Titel: Ueber die Zusammensetzung und Analyse des nach Weldon's Verfahren regenerirten Mangansuperoxydes; von G. Lunge.
Autor: Georg Lunge [GND]
Fundstelle: Band 235, Jahrgang 1880, S. 300
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Ueber die Zusammensetzung und Analyse des nach Weldon's Verfahren regenerirten Mangansuperoxydes; von G. Lunge. Lunge, über das regenerirte Mangansuperoxyd. Der Weldon-Sehlamm (wie ich die in der Ueberschrift erwähnte Substanz der Kürze wegen bezeichnen will) wird wohl in allen Fabriken, welche ihn darstellen, in ganz ähnlicher Weise untersucht, wenigstens principiell nach denselben Methoden, mit geringeren Abweichungen in Einzelheiten. Ich habe diese Methoden, welche ursprünglich von Weldon selbst herrühren, in der von mir für die beste gehaltenen Gestaltung früher beschrieben (vgl. 1875 215 157). Vor kurzem sind nun zwei Mittheilungen von Jul. Post erschienen (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 1454 und 1537), aus welchen hervorgehen würde, daſs nicht nur die von Weldon zur Erklärung seines Verfahrens benutzte Theorie der „Manganite“, d.h. salzartiger Verbindungen von MnO2 mit Basen, unbegründet ist, sondern auch, daſs die in den Fabriken zur Analyse des Weldon-Schlammes angewendeten Methoden durchaus falsch sein müssen. Post gibt nämlich an (a. a. O. S. 1539), daſs er bei einem Vergleichsversuche zwischen der von mir beschriebenen Eisenvitriol- und der Bunsen'schen jodometrischen Methode im ersten Falle 77,19, im zweiten 69,15 Proc. MnO2 erhalten habe, erstere also unbrauchbar sei; dies würde die Bestimmung sowohl des MnO2, als des Gesammtmangans nach den gebräuchlichen Methoden um mehr als 10 Procent ihres Werthes unrichtig machen. Was die dritte Bestimmung, die der „Basis“ betrifft, so würde die Falschheit der gebräuchlichen Bestimmungsmethode daraus hervorgehen, daſs in den vielen Tausenden von Analysen in den Fabriken stets mehr als 0,5 Basis (nach Weldon's Bezeichnung, welche ich a. a. O. genügend erklärt habe) gefunden werden, während doch nach Post gar keine solche Basis, sondern nur etwas zufällig beigemengter kohlensaurer Kalk u. dgl. im Weldon-Schlamm vorkommt. Ich glaubte, daſs es mir obliege, diese Sache meinerseits einer Untersuchung zu unterziehen, einmal weil die in Deutschland veröffentlichten analytischen Methoden von mir herrühren und gerade auch deren Abweichung von Weldon's Vorschriften die von Post behauptete Ungenauigkeit nach sich ziehen konnte; zweitens weil dieser Gegenstand in der letzten (in der Presse befindlichen) Lieferung meines „Handbuches der Soda-Industrie“ noch einmal behandelt werden muſs, wobei Post's Veröffentlichung nicht übergangen werden konnte. Was zunächst die Methode zur Bestimmung des MnO2 betrifft, so erklärt Post die oben erwähnte Abweichung der Resultate von der als Norm angenommenen Jodmethode, wie folgt: Die Gegenwart von Salzsäure (welche in dem dort erwähnten Falle von Chlorkalium, in der Fabrikpraxis von Chlorcalcium herrührt) erschwere die Endreaction bei der Titrirung mit Chamäleon; die Färbung der Flüssigkeit trete ein und verschwinde alsbald wieder. Um einigermaſsen sicher zu gehen, wählte er immer die zuerst eintretende, dann aber rasch verschwindende Färbung; es sei daher stets, wie der Vergleich mit der Jodprobe zeige, zu wenig Chamäleon angewendet und daher zu viel Sauerstoff gefunden worden.Die hierher gehörigen Analysen von Post waren allerdings nicht mit Weldon-Schlamm, sondern mit dem von ihm selbst regenerirten Manganoxyd angestellt; aber da die von ihm gerügten Uebelstände bei dem Weldon-Schlamme ebenfalls vorhanden sind, so muſs man, obwohl Post selbst dies nicht thut, seinen Einwurf auch auf die Analyse des Weldon-Schlamm es beziehen. Dieser Schluſs scheint mir in vorn herein nicht zulässig. Daſs auch beim Titriren von reinen Eisenlösungen bei völliger Abwesenheit von Salzsäure die bei Beendigung des