Titel: Ueber die Bewegung der comprimirten Luft in langen gusseisernen Röhren.
Autor: Gustav Schmidt
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 441
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Ueber die Bewegung der comprimirten Luft in langen guſseisernen Röhren. Stockalper und G. Schmidt, über die Bewegung der Luft in Röhren. Ueber die wichtige Frage des Röhrenwiderstandes der comprimirten Luft zum Zwecke der Kraftübertragung theilt E. Stockalper, Oberingenieur zu Göschenen am Gotthard-Tunnel, in der Revue universelle des mines, 1880 Bd. 7 S. 257 bis 280 die folgenden Versuchsresultate mit. V0 die in der Secunde durch die Röhre strömende Luftmenge in Cubikmeter, reducirt auf atmosphärische Spannung, d Durchmesser der Röhre in Meter, l Länge der Leitung in Meter, p1 absolute Spannung in Atmosphären am Anfangspunkt der Leitung, p2 Spannung am Endpunkt, \frac{p_1+p_2}{2}=p mittlere Spannung, p1p2 = z Spannungsverlust in Atmosphären, t mittlere Temperatur der Luft, V das Volumen V0, reducirt auf p und t mittels: V=\frac{V_0}{p}(1+0,00367\,t), \delta=\frac{10334\,p}{29,27(273+t)}=\frac{1,2932\,p}{1+0,00367\,t} das Gewicht von 1cbm der comprimirten Luft, u=\frac{V}{1/4\,\pi\,d^2} die Geschwindigkeit der strömenden Luft in Meter. Nr. 1 2 3 4 5 6 V0 =   0,936   0,936   0,623   0,623   0,520   0,520 d =   0,200   0,150   0,200   0,150   0,200   0,150 l = 4600 522 4600 522 4600 522 p1 =   5,66   5,24   4,35   4,13   3,84   3,65 p2 =   5,24   5,00   4,13   4,00Das unmittelbare Versuchsergebniſs p2= 4,06 wird von dem Verfasser als „wahrscheinlich ein Beobachtungsfehler“ bezeichnet. Wir setzen hier den muthmaſslich richtigen Werth in Rechnung. G. S.   3,65   3,545 p =   5,42   5,12   4,285   4,065   3,745   3,597 z =   0,36   0,24   0,22   0,13   0,19   0,105 t = 21 26,5 21 26,5 21 26,5 V =   0,185   0,200   0,156   0,168   0,149   0,158 δ =   6,500   6,03   5,14   4,79   4,49   4,23 u =   5,889 11,318   4,966   9,516   4,747   8,942 u2 = 34,677 128,09 24,66 90,56 22,53 79,96 Stockalper vergleicht diese Ergebnisse zunächst mit der von Darcy angegebenen Formel für den Verlust an Druckhöhe für je 1m bei der Bewegung des Wassers. Diese lautet: J=\frac{2\,b_1\,u^2}{d}=\frac{32}{\pi^2}\ \frac{b_1\,V^2}{d^5}=3,2423\,\frac{b_1}{d^5}\,V^5, wobei b_1=\frac{1}{10^8}\,\left(50700+\frac{1294}{d}\right). Der Coefficient \alpha=3,2423\,\frac{b_1}{d^5} in der Formel J=\alpha V^2 ist von Darcy für d= 0,01\mbox{ bis }1,00 experimentell bestimmt worden und variirt dabei von 58395000 bis 0,00168275. Für die Anwendung auf Luft schreibt Stockalper J=\alpha\,V^2\,\frac{\delta}{1000} Meter Wassersäule, somit z=\frac{J\,l}{10334} Atmosphären . . . .(1) Auſserdem berechnet Stockalper den Druckverlust in Kilogramm für 1qm nach folgenden Formeln: nach Girard, d'Aubuisson, Pecqueur: 10334\,z=0,024\,\frac{l}{d}\,\delta\,\frac{u^2}{2\,g} . . . (2) nach Weisbach: 10334\,z=\frac{0,12}{\sqrt{u}}\ \frac{l}{d}\ \delta\,\frac{u^2}{2\,g}. . . . . . (3) nach Morin: 10334\,z=\frac{u^2}{2\,g}\,\delta\left(1+0,0252\,\frac{l}{d}\right). . . (4) nach Arson:Mémoires de la Société des Ingenieurs civils de France, 1867. 