Titel: Ueber Beyer's Anthracenviolett; von Prud'homme.
Autor: Kl.
Fundstelle: Band 233, Jahrgang 1879, S. 341
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Ueber Beyer's Anthracenviolett; von Prud'homme. Prud'homme, über Beyer's Anthracenviolett. Seit einiger Zeit bringt das Haus Beyer und Comp. in Elberfeld unter dem Namen Solidviolett oder Anthracenviolett einen neuen Farbstoff in Handel, dessen Aussehen und Verhalten unwillkürlich zu einem Vergleich mit dem Galleïn (vgl. 1878 229 178) führt. Wie letzteres hat das teigförmige Anthracenviolett eine violett braune Farbe, die Lösungen beider Farbstoffe zeigen gleiche Färbungen, die Reduction der alkalischen Lösungen liefert beide Male eine gelbbraune Flüssigkeit, welche hernach mit Säure und wieder mit Soda behandelt eine rothbraune Farbe annimmt. Ebenso übereinstimmend sind die Farbenerscheinungen bei der Reduction in saurer Flüssigkeit. Mit Thonerde oder mit Eisen gebeizte Baumwolle färbt sich mit beiden Farbstoffen fast gleich an, nur hat das Thonerderoth des Anthracenviolettes mehr Violettstich als das des Galleïns. Wird ersteres dem Sonnenlicht ausgesetzt, so nähert es sich in der Nuance dem Galleïnroth. Die mit dem einen oder dem andern Farbstoff gefärbten Beizen werden vorübergehend durch verdünnte Schwefelsäure oder Salzsäure angegriffen, Alkalien stellen die ursprüngliche Farbe wieder her. Durch Salpetersäure werden sie gleichmäſsig zerstört, ebenso durch Chlorkalklösung. Kochendes Kalkwasser führt das Violett des einen wie des anderen in Blau über. Der erste Unterschied zeigt sich im Verhalten gegen Seife; gefärbtes Roth und Violett des Galleïns wird durch kochende Seifelösung entfärbt, gefärbtes Roth und Violett des Anthracenviolettes hält sich und gewinnt sogar in der Seife. Ein zweiter sehr wichtiger Unterschied besteht in dem Verhalten gegen Schwefelsäure. Galleïn wird bekanntlich durch Erhitzen mit concentrirter Schwefelsäure in Cöruleïn übergeführt, Anthracenviolett wird durch dieselbe zerstört. Einen dritten Unterschied bildet das Verhalten gegen das Licht, welchem die Anthracenviolettfarben viel besser widerstehen als die Galleïnfarben. Dagegen ist wieder das Spectrum beider Farbstoffe fast identisch und das Färbevermögen beider gleich, d.h. doppelt so groſs als das des Alizarins; ebenso hat sich für die Befestigung des neuen Farbstoffes auf Baumwolle mittels Dämpfens das essigsaure Chromoxyd in Begleitung von Natrondisulfit wiederum, wie bei Galleïn und Cöruleïn, als die zweckmäſsigste Beize erwiesen. Das Dampfviolett des einen wie des anderen Farbstoffes hält ein kochendes Seifebad aus, und schlieſslich kann man durch Hinzufügen von Chlorcalcium zur Vorschrift der beiden violetten Dampffarben übereinstimmend anstatt Violett ein Blau erhalten und zwar unter Anwendung von geölter Baumwolle und der folgenden Verhältnisse: 200g Anthracenviolett, 0l,06 essigsaures Chrom von 1,074 sp. G., 0l,125 Chlorcalciumlösung von 1,1152 sp. G. und 0l,125 Natrondisulfit-Lösung von 1,1598 sp. G. werden zusammen zu 1k Verdickung gegeben, letztere bestehend aus 3l Wasser, 250g weiſse, 500g lichtgebrannte Stärke und 150° Olivenöl. Nach dem Bedrucken wird 1½ Stunden gedämpft, gewaschen und ½ Stunde bei 50 bis 60° geseift. Nimmt man in obiger Vorschrift statt Anthracenviolett die gleiche Menge Galleïn, so erhält