Processes auftretende Rosafärbung sehr bald (manchmal nach wenigen Secunden) wieder verschwindet, muſs Jeder bemerkt haben, welcher diese Titrirung vorgenommen hat. Die Ursache hiervon, welche man früher in verschiedenen anderen Umständen gesucht hatte, ist von Volhard (Annalen der Chemie, 1879 Bd. 198 S. 337) vollständig erklärt worden, nämlich durch die Wirkung des Permanganats auf das beim Titriren gebildete Manganoxydulsalz. Die geringe Menge des dabei entstehenden MnO2 ist in der ohnehin gelben oder braunen Flüssigkeit nicht merklich, so lange sie suspendirt bleibt, wohl aber beim längeren Absitzen. Man muſs daher die erste Rosafärbung als Ende der Reaction ansehen, wie dies auch durch Versuche mit ganz reinen Lösungen von Eisen quantitativ bewiesen wird; der Farbenumschlag ist aber so scharf, daſs man trotz seiner kurzen Dauer nie auch nur um einen Tropfen in Unsicherheit sein kann. Gesetzt nun aber, daſs die in der Lösung enthaltenen Chloride wirklich die Schärfe der Chamäleontitrirung beeinfluſsten, so müſste dies im entgegengesetzten Sinne von dem bei Post angenommenen geschehen. Der Einfluſs gröſserer Mengen von Salzsäure (vgl. Fresenius: Quantitative Analyse, 6. Aufl. Bd. 1 S. 281) beruht darauf, daſs kleine Mengen von Chlor frei werden, welche bei der groſsen Verdünnung das Eisenoxydul nicht oxydiren; man verbraucht dann also nicht weniger, sondern mehr Chamäleon, als man thun sollte. Es ist aber bekannt, daſs bei Gegenwart gröſserer Mengen von Schwefelsäure oder Sulfaten diese Wirkung der Salzsäure nicht eintritt, und diese Bedingung ist im vorliegenden Falle erfüllt, wo man mit einer Lösung von Eisenvitriol operirt, der noch dasselbe Gewicht von Schwefelsäure zugesetzt ist. Ich muſs übrigens bemerken, daſs die ursprüngliche Vorschrift Weldon's auf Rücktitrirung mit Kaliumbichromat lautet und daſs daher die Verantwortlichkeit für die Einführung des Chamäleons auf mir lastet. Ich hatte dasselbe natürlich wegen der weit gröſseren Bequemlichkeit der Endreaction gewählt, und weil der früher gemachte (auch wohl von Weldon berücksichtigte) Einwurf der Veränderlichkeit von Chamäleonlösungen seit der Anwendung von reinem krystallisirtem Kaliumpermanganat hinfällig geworden ist, wie auch mir vielfache Versuche bewiesen haben. Um so mehr lag es mir ob, die von Post gemachte Einwendung auch experimentell zu prüfen. Zur Vermeidung von Irrthümern benutzte ich einen dünnen Weldon-Schlamm, den ich stets mit derselben Pipette aufsaugte, nach gründlichem Durchschütteln der Flasche. Die Pipette wird auſsen abgespritzt, in ein Becherglas auslaufen gelassen und mit der Spritzflasche nachgewaschen. So werden genügend constante Mengen erhalten, wie sehr viele Versuche beweisen. Das Chamäleon war halbnormales (= 0g,004 Sauerstoff für 1cc), die Eisenlösung aus etwa 100g reinem Eisenvitriol und 100g reiner Schwefelsäure auf 1l dargestellt. Der Chamäleontiter derselben wechselt erst im Laufe einiger Tage um 0cc,1; für die ersten Versuche betrug er 12cc,70 auf 25cc der Eisenlösung. Der Titer der Chamäleonlösung selbst wurde mit feinstem Eisendraht (= 99,7 Proc. Eisen) genommen, was ich noch immer für die sicherste und dabei eine ganz einfache Methode halte. Es wurden nun in 5 Versuchen mit je 5cc Weldon-Schlamm 25cc Eisenlösung und 75cc Wasser an Chamäleon gebraucht, jedesmal bis auf den Tropfen übereinstimmend, 2cc,35, also bleibt für das MnO2 10cc,35 Chamäleon = 0g,2251 MnO2. In 4 Versuchen mit Bichromat (dessen Eisentiter ebenfalls = 12cc,70 war) wurden gebraucht 2,30, 2,30, 2,25 bezieh. 2cc,25, also im Mittel lassend 10cc,42 Bichromat für MnO2 = 0g,2266. – Bei einer zweiten Versuchsreihe war sowohl der Chamäleon-, als der Bichromattiter der Eisenlösung 12cc,30. Es wurden jetzt 4cc Schlamm, nämlich 2 Füllungen einer 2cc-Pipette, angewendet. 