Titel: Fortschritte in der technischen Analyse.
Fundstelle: Band 237, Jahrgang 1880, S. 306
Download: XML
Fortschritte in der technischen Analyse. Fortschritte in der technischen Analyse. Zur Bestimmung des Anhydridgehaltes der rauchenden Schwefelsäure wird nach Cl. Winkler (Chemische Industrie, 1880 S. 194) eine gewogene Menge der Säure in Wasser gelöst und dann mit Normalkali titrirt. Zur Probenahme muſs die zu untersuchende Säure zunächst verflüssigt werden. Bei krystallisirter Schwefelsäure oder einem theilweise erstarrten Oleum geschieht dies durch allmähliche Erwärmung in einem geschlossenen Gefäſse auf etwa 30°. Bei Blechtrommeln wird das in der Mitte des Deckels befindliche Verschluſsplättchen mit einem heiſsen Löthkolben entfernt und hierauf die runde Einfüllöffnung sogleich mit einem Uhrglase bedeckt, so daſs beim nachherigen Erwärmen keine Spannung in dem Gefäſse eintreten kann, während andererseits auch der durch Verdampfen entstehende Verlust unbedeutend ist. Beim Einschmelzen der Handelsproducte, die in ihrer Zusammensetzung dem reinen Anhydrid nahe kommen, zeigt sich die schon von R. Weber (Poggendorff's Annalen, 1876 Bd. 159 S. 313) untersuchte Erscheinung, daſs sich nur ein Theil der Masse verflüssigt, während der Rest das Ansehen durchfeuchteter Baumwolle annimmt und nicht vollkommen schmilzt. Da nun aber nach Winkler kein wesentlicher Unterschied in der Zusammensetzung des verflüssigten und des starr gebliebenen Theiles besteht, so entnimmt man die Probe nur dem ersteren. Das Abwägen der Probe geschieht in einem kleinen, leichten, dünnwandigen Fläschchen mit gut eingeriebenem Stöpsel. Von dem gewöhnlichen schwach rauchenden Oleum des Handels bringt man zu diesem Zweck vorsichtig mittels einer Pipette etwa 10cc in das Gläschen, wiegt, gieſst die Säure in dünnem Strahl in kaltes Wasser, spült mit Wasser nach, füllt zu 250cc auf und titrirt hiervon 25cc mit Normalkali. Anhydrid oder daran reiche Säuregemische müssen zunächst mit gewöhnlicher Schwefelsäure versetzt werden, da bei ihrer directen Einführung in Wasser Verluste durch Verdampfen oder Spritzen entstehen würden. Man pipettirt zunächst 10 bis 15cc Schwefelsäure von genau bekanntem Gehalt in das tarirte trockene Stöpselfläschchen, wiegt, hebt dann mittels einer reinen, passend mit einer Wasserluftpumpe verbundenen, erwärmten Pipette 5 bis 10cc der verflüssigten Probe ab und läſst diese ebenfalls in das Fläschchen ausflieſsen, wobei man darauf zu achten hat, daſs die Ausfluſsspitze der Pipette weder den Hals des Gefäſses berührt, noch in die vorher bereits abgewogene Säure eintaucht. Hierauf wird der Stöpsel aufgesetzt und die Mischung beider Säuren durch gelindes Umschwenken bewirkt, wobei beträchtliche Erhitzung eintritt. Nach erfolgter Abkühlung ergibt eine zweite Wägung die Menge der zur Untersuchung verwendeten Substanz. Diese wird wie vorhin in kaltem Wasser gelöst und dann titrirt. Zur Gehaltsbestimmung von Säuregemischen, welche bei mittlerer Temperatur noch flüssig bleiben, hat Cl. Winkler folgende Tabelle Spec. Gew.bei 20° Gehalt an Gehalt an Gehalt an SO3 H2O SO3 Schwefel-saure von60° B abdestillir-baremAnhydrid(SO3) Mono-hydratH2SO4 Wasser 1,835 75,31 24,69    100,00 92,25 7,75 1,840 77,38 22,62   8,39 91,61 94,79 5,21 