Titel: Zur Erkennung mit Traubenzucker gallisirter Weine; von C. Neubauer.
Fundstelle: Band 229, Jahrgang 1878, S. 463
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Zur Erkennung mit Traubenzucker gallisirter Weine; von C. Neubauer. Neubauer, zur Erkennung mit Traubenzucker gallisirter Weine. Schon früher (1876 219 146) 220 565) hatte Neubauer gezeigt, daſs reine Weine keine Drehung oder nur 0,1 bis 0,20 nach rechts zeigen. Werden aber die Weine auf das 6 bis 8 fache concentrirt, so zeigt die nach dem Herauskrystallisiren des Weinsteines entfärbte Lösung fast stets eine geringe Rechtsdrehung. Zur sicheren Erkennung mit Traubenzucker gallisirter Weine empfiehlt Neubauer in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1878 S. 322 nun folgendes Verfahren. Von dem fraglichen Wein, der nach dem Entfärben in 220mm langen Röhren mit dem groſsen Wild'schen Polaristrobometer untersucht, eine schwache Rechtsdrehung von 0,4 bis 0,6° (1° Wild = 4,6043° Soleil = 2,89005° Ventzke-Soleil) zeigt, werden zunächst 250 bis 350cc bis zum Herauskrystallisiren der Salze concentrirt. Bei jungen Weinen bemerkt man hierbei nicht ganz selten, daſs diese concentrirte Flüssigkeit nach dem Erkalten eine mehr oder weniger gallertartige Beschaffenheit zeigt. Die concentrirte Flüssigkeit verdünnt man darauf nach Zusatz einer genügenden Menge von reiner Thierkohle auf 50cc und filtrirt. Das in den meisten Fällen nur schwach gelb gefärbte Filtrat zeigt jetzt bei fast allen Weinen, bei der Untersuchung in 220mm langer Röhre, eine schwache Rechtsdrehung, welche bei reinen Rhein-, Haardt- und Markgräfler-Weinen aus den Jahrgängen 1874 bis 1876 zwischen 0,5 und 2° schwankt. Nach dieser Prüfung verdunstet man die 50cc im Wasserbade bis zum Syrup und versetzt nach und nach unter sorgfältigem Umrühren mit einer zur vollständigen Ausfällung alles Fällbaren genügenden Menge Weingeist von 90 Proc. Hat sich nach 6 bis 8stündiger Ruhe der Weingeist vollständig geklärt, so gieſst man letzteren von der in den meisten Fällen zähen, klebrigen Fällung ab, oder filtrirt, wenn der Niederschlag flockig ausgefallen ist. Der Niederschlag wird nun mit kaltem Wasser ausgezogen, die Lösung mit reiner Thierkohle entfärbt und filtrirt. Bei allen Naturweinen findet sich der die Rechtsdrehung bewirkende Körper, dessen Natur noch nicht festgestellt ist, gröſstentheils in dieser Alkoholfällung. Bei den von Neubauer untersuchten Weinen betrug das Drehungsvermögen dieser 30cc betragenden, aus 250 bis 350cc Wein hergestellten Lösung 0,5 bis 1,8° nach rechts. Von der alkoholischen Lösung verdunstet man im Wasserbade den Weingeist bis auf ¼ des ursprünglich zugesetzten Volums und versetzt dann die erkaltete Lösung nach und nach unter starkem Umschütteln mit dem 4 bis 6fachen Volum Aether. Es scheidet sich hiernach in der Ruhe unter dem Aether eine mehr oder weniger dicke wässerige Lösung ab, welche bei Kartoffelzucker-haltigen Weinen die in Alkohol löslichen unvergährbaren