Titel: Zur Beurtheilung der Freiberger Bleiöfen.
Fundstelle: Band 237, Jahrgang 1880, S. 235
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Zur Beurtheilung der Freiberger Bleiöfen. Zur Beurtheilung der Freiberger Bleiöfen. Um über die Ausnutzung der Brennstoffe in den achtförmigen Rundöfen, System Pilz Der Hochofen I auf Halsbrückner Hütte hat vom Formenmittel bis zum Beschickungsboden eine Höhe von 5m7, vom Formenmittel bis zu der Röhre, welche die Gase nach den Flugstaubkammern führt, 3m,83; der Durchmesser vor den Formen ist 1m,3; nach oben erweitert sich der Ofen bis auf 1m,8. Die Hochöfen II und III der Muldner Hütte messen vom Formenmittel bis zum Schichtboden 7m,2, vom Formenmittel bis zur Mitte der 0m,85 weiten Abzugsrohre 5m,3; der Schmelzraum vor den Formen hat 1m,5 Durchmesser. Der Hochofen IV derselben Hütte hat zwischen dem Formenmittel und dem Beschickungsboden eine Höhe von 3m,92 und 1m,5 Durchmesser im Schmelzräume. Die Gicht desselben ist mit einem Lange'schen Aufgebetrichter versehen., Aufschluſs zu erhalten, wurden auf den königlichen Schmelzhütten bei Freiberg von A. SchertelVom Verfasser gef. eingesendeter Sonderabzug aus dem Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, 1880. Untersuchungen der Hochofengase ausgeführt, denen wir folgende Angaben entnehmen. Bei der hier betriebenen Erzarbeit werden die in Sinterröstöfen gerösteten Erze mit etwa dem gleichen Gewichte Schlacken derselben Arbeit und einem Zuschlage von zugebranntem Stuffkiese zu Werkblei und Kupfer haltigem Bleistein verschmolzen. Bei der Schlackenarbeit werden die Schlacken (mit 3 bis 6 Proc. Blei, 0,005 bis 0,01 Proc. Silber) der Erzarbeit mit 10 bis 20 Procent unvollkommen geröstetem Bleistein durchgesetzt und arm gemacht. Die Gase wurden aus dem Abzugsrohre, dicht bei dem Austritte aus dem Ofen, oder aus der Tiefe des Ofens mit der von Cl. WinklerCl. Winkler: Untersuchung der Industriegase, Bd. 2 S. 7. empfohlenen eisernen Röhre mit Wasserkühlung entnommen; statt der Gummischläuche muſste jedoch auch die Verlängerung der inneren Röhren durch verschraubbare eiserne Ansatzstücke bewirkt werden. Die Ergebnisse der Analyse sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Auſser der Zusammensetzung ist der Gehalt an Kohlensäure, Kohlenoxyd und darin enthalten Sauerstoff, bezogen auf 100 Th. Stickstoff angegeben. Der Gehalt an Schwefligsäure war so gering, daſs er vernachlässigt wurde. Die Gase 1 bis 12 stammen von der Erzarbeit der Halsbrückner und Muldner Hütte, 13 bis 18 von der Schlackenarbeit, 19 vom Glättfrischen. LaufendeNummer Nr. desHochofens Volum-Procent Auf 100 Vol. Stickstoff Stickstoff Kohlen-saure Kohlen-oxyd Sumpf-gas Wasser-stoff Kohlen-saure Kohlen-oxyd Sauer-stoff   1 I   76,12   16,72     6,27   0,82 21,9   8,2 26,1   2 I 17,5   5,6   3 I   77,01   16,47     5,71   0,51   0,30 21,4   7,4 25,1   4 I 16,8   6,1   5 I   76,31   16,66     5,78   0,61   0,58 22,1   7,6 25,7   6 I   59,00   18,60   21,49   0,38   0,58 31,5 36,4 49,7   7 I     5,16   50,05   42,46   0,81   1,52 1001,0   821,6 1411,8   8 III   72,73   16,26   10,06   0,36   0,59   22,35   13,83    29,28   9 III 75,3 17,8   5,2 0,1 1,6 23,7   6,9 27,1 10 III 75,2 17,2   5,4 0,7 1,5 22,9   7,2 26,5 11 IV 71,4 15,3   9,9 0,8 2,5 21,4 14,0 28,4 12 IV 70,8 14,8 10,4 0,9 3,0 20,9 14,7 28,2 13 III   74,20   14,72   10,47 0,4   0,22 19,8 14,1 26,0 14 II 75,0 16,4   7,0 1,9 21,9   9,3 26,7 15 II 76,4 17,0   4,3 22,2   5,6 25,0 16 II 75,7 16,6   5,9 21,9   7,8 25,6 17 II 76,0 17,4   