Titel: Herstellung von Selenwiderständen für Photophonzwecke; von A. Weinhold in Chemnitz.
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 160
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Herstellung von Selenwiderständen für Photophonzwecke; von A. Weinhold in Chemnitz. Weinhold's Herstellung von Selenwiderstände für Photophonzwecke. Auf eine etwa fingerstarke, einige Centimeter lange Glasröhre von etwa 1mm,5 Wandstärke werden nahe an jedem Ende je zwei dünne Glaszapfen aufgeschmolzen, die zum Anhängen von Drähten dienen; damit diese nicht abgleiten, werden die freien Enden der Zapfen kugelig verdickt. Der dünne Theil der Zapfen soll etwa 1mm lang und dick, der daran sitzende Kopf etwa 2mm dick sein. Nach dem Anbringen der Zapfen erhält die Glasröhre einen ganz dünnen Ueberzug eines recht zähen Aetzgrundes; sehr geeignet dazu ist das sogen. Münchener Siegelwachs. In diesen Ueberzug ritzt man auf einer Leitspindeldrehbank mittels einer nicht ganz scharfen Stahlspitze eine feine, zweigängige Schraubenlinie von einem Knöpfchenpaar bis zum andern; die Steighöhe der Schraubenlinie soll etwa 0mm,8, der Abstand der einzelnen Gänge also etwa 0mm,4 sein. Die Spitze schleift man so zu, daſs die Breite des vom Aetzgrund befreiten Glasstreifens ebenso groſs oder etwas gröſser wird als die Breite des stehen bleibenden Aetzgrundstreifens. Nachdem die Enden der Glasröhre mit Korken verschlossen und auch diese mit Aetzgrund überzogen worden sind, hängt man die Röhre 5 bis 8 Minuten in wässerige Fluſssäurelösung, spült sie dann ab und reinigt sie vom Aetzgrund und den in den eingeätzten Gängen haftenden Ueberresten des zersetzten Glases; die Schraubengänge fallen im Glase etwa ebenso tief aus, als sie breit sind. Feine Messingdrähte, deren Durchmesser merklich kleiner ist als der Abstand der Schraubengänge von Mitte zu Mitte, also Drähte von 0mm,3 oder weniger Durchmesser, werden in die beiden Schraubenlinien straff eingewickelt. Sie bekommen zuerst an einem Ende Oesen, mit denen sie an die Zapfen an einem Röhrenende angehängt werden; nach dem Aufwickeln auf die Glasröhre werden sie mit dem anderen Ende an die Glaszapfen am zweiten Röhrenende festgeknüpft; ein Stück von einigen Centimeter Länge zur Verbindung mit einer Klemmschraube läſst man am zweiten Ende jedes Drahtes stehen. In den sehr schmalen Zwischenraum zwischen den beiden schraubenförmig aufgewundenen Drähten wird das Selen eingeschmolzen; diese Operation erfordert groſse Sorgfalt, wenn sie ein brauchbares Resultat geben soll. Wird das Selen in Berührung mit dem Messing nur im geringsten zu stark oder zu lange erhitzt, so erhält man ein Product, das merklich schwieriger krystallinisch wird als reines Selen und sowohl im glasigen, als im krystallinischen Zustande viel besser leitet als reines krystallinisches Selen, für die Einwirkung des Lichtes aber unempfindlich ist. Erwärmt man die Glasröhre mit den Messingdrähten zu wenig, so daſs das aufgebrachte Selen nicht rasch schmilzt, so wird dieses krystallinisch, bevor es am Messing adhärirt, und muſs dann zu stark erhitzt werden, um wieder zu schmelzen. Ziemlich sicher gelingt das Aufschmelzen des Selens auf folgende Weise: Die Glasröhre wird auf eine kleine, mit einer Kurbel versehene Achse aufgesteckt, gedreht und durch eine unter ihr hin- und hergeführte Gasflamme so weit erwärmt, daſs das blanke Messing eben anfängt, sich etwas dunkler zu färben; hierauf wird die Gasflamme entfernt und ein 4 bis 5mm dickes Selenstäbchen mit schwachem Drucke längs der Röhre hingeführt, während man diese mittels der Kurbel ziemlich rasch dreht; dabei muſs, wenn die Temperatur richtig getroffen ist, das ganze Präparat sich sofort mit einer gleichmäſsig dünnen Selenschicht bekleiden, die unmittelbar darauf erstarrt und und zwar gewöhnlich gleich krystallinisch. Tritt das Krystallinischwerden nicht ganz vollständig ein, so läſst man das Präparat erkalten und erwärmt es in einem schwach geheizten Luftbade langsam auf etwa 180°; dadurch wird das Selen leicht und sicher in den gewünschten Zustand übergeführt. Die Selenstäbchen kann man, wenn man sie nicht im Handel direct erhält, leicht aus granulirtem Selen herstellen, wenn man dieses rasch zum Schmelzen erwärmt und schnell wieder abkühlen läſst; es wird vor dem völligen Erkalten plastisch wie erwärmter Siegellack, so daſs man leicht Stäbchen zwischen den Fingern rollen kann. Kurze Selenstäbchen schmilzt man behufs bequemerer Handhabung an einen etwas längeren Glasstab. Die auf die angegebene Weise erhaltenen Selenwiderstände haben im Dunkeln etwa 300 bis 500, bei einseitiger Beleuchtung durch eine ganz nahe Gasflamme weniger als halb so viele Siemens-Einheiten, bei allseitiger Bestrahlung noch weniger. Durch Veränderung der Dimensionen kann man natürlich die Gröſse des Widerstandes beliebig ändern. Wie groſs der Widerstand zu nehmen ist, um eine möglichst gute Wirkung zu geben, dies hängt natürlich ab von den constanten Widerständen des Telephons, der Batterie und der Leitungsdrähte und von der Intensität der anzuwendenden Beleuchtung. Ist S der Widerstand des Selens im Dunkeln, n das das Verhältniſs des Widerstandes im beleuchteten zu dem im unbeleuchteten Zustande, C die Summe der constanten Widerstände, so erhält man die stärkste Aenderung der Stromintensität für S=\frac{C}{\sqrt{n}}. (Elektrotechnische Zeitschrift, 1880 S. 423.)