Titel: Ueber die Festigkeit der Baumaterialien.
Autor: k
Fundstelle: Band 229, Jahrgang 1878, S. 549
Download: XML
Ueber die Festigkeit der Baumaterialien. Ueber die Festigkeit der Baumaterialien. Bauschinger, A. Funk und Hartwig haben für den Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine eine Denkschrift über die Errichtung von Prüfungsanstalten und Versuchsstationen verfaſst. Indem wir bemerken, daſs die von ihnen vorgeschlagene Klassifikation für Eisen und Stahl bereits in D. p. J. 1877 225 545 mitgetheilt wurde, entnehmen wir der Denkschrift folgende Vorschläge für die Einführung einer staatlich anerkannten Klassifikation für Steinmaterialien und Holz. Da die Steine bei ihrer Verwendung als Baumaterial fast ausschlieſslich nur auf Druck beansprucht werden, so muſs ihre Druckfestigkeit der Klassification zu Grunde gelegt werden. Von ihren anderen Eigenschaften sind zwar die Härte, die Witterungsbeständigkeit, die Widerstandsfähigkeit gegen den Angriff von Gasen, die Porosität und daraus entspringende Durchlässigkeit und Wasser-Aufsaugungsvermögen unter Umständen von sehr groſser Bedeutung. Aber da einestheils diese Eigenschaften innerhalb einer und derselben Materialienklaſse nur wenig schwanken, anderntheils mit der Festigkeit mehr oder weniger zusammenhängen, wie namentlich die Härte und Porosität, und da auſserdem sichere Methoden zur vergleichenden Bestimmung jener Eigenschaften entweder noch ganz fehlen oder erst in der allerneuesten Zeit in Anwendung gebracht worden sind, so dürfte die Beschränkung auf Druckfestigkeit allein bei Aufstellung der Klassification der Steinmaterialien vorläufig noch gerechtfertigt erscheinen. Die für jede Qualitätsklaſse angegebenen Zahlen für die Druckfestigkeit sind wieder als Minimalzahlen zu verstehen, welche von dem Material, das in diese Klaſse gezählt werden soll, mindestens erreicht oder überschritten werden müssen. Steine, deren Festigkeit unter die Minimalzahl der letzten Qualität der betreffenden Materialgattung fällt, sind nicht mehr qualificirbar, sie sind in der Regel auch nicht mehr als verlässiges Baumaterial anzusehen und sollten auch nicht mehr oder doch nur nach sorgfältigster Prüfung nach allen Richtungen hin verwendet werden. A) Natürliche Steine. Die Druckfestigkeit natürlicher Gesteine soll stets an Probekörpern in Würfelform bestimmt werden, und zwar in der Richtung senkrecht zum Lager, wo dies erkennbar ist. Zwei gegenüber liegende Seitenflächen dieses Würfels sind, wenn nöthig mit dem Diamant, auf einer Hobelmaschine genau eben und parallel zu hobeln. Diese liegen bei der Probe direct ohne Zwischenlage an genau eben gehobelten Druckplatten aus Hartguſs, von denen die eine, in Kugelgelenk beweglich, sich von selbst parallel zur andern stellt. Unter Druckfestigkeit ist die auf 1qc bezogene Belastung, welche den völligen Bruch herbeiführt, zu verstehen. Das Erscheinen der ersten Risse, der Beginn der Zerstörung, ist zu sehr von der Genauigkeit der Bearbeitung des Probestückes und seiner Anlage an den Druckplatten abhängig, als daſs es für ein sicheres Mittel zur Beurtheilung der Festigkeit genommen werden könnte. 1) Versteinerungslose Felsarten: Granit, Diorit, Grünstein, Syenit, Syenit-Granit, Glimmerschiefer u. dgl. Qualität I. Mit dem Meiſsel schwer oder nicht bearbeitbar, daher meist nur zu Pflasterungsmaterial verwendet: Minimal-Druckfestigkeit 1600k. Qualität II. Ziemlich schwer bearbeitbar, aber doch schon zu Säulen etc. verwendet: Minimal-Druckfestigkeit 1200k. Qualität III. Gut bearbeitbar und vorzüglich als Haustein-Mauerwerk verwendet: Minimal-Druckfestigkeit 1000k. Qualität IV. Für geringere Sorten Bausteine. Minimal-Druckfestigkeit 800k. 2) Kalksteine, als