Titel: Ueber Cer-Anilinschwarz; von Heinrich Bührig.
Autor: Heinrich Bührig
Fundstelle: Band 231, Jahrgang 1879, S. 77
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Ueber Cer-Anilinschwarz; von Heinrich Bührig. Bührig, über Cer-Anilinschwarz. Cer-Anilinschwarz, auf welches K. Kruis (1874 212 347) als auf das schönste und echteste Anilinschwarz aufmerksam gemacht, hat bisher keine Verwendung in den Kattundruckereien gefunden, weil einmal der hohe Preis der Cersalze gegenüberstand den wohlfeilen Kupfersalzen, ferner den durch groſse Wirksamkeit ausgezeichneten und dadurch ebenfalls sehr billigen Vanadinsalzen (vgl. 1877 223 632), endlich auch, weil sich offenbar bisher Niemand die Mühe gegeben hat, den Versuch zu machen, ein für Zwecke des Cer-Anilinschwarzdruckes geeignetes billiges Cersalz darzustellen und die Wirksamkeit der Cerverbindungen bei Erzeugung von Anilinschwarz eingehend zu prüfen; es hätten sonst unzweifelhaft die Cersalze den Vanadin- und Kupferverbindungen den Rang streitig gemacht. Wenngleich durch groſse Wirksamkeit bei nur spurenweiser Anwendung die Vanadinsalze die Cerverbindungen übertreffen, so sind doch die ungleich günstigeren Resultate und die geringeren Kosten, bedingt durch die höchst einfache, billige Darstellungsweise, die groſsen Vorzüge der Cerpräparate bei Verwendung zum Anilinschwarz. Jede Kattundruckerei kann sich den Bedarf an Cersalz selbst darstellen, da keine besonderen Vorrichtungen und Apparate dazu erforderlich sind und die Darstellung nicht die geringste Uebung in chemischen Arbeiten erfordert. In der Kattundruckerei von Jakob Lytsche in St. Petersburg wird seit über 1 Jahr Cer-Anilinschwarz mit dem besten Erfolge gearbeitet, und soll nachstehend das in dieser Fabrik übliche Verfahren der Darstellung des Cersalzes und dessen Verwendung zum Anilinschwarzdrucke beschrieben werden. Die schwefelsaure Verbindung ist für vorliegende Zwecke das geeignetste Cersalz, da dessen Darstellung am einfachsten und mit den geringsten Kosten verbunden ist. Als Material zur Darstellung des Cersalzes dient Cerit, welcher sich auf einem Kupferkieslager im Gneiſse bei Riddarhytta in Westmannland in Schweden in recht bedeutenden Mengen findet. Der Cerit tritt in derben, feinkörnigen Aggregaten mit sehr fest verwachsenen und kaum unterscheidbaren Individuen auf; seine Farbe ist perlgrau, der Strich weiſs, seine Härte = 5,5 und das specifische Gewicht 4,9 bis 5. Die chemische Zusammensetzung des Cerites ist nach Hermann (I), Kjerluf (II) und Bammelsberg (III) folgende: I II III Kieselsäure 21,346 21,300 19,180 Ceroxydul 60,987 58,500 64,550 LanthanoxydDidymoxyd 3,5143,905 8,470 7,280 Eisenoxydul 1,457 4,980 1,540 I II III Kalk 1,649 1,230 1,310 Wasser 6,310 5,520 5,710 Kohlenssäure 0,832 Ferner sind Kupfer, Blei, Magnesia und Alkalien im Cerite nachgewiesen, doch nur in äuſserst minimalen Mengen. Ein Blick auf die Zusammensetzung des Cerites belehrt uns, daſs kein Metalloxyd in demselben enthalten, welches einen störenden Einfluſs bei der Entwicklung von Anilinschwarz ausüben könnte, und ergibt sich hieraus eine höchst einfache Methode der Darstellung eines für den Anilinschwarzdruck geeigneten Cerpräparates. Ein Aufschlieſsen des Cerites mit Schwefelsäure, wobei die Kieselsäure abgeschieden wird, und Extrahiren des erhaltenen