Titel: Der Stahlschnurtrieb.
Autor: A. Jarolimek
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 1
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Der Stahlschnurtrieb. A. Jarolimek's Stahlschnurtrieb. Nachdem sich dieses neue überaus constructive Maschinenelement bei den zahlreichen damit angestellten Versuchen durchaus bewährt hat, so gestatte ich mir hierdurch, das technische Publikum damit in Kürze bekannt zu machen. Daſs der Stahl auch in Hinsicht seiner Anwendung für biegsame Kraftübertragungsmittel – sobald die richtige Form dafür gefunden – das vorzüglichste und dauerhafteste Constructionsmaterial darbieten müsse, konnte leicht vorausgesetzt werden. Weniger sicher durfte man aber schlieſsen, daſs sich der Stahl für diesen Zweck zugleich als das weitaus billigste Material erweisen werde. Da sich nun die Anschaffungskosten meines Stahlschnurtriebes unter gleichen Verhältnissen thatsächlich kaum halb so hoch beziffern wie jene des Riementriebes, so dürfte der Gegenstand vielleicht um so mehr Anspruch auf Beachtung verdienen. Wesen des Stahlschnurtriebes. Der Stahlschnurtrieb hat sowohl den Riemen-, als den Seiltrieb zu ersetzen und besteht in der Anwendung von eigenthümlichen Stahlschnüren, welche auf den Schnurscheiben je nach Bedarf in kleinerer oder gröſserer Anzahl neben einander gelegt und deren Enden in einfachster Weise verbunden werden. Um die Reibung zwischen Schnur und Scheibe zu vermehren, ist es vortheilhaft, an der Felge der letzteren keilförmige Rinnen einzudrehen, in welche sich die Schnüre fest hineinlegen. In vielen Fällen, namentlich, wo es sich um eine einfache Ausrückung handelt, können die Schnüre übrigens auch auf glatten Scheiben laufen. Die Eigenthümlichkeit der Schnüre, welche nichts anderes sind, als lange schraubenförmig gewundene Federn (sogen. „Spiralfedern“), besteht in ihrer Dimensionirung. Vermuthlich wird man mit derlei Drahtfedern bislang überhaupt keine oder doch nur wenige Versuche zu dem fraglichen Zwecke gemacht haben, weil die viel zu groſse Dehnbarkeit aller gewöhnlichen für verschiedene Zwecke angewendeten Spiralfedern davon abschrecken muſste, wenn auch andererseits die Biegsamkeit solcher Federn in Ansehung des gedachten Zweckes jedenfalls sehr günstig erschien. Vielfache Versuche und damit verbundene theoretische Untersuchungen führten mich nun dazu, die Spiralfedern für die Bewegungsübertragung mittels Riemen- oder Schnurrädern schlieſslich vollkommen geeignet zu machen dadurch, daſs ich den zu den Federn bestimmten Stahldraht auf Spindeln von der praktisch zulässigen geringsten Dicke verspann. Der hierin liegende Vortheil wird aus der folgenden Betrachtung sofort klar. Bezeichnet δ die Dicke des Drahtes, r den mittleren Krümmungshalbmesser desselben, so berechnet sich: die Tragkraft der Spiralfeder P=a\ \frac{\delta^3}{r}, die Federung f=b\ \frac{r^2}{\delta^4}. Soll also die Tragkraft groſs, die Federung aber klein sein, so muſs unter allen Umständen bei constanter Dicke δ der Krümmungshalbmesser so klein als nur möglich genommen werden. Praktische Rücksichten, besonders jene auf die Endverbindung, lassen es nicht räthlich erscheinen, mit der Spindeldicke – bezieh. der inneren Weite der Federn – unter