1,845 79,28 20,72 16,08 83,92 97,11 2,89 1,850 80,01 19,99 19,04 80,96 98,01 1,99 1,855 80,95 19,05 22,85 77,15 99,16 0,84 1,860 81,84 18,16 26,45 73,55   1,54 98,46 1,865 82,12 17,88 27,57 72,43   2,66 97,34 1,870 82,41 17,59 28,76 71,24   4,28 95,76 1,875 82,63 17,37 29,95 70,05   5,44 94,56 1,880 82,81 17,19 30,38 69,62   6,42 93,58 1,885 82,97 17,03 31,03 68,97   7,29 92,71 1,890 83,13 16,87 31,67 68,23   8,16 91,84 1,895 83,43 16,66 32,52 67,48   9,34 90,66 1,900 83,48 16,52 33,09 66,91 10,07 89,93 1,905 83,57 16,43 33,46 66,54 10,56 89,44 1,910 83,73 16,27 34,10 65,91 11,43 88,57 1,915 84,08 15,92 35,52 64,48 13,33 86,67 1,920 84,56 15,44 37,27 62,73 15,95 84,05 1,925 85,06 14,94 39,49 60,51 18,67 81,33 1,930 85,57 14,43 41,56 58,44 21,34 78,66 1,935 86,23 13,77 44,23 55,77 25,65 74,35 1,940 86,78 13,22 46,46 53,54 28,03 71,97 1,945 87,13 12,87 47,88 52,12 29,94 70,06 1,950 87,41 12,59 49,01 50,99 31,46 68,54 1,955 87,65 12,35 49,98 50,02 32,77 67,23 1,960 88,22 11,78 52,29 47,71 35,87 64,13 1,965 88,92 11,08 55,13 44,87 39,68 60,32 1,970 89,83 10,17 58,81 41,19 44,64 55,36 angegeben, welche das specifische Gewicht und den Gesammtgehalt an Schwefelsäureanhydrid und Wasser (nach alter Anschauung), den Gehalt an SO3 neben Säure von 66° B. und den an abdestillirbarem Anhydrid neben eigentlicher Schwefelsäure angibt. Um mittels Senkwagen auch das specifische Gewicht von Säuregemischen, welche beim Stehen Krystalle von Pyroschwefelsäure absetzen, ja von der Pyroschwefelsäure selbst bestimmen zu können, werden dieselben durch Erwärmen vollkommen verflüssigt, worauf man sie in einen Cylinder gieſst, das Aräometer einsenkt, nun abkühlen läſst und abliest, bevor die Krystallisation eintritt. Um schlieſslich die Menge der in der rauchenden Schwefelsäure vorhandenen Schwefligsäure zu bestimmen, mischt man eine passend abgemessene Menge der zu untersuchenden Säure mit doppeltem Maſstheil reiner Schwefelsäure und läſst das erkaltete Gemisch unter einer gröſseren Menge ausgekochten und wieder erkalteten Wassers ausflieſsen, rührt langsam um und titrirt mit Kaliumpermanganat. Zur Bestimmung des Schwefelgehaltes der Schwefelkiese schmilzt B. Deutecom (Zeitschrift für analytische Chemie, 1880 S. 313) 1g Pyrit mit 8g eines Gemenges von gleichen Theilen chlorsaurem Kalium, kohlensaurem Natrium und Chlornatrium in einem groſsen, bedeckten Porzellantiegel. Nach dem Erkalten wird in kochendem Wasser gelöst, das Ganze auf 200cc aufgefüllt, filtrirt und in 50cc des Filtrates die Schwefelsäure besimmt. Verwendung von Brom zur Analyse der Sulfide. Wie bereits P. Wage (Zeitschrift für analytische Chemie, 1871 S. 206), Kämmerer (1871 200 157) und R. v. Wagner (1876 219 544) so empfiehlt auch E. Reichardt im Correspondenzblatt analytischer Chemiker, 1880 S. 85 das Brom zur Oxydation von Schwefel und Sulfiden; nur der Schwefelkies erfordert feine Zertheilung und längere Einwirkung. Zur Lösung der im Gang der Analyse erhaltenen Schwefelwasserstoff-Niederschläge von Quecksilber, Arsen, Antimon u.s.w. genügt es dieselben auf dem Filter mit Bromwasser zu behandeln. Bromsilber und bei Verdünnung ein Theil des Antimons bleiben auf dem Filter zurück. Zur Untersuchung der Rohsoda, Um die schwefligsauren und unterschwefligsauren Salze zu