3 Versuche mit Chamäleon verbrauchten ganz übereinstimmend 5cc,45 zur Rücktitrirung, also 6cc,85 für MnO2 = 0g,1490. – 3 Versuche mit Bichromat beanspruchten übereinstimmend 5cc,40, also 6cc,90 für MnO2 = 0g,1501. Die Differenz zwischen beiden Methoden ist höchst unbedeutend, aber constant; sie würde sich allerdings gerade in der Richtung bewegen, welche man nach obigem erwarten sollte, nämlich in einem Mehrverbrauche von je 1 Tropfen Chamäleon. Aber es ist zweifelhaft, ob nicht gerade die Chamäleonprobe die richtigere ist, wenn man die Jodprobe damit vergleicht. Post stellt diese mit filtrirtem und ausgewaschenem Schlamm an, was nicht nur Zeitverlust verursacht, sondern sicher auch mit Unbequemlichkeit bei der Uebertragung der Masse vom Filter in das Kochkölbchen verbunden ist, da ja gröſsere Wassermengen zum Abspritzen nicht anwendbar sind. Ich zog es daher vor, den Schlamm, dessen lösliche Theile sich ja völlig indifferent bei dieser Methode verhalten, direct aus derselben 2cc-Pipette in das Kölbchen einlaufen zu lassen, wodurch ich auch völlige Uebereinstimmung in den zur Analyse nach den verschiedenen Methoden angewendeten Mengen erreichen konnte. Man setzt dann ziemlich viel Salzsäure zu, welche in der Kälte auf den mit Waschwasser verdünnten Schlamm gar nicht einwirkt, und verbindet mit dem Gasentwicklungsrohre. Als Absorptionsapparat wende ich, nach vielfachen Versuchen, jetzt stets eine U-förmige Vorlage mit 3 Kugeln an, in welche das Gasrohr nur etwa bis zur Hälfte des einen Schenkels, aber nicht bis an die Flüssigkeit hineinreicht. Die Absorption ist dabei ganz vollständig, wenn man, wie ohnehin nöthig, zuletzt noch 1 bis 2 Minuten lang kocht, nachdem schon alles Chlor ausgetrieben ist; dann nimmt man die Lampe weg und läſst die Jodkaliumlösung einfach in die erste Kugel zurücksteigen, ist aber aller Gefahr des Rücksteigens in den Kolben selbst ohne Anwendung der (stets etwas miſslichen) Ventile enthoben, weil das Gasrohr nicht so weit hinabreicht. Beim Titriren der Jodlösung mit arsenigsaurem Natron (welches ich in der Regel gebrauche) muſs man die überdestillirte freie Säure, z.B. durch Ammoniumcarbonat, sättigen; sonst ist die Reaction zu langsam. Es wurden nun in 5 Proben für 2cc Schlamm gebraucht: 17,2, 17,0, 17,15, 17,1, 17,1, also im Mittel 17,1 oder für 4cc 34cc,2 Zehntelnormal-Arsenlösung = 0g,1488 MnO2. Dies stimmt so gut wie absolut mit dem obigen Resultate der Eisen-Chamäleonmethode (0,1490) und scheint mir deren Richtigkeit endgültig zu beweisen, nicht etwa nur als Fabrikmethode, sondern auch als wissenschaftlich genaue Analysirmethode. Einige Versuche machte ich auch noch mit directer Zersetzung des Schlammes durch Jodkalium und Salzsäure ohne Destillation. Der Schlamm wurde mit hinreichend Jodkalium in einen Kolben gebracht, durch dessen Kautschukpfropf ein Tropftrichter mit Glashahn ging und starke Salzsäure durch letzteren zugesetzt. Merkwürdigerweise erfolgt jetzt die Zersetzung des Schlammes schon in der Kälte ganz vollständig, während bei Salzsäure allein mehrere Minuten Kochen erforderlich sind; es entsteht eine klare, tief braune Flüssigkeit, die man mit Ammoniumcarbonat abstumpft und mit arsenigsaurem Natron titrirt. Eine Ungenauigkeit wird hier freilich dadurch bewirkt, daſs auch das Eisenchlorid aus dem Jodkalium Jod ausscheidet; aber gerade dies bestätigt wieder die Richtigkeit des Verfahrens. Es enthielt nämlich der Schlamm, berechnet auf 2cc, 0g,0019 Fe2C3, entsprechend 0cc,24 Arsenlösung; verbraucht wurden in drei Versuchen 17,4, 17,45 und 17cc,3 Arsenlösung, also nach Abzug der 0cc,24 ganz genügend übereinstimmend mit der Destillationsmethode. Wir kommen nun zur Bestimmung des gesammten Mangangehaltes. In der letzten Zeit sind wir mit einer groſsen Anzahl von neuen Manganbestimmungsmethoden bereichert worden, so daſs die Auswahl beinahe Verlegenheit kostet. Ich beschränkte mich darauf nur zwei ganz authentisch erscheinende derselben mit der früher beschriebenen Chlorkalkmethode zu