das Maſs der Drahtdicke zu gehen. Mit diesem inneren Maſse sind die Federn aber noch ganz gut ausführbar, und ich wende dieses Verhältniſs auch ganz allgemein an. Es fällt dann r : δ = 1, und eine ganze Reihe von Versuchen ergibt für die Tragkraft und Federung von aus gutem, vor dem Verspinnen gehärtetem und entsprechend angelassenem Guſsstahldraht mit obigen Dimensionsverhältnissen erzeugten Federn folgende Relationen: Maximaltragkraft in Kilogramm (bis zur Elasticitätsgrenze): P_{max}=1,4\ d^2\mbox{ bis }1,5\ d^2, wenn d den äuſseren Durchmesser der Feder bezeichnet und derselbe mit d = 3 δ der 3fachen Dicke des Drahtes gleichkommt. Federung oder elastische Streckung in Procent der Länge: f=\frac{8p}{d^2}, wenn p Belastung der Feder in Kilogramm. Daher die Maximalfederung fmax = 11,6 Proc., welche für alle Draht- oder Federstärken constant bleibt.Die Tragkraft der Federn läſst sich bedeutend erhöhen, wenn die letzteren nach dem Aufspinnen auf die zwei- bis dreifache Länge gestreckt werden, und da das Gewicht von 1m Feder hierdurch in gleichem Maſse vermindert wird, so könnte dieses Verfahren ökonomisch erscheinen. Ich kann dasselbe aber aus dem Grunde nicht empfehlen, weil die Biegsamkeit der Federn in diesem Falle wesentlich leidet. Solche gestreckte Federn können nicht mehr als einfache Torsionsfedern betrachtet werden; sie werden durch die Zugbelastung sowohl auf Torsion, als auf Biegung im Drahte beansprucht und verlangen weit gröſsere Scheibendurchmesser. Diese geringe Ziffer der Maximalfederung, bezieh. der hohe Elasticitätsmodul der Federn als solche, welcher durch das enge Zusammenspinnen derselben erreicht wurde, läſst schon erwarten, daſs die Streckung der Federn bei normaler Inanspruchnahme klein genug ausfallen werde, um keinen zu groſsen Schlupf oder Gleitungsverlust beim Betriebe zu bedingen. Diese Erwartung bestätigt sich auch als vollkommen richtig, wie aus den weiteren Ausführungen deutlich hervorgehen wird. Was die Biegsamkeit der Federn betrifft, so wird diese durch Wahl einer geringen inneren Weite allerdings vermindert; aber selbst bei den engst gesponnenen Federn macht die Biegungsspannung unter gewöhnlichen Verhältnissen nur einen kleinen Bruchtheil der zulässigen Zugspannung aus und bleibt es immer vortheilhaft, eine gewünschte gröſsere Biegsamkeit durch Wahl einer dünneren Schnur anstatt einer Schnur von gröſserer innerer Weite zu erzielen.Hier mag bemerkt werden, daſs die aus hartem Drahte gesponnenen Schraubenfedern erst dann eine der Belastung proportionale Federung zeigen, wenn dieselben etwas über die Elasticitätsgrenze beansprucht, also um einige wenige Procente gestreckt werden. Vordem besitzen die dicht gesponnenen Federn eine Rückspannung, welche ihre Windungen noch dichter an einander zu schlieſsen sucht, weshalb sich die Feder anfänglich weniger streckt, als der Belastung – der Rechnung nach – entsprechen würde. So streckt sich eine Im lange Feder von 1mm,3 Drahtdicke und 8mm äuſserem Durchmesser bei der Belastung von:1234567  8kum26104190281364455546650mm, daherfür 1k um26  52  63  70  73  76  78  81mm,somit durchaus nicht proportional der Belastung. Bei 9k Belastung nimmt die Feder auch schon eine dauernde Streckung