Titel: Volhard's Titrirung des Mangans mit übermangansaurem Kali; von Alex. E. Haswell.
Autor: Alexander E. Haswell
Fundstelle: Band 235, Jahrgang 1880, S. 387
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Volhard's Titrirung des Mangans mit übermangansaurem Kali; von Alex. E. Haswell. Haswell, über Volhard's Titrirung des Mangans. Seit Langem hat sich das Bedürfniſs nach einer rasch ausführbaren, genauen quantitativen Bestimmungsmethode des Mangans fühlbar gemacht, insbesondere für die Hüttentechnik, die bekanntlich dem Mangan im Bessemerprocesse eine ganz besondere Rolle zuschreibt und daher dessen quantitative Ermittlung im Roheisen, Fertigproduct, den verschiedenen Schlacken u. dgl. zu einer häufig wiederkehrenden Aufgabe des Hüttenanalytikers geworden ist. Um so erfreulicher nun ist das vorliegende von Volhard verbesserte Titrirverfahren zu begrüſsen, als es alle bisher üblichen und in letzterer Zeit vielfach empfohlenen neuen Methoden an Raschheit und Bequemlichkeit der Ausführung bei groſser Genauigkeit der Resultate weitaus übertrifft. Ich habe das Volhard'sche Verfahren einer genauen Prüfung, controlirt durch gewichtsanalytische Bestimmungen des Mangans, unterzogen und will im Folgenden, ohne in die Einzelheiten der Originalabhandlung in den Annalen der Chemie, 1879 Bd. 198 S. 330 eingehen zu können, ganz kurz den Gang der neuen volumetrischen Manganbestimmung beschreiben. Volhard machte die Beobachtung, daſs bei dem Guyard'schen Titrirverfahren, das bekanntlich auf der Wechselwirkung des Manganoxyduls und der Uebermangansäure des Chamäleons nach folgender Gleichung: 3MnO + Mn2O7 = 5MnO2 beruht, je nach Umständen wechselnde Mengen Manganoxydul, von dem Hyperoxyde gebunden, der oxydirenden Wirkung der Uebermangansäure entzogen werden und daher das Verfahren auf unrichtiger Grundlage beruht, daſs aber bei Gegenwart von Kalk-, Magnesia-, Baryt- oder Zinkoxydsalzen die Reaction genau nach obiger Gleichung verläuft, indem eines der Oxyde der angeführten Salze, sich mit dem Hyperoxyde vereinigend, der Manganit (MnO21/x RO) bildenden Neigung des Hyperoxydes Genüge leistet und sämmtliches Manganoxydul zur Oxydation durch Permangan at frei läſst. Versetzt man eine verdünnte, auf etwa 100° erwärmte Manganoxydulsalzlösung mit einigen Tropfen Zinksulfatlösung, die selbstverständlich für sich allein durch einen Tropfen Permanganattiter bleibend rosa gefärbt werden muſs, und läſst die Chamäleonlösung unter tüchtigem Umschütteln tropfenweise der Manganlösung zuflieſsen, so beobachtet man die Ausscheidung des braunen, Zinkoxyd haltigen Hyperoxydes in Form groſser, sich zusammenballender Flocken, die sich rasch von der darüber stehenden, nach Ausfällung allen Mangans wasserklaren, schwach rosa gefärbten Flüssigkeit trennen. Verschwindet die Rosafarbe der klaren Lösung bei längerem Stehenlassen und wiederholtem Erwärmen auf 100° nicht mehr, so war die Reaction beendet und sämmtliches in der Lösung enthaltene Mangan als Hyperoxyd gefällt. Aus den verbrauchten Cubikcentimeter Permanganattiter läſst sich bei Kenntniſs des Titers die Manganmenge leicht berechnen. Volhard gibt dem Permanganattiter eine solche Concentration, daſs 1cc 2mg Mangan anzeigt, und löst daher 3g,833 übermangansaures Kali in Krystallen zu 1l Wasser. Die auf Mangan zu titrirende Lösung soll nicht mehr wie 0,25 Proc. Mangan enthalten. Im Allgemeinen beschleunigen Concentration und Wärme die Bildung und Ausscheidung des Hyperoxydes, Verdünnung und Säurezusatz verzögern die Reaction, obschon auch hier namentlich in Bezug auf Concentration die Grenzen nicht enge gezogen sind. Das Ansäuern mit Salpetersäure (Schwefelsäure verzögert die