vergleichen, erstens um die Genauigkeit der letzteren zu prüfen, zweitens um zu sehen, ob eine der anderen Methode Vorzüge darböte. Zunächst versuchte ich die von Guyard, später von Stingl und Morawski vorgeschlagene Methode und zwar in der ihr von Volhard (Annalen der Chemie, 1879 Bd. 198 S. 318) gegebenen Gestalt. Ich löste 5cc des Schlammes in Salzsäure, dampfte mehrmals mit Salpetersäure ab, neutralisirte mit Soda, säuerte eben mit Salpetersäure an, verdünnte, setzte 2g Zinksulfat zu und titrirte heiſs mit Chamäleon. Es wurden verbraucht 21cc,3 halbnormales Chamäleon = 0g,1757 Mangan. Eine zweite Probe, ebenso behandelt, aber ohne Zusatz von Zinksulfat, erfordert 21cc,4 Chamäleon = 0g,1765 Mangan, gab also substantiell dasselbe Resultat. Noch sicherer wurde dies, als ich den Niederschlag abfiltrirte, auswusch, in Eisenvitriollösung auflöste und mit Chamäleon zurücktitrirte; der durch den Niederschlag beanspruchte Eisenvitriol entsprach ebenfalls genau 21cc,4 Chamäleon, wie es die Theorie für reines MnO2 erfordert. Damit war erwiesen, daſs ein Zusatz von Zinksulfat unnöthig ist, indem schon das vorhandene Kalksalz die Basis liefert, welche nöthig scheint, um alles Mangan in MnO2 überzuführen. Volhard's Verfahren ist zweifelsohne genau und auch nicht so unbequem, als es das erstemal erscheint, kann aber doch an Bequemlichkeit und Zeitersparniſs nicht entfernt mit dem Eisen-Chamäleon oder auch dem Eisen-Bichromat-Verfahren wetteifern, welche kalt und ohne Aufenthalt für Absitzen vorgenommen werden. Der gröſste Nachtheil dabei ist aber die Notwendigkeit, alles Chlor völlig auszutreiben, was wieder Zeit und Anwendung eines Dunstabzuges fordert. Bei gleicher Genauigkeit würde man also wohl doch jedenfalls die Eisenmethode vorziehen. Ferner versuchte ich die Methode von Beilstein und Jawein (1879 234 254), welche namentlich dann empfehlenswerth ist, wenn man Mangan von Kalk und Magnesia trennen will und wenig Eisen vorhanden ist, also z.B. gerade für eine vollständige Analyse des Weldon-Schlammes. Auch hier muſs man freilich zuerst die Chloride durch Salpetersäure zerstören, und man weiſs nicht recht, wann beim Kochen mit Salpetersäure und chlorsaurem Kali das sämmtliche Mangan als MnO2 gefällt ist, muſs also längere Zeit kochen, um sicher zu gehen. Eine Probe durch Absitzen und Kochen des Klaren mit mehr Salpetersäure und chlorsaurem Kali ist oft schwer, weil sich der Niederschlag sehr langsam absetzt. Die Trennung kann daher leicht miſslingen; aber bei hinreichend langem Kochen ist die Fällung des Mangans ganz vollständig und der Niederschlag hält, wie ich mich durch directe Prüfung überzeugte, keinen Kalk (wenn auch vermuthlich Kali) zurück. Er ist äuſserlich sehr verschieden von dem durch Chamäleon oder Chlorkalk gefällten MnO2; diese letzteren sind braun und voluminös, dagegen der Niederschlag mit chlorsaurem Kali tiefschwarz und sehr dicht. Beide sind übrigens gleich leicht auszuwaschen. Beilstein schreibt bei Anwesenheit erheblicher Mengen von Eisen vor, den Niederschlag wieder in Salzsäure aufzulösen, mit Salpetersäure einzudampfen und von neuem mit Salpetersäure und chlorsaurem Kali zu fällen – jedenfalls eine sehr zeitraubende Operation. Die Bestimmung des Mangans im Niederschlage selbst nimmt er durch Kochen mit Salzsäure und Einleiten der Dämpfe in Jodkalium, also nach Bunsen, vor. Aber es muſs jedenfalls sehr schwer sein, den Niederschlag vom Filter vollständig in das Kochkölbchen zu bringen; mir wenigstens gelang es nie, auch nur das Fällungsgefäſs auf mechanischem Wege ganz von dem Niederschlag, der fest am Glase haftet, zu befreien. Dies thut aber gar nichts bei der Art, wie ich die Analyse ausführe; ich bringe nämlich das ausgewaschene Filter mit dem Niederschlag in das natürlich völlig ausgewaschene Fällungsglas zurück und setze Eisenlösung zu, welche augenblicklich alles MnO2, auch das am Glase und Filter