Marmor, Dolomite, Muschelkalk, Nummuliten-Kalkstein u. dgl. Qualität I. Die Druckfestigkeit steigt besonders bei den älteren Muschelkalken bis 1600k und darüber; diese sind aber dann schwer zu bearbeiten und dienen hauptsächlich nur als Straſsenschotter: Minimal-Druckfestigkeit 1000k. Qualität II. Minimal-Druckfestigkeit 800k. Qualität III. Minimal-Druckfestigkeit 600k. – Unter die letzte Grenze fallen nur noch die weicheren Kalksteine jüngerer und jüngster Formation, die zum Theil noch recht gute Bausteine geben, aber wegen der vorkommenden, meist sehr groſsen Unterschiede in Festigkeit und Beständigkeit mit Vorsicht auszuwählen und sorgfältig zu prüfen sind. 3) Sandsteine. Mit dem Vorbemerk, daſs die Druckfestigkeit der Grauwacke, die dann aber nicht mehr bearbeitet werden kann, bis über 2000k steigt, und daſs Molassen-Sandsteine und Findlinge von Buntsandsteinen der Trias bis 1500k kommen, wurde angesetzt: Für die Qualität I als untere Grenze 800k für die Druckfestigkeit. In diese Qualitätsklaſse fallen dann alle oben genannten Steinarten und die besten Bruch-Buntsandsteine. Qualität II. Minimal-Druckfestigkeit 600k, die besseren und mittleren Buntsandsteine enthaltend. Qualität III. Minimal-Druckfestigkeit 400k, die geringeren Bunt- und guten Keuper- und Schilf-Sandsteine in sich fassend. Qualität IV. Minimal-Druckfestigkeit 200k, enthaltend die gewöhnlichen Keuper–, Bau- und Schilf-Sandsteine etc. – Unter letzterer Minimalzahl variirt die Festigkeit und Beständigkeit der Sandsteine ungemein mit der Güte des Bindemittels, und es ist beim Gebrauch solcher Steine mit gröſster Vorsicht zu verfahren. 4) Conglomerate, Tuffe u. dgl. Qualität I. Minimal-Druckfestigkeit 400k. Qualität II. Minimal-Druckfestigkeit 250k. Qualität III. Minimal-Druckfestigkeit 150k. Es läſst sich von vornherein nicht angeben, welche der einzelnen Steinarten dieser Abtheilung vorzugsweise in die eine oder andere dieser drei Klassen fallen. Es gibt Tuffe, welche in die erste, und solche, die nicht mehr in die dritte Qualitätsklaſse einzureihen sind, und ähnlich verhält es sich mit den Conglomeraten, sei es, daſs diese aus gröberen Gemengtheilen bestehen, wie die Nagelfluh-Arten, welche beispielsweise in Thälern des bayerischen Gebirges vorkommen, oder sei es, daſs die Bestandtheile so fein werden, wie in den Conglomeraten aus der Gegend von Wien, z.B. aus Brunn. B) Künstliche Steine. 1) Gebrannte künstliche Steine aus Thon. Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen solchen, die besonders stark gebrannt sind, um ihnen die für ihre Anwendung als Trottoirstein, Pflasterstein etc. erforderliche Härte zu geben, und zwischen den als Bausteine zu verwendenden, in gewöhnlichen Ziegelöfen gebrannten. Erstere mögen, wie gebräuchlich, Klinker, letztere schlechtweg Ziegel genannt werden. a) Klinker. Ein sicheres Erkennungszeichen für die Härte, die hier wenn nicht allein, so doch vor der Festigkeit zur Beurtheilung der Qualität dienen muſs, fehlt bekanntlich bis jetzt; die Druckfestigkeit aber kann nicht als Ersatz gebraucht werden, da die, Erfahrung gezeigt hat, daſs minder hart gebrannte Klinker, die schon jetzt als geringere Qualität verkauft werden, ebenso groſse, ja häufig gröſsere Druckfestigkeit besitzen als die best gebrannte 1. Qualität. Es bleibt deshalb vorläufig nichts übrig, als das Aussehen des Bruches und allenfalls auch den Klang für die Klassifikation heran zu ziehen, und in der That läſst sich hiernach die Scheidung wenigstens in zwei Klassen mit groſser Sicherheit ausführen. Qualität I. Aeuſsere Oberfläche gut glasirt, meist schwarz, manchmal auch grün. Klang hell und scharf, Bruch meist dunkelroth oder braun, manchmal auch hellfarbig, aber immer