Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei; von Dr. V. Griessmayer.
Autor: V. Griessmayer
Fundstelle: Band 231, Jahrgang 1879, S. 53
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Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei; von Dr. V. Grieſsmayer. Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Ueber die Malzprobe; von Dr. W. Schultze. W. Schultze hat seiner schönen Abhandlung über eine neue Extracttabelle (vgl. 1878 230 428) rasch eine andere in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1878 S. 450 folgen lassen, welche unter obigem Titel eine Revision unserer theoretischen Ansichten über den Maischproceſs vornimmt und zugleich werthvolle Winke für die Praxis in sich schlieſst. Zunächst wird untersucht, ob denn die gewöhnliche Maischtemperatur bei der Malzprobe 70 bis 75° die richtige sei, was schon auf Grund der Arbeiten O'Sullivan's zweifelhaft geworden war. Zu diesem Behufe werden 100g Malztrockensubstanz bei verschiedenen Temperaturen bis zum Verschwinden der Stärkereaction gemaischt und dann die Extractbestimmungen nach der corrigirten Proportionalitätsmethode und auf Grund der neuen Extracttabelle vorgenommen. Malzsorte Extract bei 72,5° je ½ Std.bei 65°,bei 70° bei 65° bei 63° bei 60° A g76,13 g77,82 g78,53 g79,24 g80,09 B 78,17 79,00 79,56 79,70 81,25 C 77,43 78,98 79,43 79,83 81,39 D 78,16 78,75 79,51 79,93 80,39 E 76,85 77,26 78,09 78,69 + Aus diesen Versuchen geht hervor, daſs bei der mittleren Temperatur zwischen 70 und 75 = 72,5° nie die höchste, sondern stets die kleinste Ausbeute an Extract erhalten wird. Andererseits zeigte sich aber auch hierbei, daſs die Zeit, dieser wichtige Factor im Maischprocesse, zu der Extractausbeute in einem geraden Verhältnisse steht, oder mit andern Worten: Je tiefer die Temperatur (d.h. bis zu 60°), bei welcher gemaischt wird, desto stärker ist zwar die Extractausbeute, aber desto länger dauert es auch, bis der Proceſs vollendet ist. Bei den obigen Bestimmungen gestalteten sich die Zeitverhältnisse, wie folgt: Malzsorte bei 70° bei 65° bei 63° bei 60° Min. Stunden A 20 5 ½ 11 ½ 18 ½ B 15 4 ½ 10 ¾ 18 C 15 4 10 17 ½ D 10 2 ½ 5 ½ 11 E 10 3 6 + Hieraus ergibt sich, daſs eine rasche Ueberführung der Stärke in Extract nur durch Maischen bei 70° erreicht wird. Eine Erhöhung dieser Temperatur erscheint nicht nur zwecklos, sondern sogar bedenklich, weil verschiedene Malzsorten, bei 72,5° gemaischt, opalisirende Würzen liefern, d.h. einen Theil des Extractes wieder ausscheiden. Die Malzproben sind daher bei einer Maischtemperatur von 70° vorzunehmen. Was die Maischdauer betrifft, so genügt, wie aus obiger Tabelle hervorgeht, eine Zeit von 10 bis 20 Minuten. Daſs eine längere Zeitdauer überflüssig ist, geht aus folgenden beiden Versuchen hervor. Aus 100g derselben Malztrockensubstanz, gemaischt bei 70°, erhielt man Extract: Bis zum Verschwinden derStärke = 20 Minuten Nach 40 Minuten a) g76,48 g76,13 b) 77,60 76,76 ––––– ––––– Mittel 76,54 Mittel 76,44. Wie aber die Extractausbeute von der Maischtemperatur abhängig ist, so ist es auch die Zuckerausbeute, und zwar in denselben Verhältnissen. Fünf verschiedene Malzsorten, bis zum Verschwinden der Stärke gemaischt, lieferten auf 100g Malztrockensubstanz berechnet, folgende Extract- und Zuckerausbeuten: I 18 ½ Stdn.bei 60° 11 ½ Stdn.bei 63° 5 ½ Stdn.bei 