haftende, auflöst; dann wird mit Chamäleon zurücktitrirt. Ich kann die Genauigkeit des Verfahrens und seine Uebereinstimmung mit den anderen nur bestätigen, möchte es aber doch nur für den (in der Fabrikpraxis nicht vorkommenden) Fall empfehlen, wo man Kalk und Magnesia neben Mangan direct bestimmen will; sonst steht es ebenfalls an Bequemlichkeit und Schnelligkeit dem Chlorkalkverfahren bei weitem nach. Das Chlorkalkverfahren, wie ich es damals mittheilte, ist von Weldon selbst vorgeschrieben worden. Vor kurzem hat Pattinson im Journal of the Chemical Society, 1879 S. 365 bewiesen, daſs der entstehende Niederschlag bei reinen Manganlösungen nur 98 bis 99 Proc. MnO2 und daneben etwas MnO enthält, er schreibt deshalb Zusatz von Eisenchlorid oder Chlorzink vor; beides erfolgt aus demselben Grunde wie bei Volhard's Verfahren und kann daher ganz wie bei diesem durch Chlorcalcium ersetzt werden, welches in einem Weldon-Schlamm stets in genügender Menge vorhanden ist. Es war daher schon voraus anzunehmen, daſs das früher beschriebene Chlorkalkverfahren richtig sei, um so mehr als durch das ausgewaschene MnO2 gar keine Chloride in die Flüssigkeit kommen; es schien aber rathsam noch zu versuchen, ob man dabei überhaupt den Schlamm erst in Salzsäure auflösen müsse, um alles Mangan in Lösung zu haben, oder ob man den Schlamm gleich mit Chlorkalklösung kochen könne. Es wurden daher 5cc Weldon-Sehlamm über der Lampe in möglichst wenig Salzsäure gelöst, etwas abgekühlt, dann wurde ziemlich viel starke klare Chlorkalklösung zugesetzt und so viel kochendes Wasser zugefügt, daſs das Ganze etwa 100cc betrug. Man muſste noch einige Minuten erhitzen, weil sonst ungefälltes Mangan vorhanden war; hierauf wurde der Niederschlag filtrirt, gründlich ausgewaschen, bis Jodkalium-Stärkepapier keine Reaction mehr gab, das Filter mit dem Niederschlag in das Fällungsglas zurückgegeben, in Eisenvitriollösung aufgelöst und mit Chamäleon austitrirt. Die verbrauchte Eisenmenge war in zwei übereinstimmenden Versuchen 8cc,4 = 0g,1155 Mangan. – Eine weitere Probe wurde gemacht, indem man den Schlamm, ohne ihn aufzulösen, direct einige Minuten mit Chlorkalklösung kochte; die Flüssigkeit wurde stark roth und deshalb nach Zusatz von einigen Tropfen Salpetersäure und Alkohol noch eine Minute gekocht, worauf sie farblos wurde. Der gewaschene Niederschlag war wieder gleichwerthig mit 8cc,4 Chamäleon. – Bei einem weiteren Versuche setzte ich nur so viel Salzsäure zu, daſs sich nicht alles löste, jedenfalls aber die „Basis“ gesättigt sein muſste. Auch hier wurde beim Kochen mit Chlorkalklösung die Flüssigkeit stark roth, ergab aber einmal trotz dessen beim Filtriren noch eine weitere Fällung mit mehr Chlorkalk; man darf sich also auf die rothe Färbung allein nicht verlassen, sondern muſs Chlorgeruch abwarten, oder mit mehr Chlorkalk probiren u.s.w. Auch hier fand man wieder 8cc,4 Chamäleon. – Endlich machte ich noch zwei Proben wieder durch Auflösen in Salzsäure im Ueberschuſs, stumpfte diesen mit gepulvertem Marmor ab, kochte mit Chlorkalk, zerstörte die rothe Farbe durch Alkohol u.s.w. Das Resultat war beide Male 8cc,4 Chamäleon. Die Ergebnisse sind also völlig unter einander stimmend; Beilstein und Jawein's Verfahren ergab 8cc,3 Chamäleon, also auch sehr nahe stimmend. Das Resultat ist, daſs man die Prüfung auf Gesammtmangan mit dem Schlamm durch directes Kochen mit Chlorkalklösung vornehmen kann. Will man Säure zusetzen, so sollte deren Ueberschuſs vor Zusatz des Chlorkalkes durch überschüssiges Calciumcarbonat abgestumpft werden, weil sonst viel Chlor unnütz in die Luft geht. Anzurathen ist es jedenfalls, die rothe Farbe durch Zusatz von einem Tropfen Alkohol zu zerstören, um den kleinen Manganverlust als Permanganat zu vermeiden. Jedenfalls ist das Verfahren so schnell, einfach und genau, daſs ich es überall empfehlen möchte, wo der Zusatz von Kalk ohne Schaden ist, zunächst