bestimmen, bedient sich J. Groſsmann (Zeitschrift für analytische Chemie, 1879 S. 79) der indirecten Analyse. Hat man z.B. eine Lösung, die nur unterschwefligsaures und schwefligsaures Natrium, aber kein Sulfat enthält, so bestimmt man einmal, wie viel Gramm Jod ein entsprechender Theil nach dem Ansäuern mit Essigsäure erfordert, um mit Stärke die bekannte Endreaction zu geben, andererseits wie viel Gramm Sulfat ein gleicher Theil der Lösung bei völliger Oxydation mit Brom liefert. Es seien nun x1 und y1 die Anzahl Gramm Jod, welche dem Na2S2O3 bezieh. dem Na2SO3 entsprechen, A diejenige, welche die Einheit beim Titriren mit Stärke erfordert, und B die Anzahl Gramm Na2SO4 welche bei der Oxydation gebildet wurde, so ist: x_1+y_1= A und \frac{2Na_2SO_4}{J}\,x_1+\frac{Na_2SO_4}{2\,J}\,y_1=B, woraus sich berechnet: x_1=\frac{2\,J}{3Na_2SO_4}\,B-\frac{1}{3}\,A und y_1=\frac{4}{3}\,A-\frac{2\,J}{3Na_2SO_4}\,B. Um das Resultat als Gramm Na2S2O3 und Na2SO3 zu erhalten, ist es nur nöthig, x1 mit \frac{Na_2S_2O_3}{J} und y1 mit \frac{Na_2SO_3}{2\,J} zu multipliciren. Wir finden dann: Etwa vorhandenes Sulfid wird durch kohlensaures Cadmium fortgenommen, Sulfat besonders bestimmt und vom Gesammtsulfat abgezogen. Zur Bestimmung des vorhandenen Sulfates wird über die mit Natriumbicarbonat versetzte, in einen Kolben gebrachte Flüssigkeit Kohlensäure geleitet, bis alle Luft verdrängt ist; dann wird die Flüssigkeit erhitzt, mit überschüssiger Salzsäure auf ein Viertel des ursprünglichen Volumens eingedampft und nun mit Chlorbarium gefällt. Die Analyse der beim Mond'schen Verfahren erhaltenen Schwefellaugen, welche bereits von Mond (1879 191 378), Richters (1879 192 63), Stahlschmidt (1872 205 240) und Lunge (Soda-Industrie, Bd. 2 S. 594) bearbeitet wurde, führt K. Jurisch (Chemische Industrie, 1880 S. 159) in folgender Weise aus. Man versetzt zunächst 3cc,2 der Schwefellauge mit essigsaurem Natrium und so viel schwefelsaurem Zink, daſs alles H2CaS2 und CaS2 als Schwefelzink gefällt wird, verdünnt auf 200cc, filtrirt 100cc davon ab und titrirt mit Zehntelnormaljod und Stärke. Die doppelte Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter Jod entspricht dem vorhandenen CaS2O3. Eine zweite Probe von 3cc,2 Lauge, direct mit Zehnteljodlösung titrirt, gibt die den sämmtlichen Schwefelverbindungen entsprechende Jodmenge, die Unterschiede beider Proben daher die für H2CaS2 und CaS2 zusammen erforderliche. Man entfärbt nun die Flüssigkeit der zweiten Probe mit einem Tropfen unterschwefligsaurem Natrium, fügt etwas Lackmustinctur hinzu und titrirt mit Zehntelnormalkali. Da bei der Reaction von Jod auf H2CaS2 für je 2 Atom gefälltem Schwefel 2 Mol. HJ entstehen, so entspricht 1cc Kali 2cc der von H2CaS2 verbrauchten Jodlösung. Bezeichnet man nun mit x die Anzahl der Cubikcentimeter Zehnteljod der ersten Probe, mit y die der zweiten und mit z die Anzahl Cubikcentimeter Zehntelkali der dritten Probe, ferner mit A die Anzahl der Gramm Schwefel als CaS2O3, mit C die von H2CaS2 und mit B die von CaS2 in 3cc,2 Schwefellauge, so ergibt sich, daſs: A = 0,0064 x enthalten in 0,0152 x Gramm CaS2O3 C = 0,0016 (2 z) 0,00265 (2 z) Gramm H2CaS2 B = 0,0032 (y – 2 z – x) 0,0052 (y – 2 z – x) Gramm CaS2. Daraus ergibt für die Gesammtmenge des