an–, daneben geht die elastische Streckung für 1k in folgender Reihe weiter: 83, 87, 91, 91, 88, 83... und findet sowohl das absolute Maſs der elastischen, als jenes der bleibenden Streckung ein Maximum bei etwa 13k,5 Belastung. Es treten dabei auch andere interessante Maxima auf; z.B. was die aufgenommene Arbeit, nämlich das Product aus der Last und der elastischen Streckung anbelangt, und zwar sowohl, wenn diese Arbeit auf 1k oder auf 1m Feder bezogen wird. Reibungsverhältnisse. Der Reibungscoefficient wurde bei den Stahlschnüren, wenn: auf glattem Eisen laufend mit φ = 0,13 und Holz φ = 0,24 erhoben. Werden die Schnüre in Keilrinnen gelegt, so stellt sich für beginnendes Gleiten das Verhältniſs der Spannungen zwischen dem treibenden und getriebenen Schnurstück auf: \frac{T}{t}=e^{\frac{\varphi\gamma}{sin\,^1/_2\,\alpha}}, wobei e die Grundzahl des natürlichen Logarithmensystemes, φ den Reibungscoefficienten, γ den umspannten Bogen und α den Winkel der Keilrinne bedeutet. Für γ = π ergibt dies bei den Winkeln: der Keilrinnen von α = 180 120 90 60 40 30° bei Eisenscheiben T : t = 1,5 1,6 1,8 2,2 3,3 4,9 Holzscheiben T : t = 2,1 2,4 2,9 4,5 9,1 18,4, was mit dem Resultate der angestellten Versuche ganz gut übereinstimmt. Es wurde nämlich gefunden: α = 180 120 90 60 40 30° bei Eisen T : t = 1,51 1,62 1,70 2,20 3,30 5,40 und bei glattem Holz (α = 180°) 2,0. Spannungsverhältnisse. Da die Spannung der richtig erzeugten Federn mit deren Streckung in genauem Verhältnisse steht, so kann man jederzeit von der letzteren auf die erstere schlieſsen, und ich ziehe es vor, mit der procentuellen Federung zu rechnen, weil diese von der Schnurstärke ganz unabhängig ist, somit die Rechnung für alle Federnummern gilt. Ich habe schon bemerkt, daſs die Maximalfederung bei den Federn meines Systemes 11,6 Proc. beträgt. Bis zu dieser Streckung müssen alle Federn vor dem Gebrauche belastet werden, theils um sich ihrer Tragkraft zu versichern, theils um ihre Windungen etwas zu öffnen und eine regelmäſsige Federung sicherzustellen. Es schadet durchaus nicht, ja ist nur von Vortheil, wenn die Federn bei der Belastungsprobe eine dauernde Streckung von etwa 5 Proc. erleiden. Rechnet man nun mit einer dreifachen Tragsicherheit, was mehr als genügend ist, da die Federn auch bei übergrosser Beanspruchung nicht reissen, sondern sich höchstens ausstrecken, so kann man bei der der theoretischen Tragkraft entsprechenden (Maximal-) Federung von 11,6 Proc. bei der praktischen Tragkraft eine Federung von 4 Proc. annehmen. Die durch die Biegung auf der Scheibe in den äuſsersten Drahtfasern hervorgerufene Streckung berechnet sich aus der Formel f_b=\frac{d}{D}, wenn d die Federdicke und D den Scheibendurchmesser bedeutet. Ich setze das Verhältniſs d : D im Allgemeinen mit 0,01 fest, so daſs die Schnur nach der Scheibengröſse gewählt und mit so viel Millimeter Stärke genommen wird, als die Scheibe Decimeter im Durchmesser miſst. Die Biegungsstreckung beträgt dann 1 Proc. daher von der zulässigen Gesammtstreckung mit 4 Proc. noch 3 Proc. für die Zugstreckung verbleiben. Nach der Gleichung f=\frac{8p}{d^2} erhalten wir also allgemein: 3=\frac{8T}{d^2} und, wenn T:t=m, also die Umfangskraft