also stets beim Weldon-Schlamm. Wir kommen nun zur Bestimmung der „Basis“. Post bestreitet nach seinen Analysen das Bestehen einer solchen in dem von Weldon angenommenen Sinne; nach ihm wäre der Weldon-Schlamm ein mechanisches Gemenge von MnO2 mit MnO und etwas Kalk, Magnesia und Eisenoxyd, die ersteren vermuthlich als kohlensaure Salze, alle zusammen aber lange nicht hinreichend, um Weldon's „saures Manganit“ (RO,2MnO2) zu bilden. Aber Post analysirte gar nicht den Weldon-Schlamm selbst, sondern ein durch höchst mühsames Auswaschen (über 100 Mal mit der 40 fachen Menge Wasser) erhaltenes Product, welches jedenfalls schon stark verändert war. Die Waschwässer enthielten bis zuletzt noch etwas Kalk und Schwefelsäure und sehr wenig Chlor. Post schlieſst daraus, daſs der Kalk nicht in chemischer Verbindung mit dem Mangansuperoxyd stehen könne; ich vermag aber nicht einzusehen, warum man nicht umgekehrt schlieſsen könne, eine solche Verbindung bestehe in der That und werde allmählich durch die Wirkung der bedeutenden Wassermengen zerlegt. Sehr wahrscheinlich enthielt das Waschwasser etwas Kohlensäure, welche den Kalk nach und nach als Bicarbonat fortführen konnte. Post fand in der That 2,3 Proc. CO2 in dem (theilweise getrockneten) Rückstand und vermuthet, daſs Kalk und Magnesia überhaupt darin als kohlensaure Salze vorhanden seien, gebildet von der Kohlensäure der Gebläseluft. Aber selbst nach seinen eigenen (ziemlich stark aus einander gehenden) Analysen würde die Kohlensäure nicht viel mehr als für ein Drittel des Kalkes und der Magnesia ausreichen. Sein destillirtes Wasser war ja auch nicht absolut rein, wie es wohl überhaupt kaum zu erhalten ist, und es ist kein Wunder, daſs nach Behandlung des Schlammes mit mehr als der 4000 fachen Menge solchen Wassers derselbe verändert war und nicht mehr genügend Basis für die Formel RO,2MnO2 zeigte. Viel wunderbarer wäre es, wenn die vielen Tausende und aber Tausende von Fabrikanalysen, welche meines Wissens stets mehr Basis als die obige Formel zeigen (0,5), sämmtlich falsch wären. Die einzige, aber entfernte Möglichkeit davon läge darin, wenn die von Weldon eingeführte Prüfungsmethode für Basis absolut falsch wäre, und dies zu untersuchen, machte den letzten Theil meiner diesmaligen Aufgabe aus. Der von mir hierzu angewendete Schlamm stammte aus einer kleinen Fabrik, wo man viel natürlichen Braunstein mit verwendet und gerade ziemliche Schwierigkeiten bei den Operationen hatte; daraus erklärt sich die hohe Basis und die geringe Procentigkeit von MnO2 auf Gesammtmangan, welche die Analysen ergeben. Dies kann indessen die Controle der Analysirmethode nicht beeinflussen. Die Prüfung geschah, indem auſser den Weldon'schen Proben noch eine vollständige Analyse des Schlammes gemacht wurde und zwar, um Irrthümer zu vermeiden, in der Art, daſs der Schlamm ohne Filtration, wie er war, auf alle seine Bestandtheile analysirt wurde, mit Ansnahme des hier ganz unwesentlichen Wassers. Der Schlamm war derselbe wie der zuletzt für die Bestimmung des Gesammtmangans angewendete; er ergab 0g,0797 Mangan als MnO2 und 0g,1155 Mangan im Ganzen. Die Probe für Basis wurde im Allgemeinen nach Weldon's Vorschrift ausgeführt, aber mit einigen Abänderungen in Einzelheiten.In meine frühere Besehreibung (1875 215 159) hatte sich ein Irrthum eingeschlichen, welchen aber wohl jeder aufmerksame Leser selbst berichtigt; haben wird, da das Folgende darauf hinweist. Es steht nämlich dort, daſs man nebst der gemessenen Menge Oxalsäure „etwas Schwefelsäure“ zusetzen solle, was ja selbstredend das darauf folgende Rücktitriren mit Alkali unmöglich machen. würde. Nach dem Erwärmen mit Oxalsäure filtrire ich den Niederschlag ab, wasche ihn mit heiſsem Wasser aus, was sehr schnell geht, und titrire die überschüssige Säure mit Halbnormal-Ammoniak und Lackmus zurück (Kali gibt manchmal gefärbte Niederschläge und macht die Endreaction