in 3cc,2 Schwefellauge enthaltenen Schwefels der Ausdruck: S' = A + B + C oder: S' = 0,0064 x + 0,0016 (2 z) + 0,0032 (y – 2 z – x) = = 0,0032 (x + yz) Gramm in 3cc,2 Lauge, oder (x + y – z) Gramm in 1l. Begeht man den kleinen Fehler, das specifische Gewicht der Lauge gleich 1 zu nehmen, so ergibt sich der Procentgehalt der Lauge an Gesammtschwefel aus der Proportion 3,2 : 0,0032 (x + y – z) = 100 : S' und S' = 1/10 (x + y – z) Proc. Da das specifische Gewicht der Laugen zwischen 1,04 und 1,1 schwankt, so findet man durch diese Formel den Procentgehalt an Schwefel etwas zu hoch. Dieser Fehler wird dadurch theilweise ausgeglichen, daſs die Lauge etwas mehr Schwefel enthält, als der hier angenommenen Formel CaS2 entspricht, wird aber völlig vermieden, wenn man die so gefundenen Procentzahlen, mit 10 multiplicirt, als Kilogramm im Cubikmeter in Rechnung stellt. Für den Fabrikanten kommt von dem Gesammtschwefel nur der durch Salzsäure wirklich ausfällbare in Betracht: CaS2O3 + 2CaS2   + 6HCl = 3CaCl2 + 3H2O + 3S2 und CaS2O3 + H2CaS2 + 4HCl = 2CaCl2 + 3H2O + 2S2. Diesen Formeln entsprechend würde die Schwefellauge bei der Jodprobe für CaS2O3 1 Jod, für 2CaS2 oder H2CaS2 aber 4, zusammen also 5 Jod erfordern müssen. Bei einer solchen normalen Schwefellauge verhält sich somit die Anzahl der Cubikcentimeter Jodlösung der ersten Probe zu der Anzahl der Cubikcentimeter Jodlösung der zweiten Probe, oder x zu y, wie 1 zu 5, oder es ist 5x = y. Zugleich ist A = ½ B + C. Wenn die Schwefellauge mehr CaS2O3 enthält, als der Formel 2CaS2O3 + (2CaS2 + H2CaS2) entspricht, d.h. wenn die Oxydation zu lange gedauert hat, so entweicht auf Zusatz von Salzsäure schweflige Säure; und zwar geht, wie die Formel CaS2O3 + 2HCl == CaCl2 + SO2 + S + H2O lehrt, die Hälfte des in dem Ueberschuſs an CaS2O3 enthaltenen Schwefels in dieser Weise verloren. Die Lauge heiſst „überblasen“. Enthält sie dagegen weniger CaS2O3, als obiger Formel entspricht, hat also die Oxydation nicht lange genug gedauert, so entweicht auf Zusatz von Salzsäure Schwefelwasserstoffgas; es geht die Hälfte des in dem Ueberschuſs an CaS2 enthaltenen Schwefels und aller in dem Ueberschuſs an H2CaS2 enthaltene Schwefel als H2S verloren, wie folgende Formeln veranschaulichen: CaS2 + 2HCl = CaCl2 + H2S + S und H2CaS2 + 2HCl = CaCl2 + 2H2S; die Lauge heiſst in diesem Falle „unterblasen“. In der überblasenen Lauge ist ein Ueberschuſs von CaS2O3 vorhanden, d.h. es ist A > ½ B + C oder 5 x > y. Auf Zusatz von Salzsäure geht die Hälfte dieses Ueberschusses als SO2 verloren und daher beträgt die wirklich niedergeschlagene Schwefelmenge nur S'' = (A + B + C) – ½ (A – ½ B – C). Setzt man hier die numerischen Werthe ein, so erhält man: S'' = 0,0032 (x + y – z) – ½ [0,0064 x – 0,0016 (2z) – 0,0016 (y – 2 z – x)]     = 0,0032 (x + y – z) – 0,0032 (¾ x – ¼ y) Gramm. In diesem Ausdrucke gibt das erste Glied den Procentgehalt der Lauge an S', das zweite Glied die Procentmenge des Verlustes, wie folgende einfache Umformung zeigt: S'' = 1/10 (x + y – z)1/40 (5xy) Proc. Die Menge des ausfallbaren Schwefels ist natürlich um so gröſser, je kleiner der Unterschied 5 x – y ist. Die unterblasene Lauge enthält einen Ueberschuſs von CaS2 und H2CaS2, so daſs 5 x < y ist. Jedes Cubikcentimeter Jodlösung