Ausscheidung, Salzsäure ist selbstverständlich ausgeschlossen) bezweckt, die störende Wirkung kleiner Mengen organischer Substanzen, wie sie beim Filtriren aus dem Filtrirpapier in die Lösung gelangen können und welche die rasche Trennung des Niederschlages von der Lösung verhindern, unschädlich zu machen. Von den das Mangan gewöhnlich begleitenden Metallen übt nur das Eisen, in gröſserer Menge vorhanden, einen nachtheiligen Einfluſs aus. In der angesäuerten Lösung sind kleine Mengen von Eisenoxydsalzen ohne allen störenden Einfluſs; in der neutralen Lösung aber verhindern sie die Abscheidung des Niederschlages, so daſs sich die Farbe der Lösung nicht beurtheilen läſst. Unerläſslich für die maſsanalytische Bestimmung des Mangans ist daher die vorherige Entfernung des Eisenoxydes, und ist es Volhard gelungen, hierfür ein die üblichen Trennungsmethoden weitaus übertreffendes Verfahren zu ermitteln. In Wasser aufgeschlämmtes Zinkoxyd (durch Glühen des Zinkweiſses des Handels) fällt aus kalten, Manganoxydul haltigen Eisenoxydlösungen sämmtliches Eisenoxyd vollständig und vollkommen von Mangan frei als dichtes, sich rasch absetzendes, Zinkoxyd haltiges Hydroxyd. Die Trennung der beiden Metalle ist eine so vollständige, rasch und leicht ausführbare Operation, daſs durch sie die verbesserte Volhard'sche Mangantitrirung geeignet wird, alle bisher üblichen gewichts- und maſsanalytischen Bestimmungsmethoden des Mangans mit Vortheil zu ersetzen. Volhard hat einige Titerstellungen nach verschiedenen Methoden verglichen und gefunden, daſs keine derselben dem Zweck der genauen Bestimmung derselben vollkommen entspricht. Er gründete nun aus dem Verhalten des Chamäleons gegenüber mit Salzsäure angesäuertem überschüssigem Jodkalium seine jodometrische Titerstellung des Permanganats. Wird eine mit Chlorwasserstoffsäure angesäuerte Jodkaliumlösung mit übermangansaurem Kali versetzt, so wird augenblicklich das Jodäquivalent des wirksamen Sauerstoffes im Permanganat frei, vorausgesetzt, daſs Jodkalium vorwaltet, was daran zu erkennen ist, daſs die braune Lösung kein Jod fallen läſst. Das in Freiheit gesetzte Jod wird dann auf bekannte Weise mit unterschwefligsaurem Natron gemessen. Zur Ausführung verdünnt man 10cc einer 5procentigen Jodkaliumlösung mit 150 bis 200cc Wasser, säuert mit 4 bis 5 Tropfen reiner Salzsäure an und läſst dann 20cc der Permanganatlösung unter Umrühren zuflieſsen. Das frei gewordene und in Lösung befindliche Jod titrirt man mit dem entsprechenden Hyposulfittiter. Um das Mangan in Eisen und Stahl maſsanalytisch zu bestimmen, werden die Metallspäne zweckmäſsig in einem Gemische von 3 Vol. verdünnter Schwefelsäure (1,13 sp. Gew.) und 1 Vol. Salpetersäure (1,4 sp. Gr.) gelöst und im Wasserbade zur Trockne eingedampft. Bei Kohlenstoff reichem Roheisen wird der Rückstand in Salzsäure und Wasser gelöst und filtrirt, das Filtrat mit Schwefelsäure angesäuert, eingedampft und im Sandbade bis zur Entwicklung von Schwefelsäuredämpfen abgedampft, wobei mit der Zersetzung der Nitrate die vollständige Oxydation der etwa in Lösung übergegangenen Kohlenstoff haltigen Substanzen stattfindet. Bei dem an Kohlenstoff ärmeren Stahle entfällt die Filtration und kann die Lösung (in einem Schwefelsäure-Salpetersäure-Gemische) nach dem Eintrocknen im Wasserbade unmittelbar schwach geröstet werden. Der Rückstand wird mit Salpetersäure digerirt, in der Wärme in Wasser gelöst und in einem Meſskolben gespült. Den Säureüberschuſs neutralisirt man mit Mangan freiem Aetznatron oder kohlensaurem Natron und fällt nun das Eisenoxyd mit in Wasser aufgeschlämmtem Zinkoxyde. Man setzt so lange unter Umschütteln Zinkoxyd zu, bis die zuerst dunkle