unsicher). Aus drei völlig übereinstimmenden Proben ergab sich die Basis, d.h. das Verhältniſs von (MnO, Fe2O3, CaO, MgO) zu (MnO2) = 0,828. Die Analyse des ganzen Schlammes gab für 5cc folgende Resultate: MnO2 = 0g,1261, entspricht 2 × 0g,0232 Sauerstoff g g MnO = 0,0462 = 0,0104 basischem Sauerstoff CaO = 0,4326 = 0,1236 "              " MgO = 0,0307 = 0,0123 "              " Fe2O3 = 0,0025 = 0,0007 "              " ––––––––    0,1470 "              " Cl = 0,5412 = 0,1245 "              " CO2 = 0,0070 = 0,0025 "              " SO3 = 0,0022 = 0,0004 "              " ––––––––    0,1274 "              " Es bleibt daher ein Ueberschuſs von 0,0196 basischer Sauerstoff; dividiren wir dies durch die aus dem MnO2 berechnete Zahl 0,0232, so erhalten wir das Verhältniſs, also die „Basis“ = 0,845. Dies stimmt nahe genug mit der nach Weldon's Verfahren gefundenen Zahl, 0,828, um behaupten zu können, daſs der nach Weldon regenerirte Braunstein in der That mindestens Basis genug für die Formel RO,2MnO2 enthält. Damit ist freilich die Frage noch keineswegs entschieden, ob die Basis in chemischer Verbindung mit dem MnO2 als Säure steht, was eben durch blose Analysen kaum geschehen kann. Sprechen ja doch mehrfache Gründe dafür (vgl. namentlich auch Volhard a. a. O.), daſs das Mangansuperoxyd selbst ein Salz von Manganoxydul mit Mangansäure oder Uebermangansäure sei, also MnO, MnO3 oder 3MnO, Mn2O7. In diesem Falle wären Weldon's „manganigsaure Salze“ basische Manganate oder Permanganate, also z.B. CaO, 2MnO2 wäre CaO, MnO, MnO3 u.s.w. Auf diese Betrachtungen weiter einzugehen, liegt nicht im Zwecke meiner vorliegenden Arbeit, deren Endresultat sich vielmehr dahin zusammen fassen läſst, daſs die von mir früher beschriebenen analytischen Methoden für den Weldon-Schlamm in der That zuverlässig sind. Nachschrift. Obiges war schon zum Druck befördert, als ich von Hr. Post einen Sonderabzug seiner ausführlichen Abhandlung in den Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleiſses erhielt, welche mich zu einigen Bemerkungen nöthigt. In dieser Abhandlung antwortet Post schon, scheinbar im Voraus, auf den oben gemachten Einwurf, daſs seine Analysen sich auf ein durch das Auswaschen verändertes Product bezögen, indem er auch Analysen von wenig und gar nicht gewaschenem Schlamm gibt. Dies erklärt sich daraus, daſs ich ihm denselben Einwurf schon im Juli v. J. schriftlich machte und beifügte, ich würde meinerseits den Weldon-Schlamm so, wie er sei, ohne Auswaschen, analysiren. Daſs aber auch Post dies nachträglich gethan hat, ersehe ich erst jetzt nach Empfang seiner gröſseren Abhandlung, während eben die Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft davon nichts enthalten. Uebrigens werden wir finden, daſs gerade diese nachträglichen Analysen Post's Standpunkt keineswegs stützen. Es erhellt jetzt, daſs Post zur Trennung des Mangans von Kalk die Fällung mit Brom in essigsaurer Lösung benutzt. Aber es ist ja längst bekannt, daſs hierbei Kalk mit niedergerissen wird. Fresenius (Quantitative Analyse, 6. Auflage Bd. 1 S. 568) verschmäht es aus diesem Grunde, die Methode überhaupt näher zu beschreiben; ähnliche Urtheile finden sich u.a. bei Rose-Finkener, Bd. 2 S. 925, Volhard (Annalen der Chemie, 1879 Bd. 198 S. 338), Wright und Menke (Journal of the Chemical Society, Januar 1880 S. 23). Post's Analysen können also in dieser Beziehung nicht als maſsgebend anerkannt werden, weil der Betrag des dabei begangenen Fehlers ganz unbekannt ist. Uebrigens muſs man zugestehen, daſs die genaue Trennung des Mangans von den alkalischen Erden und Alkalien wirklich groſse Schwierigkeiten hat. Am besten scheint mir noch (nach Versuchen) die Fällung mit Schwefelammonium in Siedhitze, nach Fresenius a. a. O. S. 258; das Schwefelmangan löse ich in Säure, neutralisire mit kohlensaurem Kalk, setze zur Sicherheit noch etwas Zinksulfat zu, koche mit Chlorkalk, filtrire