Titel: Ueber das Blindwerden der Maroccofelle.
Fundstelle: Band 238, Jahrgang 1880, S. 485
Download: XML
Ueber das Blindwerden der Maroccofelle. Eitner, über das Blindwerden der Maroccofelle. Schwarzes Schaf- oder Ziegenleder nimmt zuweilen in der Glanzmaschine keinen oder nur einen geringen Glanz an, oder es werden nur einzelne Stellen glanzlos, oder aber das fertige Leder verliert den ursprünglichen Glanz wieder. Da es wenig Mittel gibt, derartig blind gewordene Felle auf den Glanz zu bringen, so soll man möglichst dafür sorgen, daſs dieses Blindwerden überhaupt nicht eintritt, obgleich manche Leder von Natur aus zu diesem Fehler so hinneigen, daſs sie, einmal in der Zurichterei, selbst bei sorgsamster Behandlung nicht tadellos aus der Appretur hervorgehen. Unter den Ursachen dieser Art steht nach W. Eitner (Der Gerber, 1880 S. 234) das Naturfettsein oder Speckigsein der Leder obenan. Allerdings enthält, namentlich bei einzelnen Schafen, die Lederhaut selbst, mehr noch das Unterhautzellgewebe, gröſsere Fettmengen; durch richtige Behandlung in der Weiche, im Aescher und bei der Reinmacherarbeit erhält man aber dennoch ein Leder, welches nicht speckig ist. Ist dies aber versäumt, sind die Leder stark fett, namentlich im Rücken und Hals, so kommt der Zurichter nie damit zu einem guten Ende. Bei niederem Fettgehalt hilft ein Bürsten dieser Leder mit einer mäſsig starken Sodalösung, nachdem man die Felle zuvor in erwärmtem Wasser gehörig aufgeweicht, gewalkt und auf dem Baum ausgestoſsen hat. Nach dem Bürsten mit Soda wäscht man sie im Walkfaſs oder in der Kurbelwalke gut mit viel lauwarmem Wasser aus, um das verseifte Fett fort zu schaffen. Häufig muſs dann aber das Leder in Sumach oder Lohe nachgegerbt werden. Eine weitere Art Fettung als Ursache des Blindwerdens kommt bei einigen Sorten ostindischer Ziegen oder Lammleder vor, welche nicht selten am Herstellungsplatze mit bis zu 30 Proc. Fett, gewöhnlich Palmkernfett, beschwert werden, mehr als hinreichend, obigen Fehler hervorzubringen. Solche Leder müssen so warm wie möglich geweicht, dann bei zuflieſsendem warmem Wasser gewalkt, einige Mal warm ausgereckt und wieder warm gewalkt werden, wodurch ein groſser Theil dieses Fettes aus dem Leder gebracht wird. Wird der angegebene Vorgang zu beobachten versäumt und wird durch Zugabe von gröſseren Mengen Soda oder Potasche in das Blauholz das Schwärzen, welches sonst fast unmöglich ist, dennoch ermöglicht, dann sitzt an der Narbe eine seifige schwarze Schmiere, über welche die Glanzkugel kaum weggleiten, geschweige denn einen Glanz hervorbringen kann. Etwas ähnliches tritt ein, wenn, wie dies manchmal geschieht, die Leder vor dem Schwärzen geschmiert und zwar entweder zu viel, oder mit einem unrichtigen Schmiermaterial, wozu auſser echtem Degras alle anderen Fettstoffe gerechnet werden müssen, geschmiert wurden. Blinde Stellen zeigen sich beim Glänzen an Fellen, deren Narbe durch Fäulniſs gelitten hat, und an solchen, die im gegerbten Zustand sogenannte matte Stellen haben, die man häufig als Blutflecken bezeichnet. Hier ist eben die Narbe nicht geschlossen und kann daher keinen Glanz geben; diese Blindheit ist unheilbar. Zu den Ursachen des mangelhaften Glanzes oder einer gröſseren oder geringeren Blindheit der Maroccofelle, bei welchem der Zurichter selbst Schuld trägt und die demnach verhütet werden können, gehört das schlechte und ungenügende Auswaschen der Leder beim Beginn des Zurichtens. Sind die Felle nicht gut gereinigt, so bildet sich bei dem nachherigen Schwärzen eine Rufskruste an der Oberfläche der Narbe. Beim Glänzen entsteht dann, wenn der Schmutz in den Fellen nicht fettig war, zwar ein guter Glanz, der aber beim späteren Krispeln und Abthranen durch die Loslösung des Ruſses verloren geht; fettiger Schmutz schmiert schon beim Glänzen, so daſs gar kein rechter Glanz entsteht. Sehr wichtig für die Erreichung eines schönen und dauerhaften Glanzes sind die zum Schwärzen verwendeten Stoffe und die Art und Weise ihrer Anwendung. Für das Schwärzen soll nur Lagunenblauholz, welches ½ Jahr an einem feuchten, warmen Orte gelagert hat und oft umgeschaufelt wurde, verwendet werden. Das Auskochen über freiem Feuer hat sich bei Blauholz bisher in Bezug auf die Beschaffenheit der Brühen am besten bewährt. Die zum Schwärzen zu verwendende Blauholzbrühe soll nicht über 5 bis 6 Tage lang gestanden haben, da eine alte Brühe schleimig und schmierig wird. Blauholzextract ist nicht empfehlenswerth, da dasselbe immer mit Melasse versetzt ist; vorzüglich dagegen ist eine Auflösung von Hematine (vgl. 1880 237 464). Für die Hervorbringung eines hohen Glanzes bei tief schwarzer Farbe ist die Sand'sche Lederschwärze (1875 218 463) besonders empfehlenswerth. Ein übermäſsiger Zusatz von Alkalien zur Blauholzfarbe wirkt ungünstig auf den Glanz. Beim Schwärzen soll so trocken wie möglich gearbeitet und Blauholz sowohl, als Schwärze gut eingerieben werden; die Schwärze darf man nicht eher auftragen, als bis der Blauholzgrund in das Leder eingezogen ist. Es kommt manchmal, namentlich in gröſseren Fabriken vor, daſs die geschwärzten Felle nicht sogleich weiter zugerichtet, sondern so lange gelagert werden, bis die Reihe des Zurichtens an sie kommt, d.h. wenn Bedarf für die bestimmten Sorten, auf welche diese Felle verarbeitet werden sollen, eintritt. Man zieht es nämlich vor, die Felle geschwärzt statt im fertigen Zustande zu lagern, weil die fertige Waare durch Lagern an Ansehen verliert: ein frisch zugerichtetes Fell ist immer hübscher als ein gelagertes, besonders wenn die Zurichtung nicht ganz vorzüglich ausgeführt wurde. Wenn nun solche zum Lagern bestimmte geschwärzte Felle nicht ganz gut ausgetrocknet wurden oder an feuchten Orten lagern, so tritt auf ihnen sehr rasch und zwar zuerst an der geschwärzten Narbenseite Schimmelbildung auf. Solche verschimmelten Felle glänzen sich nicht, auch wenn man sie nochmals überschwärzt. Waren die Leder im lohgaren Zustande verschimmelt, so nehmen die Schimmelflecke die Schwärze nur schwer an und bleiben röthlich; solche Felle müssen nachgegerbt werden. Auch gut getrocknetes Leder muſs auf dem Lager oft nachgesehen werden. Sind die vorhandenen Verhältnisse der Aufbewahrung nicht günstig, so bestreicht man die Felle nach dem Schwärzen mit einer Lösung von 2g salicylsaurem Natron in 1l Wasser; Salicylsäure wird durch den Gerbstoff des Leders unwirksam (vgl. 1875 217 137). Unter Anglänzen versteht man das Bestreichen der Narbenseite mit Stoffen, welche theils selbst der Narbe einen leichten Glanz geben, theils dieselbe für die Pressung der Glaskugel empfänglicher machen. Für bessere Ledersorten besteht dieser Glanz aus einer Mischung von zu Schnee geschlagenem Eiweiſs und Leinöl, welche mit Blauholzabkochung verdünnt wird, für geringeres Leder aus Blutserum mit Blauholzabkochung. Wird hierbei das Eiweiſs nicht gut zu Schnee geschlagen, das Oel damit nicht gleichmäſsig emulsirt, so erhält man blinde Stellen, ebenso wenn zu viel Blut genommen wird. Durch unvorsichtiges Anfeuchten der Felle vor dem Stoſsen mit der Maschine erhält man ebenfalls mangelhaft glänzendes Leder. Sitzt auf den Fellen in Folge schlechten Auswaschens, schlechter Farbstoffe oder schlechter Anwendung derselben nicht fetter, trockener Ruſs, so genügt ein Ausreiben der Narbenseite mit trockenen Falzspänen und mit Werg. Ist der Ruſs seifig, so reibt man mit einem Lappen aus, den man mit verdünntem Spiritus anfeuchtet. Ist aber Fett oder andere Schmiere vorhanden, so ist zum Ausreiben Berberitzensaft empfehlenswerth (vgl. 1876 219 184). Hat man es mit bereits fertigem wenig glänzendem und blindem Leder oder solchem Leder zu thun, dessen anfänglich guter Glanz in Folge schlechten Schmiermaterials beim späteren Schmieren ganz oder theilweise verloren ging, dann muſs das Ausreiben mit Berberitzensaft zuletzt vorgenommen werden, wobei allerdings die Arbeit eine weit schwierigere ist als ein Ausreiben vor dem Glänzen. Der Berberitzensaft wird nicht nur für das Auffrischen erblindeten Leders, sondern auch dazu benutzt, um überhaupt auf geschwärztem Leder einen hellen schönen Glanz hervorzubringen.