Farbe des basischen Eisenoxydsalzes gerinnt und die darüber stehende Flüssigkeit milchig trübe erscheint. Nach erfolgter Fällung wird bis zur Marke mit Wasser verdünnt, einige Minuten absitzen gelassen und dann die Lösung durch ein trocknes Filter filtrirt. – Eine ähnliche Behandlung erfahren die auf Mangan zu prüfenden Eisenerze, wobei ein Abfiltriren der ausgeschiedenen Kieselsäure unnöthig ist. Von dem Filtrate miſst man 50 oder 100cc in ein Kochkölbchen, säuert mit einem Tropfen Salpetersäure an und erwärmt auf etwa 100°. Nach Entfernung von der Flamme läſst man den Permanganattiter unter tüchtigem Umschütteln tropfenweise zuflieſsen. Sobald die Lösung nach kurzem Absitzenlassen schwach rosafarbig erscheint, erwärmt man nochmals, schüttelt mehrmals um und beobachtet, ob nun die Farbe, das Ende der Reaction kennzeichnend, nicht mehr verschwindet. Wurde nicht zu stark angesäuert, so läſst sich eine Titrirung in etwa 15 Minuten beenden. – Dabei ist zu beachten, daſs ein Säureüberschuſs die Endreaction auſserordentlich verzögert; in einem Falle war die Rosafarbe erst nach 24 Stunden verschwunden. Ich habe wiederholt, ohne anzusäuern, titrirt und ganz übereinstimmende Resultate erlangt. Offenbar war das Filtrat frei von organischen Substanzen gewesen. Jedenfalls ist mit dem Ansäuern groſse Vorsicht geboten; nach meiner Erfahrung genügt ein Tropfen Salpetersäure auf 100cc der zu titrirenden Lösung vollkommen, um allen störenden Einflüssen zu begegnen. Bei gehöriger Berücksichtigung dieses Umstandes läſst sich das Mangan nach dieser Methode in verhältniſsmäſsig kurzer Zeit volumetrisch bestimmen. Aus den nun folgenden, von mir ausgeführten Beleganalysen ersieht man, daſs diese maſsanalytische Bestimmungsmethode hinsichtlich der Genauigkeit der Resultate der besten gewichtsanalytischen Bestimmungsmethode des Mangans gleichkommt: 1) Bestimmung des Mangans im Mangancarbonat. 1cc Permanganat entspricht 0\frakfamily{g},0015 Mangan. Das Mangancarbonat war nicht rein weiſs und enthielt eine Spur Manganoxyd. 0g,402 MnCO3 wurde in verdünnter Salpetersäure gelöst, mit kohlensaurem Natron neutralisirt und nach Zusatz einiger Tropfen Zinksulfatlösung zu 100cc verdünnt. – Nach Ansäuern mit einem Tropfen Salpetersäure verbrauchten:   2cc der Lösung10     „       „   2,5cc Permanganattiter12,5               „ Gefunden 0g,1875 Mangan =     0g,399 Mangancarbonat. 2) Bestimmung des Mangans in einem Spatheisenstein. 2g,2133 des Minerals wurden nach obigem Verfahren zu 500cc gelöst; davon verbrauchten:   20cc der Lösung  20 filtrirt und ohne anzusäuern100 der filtrirten Lösung mit 1 Tropfen          Salpetersäure angesäuert   2cc Permanganat  2           „10           „ Gefunden3,38 Proc.Mangan. Zur gewichtsanalytischen Controle wurde in 100cc obigen Filtrates das Zink als Sulfuret ausgeschieden, das Mangan im Filtrat durch Brom als Hyperoxyd gefällt, als Oxyduloxyd gewogen und 0g,0208 Mn3O4 = 0g,01498 oder 3,385 Proc. Mangan gefunden. 3) Bestimmung des Mangans in einem Roheisen. 1g,044 Roheisen wurde auf beschriebene Weise zu 500cc gelöst. 100cc des mit einem Tropfen Salpetersäure angesäuerten Filtrates verbrauchten 4cc,1 Permanganattiter = 2,94 Proc. Mangan. In 100cc der Lösung wurde das Mangan gewichtsanalytisch als Schwefelmangan gewogen und gefunden 0g,0096 MnS = 0g,00607 oder 2,90 Proc. Mangan. 4) Bestimmung des Mangans in einer Stahlprobe. 3g,0283 Stahlspäne wurden zu 500cc gelöst. 100cc der Lösung verbrauchten 2cc,1 Permanganattiter = 0,52 Proc. Mangan. In 100cc der Lösung wurde das Mangan als Oxyduloxyd gewogen und gefunden 0g,0043 Mn3O4 == 0,512 Proc. Mangan. Wien, Chemisches Laboratorium, IV. Theresianumgasse Nr. 10.