Sulfates mit Wasser muſs eine allen Anforderungen vollkommen genügende Lauge von schwefelsauren Salzen ergeben, welche man direct zur Farbe mischen kann. Diese Voraussetzung erwies sich als richtig. Um den Cerit durch Schwefelsäure vollständig zu zersetzen, muſs er möglichst fein gepulvert werden. In einem Mörser von 10cm Durchmesser, dessen Stempel an dem einen Ende eines in horizontaler Lage befindlichen Schwingbaumes hängt, welcher am anderen Ende an der Decke eines niedrigen Raumes befestigt ist, pulverisirt ein Arbeiter in wenigen Stunden mit Leichtigkeit mehrere Kilogramm Cerit. Ein Durchsieben des Pulvers durch ein feines Haarsieb und Zurückgeben des groben Pulvers in den Mörser ist erforderlich, da grobes Pulver von der Schwefelsäure nur sehr unvollkommen zersetzt wird und dadurch Verluste eintreten. Das Aufschlieſsen des Cerites wird in Bleischalen vorgenommen, die man sich aus dünnen Bleiplatten über einer Holzkugel mit einem Holzhammer selbst zusammenbiegen kann. Längere Praxis schreibt beim Aufschlieſsen folgende Mengenverhältnisse als die günstigsten vor: 1k Ceritpulver wird mit 1k englischer Schwefelsäure zu einem Brei angerührt und dieses Gemenge an einem warmen Orte oder auf dem Sandbade, wenn ein solches zur Verfügung steht, mehrere Stunden stehen gelassen, wobei man von Zeit zu Zeit umrührt. Es bläht sich dann die Masse unter bedeutender Volumvergröſserung, starker Wärmeentwicklung und theilweisem Verdampfen der Säure auf, wobei eine hellgraue, trockene, compacte Masse zurückbleibt. Diese wird in einer Porzellanreibschale gepulvert, was sehr leicht geht, dann abermals mit 250 bis 300g Schwefelsäure angerührt und einige Tage lang an einem warmen Orte sich selbst überlassen; alsdann erhitzt man noch einige Stunden bei steigender Temperatur über freiem Feuer und dampft schlieſslich die überschüssig zugesetzte Schwefelsäure vollkommen ab, bis ein hellgraues Pulver entsteht. Jetzt ist man sicher, den Cerit vollständig aufgeschlossen zu haben und beim nachherigen Auslaugen keine Verluste zu erleiden. Beim Abrauchen der Schwefelsäure werden die Bleischalen in gleichgeformte Schalen aus Eisenblech gesetzt und die Zwischenräume sorgfältig mit Sand gefüllt. Ein Kerosin-Kochofen leistet bei dieser Operation vortreffliche Dienste. Die schwefelsauren Salze werden nun mit Wasser extrahirt, indem man das hellgraue Ceritpulver in kleinen Mengen und unter beständigem Umrühren in kaltes Wasser einträgt, in welches man zweckmäſsig einige Eisstückchen thut, da die bei der Lösung entwickelte Wärme eine sehr bedeutende ist und oft ein sehr festes Zusammenbacken des Pulvers eintritt, wodurch das weitere Auslaugen natürlich erschwert wird. Nach 1 bis 2 Tagen, während welcher Zeit natürlich oft gerührt wird, hat sich das Lösungswasser mit Salzen gesättigt; es wird decantirt, filtrirt und frisches Wasser aufgegeben. Dies wiederholt man so lange, bis die letzte Auslaugeflüssigkeit keine Salze mehr löst. Der Rückstand ist Kieselsäure. Die Auslaugewässer werden alle vereint und direct zur Farbe verwendet. Zum Versandt ist natürlich die Lauge zur Trockne zu verdampfen, wobei sich hellrosa Krystallkrusten ausscheiden, deren Färbung durch Didymsalz bedingt ist. Durchschnittlich wurden nach angegebenem Verfahren aus 1k Cerit 20l Lauge erhalten, die 663g,7 