Titel: Dampfcompressionspumpe von R. M. Marchant in London.
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 17
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Dampfcompressionspumpe von R. M. Marchant in London. Mit Abbildungen auf Tafel 4. Marchant's Dampfcompressionspumpe. In seinem classischen Werke – „Grundzüge der mechanischen Wärmetheorie“ schlägt Zeuner ein Mittel vor, um die Unvollkommenheit des Kreisprocesses unserer Dampfmaschinen möglichst zu beheben und so den daraus entstehenden Effectverlust zu vermeiden. Der geschlossene Kreisproceſs setzt im todten Punkte ein bestimmtes Volum heiſsen und gespannten Wassers voraus, welches bei der nun folgenden Volldruckperiode unter Wärmezufuhr, aber bei constant bleibender Spannung und Temperatur verdampft, worauf dieser Dampf bei der weiter erfolgenden Expansion bis zum zweiten todten Punkt auf die geringste Temperatur und Spannung herabexpandirt. Bei dem nun folgenden Kolbenrückgang sollte der expandirte Dampf unter Wärmeentziehung bei gleichbleibender Spannung und Temperatur in Wasser zurückverwandelt werden und dieses endlich durch die Compressionsperiode wieder auf die anfängliche Temperatur und Spannung gelangen, um so den geschlossenen Kreisproceſs herzustellen. Letzteres geschieht bekanntlich bei unseren Dampfmaschinen nichts sondern der Dampf wird nicht durch Compression unter Wärmeentziehung, aber bei gleichbleibender Temperatur in Wasser zurückverwandelt, sondern entweder condensirt oder in die freie Luft ausgepufft, während die zum Beginne eines neuen Hubes erforderliche Menge hochgespannten Wassers durch die Speisepumpe geliefert und durch directe Wärmezufuhr erwärmt wird. In dieser Unvollkommenheit des Kreisprocesses unserer Dampfmaschinen findet Zeuner eine wesentliche Quelle des Effectverlustes, welcher unter normalen Verhältnissen bis zu 17 Proc. unter Umständen aber noch mehr betragen kann, während derselbe bei rationell construirten Condensationsmaschinen oder Hochdruckmaschinen mit Speisewasser-Vorwärmung allerdings auf 3 bis 5 Proc. herabsinkt. Immerhin wäre die völlige Vermeidung dieses Uebelstandes wünschenswerth, und zu diesem Behufe schlägt Zeuner (a. a. O., 2. Auflage S. 525 ff.) vor, die Speisepumpe so einzurichten, daſs sie während der Compressionsperiode mit dem Dampfcylinder in Verbindung steht. Während des Auspuffes würde dann die Speisepumpe daſselbe Gewicht in Gestalt von Wasser dem Condensator entnehmen, welches in Form von Dampf dem Cylinder entströmt; am Schlusse des Hubes aber erhielte die Speisepumpe das im Cylinder zur Compression verbliebene Dampfvolum, das bei dem nun erfolgenden Rückgang der Speisepumpe sammt dem früher angesaugten Wasser verdichtet und wenigstens annähernd auf den Zustand des Kesselwassers gebracht würde. Derselbe geistreiche, aber durch die damit erzielbaren praktischen Erfolge nicht sehr verlockende Gedanke liegt vielleicht auch den vieljährigen und mit seltener Beharrlichkeit durchgeführten Versuchen des Engländers R M. Marchant (* D. R. P. Nr. 2179 vom 26. October 1877) zu Grunde; jedenfalls aber lassen sich dieselben von diesem Standpunkte aus gegen die allseitigen heftigen Angriffe der englischen Fachzeitschriften vertheidigen. Marchant befolgt im Wesentlichen den Vorschlag Zeuner's; er nimmt einen Theil des Auspuffdampfes aus dem Dampfcylinder, „sättigt“ denselben durch Beimischung von Condensationswasser und verdichtet die Mischung auf die Spannung des Kesseldampfes; wenn dabei das richtige Mischungsverhältniſs gewahrt bleibt, so würde thatsächlich am Schlusse der Compression nur Wasser vorhanden und in den Kessel gepumpt sein, und der lächerliche Vorwurf, daſs Marchant einfach den Arbeitsdampf zurück in den Kessel leiten wolle, entfällt von selbst. Auch haben Parallelversuche auf der englischen Schiffswerfte zu Portsmouth, welche allerdings nicht ganz massgebend zu sein scheinen, eine Ersparung von 19 Proc. zu Gunsten des Marchant'schen Systemes ergeben (vgl. Engineering, 1876 Bd. 22 S. 148), so daſs eine rationelle Basis für daſselbe wohl angenommen werden muſs. Was nun die praktische Ausführung dieses Systemes betrifft, so liegt der Schwerpunkt in der Dampfcompressionspumpe. Wir entnehmen der deutschen Patentschrift die Skizzen Fig. 1 bis 5 Taf. 4, um mit Hilfe derselben das Wesen dieser Einrichtung zu beschreiben. Die Compression findet hier nicht in einer Pumpe statt, sondern in drei verschiedenen Pumpen von immer kleinerem Fassungsraum, welche in gemeinsamem Gehäuse vereinigt sind. Von denselben empfängt die doppeltwirkende Pumpe I durch die aus Fig. 2 ersichtlichen Rohrleitungen die erforderlichen Mengen von Auspuffdampf und heiſsem Condensationswasser, auſserdem aber noch eine Beimengung von Luft, welche mittels einer besonderen kleinen Pumpe (angetrieben durch Hebelübersetzung von der verlängerten Kolbenstange der Pumpen II und III) in das Zutrittrohr des Auspuffdampfes gepumpt wird. Der Zweck dieser Luftbeimengung ist nicht ganz klar; es scheinen dabei wohl nur praktische Gründe massgebend gewesen zu sein, um erforderlichen Falles übermäſsigen Temperaturen vorzubeugen. Das in Pumpe I verdichtete Gemenge gelangt in den oberhalb I angebrachten Windkessel und von diesem unter das Saugventil der nächsten einfachwirkenden Pumpe II und von dieser durch einen zweiten Windkessel zu der einfachwirkenden Pumpe III, welche mit I gemeinsamen Cylinder (Fig. 4), aber dadurch kleineres Volum erhält, daſs die vordere Kolbenstange plungerförmig erweitert ist. Von Pumpe III endlich gelangt das nun genügend verdichtete Gemisch von Dampf, Luft und Wasser, das sich mehr oder weniger dem gespannten Kesselwasser – als dem Anfangszustand des Kreisprocesses – angenähert hat, in den Dampfkessel. Müller-Melchiors.

Tafeln

Tafel Tafel 4
Tafel 4