Stoffe dieser Präparate (Amylin) enthält und in Folge dessen eine starke Rechtsdrehung zeigt. Hat sich der Aether geklärt, so gieſst man denselben ab oder trennt ihn mittels eines Scheidetrichters. Die wässerige Lösung verdünnt man darauf mit Wasser, erwärmt auf dem Wasserbade zur Entfernung des Aethers, entfärbt mit Thierkohle, filtrirt und verdünnt das Filtrat je nach dem Fassungsraum der Beobachtungsröhre auf das nöthige Volum. Bei reinen Naturweinen mittlerer Jahrgänge, die keinen unvergohrenen Zucker mehr enthalten, ist die Rechtsdrehung dieser wässerigen Lösung der Aetherfällung aus 250 bis 350cc Wein nach dem Entfärben und Verdünnen auf 30cc entweder Null, wie in den meisten Fällen, oder beträgt höchstens 0,2 bis 0,5° nach rechts. Aus den zahlreichen vom Verfasser mitgetheilten diesbezüglichen Versuchen mögen hier nur folgende angeführt werden. 250cc wurdenauf 50ccconcentrirt.Drehung in220mm langerRöhre Alkoholfällungauf 30ccverdünnt.Drehung in220mm langerRöhre Aetherfällungauf 30ccverdünnt.Drehung in220mm langerRöhre 1876 Steinberger    + 1,33°   + 1,4°       + 0,45° 1876 Neroberger + 1,2   + 1,66    0 1876 Rüdesheimer + 0,9 + 1,2    0 1875 Aſsmannshäuser + 0,4 + 0,7    – 0,5 1875 Johannisberger + 0,6 + 0,8    0 1876 Johannisberger + 0,8 + 1,0    0 1876 Niersteiner + 0,5 + 0,7    0 1874 Markgräfler + 0,3 + 0,5    0 1874 Nackenheimer + 0,6 + 1,0    – 0,2 1875 Dürkheimer ± 0,0 ± 0,0 ± 0 1875 Königsbacher + 0,5 + 0,7 ± 0 1875 Deidesheimer + 0,5 + 0,8 ± 0 1875 Forster + 1,5 + 1,5    + 0,2 1875 Königsbacher + 1,9 + 1,8    + 0,2 1875 Deidesheimer + 0,5 + 0,6 ± 0 1876 + 0,6 + 0,7 ± 0 1876 + 0,0 ± 0,0 ± 0 Mit Kartoffelzucker gallisirte Weine des Handels gaben dagegen u.a. folgende Resultate: DirecteDrehung in220mmlanger Röhre 350cc wurdenauf 50ccconcentrirt.Drehung in220mmlanger Röhre Alkoholfäl-lung auf 30ccverdünnt.Drehung in220mmlanger Röhre Aetherfällungauf 30ccconcentrirt.Drehung in220mmlanger Röhre Weiſswein + 1,6° + 11,3° + 5,0° +   9,2° Weiſswein + 1,5 + 10,6 + 4,9 +   9,1 Pfälzer Wein + 1,4 +   9,7 + 3,0 +   7,3 Pfälzer Wein + 0,5 +   3,6 + 1,6 +   2,6 Weiſswein + 0,8 +   5,7 + 2,6 +   4,9 Moselwein + 1,5 + 10,6 + 1,0 + 11,7 Hiernach können wohl sämmtliche Weine, welche höchstens eine Rechtsdrehung von 0,1 bis 0,3 zeigen, als rein bezeichnet werden. Beträgt die Drehung jedoch 0,5 bis 0,6 nach rechts, so ist der Sicherheit wegen das vorhin beschriebene Verfahren anzuwenden. Die Aetherfällung wird, wenn dieselbe aus 250 bis 350cc dargestellt wurde, bei Kartoffelzucker-haltigen Weinen eine Rechtsdrehung zeigen, die bei der Beobachtung in 220mm langer Röhre 2° und mehr betragen würde. Beträgt endlich die Drehung bei der directen Untersuchung der Weine in 200 bis 220mm langer Röhre 1° nach rechts und darüber, so ist ein Kartoffelzuckerzusatz auch ohne jede weitere Prüfung als bewiesen anzunehmen. Concentrirt man solche Weine, so wird das Drehungsvermögen der entfärbten Flüssigkeit der Concentration entsprechend zunehmen.