Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 251
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Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. (Fortsetzung des Berichtes Bd. 231 S. 53.) Grieſsmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Die Rochenhaut (Raja clarata) als Klärmittel. Ich habe schon (1878 230 335) auf die Bedeutung der Rochenhaut als Klärmittel aufmerksam gemacht. Inzwischen ist der Preis der Raja bedeutend gesunken und dieselbe daher allgemein zugänglich geworden. Kubicek, Brauführer in Osseg, hat damit vielfache Versuche angestellt und darüber im Böhmischen Bierbrauer berichtet. Er fand, daſs das Mittel hauptsächlich und so zu sagen specifisch gegen Hefentrübung hilft und bei der Verwendung sich nicht auf dem Boden des Fasses ausscheidet, sondern an der Oberfläche, d.h. durch das Spundloch ausgestoſsen wird, weshalb ein fleiſsiges Nachfüllen erforderlich ist. Bei anderen Trübungen muſs das betreffende Bier entweder mit Hefe oder mit Krausen zuerst versetzt werden, damit die trübenden Substanzen in die Ausscheidung mit hinein gerissen werden. Jahresbericht 1877/78 des Laboratoriums der wissenschaftlichen Station für Brauerei in Munchen. Die Station hat wiederum einen Jahresbericht veröffentlicht, aus dessen reichem, von bedeutender Arbeitsleistung zeigendem Inhalte ich eine gedrängte Uebersicht gebe. 1) Gerstenanalysen. Es werden von 51 Gersten vom J. 1877 Analysen mitgetheilt, von welchen ich einige auswähle, deren Aschenbestandtheile vollständig angefuhrt sind: Nr. TrockengehaltProcent In 100 Theilen Trockensubstanz Stickstoff Proteinstoffe Asche Eisenoxyd Kalk Magnesia Kali Kieselbaure Phosphor-saure Schwefel-saure 13 87,71 1,904 11,90 2,49 0,014 0,060 0,216 0,506 0,498 0,936 14 86,44 1,712 10,70 2,73 0,014 0,061 0,235 0,583 0,625 1,026 17 85,15 1,851 11,57 2,74 0,013 0,076 0,232 0,607 1,011 26 85,96 1,355   8,47 2,75 0,021 0,064 0,234 0,572 0,617 0,994 0,115 28 81,69 1,605 10,03 2,63 0,003 0,067 0,224 0,592 0,711 0,767 0,107 29 86,30 1,809 11,31 2,57 0,015 0,062 0,231 0,315 0,651 0,923 0,082 30 82,35 1,859 11,62 2,81 0,007 0,059 0,229 0,608 0,826 0,798 0,147 32 84,50 1,504   9,40 2,46 0,027 0,039 0,215 0,552 0,601 0,857 0,089 45 85,90 11,17 2,52 0,022 0,070 0,219 0,582 0,876 0,117 48 85,76 10,89 2,82 0,019 0,087 0,229 0,602 0,768 1,016 0,081 Heimath der Gerste: 13 und 14 Chevalier, Gegend von Magdeburg. 17 Champagner aus Vitry. 26 Aus dem Ries bei Nördlingen. 28 Schwedische (Kalkboden). 29 Böhmische. 30 Fränkische. 32 Hessische. 45 Elsässer. 48 Thüringer. Vergleicht man die Jahrgänge 1876 und 1877 auf den Protein- und Phosphorsäuregehalt der Gersten, so ergibt sich genau gerechnet: 1876 1877 MaximumMinimumDifferenzMittel 17,85  8,01  9,8410,80 13,10  8,47  4,6311,04 Proteinstoffe. Läſst man aber in beiden Jahrgängen die Abnormitäten auſser Ansatz, so sind die Unterschiede beider Jahrgänge weniger groſs: Proteinstoffe Phosphorsaure 1876 1877 1876 1877 Maximum 13,21 13,10 1,145 1,199 Minimum 8,01 8,47 0,614 0,430 Differenz 5,20 4,63 0,531 0,769 Mittel 10,54 11,04 0,903 0,851. Der durchschnittliche Proteingehalt der 1877er Gerste ist daher höher als jener des vorhergehenden Jahres, der durchschnittliche Phosphorsäuregehalt dagegen niedriger. Innerhalb der Grenzen eines Landes kann die Zusammensetzung der Gerste eine sehr verschiedene sein: Proteïnstoffe Phosphorsäure Ungarische und Slovakische 13,10 bis   9,43 1,020 bis 0,430 Mährische 10,94 10,49 0,804 0,723 Bayerische 11,73   8,47 1,078 0,666 Hessische 