als Ueberschuſs von y über 5 x zeigt 0g,0016 Schwefel als H2CaS2 oder 0g,0032 als CaS2 an. Da nun aus der ersteren Verbindung durch Salzsäure aller Schwefel als H2S ausgetrieben wird, aus der zweiten nur die Hälfte, so zeigen in jedem Falle die (y – 5 x) Cubikcentimeter Jodlösung 0,0016 (y – 5 x) Gramm Schwefel in Gestalt von basischen Calciumverbindungen als verloren an. Dieser Verlust V, in Procent des Laugengewichtes ausgedrückt, ergibt sich aus der Proportion 3,2 : 0,0016 (y – 5 x) = 100 : V und V = 1/20 (y – 5x) Proc. Jedes in der zweiten Probe mehr als 5 x verbrauchte Cubikcentimeter Jodlösung zeigt also einen Verlust von 0,05 Proc. Schwefel an, so daſs die ausfällbare Schwefelmenge S'' = 1/10 (x + y – z)1/20 (y – 5k) Procent beträgt. Diese Formel kann man auch durch folgende Betrachtung ableiten: Wenn ½ B + C > A ist, so geht in dem Ueberschuſs der alkalischen Caliumverbindungen auf Zusatz von Salzsäure die Hälfte des als B vorhandenen Schwefels, und aller als C vorhandene Schwefel als H2S verloren, d.h. der Verlust beträgt (½ B + C – A) Gramm Schwefel, die ausfällbare Schwefelmenge beträgt also: S'' = (A+ B + C) – (½ B + CA) oder S'' = 0,0032(x + y – z) – 0,0032(½y5/2x) Gramm, 1/10(x + y – z)1/20(y – 5x) Proc. Für die Beurtheilung der Laugen ergeben sich somit folgende Regeln: Um den ausfällbaren Schwefel zu finden, multiplicirt man die Anzahl der Cubikcentimeter Jodlösung der ersten Probe mit 5. Ist dieses Product gröſser als die Anzahl der Cubikcentimeter Jodlösung der zweiten Probe, so ist die Lauge überblasen; ist es dagegen kleiner, so heiſst die Lauge unterblasen. Man zieht dann die kleinere Zahl von der gröſseren ab und theilt den Unterschied im ersten Falle durch 40n im zweiten durch 20 und zieht die erhaltene Zahl von der Gesammtmenge des Schwefels ab. Bestimmung der Cyanverbindungen in den Sodalaugen. Nach F. Hurter (Chemical News, 1879 Bd. 39 S. 29) enthalten die Laugen Ferrocyannatrium, Schwefelcyannatrium und Natriumcyanat; letztere sind weniger wichtig, da sie bei der Bearbeitung der Soda farblose Zersetzungsproducte geben; das Ferrocyannatrium ist aber um so schädlicher, als es nicht, wie das Schwefeleisennatrium, durch Kohlensäure und atmosphärische Luft zersetzt wird (vgl. 1879 231 337. 232 529). Zur Bestimmung desselben behandelt man 100cc Sodalauge mit Chlor oder unter chlorigsaurem Natrium, bis die Schwefelverbindungen in Sulfate, das Ferrocyan in Ferridcyan übergeführt ist, säuert die Flüssigkeit an und erwärmt zur Verflüchtigung des überschüssigen Chlores. Als Maſsflüssigkeit verwendet man eine Lösung von 3g,17 reinem Kupfer, in möglichst wenig Salpetersäure gelöst und auf 11 verdünnt; 1cc entspricht 0g,01013 Na4FeCy6. Von dieser Zwanzigstel-Normallösung läſst man so lange zuflieſsen, bis ein Tropfen der Flüssigkeit auf weiſser Porzellanplatte mit einem Tropfen Eisensulfatlösung (1 : 100) nicht mehr eine Blaufärbung hervorbringt, sondern nach folgender Gleichung das gelbe Ferridcyankupfer in braunrothes Ferrocyan überführt: Cu3Fe2Cy12 + 2HCl + 2FeCl2 = Cu3H2Fe2Cy12 + Fe2Cl6. Sollte die Lauge noch auſserdem Cyannatrium enthalten, so kocht man sie zunächst mit einigen Tropfen Eisenvitriollösung auf, filtrirt und behandelt dann, wie vorhin angegeben, mit Chlor. Für Laugen, welche