Titel: Bunte's Verdampfversuche.
Autor: Gustav Schmidt
Fundstelle: Band 240, Jahrgang 1881, S. 409
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Bunte's Verdampfversuche. G. Schmidt, über Bunte's Verdampfversuche. Gleichzeitig mit Schröter's S. 245 d. Bd. besprochenen Untersuchungen der nominell 150pferdigen Compoundmaschine, welche aber während der Versuche nur mit 132e indicirt oder 116e effectiv arbeitete, nahmen Docent Dr. Bunte und Genossen die Versuche an den Kesseln vor. Aus denselben ziehe ich folgende Tabelle: 1880 6. April 7. April 5. April 8. April H 6948 6948 4353 4353 F   174     87   174   174 R       3,12       1,95       2,70       2,70 B   119,2    110,9    196,7    207,6 M   928,4    902,6    861,8    885,3 t 0     44,7      46,5      47,1      46,7 w   162,6    163,6    163,2    163,9 M 1   890,3    864,3    827,5    848,7 L 0     10,0      10,0       7,0        7,0 n       1,80        1,64       3,5        3,1 L     18,0      16,4     24,5      21,7 η       0,685        0,714       0,613        0,598 F : R     55,8      44,6     64,4      64,4 M1 : F       5,12        9,93       4,74        4,88 M1 : B       7,47        7,79       4,19        4,09 B : R     38,2      56,9     50,4      76,9 t 1 1294 1411   662    688 t 2   363    406   276    265 t 3   133    158   181    161 in welcher bedeutet: H die Heizkraft der Saarkohle, beziehungsweise Grieskohle, F die von 1 oder 2 Kesseln verwendete Heizfläche in Quadratmeter, R die hierbei verwendete variirte Rostfläche in Quadratmeter, B der Kohlenaufwand in der Stunde in Kilogramm, M die stündliche Speisewassermenge in Kilogramm bei t0 Speisewassertemperatur und w Grad Kesselwassertemperatur, M1 die stündliche Speisewassermenge reducirt auf 0° Wassertemperatur und 100° Dampftemperatur, L0 die theoretische Luftmenge für 1k Kohle (von Bunte nicht angegeben, sondern von mir aus der Zusammensetzung der Kohle gerechnet), L = nL0 die wirklich zugeführte Luftmenge für 1k Kohle, aus den angegebenen Werthen von n berechnet, η der Wirkungsgrad des Kessels, gleich Quotient aus der in den Kessel  wirklich eingedrungenen Wärmemenge und der Heizkraft nach Bunte's Berechnung. t1 die hier berechnete Anfangstemperatur der Rauchgase über dem Rost, t2 die hier berechnete Temperatur der Gase an derjenigen Stelle des Kessels, wo die Verdampffläche aufhört und die Vorwärmfläche anfängt, t3 die beobachtete Temperatur der Gase im Fuchskanal. Aus den auffallend kleinen Werthen von M1 : F, nämlich der für 1qm Heizfläche stündlich verdampften reducirten Wassermenge, geht sofort hervor, daſs es ein Fehler war, bei irgend einem Versuch beide Kessel zu heizen, sondern daſs, so wie am 7. April, immer nur 1 Kessel zu heizen gewesen wäre. Ich habe aus meinen bisherigen diesbezüglichen Studien die empirische Regel gezogen, daſs unter Voraussetzung einer hohen Esse, die bei 160° Temperatur der Rauchgase den erforderlichen Zug gewährt, keine gröſsere Heizfläche als: F=\frac{500\,M}{H} . . . . . . (1) verwerthet werden kann und der Rest der Heizfläche ganz wirkungslos ist. In vorliegendem Falle folgt hiermit die