man ebenfalls ein Blau, wenn dasselbe auch mehr violettstichig und weniger rein ist. Nimmt man beide Male statt eines geölten Stoffes nicht geölte Baumwolle, so erhält man beide Male ein schönes Violett. Nachdem Prud'homme im Bulletin de Mulhouse, 1879 S. 393 das übereinstimmende Verhalten der beiden genannten Farbstoffe nebst den wenigen unterscheidenden Merkmalen derselben geschildert, beschäftigt er sich mit dem Anthracenviolett allein. Dasselbe gibt mit Eisen und Mangan violette, mit Kalk und Blei blauviolette, mit Zink und Kupfer rothviolette Farblacke. Der Chromoxydlack kann, wie oben ausgeführt wurde, violett oder blau erhalten werden, der Nickellack hat eine matt violette, der Thonerdelack eine violettrothe Farbe und das Roth des Zinnlackes entspricht dem des Alizarinchromoxydlackes. Sämmtliche angeführten Farben erhalten durch Zusatz von Natrondisulfit zur Druckfarbe eine gröſsere Lebhaftigkeit und alle Töne fallen auf geölter Baumwolle blauer aus als auf nicht geölter. Die vortheilhafteste Befestigung des neuen Farbstoffes ist, wie (1878 230 435) für Alizarinblau angegeben worden, die mit essigsaurem Chromoxyd unter Mitwirkung von wenig Ferrocyankalium oder Ferrocyanammonium, und zwar ist das resultirende Violett lebhafter als ein Alizarinviolett. Eisenmordant gibt zwar dunklere, aber weniger lebhafte Töne als der Chrommordant. Ein merkwürdiges Resultat liefert folgende Vorschrift: 200g Anthracenviolett, 0l,06 Ferricyankaliumlösung von 1,0740 sp. G. und 0l,06 Chlorcalciumlösung von 1,1152 sp. G. werden mit 1k obiger Stärkepaste verdickt. – Diese Farbe ist nach dem Dämpfen mattgrau und unansehnlich, wie wenn der Farbstoff durch die oxydirende Wirkung des Ferricyankaliums zerstört worden wäre. Wird dann gewaschen und geseift, so geht das matte Grau rasch in ein Violett über. Hat man derselben Druckfarbe einen Zusatz von Natrondisulfit gegeben, welche das Ferricyankalium in Ferrocyankalium reducirt, so geht die Farbe nicht grau, sondern sogleich violett aus dem Dampfkasten hervor. Prud'homme kommt nochmals auf jene zuerst besprochene Vorschrift zurück, welche essigsaures Chromoxyd (am besten durch doppelte Zersetzung dargestellt) und Chlorcalcium enthält, und nach welcher man auf mit Türkischrothöl präparirtem Stoff ein Dampfblau erzielt. Nimmt man statt Chlorcalcium neben essigsaurem Chromoxyd essigsauren Kalk, so erhält man kein Blau, sondern ein Violett; aber auch Chlorbarium oder Chlormagnesium liefern kein Blau, während mit salpetersaurem Kalk wieder ein wenn auch weniger lebhaftes Blau resultirt. Nimmt man salzsaures Chrom neben essigsaurem Kalk, so erhält man ein Blauviolett; dagegen liefert salzsaures Chrom und Chlorcalcium wieder ein Blau, letzteres freilich unter gleichzeitiger Schwächung des Baumwollfadens. Uebrigens hat dieses Dampfblau den Fehler, daſs es ein kräftiges Seifen nicht erträgt; besser widersteht es dem Chlor und alkalischem Ferricyankalium, von welchem es in ein blasses Grün übergeführt wird. Von Chromsäure wird es rasch zerstört. In der Färberei läſst sich das Anthracenviolett als Zusatz zum Violettfärben mit Alizarin verwenden, in dem Verhältniſs von 1 Th. Anthracenviolett auf 3 Th. Alizarin. Dabei sind Kalksalze zu vermeiden; auch scheint die Anwendung von Türkischrothöl keinen besonderen Vortheil für diese Färberei zu bieten. Kl.