4,3 22,9   5,7 25,6 18 II 75,1 18,5   3,5 0,3 2,6 24,7   4,7 27,0 19 III 67,4 22,7   5,6 30,5   7,5 34,2 Aus den Analysen folgt zunächst, daſs vor den Formen selbst überwiegend Kohlensäure entsteht. Eine vorbereitende Reduction der Erze in höheren Ofenschichten durch die Gase findet bei der Beschickung der Bleiöfen nicht oder nur in untergeordneter Weise statt, indem die Erze bei der Röstung in den Fortschauflungsöfen schlieſslich bis zum Sintern gebracht werden und damit eine so dichte Form erlangen, daſs sie der Einwirkung reducirender Gase nicht mehr zugänglich sind. Es ist daher der Schmelzbetrieb mit Kokes, welche bekanntlich weniger Kohlenoxyd entstehen lassen, in jeder Hinsicht günstiger. Bleiische Vorschläge, sowie zugebrannter Stein und Stuffkiese werden allerdings eine theilweise Reduction durch Kohlenoxyd erfahren. Für die Analysen 5, 6 und 7 sind die Proben aus gröſseren Tiefen des Hochofens I der Halsbrückner Hütte genommen worden, indem gleichzeitig zwei Röhren, eine an der Wand, die andere in der Mitte des Ofens, hinabgelassen wurden. In der Höhe von 0m,7 über der Form zeigt das von der Wand abgesaugte Gas (5) eine normale, den Gichtgasen (1 bis 4) ähnliche Zusammensetzung; die aus gleicher Höhe der Mitte entnommene Probe (6) hat dagegen einen hohen Gehalt an Kohlenoxyd und einen sehr bedeutenden Sauerstoffüberschuſs (100 Stickstoff = 26,5 Sauerstoff), während die 0m,2 über der Form aus der Mitte genommene Probe 7 fast nur aus Kohlensäure und Kohlenoxyd besteht. Diese und ähnliche bei Eisenhochöfen an den Gasen des Tümpels beobachtete Erscheinungen erklären sich dadurch, daſs die Verbrennung der Kokes durch den Wind nicht in einem horizontalen Querschnitt des Ofens vor sich geht, weil der eingeblasene Luftstrom bald seine lebendige Kraft verliert und dann dem Zuge aufwärts folgt. Unter dem Winde stauen nun die Gase und es findet nur eine Reaction zwischen Kokes und Oxyden statt mit spärlicher Einmischung von Wind. Weil der Bleigehalt der gerösteten Erzbeschickung nur in selteneren Fällen 35 Proc. überschreitet, so ist bei dem hohen Aequivalentgewichte dieses Metalles erklärlich, daſs bei der Reduction der Erze nicht viel Sauerstoff an die Gase abgegeben wird, daſs vielmehr bei der Erzarbeit ein Verlust an Sauerstoff eintritt, der durch Röstprocesse der unvollkommen gerösteten Beschickung verursacht wird. Dieser Verlust muſs besonders bei der Schlackenarbeit (13 bis 18) sichtbar werden, da hier die Oxyde in der Beschickung zurücktreten. Der etwas höhere Sauerstoffgehalt der Gase 14 und 18 ist wohl auf feuchten Wind zurückzuführen, wie der höhere Wasserstoffgehalt andeutet. Bei den folgenden Berechnungen wurden die Wärmeverluste durch Strahlung, weil nicht genau bestimmbar, fortgelassen. Die Schmelzwärme der Schlacken wurde zu 295c, die Schmelztemperatur mittels Prinsep'scher Legirungen (1879 233 403) zu 10300 bestimmt. Die verwendete Schlacke der Muldner Hütte bestand aus: Kieselsäure 23,95 Schwefel 4,46 Bleioxyd 2,87 Kupferoxyd 0,86 Eisenoxydul 44,41 Manganoxydul 0,92 Zinkoxyd 14,81 Thonerde 4,45 Kalk 4,75 Magnesia 0,54 –––––– 102,02 – 2,23 Sauerstoffäq. desSchwefels. Bei der Erzarbeit des Hochofens III der Muldner Hütte wurden in 24 Stunden verschmolzen je 27t,5 geröstetes Bleierz und Schlacken der Erzarbeit mit 2k,5 Rothglasabbrände und 4t,15 Kokes, welche 88,5 Proc. Kohlenstoff, 0,3 Proc. Wasserstoff und 9,5 Proc. Asche enthielten. Die abziehenden Gase hatten 70°, der Wind 20° Wärme. 