glasig, gesintert und durchweg gleichmäſsig aussehend, mit scharfen, schwer abzubrechenden Kanten, von den Rändern herein bis auf mindestens 1 bis 2mm die Farbe der Glasur zeigend. Qualität II. Aeuſsere Oberfläche nur wenig glasirt, Klang ein dumpferer, Bruch roth, manchmal auch gelb, matt aussehend, immer aber gleichmäſsig und ohne Streifen oder Flecken; an den Rändern nicht anders gefärbt als in der Mitte. b) Ziegel. Dieselben sollen bei der Probe stets in ihrem ganzen Format zwischen Mörtelbändern zerdrückt werden, welche in einer Stärke von 1 bis 2cm aus gutem Portlandcement hergestellt werden, der mit feinem Sand bis zum Verhältniſs 1 : 3 gemischt werden kann. Diese Mörtelbänder sollen etwa 1 bis 3 Wochen erhärten, so daſs sie bei der Probe nicht zerdrückt, sondern nur in Folge der Zerstörung des zwischen befindlichen Steines zerbrochen werden. Die äuſseren Flächen dieser Mörtelbänder werden bei der Herstellung gut glatt und zu einander möglichst parallel gestrichen und liegen beim Zerdrücken an Filzplatten, die zwischen sie und die guſseisernen Druckplatten gebracht werden. Qualität I. Minimal-Druckfestigkeit 200k. Dichte, manchmal muschelige Structur, geringe Porosität und Durchlässigkeit. Qualität II. Minimal-Druckfestigkeit 160k. Qualität III. Minimal-Druckfestigkeit 120k. Ziegelsteine unter letzterer Grenze sind bereits sehr weich, zerreiblich, porös und Wasser schluckend; sie sollten nur für schwach oder ganz unbelastete Zwischenmauern verwendet werden. 2) Ungebrannte künstliche Steine und Mörtel. a) Für Formsteine dieser Art in Ziegelformat sind vorläufig noch dieselben Bedingungen oder Klassificationsgrenzen beizubehalten wie für die Ziegel. Die Prüfung hat genau so stattzufinden wie bei diesen. b) Cemente. Die Qualifikation der Cemente muſs sich auf die Festigkeit der aus ihnen hergestellten Probekörper stützen, und diese reicht auch allein aus, da alle übrigen Umstände: Feinheit des Mahlens, specifisches Gewicht, chemische Zusammensetzung, auf die Festigkeit Einfluſs üben und mit dieser in Berücksichtigung kommen. Von den verschiedenen Festigkeitsarten muſs wieder die Druckfestigkeit, auf welche die Cemente fast ausschlieſslich in Anspruch genommen werden, allein maſsgebend sein; sie kann auch am sichersten bestimmt werden. Die Zugfestigkeit, welche allerdings mit viel einfacheren und billigeren Apparaten gemessen werden kann, ist nur für die Controle einer Cementlieferung, ob dieselbe immer in gleicher Qualität geschieht, geeignet, nicht für vergleichende Werthbestimmung verschiedener Cemente. Da der Cement fast nie rein, sondern in der Regel mit Sand vermischt in Anwendung kommt, so muſs bei seiner Klassification auch die Bindekraft zu Sand in Berücksichtigung gezogen werden. Dies geschieht am einfachsten, indem man die Probekörper aus einem Gemisch von Cement und Sand in bestimmtem Volumverhältniſs 1 : 3 herstellt. Die Druckfestigkeit ist zwar von der Beschaffenheit des Sandes, ob derselbe Geröll oder scharfer Quarzsand, grob- oder feinkörnig ist, wenig abhängig; um aber doch möglichst vergleichbare Resultate zu erhalten, muſs für Herstellung der Probekörper reiner, wenn nöthig gewaschener, scharfer Quarzsand genommen werden, der durch ein Sieb mit 60 Maschen auf 1qc gegangen, aber auf einem solchen mit 120 Maschen liegen geblieben ist. (Vgl. 1877 224 487. 225 565. 