10334\,z=\frac{4\,l}{d\,10^6}\,\delta\,(a\,u+b\,u^2), . . . (5) wobei für d = 0,2, a = 330, b = 395 d = 0,15, a = 440, b = 430. Der unterzeichnete Berichterstatter fügt zum Vergleich die Berechnung nach folgender der Darcy'schen Formel nachgebildeten und aus den Stockalper'schen Versuchen abgeleiteten Formel bei: z=\frac{76}{10^{10}}\ \frac{l}{d}\,\delta\,\left(5+\frac{1}{d}\right)\,u^2 . . . . (6) Nr. 1 2 3 4 5 6 Formel (1) 0,57 0,30 0,32 0,17 0,25 0,135 (2) 0,61 0,31 0,345 0,175 0,27 0,14 (3) 1,25 0,46 0,76 0,29 0,63 0,23 (4) 0,64 0,34 0,30 0,15 0,29 0,15 (5) 0,90 0,48 0,52 0,27 0,41 0,22 (6) 0,394 0,238 0,221 0,134 0,177 0,104 Beobachtet 0,36 0,24 0,22 0,13 ?0,06 ? 0,19 0,105 Die Formel (6) entspricht daher den Beobachtungen sehr gut, wodurch die Stockalper'sche Methode den Dacy'schen Typus beizubehalten gerechtfertigt erscheint; nur wäre statt des Darcy'schen Werthes b_1=\frac{1}{10^8}\left(50700+\frac{1294}{d}\right) vielmehr zu setzen b_2=\frac{3927}{10^8}\left(5+\frac{1}{d}\right), um zur Formel (6) zu gelangen.Für Wasser wäre jedoch die Formel z^{at}=\frac{76}{10^7}\ \frac{l}{d}\left(5+\frac{1}{d}\right)n^2 schlecht passend, sondern ist am besten zu setzen: z^m=\frac{7\,l}{10^5\,d}(u+20\,n^2).G. S. Für d=0^m,085 ist b_2=b_1, für gröſsere Durchmesser b_2 < b_1. Will man den Druckverlust als Wassersäule ausgedrückt haben, so ist: z=\frac{785}{10^{10}}\ \frac{l}{d}\,\delta\left(5+\frac{1}{d}\right)u^2 . . . . (7) In Kilogramm für 1qm folgt: z=\varphi\,\frac{l}{d}\,\delta\,\frac{u^2}{2\,g} und \varphi=0,00154\left(5+\frac{1}{d}\right), . . . . (8) wonach für d=0^m,15,\ \varphi=0,018 statt 0,024 nach Girard. Weisbach gibt für eine Zinkröhre von 24mm Durchmesser bei 25 bis 80m Geschwindigkeit \varphi=0,023\mbox{ bis }0,013 an und fand ebenfalls, daſs φ abnimmt, wenn d wächst. Nach Weisbach's Versuchen scheint jedoch dieser Factor φ der √u verkehrt proportional zu sein, während er nach den Stochalper'schen Versuchen von u unabhängig wäre. Die Zahl der Versuche ist noch nicht groſs genug, um eine endgültige Form aufstellen zu können. Insbesondere ist doch nicht sicher gestellt, ob bei dem Stockalper'schen Versuch Nr. 4 wirklich ein so bedeutender Beobachtungsfehler vorgekommen ist, oder ob nicht etwa der Fehler auf die 3 Versuche Nr. 2, 4, 6 zu vertheilen ist, derart, daſs die Weisbach'sche Formel \varphi=\frac{0,12}{\sqrt{u}} einfach auf \varphi=\frac{0,036}{\sqrt{u}} zu reduciren wäre, womit für die 6 Versuche folgt: z = 0,375, 0,138, 0,228, 0,087, 0,189, 0,069at statt 0,360, 0,240, 0,220, 0,060, 0,190, 0,105 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Fehler   + 15 – 102     + 8   + 27     – 1   – 36. Die Fehler bei Versuch Nr. 2 und 6 müſsten dann durch Undichtheit der Leitung erklärt werden. Vorläufig dürfte es am sichersten sein, sich unserer Formel (6) zu bedienen. Gustav Schmidt.