1cbm der Gase (Analyse 8) enthielt: Volumen Gewicht Kohlenstoffgehalt Stickstoff    727,3l   913,911g Kohlensäure   162,6   319,775     87,212g Kohlenoxyd   100,6   125,900   53,958 Sumpfgas       3,6     2,576     1,930 Wasserstoff       5,9     0,529 ––––––––––––––––––––––––––––––– 1000,0 1362,691g 143,100g. 1k Kokes gab also (1362,69 × 0,885) : 143,1 = 8k,433 Gase und entwickelte im Ofen durch Bildung von Kohlenoxyd (53,958 × 2473 × 0,885) : 143,1 = 826c, durch Kohlensäure (87,212 × 8080 × 0,885) : 143,1 = 4361c zusammen 5187c. Die Kühlringe durchströmten minutlich 90l Wasser mit einer Temperaturerhöhung von 22° = 1980c Verlust oder auf 1k Kokes (1980 × 1440) : 4150 = 686c,9. Durch die Temperatur der Gase (specifische Wärme = 0,2397) gingen für je 1k Kokes verloren 8,433 × 50 × 0,2397 = 101c,1, zusammen 788c so daſs 4400c bleiben, oder auf 1k Schmelzmasse (4400 × 4150) : 57 500 = 317c,6. Die Verbrennungswärme der abziehenden Gase berechnet sich, wie folgt: Gewicht Verbrennungswärmeder Gewichtseinheit Product Kohlenoxyd 125,900   2403 302290 Sumpfgas     2,576 11700   30140 Wasserstoff     0,529 29000   15341 –––––– 347771. Sonach 347 771 : 1362,7 = 255c,2 auf die Gewichtseinheit des Gases oder 255,2 × 8,433 = 2152c auf 1k Kokes. Da ferner 100 Raumtheile Stickstoff 126,5 atmosphärischer Luft entsprechen und in der Minute 2882g Kokes verbrannt wurden, so wurden eingeblasen: (0,7273 : 143,1) × (1,265 × 0,885 × 2882) = 16cbm,409 Luft (von 0°). Bei einem späteren Versuche wurden in demselben Ofen verschmolzen 27t,5 geröstetes Bleierz, 0t,6 bleiische Zuschläge und 25t Schlacken der Erzarbeit mit 3t,4 Kokes, welche 89,5 Proc. Kohlenstoff, 0,3 Proc. Wasserstoff und 8,8 Proc. Asche enthielt. Die Temperatur der abziehenden Gase war 75°, die des Windes etwa 20°. Nach der 9. Analyse entwichen für 1k Kokes 9k,849 Gase unter Entwicklung von 6070c. Durch das Kühlwasser gingen 838c,6, durch die specifische Wärme der Gase (0,2406) 130,3, zusammen 968c,9 fort, so daſs 5101c oder auf 1k Beschickung 326c,6 bleiben. Die Verbrennungswärme der Gase betrug 151,2 oder für 1k Kokes 1489c Verlust, die Windmenge 16cbm,24 in der Minute. Bei der Schlackenarbeit des Hochofens II der Muldner Hütte wurden täglich durchgesetzt 42t,5 Schlacken der Erzarbeit, 9t gerösteter Bleistein und 2t,15 bleiische Vorschläge mit 3t,6 Kokes voriger Zusammensetzung. Die abziehenden Gase hatten 75°, der Wind 20°. Nach Analyse 18 gibt 1k Kokes 9k,881 Gase und 6228c. Durch das Kühlwasser gingen verloren 792c, durch die Gase (spec. W. 0,2431) 132c, so daſs auf 1k Kokes 5304c, oder auf 1k Beschickung 356c bleiben. Die Verbrennungswärme der abziehenden Gase war 146c, auf 1k Kokes demnach 1442c Verlust; die Windmenge betrug 17cbm,3. Bei den bisherigen Versuchen schwankte die Wärme für 1k Kohlenstoff zwischen 5863 und 6960c. Mit der Temperatur der abziehenden Gase gehen beim Hochofen II und III der Muldner Hütte nicht mehr als etwa 2 Procent der entwickelten Wärme verloren; durch das Kühlwasser werden 12,7 bis 13,8 Procent entzogen. Bei den Oefen der Halsbrückner Hütte wird die geringere Höhe bemerkbar, indem die Gase beim Ausgange eine Temperatur von etwa 150° besitzen; es werden daselbst auf 1k Kokes 11 bis 12k Beschickung gegeben. Noch weniger günstig erweisen sich die Verhältnisse des Ofens IV auf Muldner Hütte, welcher auf 1k Kokes nur 9 bis 10k Schmelzmasse durchsetzt. Doch dürfte die Schuld hieran nicht allein der geringen Höhe zuzuschreiben sein, sondern auch der Einrichtung der Gicht, welche eine passende Vertheilung der Beschickung nicht gestattet.