nicht mehr als 2g Ferrocyannatrium enthalten, ist dieses Verfahren nach Weldon (1879 232 538) empfehlenswerth. Zur Bestimmung des Rhodannatriums säuert man die Lösung an, fällt das Ferrocyan mit Chlorzink, filtrirt und versetzt mit Eisenchlorid. In einem zweiten Gefäſs sucht man dieselbe Färbung einer Eisenlösung mit einer Lösung von Rhodankalium von bekanntem Gehalt herzustellen (vgl. 1874 211 140). G. Lunge (Soda-Industrie, 1880 Bd. 2 S. 431) schlägt zur Bestimmung des Ferrocyannatriums vor, die Sodalauge mit Kohlensäure zu behandeln, um das an Schwefelnatrium gebundene Eisen zu fällen, nach dem Filtriren einzudampfen und stark zu glühen und dann im Rückstande das gebildete Eisenoxyd zu bestimmen. Die Prüfung des Weldon-Schlammes (vgl. 1875 215 157. 1880 235 300. 236 225) wird nach K. Jurisch (Chemische Industrie, 1880 S. 193) in der Fabrik von J. Muspratt in Widnes seit d. J. 1878 in folgender Weise ausgeführt. Zur Auflösung des Schlammes benutzt man Doppel-Normalsalzsäure (73g HCl in 1l) und eine ziemlich starke neutrale Auflösung von oxalsaurem Ammonium. Man bringt nun 25cc Schlamm in eine Literflasche, fügt 30 bis 35cc obiger Salzsäure hinzu und digerirt bei 30 bis 60° unter Zusatz von kleinen Mengen der Ammoniumoxalatlösung so lange, als der entstehende Niederschlag von oxalsaurem Calcium sich noch auflöst. Die nach wenigen Minuten erhaltene schwach gelblich gefärbte Lösung wird mit Lackmus versetzt und dann mit Normalkali titrirt. Bekanntlich erfordert 1g MnO2 146/87 Gramm HCl, von welcher 73/87 Gramm als freies Chlor fortgeht; 1g MnO bindet 73/71 und 1g CaO 73/56 Gramm HCl. Enthalten nun die 25cc Schlamm x MnO2, y MnO und z CaO, so beträgt die Gesammtmenge verbrauchter Salzsäure (146/87x + 73/71y + 73/56z) Gramm HCl. Angenommen, man habe C Cubikcentimeter der Normalsalzsäure verbraucht, dann ist 0,073 C = 146/87x + 73/71y + 73/56z. Hat man auſserdem in üblicher Weise gefunden, daſs 25cc desselben Weldon-Schlammes E Gramm schwefelsaures Eisenoxydulammoniak (Mol. = 392) oxydiren, so ist x = 87/784 E = 0,11084 E. Aus beiden Gleichungen ergibt sich der Ausdruck für das Aequivalent der Basis: \frac{\frac{1}{71}\,y+\frac{1}{56}\,z}{\frac{1}{87}\,x}=0,784\,\frac{C}{E}-2 Haben ferner 25cc Schlamm, mittels Chlorkalklösung in bekannter Weise oxydirt, T Gramm schwefelsaures Eisenoxydulammonium gebraucht, so ergibt sich der Oxydationsgrad durch (100 E : T) in Procent des Gesammtmangangehaltes. Da nun yMnO 87/71 y MnO2 liefern, so ergibt sich die Gleichung: (x + 87/71 y) = 87/784 T Setzt man hier den Werth von x ein, so ergibt sich: y = 71/784 (T – E) = 0,09056 (T – E). Durch Einsetzen beider Werthe in die erste Gleichung erhält man: z = 56/1000C56/784(T + E) = 0,056C – 0,07143(T + E). Die kleine Menge des vorhandenen kohlensauren Calciums ist in so fern vernachlässigt, als sie einfach zur Basis gerechnet wird. Da bei Anwendung von reinem Manganhyperoxyd für je 1 Aeq. Chlor 2 Aeq. Salzsäure erforderlich sind, so bezeichnet F. Jurisch als „Basiszahl“ diejenige Zahl, welche angibt, wie viele Aequivalente Salzsäure man bei Anwendung von Weldon-Schlamm mehr als 2 gebraucht, um 1 Aeq. Chlor zu erzeugen. Die um 2 vermehrte Basiszahl gibt somit die zur Erzeugung von 1 Aeq. Chlor nöthige Menge von Salzsäure an.