je höher die Temperatur, und bei gleicher Temperatur, je kleiner der Sauerstoffgehalt der Gase ist. Bei gleichbleibender Temperatur und gleichbleibender Zusammensetzung der Gase scheint die Menge des zersetzten NO2 noch vom Verhältniss von NO2 : SO2 abzuhängen. Dies können aber meine Versuche nicht zeigen. Ich habe auch die letzte Spalte nicht zugefügt, um etwa eine solche Abhängigkeit wahrscheinlich zu machen, sondern vielmehr, um den Grad der Annäherung der Versuche an die Verhältnisse des Fabrikbetriebes zur Anschauung zu bringen. Im Fabrikbetrieb kommen nämlich auf 100 SO2 etwa 4,5 NO2. Dieses Verhältniss mag wohl in den Gasen bei meinen Versuchen auch stattgefunden haben, bei der von mir angewendeten analytischen Methode würde aber die besondere Untersuchung der rückständigen Nitrose sehr zeitraubend geworden sein. Es fragte sich nun noch, ob die Zersetzung der Stickstoffverbindungen durch die schweflige Säure während des Versuches, oder erst nachher in der alkalischen Lösung stattgefunden habe. Um dies zu entscheiden, wurde noch folgender Versuch gemacht. 4g,960 von derselben Nitrose, welche zu den 4 letzten Versuchen gedient hatte, und welche 6,8 Proc. NO2 enthielt, wurden in Natronlauge einfliessen lassen, ganz wie oben beschrieben. Dann wurde etwa 10g chemisch reines Natriumsulfit (Na2SO3) zugesetzt und die Lösung erwärmt. Nach dem Erkalten wurde Zink Und Eisen zugefügt und nach einigen Stunden destillirt. 250cc Zehntelnormalschwefelsäure, welche vorgeschlagen worden waren, brauchten noch 213,5 Natronlauge zur Sättigung. Die Nitrose enthielt 0g,337 NO2 und es wurden statt dessen wiedergefunden 0g,3358, woraus ich schloss, dass in der alkalischen Lösung keine für die Bestimmungen nachtheilige Reaction durch die schweflige Säure eingeleitet wurde. Schliesslich wünschte ich noch zu wissen, ob nicht etwa Dissociation des NO2 hier mit ins Spiel käme. Zu diesem Zwecke stellte ich folgenden Versuch an. Da meine Nitrose immer (nach früher gesagtem) ein Gemenge von NO2 und N2O3 enthielt, so konnte ich dieselbe theilweise dadurch denitriren, dass ich in die erhitzte Flüssigkeit blos atmosphärische Luft einleitete; würde hierbei salpetrige Säure absolut verloren gehen, so könnte dies blos der Temperatur allein zugeschrieben werden. Der Versuch ergab aber, dass bei einer Denitration durch atmosphärische Luft allein keine Stickstoffverbindungen sich zersetzten. 14g,33 Nitrose mit 6'80 Proc. NO2 Gehalt wurden 2 Stunden lang bei der Temperatur 85° mit Luft behandelt; die Luft durchzog dann die sämmtlichen Absorptionsapparate ganz so wie bei den übrigen Versuchen. Von 250cc vorgeschlagener Zehntelnormalschwefelsäure wurden 141 durch Natronlauge  gesättigt ; die übrigen zeigen 1g,202 NO2 an, während die verwendete Nitrose 0g,975 enthielt. Es war also nichts zersetzt worden. Welches nun aber der genaue Verlauf der Zersetzung sei, darüber habe ich keine Versuche gemacht. Für den rein wissenschaftlichen Chemiker ist diese Frage von Interesse, für den Fabrikanten aber nicht. Wenn nun Lunge den Nutzen des ersten Vorster'schen Versuches nicht einsehen kann, so gibt ihm dies noch kein Recht dem Versuche diesen Nutzen abzusprechen. Jeder andere Chemiker sieht ein, dass, wenn zwischen schwefliger Säure und salpetriger Säure allein keine zu weit gehende Reduction stattfände, dass dann die sämmtlichen übrigen Versuche vollständig unnöthig waren und Vorster sich also mit diesem ersten Versuche vielleicht sehr viel weitere Mühe ersparen konnte. Weiter macht Lunge den Vorwurf, dass Vorster's Versuche in ihren Verhältnissen dem Grossbetrieb nicht entsprechen. Es gibt nun aber im ganzen Gebiete der Chemie nur seltene Fälle, wo die Art der Reaction von Verhältnissen allein abhängt. Ist es einmal festgestellt, dass schweflige Säure die Sauerstoffverbindungen des Stickstoffes (die man doch gewiss auch Stickstoffverbindungen des Sauerstoffes nennen darf) bis zu Stickoxydul reducirt, so wird diese Reduction vorkommen können, welches nun auch die relativen Verhältnisse von SO2 und NO2 seien. Räumt man endlich den neueren Ansichten über den Gaszustand ihren Platz ein, so kommt man noch ferner zu dem Schlusse, dass, wenn zwischen NO2 und SO2 bezieh. N2O3 und SO2 im reinen Zustand eine zu weit gehende Reaction eintritt, diese auch immer noch eintreten kann und wird, wenn Sauerstoff zugesetzt wird, und dass deshalb der Sauerstoff jene Reduction höchstens verlangsamen, aber nicht aufheben kann. Uebrigens hat Lunge selbst die Verhältnisse des Grossbetriebes auch nicht eingehalten. Er scheint zwar noch der in vielen technischen Laboratorien herrschenden Ansicht zuzuneigen, dass man den Grossbetrieb nicht nur dem Wesen nach, sondern auch der Form nach nachahmen müsse, wenn man vergleichbare Resultate erzielen will, und er baut deshalb einen gläsernen Gloverthurm, aber auf die im Grossbetrieb statthabenden Verhältnisse zwischen den Agentien nimmt er auch keine grössere Rücksicht als Vorster. Letzterer gab 1 Sauerstoff auf 2 SO2, Lunge 2 Sauerstoff auf 1 SO2 während der Fabrikbetrieb ungefähr gleiche Volume verlangt. Auch das Verhältniss des Gewichtes von SO2 zu N2 O3 ist bei Lunge ein weit geringeres als im Fabrikbetrieb; jener hat ungefähr 80 N2 O3 auf 100 SO2, während bei diesem höchstens 4 N2O3 auf 100 SO2 fallen. Ich hoffe, zur Genüge gezeigt zu haben, dass die Arbeit Lunge's durchaus nicht all den Ansprüchen entspricht, welche man an eine endgiltige Untersuchung machen muss, und dass dasjenige, was ich an Thatsachen hier mitgetheilt, eine im Gloverthurme stattfindende Zersetzung als höchst wahrscheinlich, wenn nicht als volle Gewissheit, erscheinen lässt. In einer in Gemeinschaft mit meinem Freunde, Hrn. Dr. Jurisch, später mitzutheilenden Arbeit über den Bleikammerprocess werden wir auf einige Punkte dieser Abhandlung nochmals zurückkommen. Es bleibt mir nur noch übrig, die mir in dieser Untersuchung von HH. Jekyll und J. Beveridge geleistete Hilfe dankbar anzuerkennen. Widnes, Januar 1878.