Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Autor: V. Griessmayer
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 575
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Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. (Fortsetzung von S. 492 dieses Bandes.) Griessmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Volumverminderung des Gebräues bis zum Bierausstoss. O. Ney entwickelt in der Allgemeinen Zeitschrift für Bierbrauerei und Malzfabrikation, 1877 S. 653 die Verluste, welche die erkaltete Würze vom Kühlschiffe an wo sie bei sehr verschiedenen Temperaturen gemessen wird, bis zu ihrer Umwandlung in verkäufliches Bier erleidet, Er kommt hierbei zu folgendem Resultate: Messungsdifferenz 2 bis   3 Proc. Verdunstung auf der Kühle 5   6 Verdunstung bei der Hauptgährung 1   2 Mechanisch in der Hefe    1,5   2 Verdunstung u.s.w. beim Lagern. 4   5 –––––––––––– Gesammtverlust 13,5 bis 18. Nach Balling (Bd. 1 S. 70) verdampfen 5 Proc. der Würze auf dem Kühlschiffe und nach Habich gehen bei der Gährung 6 bis 8 Vol.-Proc. zu Verlust. Thausing berechnet in seiner Theorie und Praxis der Malzbereitung und Bierfabrikation (Leipzig 1877) S. 427 für 1hl kochend heisser Würze: Die Volumverminderung der Würze auf der Kühle, l     verursacht durch die Verdunstung des Wassers zu   3,98 durch Verdichtung in Folge der Abkühlung zu   4,75 durch Geläger-Ausscheidung zu   2 –––––– Summe 10,73. Den Verlust bei der Hauptgährung taxirt er (a. a. O. S. 530) zu 4 bis 5 Vol.-Proc. Ueber die weiteren Verluste finde ich nichts in seinem Buche. Addirt man die letzte Angabe Ney's zu seinen Ziffern, so erhält man 10,73 + 5 + 5 = 20 bis 21 Proc. Gesammtverlust. Nach gewissen empirischen Sätzen der Praxis rechnet man von der Kühle bis zum Ausstoss 1/7, d.h. 14,3 Proc. Verlust; addirt man hierzu noch 10 Proc. Verlust vom Würzekessel bis zum Gährbottich, so hat man 14 + 10 = 24 Proc. Verlust. Nach einer älteren Mittheilung im Bayerischen Bierbrauer, 1861 Bd. 3 S. 23 geben 100h] heisse Würze 75hl,2 = 25,2 Proc. fertiges Bier. Der durchschnittliche Volumverlust scheint demnach 18 bis 20 Proc. zu betragen. Die Triastase und das Chlornatrium, Schon seit Jahren offerirt und verkauft Chatelain den Brauern einen Stoff, Triastase genannt, welcher, beim Maischen dem Malze zugesetzt, eine höhere Zucker- und Extractausbeute, sowie bessere Klärung der Würze bewirken soll. Nach Mittheilung des Moniteur de la Brasserie vom 2. December 1877 soll dieser Stoff ein Gemenge von schwefelsauren und phosphorsauren Salzen mit Chlornatrium sein. Bezüglich der schwefelsauren Salze haben wir Versuche von Leyser und von Tauber (Bayerischer Bierbrauer, 1869 S. 2 bezieh. 1873 S. 86). Aus ersteren geht hervor, dass Gypswasser die Saccharification begünstigt, die Extractausbeute aber verringert. Aus letzteren folgt, dass von 100 Th. Gyps 63,9 Proc. in den Trebern stecken bleiben und nur 36,1 Proc. in die Würze übergehen. (Vgl. 1876 222 494. 1877 224 218). – Die Biere von Bass und Alsopp and Sons sind weltbekannt; das Wasser (des Trentflusses), aus welchem sie gebraut werden, ist besonders reich an Calcium- und Magnesiumsulfaten (auch der Chlornatriumgehalt ist nicht unbedeutend).Bei gleichzeitiger Gegenwart von Säuren und Sulfaten der Alkalien und alkalischen Erden werden Eiweissstoffe gefällt und, wie ich in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S. 617 nachgewiesen habe, auch die Peptone und Parapeptone der Würzen. Was die phosphorsauren Salze betrifft, so ist ein Einfluss derselben auf den Maischprocess insofern möglich, als bei gleichzeitiger Anwesenheit von Alkalisalzen anderer Säuren nebst freier Säuren (die ja in Würzen nie fehlen) ebenfalls Eiweissstoffe gefällt, die Würzen hierdurch geklärt und zugleich eine wesentliche Grundlage für die Haltbarkeit des Bieres gewonnen wird. Den günstigen Einfluss der Phosphate auf die Ernährung der Hefe und hiermit auf den richtigen Verlauf der Gährung, sowie schliesslich auf die Nahrhaftigkeit des Bieres begnüge ich mich hier nur anzudeuten. Vom Chlornatrium wissen