Ceritoxyde enthielten. (Unter Ceritoxyde ist das Gemisch der Oxyde des Ceriums, Lanthans und Didyms verstanden.) Diese Bestimmung wurde ausgeführt, indem aus 100cc Lauge durch Schwefelwasserstoff die schweren Metalle abgeschieden, durch Einleiten von Chlorgas das Eisenoxydul in Oxyd übergeführt und mit oxalsaurem Ammon die Ceritmetalle ausgefällt wurden. Nach sorgfältigem Auswaschen der weiſsen Oxalate mit heiſsem Wasser wurden dieselben vom Filter in einen Platintiegel gespült, auf dem Wasserbade zur Trockne verdampft und dann heftig geglüht bis zum constanten Gewichte. Das resultirende chokoladebraune Pulver, die in 100cc Lauge enthaltenen Oxyde des Ceriums, Lanthans und Didyms, wog 3g,3185. Die oben angeführten drei Analysen des Cerites verlangen durchschnittlich 691g Ceritoxyde als Ausbeute. Es stellt sich demnach bei dieser Methode ein Verlust von etwa 4 Proc. heraus. Um die Wirksamkeit des Ceritsulfates bei der Erzeugung von Anilinschwarz festzustellen, wurde mit nachstehend angegebener Farbe, in welcher der Gehalt an Ceritlauge wechselte, eine Reihe Proben auf dem Rouleau mit Kupferwalzen gedruckt. Daſs sorgfältigst beim Präpariren der Farbe alles Metall ferngehalten wurde, ist selbstverständlich. Beim Druck der Proben wurde die Farbe möglichst kurze Zeit mit der Kupferwalze in Berührung gelassen. Die Farbe ist folgendermaſsen zusammengesetzt: 14k,0 weiſse Stärke 6k,5 licht gebrannte Stärke 110l Wasser 1900g Salmiak 3100g chlorsaures Kali 6150g Anilinsalz xcc Ceritlauge. Nachdem die Proben 8 Stunden lang in der warmen Hänge bei 38 bis 43° gehangen hatten, wurden sie durch ein Sodabad genommen und alsdann ½ Stunde lang stark geseift. Ein Gehalt von 1500cc Ceritlauge, entsprechend 49g,7775 Ceritoxyde, auf 100k obiger Farbe erwies sich als günstigstes Verhältniſs. Der Gehalt der Farbe an Ceritsalz kann noch bedeutend herabgemindert werden, ohne daſs die Intensität und Schönheit des erzeugten Schwarz Einbuſse erleidet; doch muſs alsdann die Waare weit länger in der heiſsen Hänge bleiben, oder der Gehalt an Anilinsalz erhöht werden. Für den Betrieb in genannter Fabrik ist am vortheilhaftesten die Zeitdauer von 8 Stunden zur Entwicklung der Farbe und wurde daher auch diese Zeit für die Versuche gewählt. Mit Vanadinsalz wurde unter Einhaltung der obigen Bedingungen ein dem Cerschwarz gleich tiefes Schwarz erhalten, wenn zu 100k Farbe 50cc einer Vanadinlösung hinzugesetzt wurde, die einem Gehalte von 0g,7985 Vanadsäure entsprachen. Die Vanadinlösung war dargestellt durch Auflösen von 28g,35 Vanadchlorid in 1l Wasser. Das Vanad-Anilinschwarz zeigte jedoch nie den wunderschönen, tief blauschwarzen, milden Stich des Cerschwarzes, der auf das Auge so angenehm wirkt; selbst bei bedeutender Erhöhung des Vanadzusatzes konnte die dem Cer-Anilinschwarz eigene Nuance nicht erreicht werden. Das zu diesen Versuchen dienende Vanadinsalz, Chloride of Vanadium, aus England bezogen, eine dunkelgrüne, an der Luft begierig Wasser anziehende Masse, war ein sehr reines Präparat, das nur qualitativ nachweisbare Spuren von Blei, Kupfer, Eisen und Kalk enthielt. Der Gehalt der Lösung an Vanadsäure wurde bestimmt, indem 10cc in einem gewogenen Porzellantiegel zur Trockne verdampft wurden, der Rückstand wiederholt mit Salpetersäure abgedampft und dann bis zu constantem Gewicht