11,85   9,40 0,997 0,609 Provinz Sachsen 11,90 10,43 1,026 0,817 Elsässer 11,92 11,02 1,024 0,876 Champagner 12,47 10,63 1,199 0,892 Kalkgehalt schwankt zwischen 0,020 bis 0,087 Magnesiagehalt    „          „ 0,215 0,255 Kaligehalt             „          „ 0,315 0,647 Schwefelsäuregehalt        „ 0,081 0,152 Besonders lehrreich sind solche Gersten, von welchen Düngung, Vorfrucht und Saatgetreide angegeben wird, wie bei folgenden: I)Victoriagerste. Als Vorfrucht waren Runkelrüben auf dem Felde, welche für 1 Tagwerk (= 0ha,34) 300 Ctr. Stallmist und 2 Ctr. Kali-Ammoniak-Superphosphat erhielten. Zur Gerste war 1877 eine Beidüngung von 24 Ctr. Aetzkalk für 1ha gegeben. II)Victoriagerste. Die Vorfrucht war Kartoffeln mit 200 Ctr. Stallmist für 1 Tagwerk und 2 Ctr. Kali-Ammoniak-Superphospat. Im J. 1877 erhielt die Gerste als Beidünger 7,5 Ctr. aufgeschlossenen Peruguano für 1ha. III)Propsteie- und Victoriagerste. Vorfrucht Kartoffel ungedüngt; zu der Gerste wurden im J. 1877 auf je 1ha 780 Ctr. Stallmist als Dünger gegeben. IV)Kaisergerste der 1876er Ernte, nach mit Stallmist gedüngten Runkelrüben ohne Beidünger gebaut. V)Kaisergerste der 1877er Ernte, wie vorige. Beide unterscheiden sich nur durch die ungünstigen Witterungsverhältnisse, welchen letztere während der Vegetationsperiode ausgesetzt war. VI)Chevaliergerste, auf einem Felde gewachsen, welches seit d. J. 1869 nicht mehr mit Stallmist gedüngt war. Das Feld machte seither folgende Fruchtfolge und Düngung durch: 1870 zu Raps Blutcompost und reichlich Phosphorit, 1871 Rapsernte, 1872 Weizen ohne Dung, 1873/74 Gerste und Klee, 1875/76 Klee und Weizen, 1877 Gerste (obige) mit Knochenmehl. Die Zusammensetzung dieser sechs Gersten war folgende: Bestandtheile Vom Versuchsfelde derKreisackerbauschuleBayreuth Vom Gute des Hrn. Fritschein Ebensfeld in Ober-franken I II III IV V VI Victoriagerste Propsteieru. Victoria Kaisergerste Chevalier-gerste Wassergehalt 13,57 13,34 13,37 13,22 13,87 13,45 In der Gerstentrocken-substanz Proteïnstoffe: 12,29 12,10 11,89 10,47 10,89 11,60 Asche   2,91   3,01   2,79   2,73   2,57   2,93 Kieselsäure   0,7388   0,7404   0,5786   0,4917   0,5063   0,6692 Schwefelsäure   0,1050   0,0831   0,0865   0,1152   0,0204   0,0735 Phosphorsäure   1,0068   1,1724   0,9829   1,0336   1,0632   1,0759 Eisen   0,0468   0,0271   0,0298   0,0166   0,0208   0,0262 Kalk   0,0535   0,0635   0,0675   0,0570   0,0547   0,0574 Magnesia   0,2613   0,2582   0,2332   0,2689   0,2647   0,2499 Kali   0,6323   0,6246   0,7541   0,7177   0,5991   0,6311 Von Hrn. Gruber in Königshoffen, welcher an der Spitze einer Vereinigung steht, die sich die Aufgabe stellt, die Chevaliergerste im Elsaſs einzuführen, ging eine Gerstenprobe ein, welche im J. 1877 beim Concurs die erste Prämie erhielt. Auch schickte Gruber Malz von dieser Gerste ein, welches er auf einem Laboratoriums-Keimapparat gemälzt hatte. Die Gerste besitzt ein volles kurzes Korn, ist dünnhülsig, mehlig und von sehr heller Farbe, gleichmäſsig und gehört zu den schönsten Sorten. 