P=T-t=T-\frac{T}{m}=T\left(\frac{m-1}{m}\right) ist: d^2=\frac{8}{3}\left(\frac{m}{m-1}\right)P wobei der Schlupf: \sigma=3\,\frac{P}{t}=3\left(\frac{m-1}{m}\right) beträgt: z.B. für: m = 2, d2 = 16/3 P, σ = 1,5 Proc. m = 5, d2 =10/3 P, σ = 2,4 Proc. Letzterer Schlupf ist noch immer nicht gröſser als bei Riementrieb. Auf diese Weise ist denn die nachfolgende Tabelle berechnet worden, deren Richtigkeit übrigens durch vielfache Versuche sichergestellt wurde: Schnur Nr. d = 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1mm,5 Bestimmt für den  Scheibendurchm. = 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 150mm Gewicht der Schnur bis 25    für 1m 0,43 0,35 0,27 0,21 0,155 0,105 0,070 0,040 0,017 0k,010 Theoret. Tragkraft   Pmax = 1,45 d2 = 145 117 93 71 52 37 23 13 6 3k Bei T : t = 1,5, wo die Streckung der ruhenden Schnur 2,5%, die des führendenStückes 3% und des geführten 2% Uebertragbare Kraft   P = ⅛ d2 = 12,5 10 8 6 4,5 3 2 1 0,5 0k,3 Bei T : t = 2, wo die Streckung der ruhenden Schnur 2,25%, die des führendenStückes 3% und des geführten 1,5% P = 3/16 d2 = 19 15 12 9 6 4,7 3 1,7 0,75 0k,4 Bei T : t = 5, wo die Streckung der ruhenden Schnur 1,8%, die des führendenStückes 3% und des geführten 0,6% P = 0,3 d2 = 30 24 19 15 11 7,5 5 2,7 1,2 0k,7 Nimmt man als Beispiel an, es seien 500e bei 12m,5 Umlaufgeschwindigkeit, also 3000k Zagkraft zu übertragen, so sind, bei T : t = 5, 100 Schnüre Nr. 10 nöthig. Hierfür ist eine mindestens 1m im Durchmesser messende Trommel von 100 × 1,4 d = 1m,4 Breite nöthig, wogegen eine Hanfseiltransmission für diese Kraft Trommeln von 2m,5 Breite erfordert. Die Constructionstheile sind so einfach, daſs darüber sehr wenig zu sagen erübrigt. Bei Uebertragung gröſserer Kräfte wird es sich stets empfehlen, die Schnüre in Rinnen von etwa 30° zu legen, indem hierdurch der Achsendruck wesentlich reducirt und auch am Gewicht der Schnüre gespart wird. Bei T:t=5 ist das Verhältniſs des Achsendruckes zur übertragenen Kraft \frac{T+t}{T-t}=\frac{m+1}{m-1}=1,5. Bei T:t=2, welches Verhältniſs bei Riementrieben gewöhnlich vorkommt, aber \frac{T+t}{T-t}=3, daher der Achsendruck beim Schnurtrieb gerade halb so groſs ausfällt als beim Riementrieb. Laufen die Schnüre auf glatten Scheiben, dann ist allerdings T:t=1,5, und das Verhältniſs des Achsendruckes zur übertragenen Kraft = 5, daher 5/3 mal so groſs als beim Riementrieb, weshalb man die Anwendung der Keilrinnen nur dort vermeiden wird, wo es sich um Uebersetzung kleiner Kräfte handelt und der Achsendruck nicht wesentlich in Betracht kommt. Die gleiche Reibung wie beim Riementrieb und also das Verhältniſs T:t=2, erzielt man bei den Stahlschnüren übrigens schon bei einem Winkel der Keilrinnen von 60°, und bei diesem Winkel ist das Auslösen der Schnüre auf Losscheiben in gewöhnlicher Weise wie bei Riemen ganz gut ausführbar, besonders wenn die Verschiebung statt durch eine Gabel durch einen Kamm erfolgt. Bei kleinen Maschinen können die Schnüre wohl auch in Bündeln laufen und auf die verschiedenste Art combinirt und gekreuzt werden. Auch sind die Stahlschnüre sowohl auf die gröſsten, wie auf die kürzesten Distanzen verwendbar. Die Endenverbindung wird ganz einfach dadurch bewerkstelligt, indem an jedem