226 644.) Die für Ermittlung der Druckfestigkeit herzustellenden Probestücke erhalten die Würfelform von etwa 12cm Seite; sie werden hergestellt, indem man die gut gemengte Mischung von Cement und Sand mit so viel Wasser anfeuchtet, daſs sie die Consistenz feuchter Gartenerde erhält, und diese Masse alsdann in 3 bis 4 Portionen in guſseiserne oder metallene Formen einstampft, jedesmal so lange, bis die gestampfte Masse elastisch wie Gummi wird und sich oben mit einer feinen Schicht Wasser bedeckt. In den Formen werden die Probestücke 24 Stunden erhärten gelassen, dann heraus genommen und in Wasser gelegt, wo sie noch 27 Tage verbleiben. Gegen Ende dieser Zeit werden zwei gegenüber liegende Seitenflächen der Würfel durch Abschleifen mit feinem Sand auf gehobelter Platte eben gerichtet, worauf die Würfel sofort wieder ins Wasser gelegt werden. Die Prüfung derselben auf Druckfestigkeit geschieht nach Verfluſs der oben angegebenen Erhärtungsdauer von 4 Wochen, unmittelbar nachdem sie aus dem Wasser genommen worden sind. Sie werden dabei mit den abgeschliffenen Flächen direct, ohne Zwischen läge, an die Druckplatte der Prüfungsmaschine gelegt. 1) Portlandcement. Bei den Portlandcementen ist auch die Bindezeit noch von wesentlichem Einfluſs auf die Festigkeit; von schnell bindenden Cementen kann nie dieselbe Festigkeit gefordert werden wie von den langsam bindenden. Die Bindezeit wird bestimmt, indem man den reinen Cement mit Wasser zu einem steifen, aber voll und glatt über die Kelle flieſsenden Brei anmacht, auf eine Glas- oder Metallplatte ausgieſst, so daſs er einen etwa 15mm dicken, nach den Rändern dünn auslaufenden Kuchen bildet. Sobald dieser Kuchen so weit erstarrt ist, daſs derselbe einem leichten Druck mit dem Fingernagel oder mit einem Spatel widersteht, ist der Cement als abgebunden zu betrachten. Rasch bindende Cemente werden solche mit höchstens ½stündiger, langsam bindende solche mit mehr als 2 stündiger Bindezeit genannt. Die zur Bestimmung der Bindezeit angefertigten Kuchen können auch zur Prüfung der Cemente auf Treiben benutzt werden. Sie werden zu dem Ende sammt der Glasplatte unter Wasser gebracht. Bei rasch bindenden Cementen kann dies schon nach ¼ bis 1 Stunde, bei langsam bindenden darf es dagegen je nach ihrer Bindezeit erst nach längerer Zeit, bis zu 24 Stunden nach dem Anmachen, geschehen. Zeigen sich nun nach den ersten Tagen, oder nach längerer Beobachtungszeit, an den Kanten des Kuchens Verkrümmungen oder Risse, so deutet dies unzweifelhaft Treiben des Cementes an. Solche Cemente müssen unbedingt verworfen und können nicht klassificirt werden. Für langsam Für rasch bindende Portlandcemente Qualität I. Minimal-Druckfestigkeit   150k   90k Qualität II. Minimal-Druckfestigkeit 110 75 Qualität III. Minimal-Druckfestigkeit   75   50. 2) Romancement. Die Romancemente binden in der Regel rasch ab. Ihre Festigkeit, ebenso geprüft wie die der Portlandcemente, ist bedeutend geringer als bei diesen. Qualität I. Minimal-Druckfestigkeit 10k. Qualität II. Minimal-Druckfestigkeit 5k. C) Holz. Als Bauholz wird in weitaus überwiegendem Maſse Fichten- und Föhrenholz verwendet. Deshalb soll vorläufig nur dieses mit dem gemeinsamen Kamen „weiches Holz“ bezeichnete in die Klassifikation aufgenommen werden. Die Art der Inanspruchnahme des Holzes ist 'in den meisten Fällen die Biegung, die auch beim Angriff auf Zerknickung bei Pfosten, Säulen u.s.w. mit ins Spiel kommt. Deshalb liegt es nahe, die Klassifikation des Bauholzes auf seine Biegungsfestigkeit zu gründen. Zu dem Zweck werden Probestücke mit quadratischem oder nahezu quadratischem Querschnitt von etwa 12cm Seite und von 1m,5 Länge hergestellt und abgebrochen, indem sie, mit beiden Enden frei aufliegend, durch eine in der Mitte concentrirte Kraft mehr und mehr durchgebogen werden. Nach den gewöhnlichen Biegungsformen ist hieraus die beim Bruch in den äuſsersten Fasern stattfindende Biegungsspannung oder die Biegungsfestigkeit zu berechnen. Weiches Bauholz. Qualität I. Minimal-Biegungsfestigkeit 450k. Qualität II. Minimal-Biegungsfestigkeit 300k.