und titrire den ausgewaschenen Niederschlag von MnO2 mit Eisenvitriol und Chamäleon (vgl. oben). Nach Post enthielte der Weldon-Schlamm auſser Manganoxyden nur mechanisch beigemengte Kalksalze u. dgl. und allenfalls etwas durch Adhäsion mitgerissenen Kalk. Nun werden aber die entschieden sauren Eigenschaften des Mangandioxydes von allen Chemikern, welche sich damit beschäftigt haben, anerkannt; z.B. nach Volhard verdrängt es aus Sulfaten und Chloriden die Schwefelsäure und Salzsäure; Pattinson, Wright und Menke u.a. haben ganz neuerdings diesen Gegenstand ausführlich behandelt. Es wäre nun höchst merkwürdig, wenn diese sauren Eigenschaften, welche die analytische Trennung des Mangans von Kalk u. dgl. so schwer machen, gerade beim Weldon-Proceſs sich nicht zeigen sollten. Auſserdem wäre es völlig unerklärlich, warum die Fabriken stets mehr Basis, als der Formel RO, 2MnO2 entspricht, auffinden. Ich wenigstens habe allein Tausende von Bestimmungen von Basis mit obigem Resultat ausgeführt oder ausführen lassenIn allen besser geleiteten Fabriken wird jede einzelne Regenerationsoperation durch Analyse controlirt. und habe auch von anderer Seite nie etwas davon gehört, daſs man unter 0,5 Basis gefunden habe (wobei RO in RO, MnO2 = 1 gesetzt ist). Auch glaube ich nicht, daſs an diesem von Post's Behauptung schnurstracks abweichenden Resultate die angewendete analytische Methode Schuld sei. Ich wenigstens vermag darin keine Lücke zu entdecken. Man erwärmt den Schlamm mit überschüssiger Oxalsäure bis zur völligen Reduction des MnO2. Das entstehende MnO bindet genau ebenso viel Oxalsäure, als bei der Reduction des MnO2 zerstört wurde; ein weiterer Antheil von Oxalsäure verbindet sich mit weiter vorhandenem MnO, CaO, MgO, Fe2O3, wobei es gleichgültig ist, ob diese durch „Adhäsion“ beigemengt oder vorher mit dem MnO2 chemisch verbunden waren, und der Ueberschuſs von Oxalsäure wird durch Rücktitriren ermittelt. Auf diese (alkalimetrische) Titrirung kann die Anwesenheit von Chloriden und Sulfaten keinen Einfluſs üben; der einzige Fehler entsteht durch die Anwesenheit von Carbonaten; aber dieser kann vernachlässigt werden, da in normalem Weldon-Schlamme nur ganz minime Mengen von Kohlensäure vorkommen. (Ich habe eine Anzahl von Bestimmungen der Kohlensäure in Weldon-Schlamm verschiedener Herkunft mit dem von Fresenius a. a. O. Bd. 1 S. 449 vorgeschriebenen Apparate und mit allen Vorsichtsmaſsregeln angestellt, habe aber nie mehr als 15mg, meist nur 7mg, in 10cc des Schlammes, d.h. auf mehr als 0g,2 Mangan gefunden.) Diese Tausende von Beleganalysen für das Vorhandensein von mehr als genügend Basis, um das Salz RO,2MnO2 zu bilden, darf ich wohl den Analysen von Post, wobei die principiell ungenaue Bromfällung zur Anwendung kam, entgegenstellen – abgesehen davon, daſs eben, wie ich wiederholt betonen muſs, Post gar nicht mit Weldon-Schlamm gearbeitet hat, sondern mit einem Product, welches daraus durch Behandlung mit der 5000fachen Menge Wasser erhalten war. Allerdings hat, wie oben erwähnt, Post auch zwei Analysen von nicht gewaschenem Weldon-Schlamm gemacht. Während er bei allen vorher aufgeführten Analysen des gewaschenen (und dadurch möglicherweise veränderten) Schlammes durch Berechnung zeigt, daſs die Basen nicht auslangen, um das Salz RO,2MnO2 zu bilden, hat er diese Berechnung bei dem nicht gewaschenen Schlamme nicht angestellt. Ich habe dies nachgeholt und finde, daſs in diesem, dem allein maſsgebenden, Falle die Basen mehr als ausreichend sind, um jenes Salz zu bilden. Die Basis stellt sich nämlich, nach dem hierbei gebräuchlichen Ausdrucke, auf 0,61, während 0,5 schon ausreicht. Diese Analyse Post's könnte also nur als Beweismittel gegen seine Behauptung gelten; doch will ich hierauf kein ungebührliches Gewicht legen, da der betreffende Schlamm sehr schlecht oxydirt war und nicht als ein normaler gelten kann. Mitte Januar 1880.