geglüht wurde. Die gelbbraune Vanadsäure wog 0g,1597. In den angewendeten 28g,35 Vanadchlorid sind demnach enthalten 15g,97 Vanadsäure, entsprechend 27g,605 Vanadiumchlorid. Es erübrigt jetzt noch nachzuweisen, daſs bei Anwendung des Ceritsulfates die das Cerium begleitenden Metalloxyde, namentlich Lanthanoxyd und Didymoxyd, keinen störenden Einfluſs auf die Entwicklung des Anilinschwarz ausüben, und daſs etwa, um denselben unschädlich zu machen, ein gröſserer Zusatz Ceritlauge gegeben werden muſs, als bei Anwendung von chemisch reinem Cersulfate nöthig wäre. Zu diesem Behufe wurden die Versuche wiederholt mit einer Lösung von chemisch reinem schwefelsaurem Ceroxydul dargestellt, nach der vom Verfasser im Journal für praktische Chemie, 1876 Bd. 12 S. 209 angegebenen Methode, das in gesättigter Lösung in einer 72cm dicken Schicht vor dem Spectralapparate keinen Didym-Absorptionsstreifen mehr zeigte. Zu diesen Parallel versuchen diente eine Lösung, welche in 100cc genau 3g Ceroxydoxydul enthielt. Bei einem Zusatz von 1500cc dieser Lösung zu 100k Farbe wurde genau dasselbe Resultat erhalten wie bei Anwendung der Ceritlauge. Einen schädlichen Einfluſs üben demnach die das Cerium begleitenden Metalle auf die Entwicklung des Anilinschwarz nicht aus, und ist also die angegebene Methode zur Darstellung eines für besprochene Zwecke geeigneten Cerpräparates eine durchaus genügende. Ein vergleichender Kostenanschlag zwischen den Cer- und Vanadverbindungen möge hier noch Platz finden. Bei den augenblicklichen Verhältnissen stellen sich in St. Petersburg die Preise folgendermaſsen: 1k Cerit kostet 2 Rubel 50 Cop. 1300g englische Schwefelsäure 10 Brennmaterial 10 Arbeitslohn –––––––––––––––– Somit 663g,7 Ceritoxyde 2 Rubel 70 Cop. Das Ceritsalz für 100k Anilinschwarz kostet hiernach 20,5 Copeken. Dem steht folgender Preis für die Vanadinsalze gegenüber: 1 Pfund engl. = 453g,6 Chloride of Vanadium kostet 250 Rubel. 100g Vanad-Anilinschwarz brauchen 1g,4175 Vanadchlorid und kosten dieselben 78 Cop. Es spricht somit auch der Kostenpunkt, so unwesentlich er allerdings bei so kleinen Summen auch ist, zu Gunsten des Cersalzes. Schlieſslich sei noch angeführt, daſs auch das Cer-Anilingrau eine schönere Nuance zeigt als das Vanad-Anilingrau. Die Farbe ist folgendermaſsen zusammengesetzt: 8600g weiſse Stärke 1900g licht gebrannte Stärke 60l Wasser 500g Salmiak 500g chlorsaures Kali 500g Anilinsalz 500g Salzsäure 175cc Ceritsulfatlösung. Dieses Grau entwickelt sich in wenigen Stunden in der heiſsen Hänge und bedarf keiner Sodapassage, nur einer starken Seife zur Entwicklung. Auch kann es mit Dampffarben zusammengedruckt werden, da es beim Dämpfen das Gewebe nicht angreift; doch büſst die Nuance hierbei an ihrer Schönheit einiges ein. Vanad-Anilingrau verhält sich genau ebenso. Die oben gemachte Behauptung, daſs das Cer-Anilinschwarz das echteste Schwarz sei, findet darin ihre Begründung, daſs Proben von Cer- und Vanadschwarz von gleicher Intensität und unter gleichen Bedingungen erhalten, mit schwefliger Säure oder verdünnter Salzsäure behandelt, die Erscheinung des Grünwerdens zu verschiedenen Zeiten zeigten. Vanad-Anilinschwarz wurde sofort grün, Cer-Anilinschwarz brauchte mehrere Minuten dazu, um einen grünen Stich erkennen zu lassen. St. Petersburg, November 1878.