Ende der Schnur eine Windung halb umgebogen und dadurch Häkchen gebildet werden, welche man in Eingriff bringt, oder indem ein ganz kurzes Schräubchen mit entsprechender Ganghöhe zur einen Hälfte in das eine und zur anderen in das andere Schnurende eingeschraubt wird. Diese Verbindung geht nie auf, bildet gar keine Wulst auf der Schnur, ja ist darauf kaum zu bemerken und versteift auch die Schnur, wie die Erfahrung lehrt, durchaus nicht. Kosten des Stahlschnurtriebes im Vergleiche zu jenen des Riementriebes. Nach der von Roper, Radinger und G. Schmidt (vgl. 1880 236 177) empfohlenen amerikanischen Formel ist die Riemenbreite in Centimeter mit b=20\,\frac{P}{D} zu nehmen, wobei P die zu übertragende Kraft in Kilogramm und D den Durchmesser der kleineren Riemenscheibe in Centimeter bedeutet. Zufolge der Ausführungen von Prof. Weiſs ergibt obige Formel häufig zu groſse Werthe von b. Man wird aber für gewöhnlich vorkommende Fälle, wenn z.B. D mit etwa 50cm und die Riemendicke mit etwa 0cm,4 veranschlagt wird, die Riemenbreite sicherlich nicht übermäſsig groſs rechnen, wenn man dieselbe mit b=12\,\frac{P}{D} wählt. Ist also z.B. bei D=50^{cm} eine Kraft von P=50^k zu übertragen, so folgt hierfür ein Riemen von b=12^{cm} Breite. Sollen statt der Riemen Stahlschnüre in Verwendung kommen, so ist mit Rücksicht auf den Scheibendurchmesser von 50cm die Schnursorte Nr. 5 zu wählen, wovon 1m 0k,105 Gewicht besitzt. Sieht man davon ab, daſs sich bei den Stahlschnüren das Verhältniſs T:t leicht auf 5 bringen läſst, und nimmt es zur Vergleichsberechnung wie bei Riemen nur mit T:t=2 an, so kann man mit einer solchen Schnur nach meiner Tabelle 4k,7 übertragen. Es werden also zur Uebertragung von P=50^k 11 bis 12 Schnüre erfordert, welche den 12cm breiten Riemen ersetzen. Da Lederriemen, ja selbst schwache (4fache) Baumwollriemen in der Breite von 120mm unter 2,50 fl. für 1m kaum erhältlich sind, die Schnüre Nr. 5 aber mit 1,20 fl. für 1k verkauft werden, demnach obige 12 Schnüre mit zusammen 1k,26 Gewicht auf 1m nur 1,50 fl. kosten, so beträgt der Anschaffungspreis des Stahlschnurtriebes unter den ungünstigsten Voraussetzungen nur ungefähr 60 Procent der Kosten des Riementriebes. Die Scheibenbreite fällt im vorliegenden Falle mit 12\times 0,7=84\mbox{ bis }90^{mm}, also auch schmäler als bei Anwendung von Riemen. Die Schnüre werden unter meiner Leitung in der Fabrik von M. W. Schloss in Hainburg a. d. Donau erzeugt und unter Garantie der Qualität zu folgenden Preisen geliefert: Nr. 10 9 8 7 6 5 4 3 2 für 1k fl. 1,10 1,20 1,30 1,50 1,70 2,00, wonach sich 1m Schnur berechnet: für Nr. 10 9 8 7 6 5 4 3 2 mit kr. 47 38,5 30 23 17 12,5 9 6 3 2. Vortheile des Stahlschnurbetriebes: 1) Die überaus einfache Endenverbindung und die stets leichte, im Augenblick zu bewirkende Reparatur. Der Fall, daſs alle Schnüre eines Triebes zugleich den Dienst versagen, kann im Hinblick auf deren geringe Beanspruchung gewiſs nie vorkommen. Geschieht es also durch einen Unfall, daſs eine oder die andere Schnur herabfällt, so kann, wenn nur wenige Schnüre in Vorrath gehalten werden, der Schaden sofort wieder gut gemacht werden. 