wir, dass es auf die Keimung der Gerste von ungünstigem Einflüsse ist: die Gährung wird durch Kochsalz nach Liebig (Ueber Gährung, über Quelle der Muskelkraft und Ernährung, S. 61) befördert, nach Dumas (Recherches sur la fermentation alcoolique im Moniteur scientifique, 1872 Bd. 2 S. 752) beeinträchtigt. Ob aber ein Einfluss auf die Saccharification dadurch stattfindet, muss erst untersucht werden. Bezüglich der Elimination der Eiweissstoffe gilt das oben Gesagte, und muss ich nur noch darauf hinweisen, dass auch Albuminate und Syntonine durch verdünntes Chlornatrium gefällt werden, Thatsache ist, dass zumal in England sehr viel Kochsalz in den Maischbottich wandert, und dass dort ein Zusatz von 50 Grains auf 1 Gallon (715ms auf 1l) einige Zeit mit Rücksicht darauf gestattet war, dass sich in einigen Brauwässern Südenglands 46 Grains Kochsalz auf 1 Gallon vorfanden. Man hatte zu diesem Zwecke eine Clausel in die Licenz-Akte vom J. 1372 gebracht, die aber durch eine Akte vom J. 1874, sowie durch die Nahrungsmittelverkauf-Akte wieder aufgehoben wurde. Die Rechtssprechung ist nichts desto weniger eine sehr Ungleichmässige. In Cobmartin wurde am 5. October 1877 ein gewisser Sanders verurtheilt, weil er mit Kochsalz versetztes Bier an den Wirth abgegeben hatte. Der Stadtchemiker (public analyst) Dr. Blyth erklärte das Bier für gefälscht, da er 1 Gallon 101,6 Grains Kochsalz fand. 40 Grains, meinte er, könnten in Folge der Bereitung darin enthalten sein, wenigstens 60 aber seien ausserdem noch zugesetzt. Der Vertheidiger erklärte, das Salz sei nur als Schönungsmittel worden. Die Richter fanden, die Sache sei nicht gerade schlimm, aber man müsse doch das Gesetz aufrecht erhalten und verurtheilten den Angeschuldigten nach Brewers' Journal, 1877 Bd. 8 S. 307 zu 5 Schilling und in die Kosten. In Bath ereignete sich ein ähnlicher Fall, der aber anders ausging. In der Sale-of-food-Akte ist nämlich eine Clausel, welche dem Angeschuldigten eine Appellation vom Stadtchemiker an die Staatschemiker in Sommerset House gestattet; von dieser wurde Gebrauch gemacht. Die Staatschemiker (government chemists) fanden, das Bier enthalte 66,5 Grains in 1 Gallon und es gebe verschiedene Brauwasser, welche ebenso viel beim Einsieden abgäben. Sie fügten hinzu: „Die starken Burton-Biere (strong beers) enthalten ungefähr 60 Grains Kochsalz in 1 Gallon (858mg in 1l), die allein von Wasser, Malz und Hopfen herrühren.“ Der Angeschuldigte wurde nach Brewers' Journal, 1877 Bd. 8 S. 259 freigesprochen. Der Chemiker der Burton-Brauereigesellschaft, William Kirk, erklärt (daselbst S. 320), dass kein Ale dieser Gesellschaft 20 Grains Kochsalz in 1 Gallon enthalte. 15,6 Grains sei schon aussergewöhnlich. Ein ungenannter Einsender bemerkt hierzu, diese Ziffern müssten unrichtig sein. Aus vier verschiedenen Malzsorten wurden mit destillirtem Wasser Würzen von 14,6 bis 17 Proc. Balling bereitet und darin 14 bis 22 Grains Kochsalz in 1 Gallon gefunden. Starkes Bier (strong beer) von 1,125 Grad ursprünglicher Schwere = 28,26 Proc. Balling, mit solchem Malze und destillirtem Wasser gebraut, würde so 29 bis 30 Grains Kochsalz enthalten, die nur aus dem Malze stammten, und mit Wasser von der Burton-Compagnie bereitet, enthielte es 40 bis 50 Grains. Zwei andere Fälle sind im Moniteur de la Brasserie vom 2. December 1877 angegeben. Eine Händlerin aus der Grafschaft York wurde zu 40 Schilling verurtheilt, weil sie Bier verkauft hatte mit 67 Grains Salz in 1 Gallon. Es hatte sich herausgestellt, dass zur Fabrikation dieses Bieres Wasser aus der Stadt verwendet worden war, welches nur 2 Grains Salz in der Gallon enthielt. Ein gewisser Thomas Nicolls wurde in London zu 1 Pfund Sterling verurtheilt, weil er Bier mit 82 Grains Salz in der Gallon verkauft hatte. Die Verwendung des Kochsalzes scheint demnach in den englischen Brauereien ziemlich im Schwünge zu sein, und ist es daher sehr angezeigt, die Wirkung desselben auf den Maischprocess näher zu erforschen. Ich werde später über diesbezügliche Untersuchungen berichten. V. Griessmayer.