Titel: Ueber Azoderivate des Diphenylamins und Diphenylnitrosamins; von O. N. Witt.
Fundstelle: Band 232, Jahrgang 1879, S. 273
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Ueber Azoderivate des Diphenylamins und Diphenylnitrosamins; von O. N. Witt. Witt, ü. Azoderivate des Diphenylamins und Diphenylnitrosamins. Als Fortsetzung der Arbeiten über das Tropäolin (vgl. 1878 228 285. 1877 225 503), welches in der Fabrik von Williams, Thomas und Dower hergestellt wird, theilt Witt in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 258 mit, daſs das Tropäolin Y (yellow) dem sauren Natriumsalz der Oxyazobenzolsulfonsäure, Tropäolin O (orange) dem sauren Natriumsalz der Metadioxyazobenzolsulfonsäure, Tropäolin OO dem Kaliumsalz der Phenylamidoazobenzolsulfonsäure, Tropäolin OOO Nr. 1 der α-Oxynaphtylazophenylsulfonsäure und Tropäolin OOO Nr. 2 dem Derivate des β-Naphtals als Natriumsalz entspricht. Das Tropäolin OOOO ist ein Isomeres der beiden letzteren und ein Einwirkungsproduct des Diazobenzols auf eine Naphtolsulfonsäure; wegen der theuren Darstellung wird es zur Zeit nicht gemacht. Der bei weitem schönste dieser Farbstoffe, des Tropäolin OO erzeugt auf Wolle und Seide ein feuriges Goldgelb; es kann selbst in Gegenwart schwacher Säuren angewendet werden, da in ihm die basischen Eigenschaften des Amidobenzols genügend abgestumpft sind. Es wird hergestellt aus dem Phenylamidoazobenzol, welches seinerseits wieder gewonnen wird, indem man 17g Diphenylamin in 100cc Alkohol löst, auf 0° abkühlt und eine Lösung von 14g Diazobenzolchlorid in 50cc Alkohol zugieſst, die durch Wechselzersetzung der theoretischen Mengen Anilin, Natriumnitrit und Salzsäure bereitet werden kann. Wenige Augenblicke nach der Mischung dieser Flüssigkeiten färbt sich der Inhalt des Kolbens unter Erwärmen gelb und später rothbraun. Man kühlt aufs sorgfältigste und tröpfelt zu der Mischung in dem Maſse, in welchem die Intensität der Färbung wächst, eine alkoholische Lösung von reinem Trimethylamin. Dabei ist zu beachten, daſs stets nur so viel Trimethylamin zugegeben werden darf, als nöthig ist, um die frei gewordene Salzsäure zu binden und ihren Einfluſs auf das noch nicht angegriffene Diphenylamin zu verhindern. Niemals darf die Flüssigkeit bis zum Gelb werden mit Trimethylamin versetzt werden, da in diesem Falle Schmierenbildung eintreten würde. Nach etwa 1½ Stunden ist die Einwirkung so weit vorgeschritten, daſs der Zusatz selbst eines Tropfens Trimethylamin sofortige Gelbfärbung hervorruft. Die Reaction ist alsdann beendet. Der Kolbeninhalt bildet eine dunkle Flüssigkeit, aus der sich groſse Tropfen eines dicken, schwarzbraunen Oeles abgeschieden haben. Auf Zusatz von viel kaltem Wasser fällt alles Phenylamidoazobenzol als schwarzes, nach einigen Tagen erstarrendes Oel aus. Zur Reindarstellung löst man das Rohproduct in reinem Benzol und leitet in die trockene Lösung trockenes Chlorwasserstoffgas bis zur Sättigung. Nach einiger Zeit filtrirt man die rothviolette Lösung von dem in groſsen Krystallen ausgefallenen Chlorhydrat ab. Dieses letztere wird mit Benzol gewaschen, getrocknet und mit verdünntem Natronhydrat zerlegt. Die abgeschiedene, krystallinische Masse wird in Alkohol gelöst und mit 50cc Amylnitrit und 25cc Eisessig versetzt, gelinde erwärmt und dann langsam abgekühlt. Die sich ausscheidenden prachtvollen Nadeln des Nitrosamins werden abfiltrirt, mit Alkohol gewaschen und mit einer Mischung von gleichen Maſstheilen Alkohol und Salzsäure zum Sieden erhitzt. Man fällt die tiefviolette Lösung mit Wasser, wäscht den Niederschlag mit verdünntem Ammoniak oder Trimethylamin und erhält durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus Aetheralkohol und Petroleumbenzin reines Phenylamidoazobenzol. Dasselbe krystallisirt in rein goldgelben, schimmernden Blättchen, aus Aetheralkohol in feinen Prismen. Sein Schmelzpunkt liegt bei 82°. Es ist sehr leicht löslich in Aether, Alkohol und Ligroin, zerflieſslich in Benzol. Heiſs gesättigte Lösungen scheiden den Körper zunächst als rothes Oel aus. Alkoholische Lösungen färben sich auf Zusatz von Säuren prachtvoll violett und scheiden nach einiger Zeit die Salze in Form grauer Krystalle ab. In concentrirter Schwefelsäure löst sich der Körper mit grüner Farbe, welche auf Wasserzusatz durch Indigoblau in Rothviolett übergeht. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel C18H15N3. Durch Behandlung mit Amylnitrit und Säuren erhält man daraus das entsprechende Nitrosamin, welches in prachtvollen, orangerothen, flachen Nadeln krystallisirt, sehr schwer in Alkohol, leicht in Benzol und Eisessig löslich ist. Der Schmelzpunkt liegt bei 119,5°; die Analyse führt zur Formel C18Hl4N4O. Behandelt man das Diphenylamin statt mit Diazobenzol mit der Sulfosäure desselben, so erhält man das Tropäolin OO. Die freie Säure bildet stahlglänzende, graue, haarfeine Nadeln, welche in Wasser nur wenig mit blaſsrother Farbe, etwas mehr in Alkohol und Eisessig löslich sind. Sie ist eine starke Säure und bildet mit Metalloxyden schwer lösliche Salze. Das im Handel namentlich vorkommende Kaliumsalz KC18H14N3SO3 bildet dichroitische, hell und dunkel goldgelb erscheinende, lange, flache Nadeln, welche leicht in heiſsem, sehr schwer in kaltem Wasser löslich sind; die Löslichkeit wird durch geringe Mengen Mineralsalze sehr verringert. Mineralsäuren machen die Säure unter Violettfärbung frei, daher die Anwendung als Indicator. Aus gleichem Grunde verwenden die Färber in Verbindung mit diesem Farbstoff meist Essigsäure statt Schwefelsäure. Das Ammoniumsalz gleicht der Kalium Verbindung, das ähnliche Natriumsalz krystallisirt weniger schön. Das Trimethylaminsalz ist in Wasser leicht löslich und bildet prachtvolle, goldglänzende Blätter, während die Barium- und Calciumsalze unlösliche, gelbe Niederschläge darstellen. Das Anilinsalz gibt beim Erhitzen Indulin C18H15N3.