65° je ½ Stde.bei 65°,bei 70° 20 Min.bei 72,5° Extract 80,09 79,24 78,53 77,82 76,13 Maltose 61,93 57,45 52,99 48,55 44,04 In 100 Th. Extract sind   Maltose 77,32 72,50 67,48 62,39 57,85 II 18 ½ Stdn.bei 60° 10 ¾ Stdn.bei 63° 4 ½ Stdn.bei 65° je ½ Stde.bei 65°,bei 70° 15 Min.bei 72,5° Extract 81,25 79,70 79,56 79,00 78,17 Maltose 60,86 56,44 52,11 47,74 43,37 In 100 Th. Extract sind   Maltose 74,90 70,82 65,50 60,43 55,48 III 17 ½ Stdn.bei 63° 10 Stdn.bei 63° 4 Stdn.bei 65° je ½ Stde.bei 65°,bei 70° 15 Min.bei 72,5° Extract 81,39 79,83 79,43 78,98 77,43 Maltose 61,72 57,19 52,77 48,36 43,88 In 100 Th. Extract sind   Maltose 75,83 71,64 66,44 61,23 56,67 IV 11 ½ Stdn.bei 60° 5 ½ Stdn.bei 63° 2 ½ Stdn.bei 65° je ½ Stde.bei 65°,bei 70° 10 Min.bei 72,5° Extract 80,39 79,93 79,51 78,75 78,16 Maltose 60,33 55,98 51,64 47,29 42,97 In 100 Th. Extract sind   Maltose 75,04 70,04 64,95 60,05 54,98 V 6 Stdn.bei 63° 3 Stdn.bei 65° je ½ Stde.bei 65°,bei 70° 10 Min.bei 72,5° Extract 78,69 78,09 77,26 76,85 Maltose 55,94 51,60 47,25 42,95 In 100 Th. Extract sind   Maltose 71,09 66,08 61,16 55,89 Aus diesen Versuchen ersieht man wieder, welch gewaltiger Factor bei dem Maischprocesse die Zeit ist. So günstig die Temperatur 60° auch theoretisch für die Ausbeute ist, so kann man doch in der Praxis keinen Maisch 10 Stunden lang digeriren; auch 6 Stunden haben schon etwas Miſsliches, und ist es kaum ausführbar, von 63° nicht fortwährend in 65° hineinzugerathen. Andererseits wird bei 70° und darüber verhältniſsmäſsig wenig Maltose gebildet und entzieht sich überhaupt trotz aller Jodreaction immer Stärke der Auflösung und bleibt bei den Trebern. Ich habe deshalb schon vor längerer Zeit ein Verfahren patentirt, welches den letzt erwähnten Uebelstand durch Aussparung intacter Fermente zu vermeiden, eine erhöhte Extract- und Maltoseausbeute durch Anwendung der Temperatur 65° zu erreichen und den Charakter der bayerischen Biere durch Kochen eines Maisches zu wahren sucht.Maischverfahren von Dr. F. Grieſsmayer in Berlin (D. R. P. Nr. 671 vom 28. August 1877). Das zum Guſse nöthige Wasser wird in der Würzepfanne auf 50° erhitzt und hiervon ungefähr die Hälfte in den Maischbottich abgelassen und nun ⅔ bis ¾ der ganzen Schüttung eingemaischt. Dann wird die zweite Hälfte des Wassers zum Sieden erhitzt und unter lebhaftem Maischen so viel in den Bottich gelassen, bis die Maische die Temperatur 70° erreicht hat.Nun kommt die ganze Maische (Dick- wie Lautermaische) in die Pfanne, wird langsam zum Sieden erhitzt und 40 bis 50 Minuten im Kochen erhalten. In der Zwischenzeit bleibt der im Bottich zurückgebliebene Rest, womöglich zugedeckt, sich selbst überlassen, und muſs nur darauf gesehen werden, daſs dessen Temperatur nicht unter 58° sinkt. Befindet sich der Läuterboden im Maischbottich, so soll er mit Wasser von 75° überschichtet werden.Nach dem Sieden wird die gesammte Maische in den Bottich herabgelassen und durch Maischen so lange abgekühlt, bis eine Temperatur von 70 bis 67° erzielt ist. Nun wird der Rest der Schüttung (¼ bis ⅓) unter gelindem Maischen zugegeben und die Temperatur der Maische so regulirt (allenfalls durch Zugabe heiſsen Wassers), daſs dieselbe nach ¾ Stunden 65° zeigt. Nach ¾ bis 4/4 Stunden Ruhe wird abgeläutert, und nun werden drei Nachgüsse in steigender Weise mit Wasser von 80 bis 90° gemacht.