1hl davon wog 75k,2. Sie wurde am 26. October 1876 im thonigen Kalkboden von Königshoffen ausgebaut, und zwar mit 225 bis 250l auf 1ha. Als Saatgut diente Chevaliergerste in der zweiten Generation, von welcher 1hl 70k wog. Im J. 1875 stand als Vorfrucht auf demselben Acker Kartoffel, welche als Düngung 25t eines eigenthümlichen Compostes erhielten. Derselbe bestand aus den Hopfen ab fällen der Brauerei, welche in einer Grube mit dem Geläger der Fässer und mit Hefenabfällen übergössen wurden, mit einer Zugabe von Staſsfurter Salz und phosphorsaurem Kalk aus Leimfabriken. Schon in der ersten Zeit hatten die Pflänzchen mit der Ungunst des Wetters zu kämpfen, indem Thauwetter und starke Fröste abwechselnd die schneefreie Saat bedrängten. Noch im Mai trat Frost ein, unter dessen Einfluſs die Vegetation sichtlich kränkelte. Am 20. Mai schoſs die Gerste in Aehren. Im Juni trafen Stürme, selbst Hagel die Felder sehr empfindlich, ein Theil der Gerste wurde sogar vom Sturme gelegt; doch ist trotz dieser Zufälle das Korn vollständig zur Entwicklung und Reife gelangt. Sie zeigte: Wassergehalt 12,540 Proc. In der Trockensubstanz: Stickstoff   1,813 Proteine 11,330 Asche   2,970 Kieselsaure   0,573 Eisen   0,021 Kalk   0,081 Magnesia   0,255 Phosphorsaure   1,248 Schwefelsaure   0,014 Kali   0,734. 2) Malzuntersuchungen. Nach den bis jetzt ausgeführten Untersuchungen lösen sich bei normalen Malzen, d.h. bei solchen, welche weder zu schnell, noch zu langsam gewachsen sind und die auf der Darre keiner Ueberhitzung ausgesetzt waren, ungefähr zwischen 30 bis 45 Procent der Proteine der Trockensubstanz in der Würze auf. Die Keimdauer ist hier von wesentlichem Einfluſs. Je langsamer der Keimproceſs verläuft und je niedriger die Haufentemperatur gehalten wird, desto mehr von den Stickstoff-haltigen Bestandtheilen des Kernes werden für die Würzebereitung löslich gemacht. Durch starkes Darren Textabbildung Bd. 232, S. 255 I) Malze aus 1877er Gersten; Procente in der Malztrockensubstanz; Procente aus der Malztrockensubstanz; Von den in der Trockensubstanz enthaltenen Proteinen Procente in der Wurze; Nr.; Stickstoff; Proteine; Asche; Eisenoxyd; Kalk; Magnesia; Kali; Kieselsaure; Phosphorsaure; Schwefelsaure; Extract; Dextrose; II) Wurze-Asche der Chevalier-Gerste; Eisen; III) Malzungsversuche; Proc. d. Gerstentrockensubstanz; Procente der Malztrockensubstanz; Von 100 in der Gerstentrockensubstanz enthaltenen Proteinen sind loslich; Proc. der Malztrockensubstanz gelost in der Wurze; im Extract; im Malze; nach 4 Monaten; Zucker; Gerstensorte: 1 Ung. Gerste; 2 Norakische; 3 Regensburger; 4 Bohmische; 5 Frankische; 6 Saalgerste; 7 Mahrische; 8 Schwedische; Die Station rechnet noch immer mit Dextrose, statt mit Maltose; diesen conservativen Styl scheint sie aus padagogischen Rucksichten zu beobachten; Malz aus der Chevaliergerste Konigshoffen oder zu rasche Temperatursteigerung auf derselben bei ungenügender Ventilation wird leicht ein Theil der schon löslich gemachten Proteine wieder unlöslich. Daher geben gewöhnlich schwach und langsam gedarrte und sehr lichte Malze an Protein reichere Würzen. Es ist klar, daſs beide Vorgänge sich leicht ausgleichen können und daſs verschiedene Grade der Löslichkeit durch das Eingreifen der einen oder andern dieser Factoren im Betriebe entstehen. Es kann ein langsam gewachsenes Malz durch Ueberdarren die Eigenschaft erhalten, eine an Protein ärmere Würze zu geben und ein schnell gewachsenes Malz durch langsames und vorsichtiges Darren wieder mehr lösliche Eiweiſsstoffe gewinnen. Es hat unstreitig aber auch schon die ursprüngliche Beschaffenheit der Gerste einen Einfluſs darauf. Tabelle I und II S. 255 geben Analysen von Malzen aus 1877er Gersten, bezieh. von Würze-Asche der Chevaliergerste. In Tabelle III sind Mälzungsversuche eingetragen; acht verschiedene Gersten wurden auf kleiner Versuchstenne gemälzt, im Laboratorium gedarrt und sowohl gleich untersucht, als nach einer Lagerung von 4 Monaten. (Forts. folgt.)