2) Der aus der gleichmäſsigen elastischen Streckung der Schnüre und dem Fehlen aller Aufdopplungen oder Nahten resultirende ausserordentlich gleichmäſsige und ruhige Gang. 3) Der geringe Achsendruck, welcher bei Anwendung 30 grädiger Schnurrinnen nur halb so groſs ist als beim Riementrieb. 4) Die groſse Dauer des Triebes, indem sich die aus gehärtetem Stahldraht erzeugten Schnüre auch durch die Länge der Zeit kaum merkbar abnutzen und weder durch feuchte oder dumpfe Luft, noch auch durch andere den Riemen verderbliche Umstände Schaden leiden. 5) Die allgemeine Verwendbarkeit von Reservestücken. Da der Trieb meist aus mehreren Schnüren besteht, so hat man einem vorhandenen schwächeren Trieb, um ihn zur Uebertragung gröſserer Kraft geeignet zu machen, nur einige Schnüre beizufügen, wogegen ein vorhandener Riemen gewisser Breite dort, wo er für eine gegebene Kraft unzureichend ist, überhaupt unverwendbar bleibt. 6) Das Erforderniſs einer geringeren Scheibenbreite als bei Riemen. 7) Bei kleinen schnelllaufenden Wellen, wenn die Stahlschnüre an Stelle von Baumwollschnüren gesetzt werden, der Wegfall des durch letztere erzeugten lästigen Staubes. 8) Die auſserordentliche Billigkeit des Triebes.Auf den Stahlschnurtrieb sind in den meisten Staaten Patente genommen. Im deutschen Reiche wurde mir das Patent mit der Motivirung versagt, „daſs die Verwendung einer bekannten Schnurart zum Treiben von Transmissionen als eine Erfindung nicht angesehen werden könne, da dieselbe in geeigneten Fällen ohne jede Schwierigkeit ins Werk zu setzen ist und auch sehr nahe verwandte Schnüre, wie gedrehte Posen, Drahtseile etc. zu gleichem Zwecke in Anwendung sind.“Auf meine Beschwerde entschied das deutsche Patentamt am 29. April 1880: „daſs die abweisenden Gründe der Abtheilung 1 als zutreffend anzuerkennen sind, da es Niemandem verwehrt werden könne, eine bekannte Stahlschnur zu gleichem Zwecke an Stelle der zum Treiben von Schnurscheiben bisher angewendeten Leder- oder Kautschuk- oder Saitenschnüre zu verwenden.“ (Diese Entscheidung erscheint in so fern nicht ganz gerechtfertigt, weil die Antriebstahl schnüre in ganz anderen eigens für diesen Zweck durch Versuche ausgemittelten Dimensionen hergestellt werden müssen, also nicht mit den zu anderen Verwendungen dienenden bekannten Stahlschnüren verwechselt werden dürfen. Ref.)Dies geschah, ohngeachtet das deutsche Reichsgericht in einem ausnehmend ähnlichen Falle am 17. April 1880 folgendermaſsen entschied: „Auch in der Combination bereits bekannter Mittel kann eine Erfindung enthalten sein, und die Annahme einer solchen ist gerechtfertigt, wenn durch die Combination ein eigentümlicher Erfolg erzielt wird, sollte derselbe auch nur darin bestehen, daſs die bisherige Wirkung der Vorrichtung durch die Anwendung eines bisher nicht angewendeten Mittels vollkommen erreicht wird.“Aus dieser Entscheidung geht aufs klarste hervor, daſs auch die gegen mich getroffene Entscheidung des Patentamtes vor dem Reichsgerichte unmöglich Stand gehalten hätte. Leider kann aber an das letztere nur bei Nichtigkeitserklärungen oder Zurücknahme schon ertheilter Patente appellirt werden, nicht aber, wenn das Patentgesuch vom Patentamte noch vor geschehener Anmeldung einfach zurückgewiesen wird. Hainburg a. D., 30. Juli 1880. A. Jarolimek.