nutzbare Heizfläche bei Saarkohle = 66qm, jene bei Grieskohle = 100qm. es wäre also ein Kessel mit 87qm Heizfläche für alle Fälle vollständig ausreichend gewesen für die Leistung von 115e effectiv, wobei ohnehin schon 0qm,75 für 1e effectiv entfällt, was für eine Compoundmaschine eine groſse Heizfläche ist. Auch mit 0qm,6 für le effectiv, oder 0qm,5 für 1e indicirt erhält man sehr gute Resultate. Bei Verwendung nur eines Flammrohrkessels am 7. April wurde für 1qm Rostfläche stündlich 56k,9 Kohle verbrannt, was noch immer mäſsig ist, und würde dieselbe Rostfläche von 1qm,95 auch für die Grieskohle bei 207k,6 stündlichem Verbrauch verwendet worden sein, so würde für 1qm und Stunde 106k entfallen sein, was auch bei dem Flammrohrrost noch zulässig ist. Bei äuſserem Mehl'schen oder Bolzano'schen Rost kann man ganz gut 150k Braunkohle für 1qm und Stunde verbrennen, ja es kommt auch eine sehr erhebliche Ueberschreitung dieser Zahl oft genug vor. Ich habe mir schon vor einigen Jahren zur Berechnung der Rostfläche die empirische Formel gebildet: R=\frac{10\,M}{H} . . . . . . (2) Nach derselben wäre bei M = 900k für die Saarkohle eine Rostfläche von R = 1,2 und für die Grieskohle eine Fläche von R = 2qm,1 erforderlich und zwar in dem Sinne, daſs man bei äuſserer Feuerung um 10 bis 15 Procent weniger Rostfläche geben darf als nach dieser Formel. Die vorhandenen 1qm,95 hätten wohl auch für die innere Feuerung eben noch genügt. Unsere Behauptung, daſs bei sämmtlichen Versuchen die Heizfläche zum groſsen Theil ganz unwirksam war, werden wir zu begründen suchen, indem wir die Anfangstemperatur t1 ermitteln. Diese folgt aus der Formel: t_1=\frac{\zeta_1\,H}{0,244\,(1+L)}+20, . . . . . (3) in welcher ζ1 H die am Rost nutzbar gemachte Heizkraft < H, ferner 0,244 die Wärmecapacität der Rauchgase und 20 die Temperatur der Luft im Kesselhaus bedeuten. Bei einem guten äuſseren Rost kann man ζ1 = 0,9 annehmen, für den Flammrohrrost nehme ich jedoch ζ1 = 0,85 an und finde hiermit beziehungsweise: t_1= 1294 1411 615 688° Dies gibt in Verbindung mit: t_3= 133 158 181 161 t_1-t_3= 1161 1253 434 527 \frac{t_1-t_3}{t_1}= 0,897 0,888 0,706 0,766. Ein Theil der von den Gasen abgegebenen Wärmemenge geht aber nicht in den Kessel, sondern in das Mauerwerk und durch Ausstrahlung verloren. Wird der die nutzbare Wärmemenge bestimmende Coefficient = ζ2 gesetzt, so muſs sein: \zeta_1\,\zeta_2\,\left(\frac{t_1-t_3}{t_1}\right)=\eta, . . . . . . (4) woraus sich, da η aus der Beobachtung bekannt ist und ζ1 = 0,85 angenommen wurde, der Werth von ζ2 ergibt: ζ2 = 0,898 0,946 1,022 0,918. Nur der dritte dieser Werthe ist unmöglich, der hohe zweite Werth ist möglich, weil hierbei nur ein Kessel in Betrieb war, also der procentuale Wärmeverlust 1 – 0,946 = 0,054 allerdings kleiner sein muſste als bei Verwendung von 2 Kesseln mit 1 – 0,898 = 0,102. Wir glauben daher nur den dritten Werth corrigiren und gleich dem vierten Werth ζ2 = 0,918 annehmen zu sollen. Dann erhalten wir für den dritten Fall den Werth von ζ1 durch Verbindung der Gleichungen (3) und (4): t_1-20=\frac{H}{0,244\,(1+L)}\ \frac{\eta\,t_1}{\zeta_2\,(t_1-t_3)} . . . . . . . (5) t_1-20=699,6\,\frac{0,613\times\,t_1}{0,918\,(t_1-181)}=467,2\,\left(\frac{t_1}{t_1-181}\right), woraus t1 = 662° folgt, also t_1-t_3=482,\ \frac{t_1-t_3}{t_1}=0,728,\ \zeta_1=\frac{0,613}{0,728\times\,0,918}=0,917. Auch dieser Werth von ζ1 ist noch annehmbar, da die Menge der zugeführten Luft den hohen Werth L = 3,5 L0 besaſs, also die Verbrennung am Rost relativ vollkommener, wenn auch bei geringerer Temperatur als im 4. Fall erfolgen konnte. Wir betrachten demnach als gegeben: t1= 1294 1411 662 688, nehmen für alle 4 Fälle die Kesselwassertemperatur w = 163, die zugehörige Flüssigkeitswärme q = 165, die Speisewassertemperatur t0 = 47, auch q0 = 47, somit die zur Vorwärmung von 1k Wasser erforderliche Wärmemenge q1 = q – q0 = 118 an und setzen ferner mit Schröter voraus, daſs 97 Procent der Speisewassermenge wirklich verdampft werden. Die Verdampfungswärme bei der Temperatur w = 163 ist nach Clausius: r=607-0,708\,w=491,6, . . . . . . . (6) somit für 1k Speisewasser: r1 = 0,97 × 491,6 = 477 Hierzu die Vorwärmemenge q1 = 118 ––––– gibt die ganze Wärmemenge für 1k Speisewasser λ1 = r1 + q1 = 595. Hiermit läſst sich die Zwischentemperatur t2 der Gase berechnen, nach der bekannten und selbstverständlichen Beziehung: \frac{t_2-t_3}{t_1-t_3}=\frac{q_1}{\lambda_1}=\frac{118}{595}=0,1983, . . . . . . (7) womit t2 – t3 =   230   248   95 104 hierzu t3 =   133   158 181 161 folgt t2 =   363   406 276 265. Mit den hieraus folgenden Werthen von: t1w = 1131 1248 499 525 t2w = 200 243 113 102 und dem gegebenen Werth von: M = 928,4 902,6 861,8 885,3 folgt nach der bekannten logarithmischen Formel, wenn sie, wie es streng genommen sein muſs, nur auf die wahre Verdampffläche f1 angewendet wird: f_1=\frac{M\,r_1}{k\,(t_1-t_2)}\,log\,nat\,\left(\frac{t_1-w}{t_2-w}\right), . . . . . . . (8) der mit dem von Redtenbacher angegebenen Normalwerth des Wärmedurchgangscoefficienten bei unreinen Flächen k = 23: f_1=\frac{0,1\,M\,r_1}{t_1-t_2}\,log\,vulg\,\left(\frac{t_1-w}{t_2-w}\right) . . . . . . . (9) Mit r1 = 477 folgt: f1 = 35,8 30,4 68,7 71,0. Auf der Vorwärmefläche ist: ½ (t2+ t3) = 248 282 228,5 213 ½ (w + t0) = 105 105 105 105, –––––––––––––––––––––––––––––– also die mittlere Temperaturdifferenz: Δ = 126 159 117 101 k Δ = 3289 4071 2841 2484, die zum Vorwärmen erforderliche Wärmemenge: M\,q_1= 109550 106510 101700 104460, also die erforderliche Vorwärmefläche: f_2=\frac{M\,q_1}{k\,\Delta}= 33,3 26,2 35,8 42,0, mithin die wirksame Gesammtfläche: f1 + f2 = 69 57 105 113 Unwirksam 105 30 69 61 –––––––––––––––––––––––––––– Zusammen 174 87 174 174. Auf die wirksame Fläche F = f1 + f2 bezogen, wäre: M : F = 13,5 15,8 8,2 7,8. Auch dies sind noch sehr kleine Werthe, nachdem bei Flammrohrkesseln M : F = 15 als Normalwerth angenommen werden kann, sobald dem Brennmateriale weniger überschüssige Luft zugeführt und die Essentemperatur etwas höher gehalten wird. Erst die so erhaltenen Werthe von M : F sind vergleichbar mit jenen Werthen, welche meine empirische Formel liefert: \frac{M}{F}=\frac{2}{3}\ \frac{k}{23}\ \frac{600}{\lambda_1}\,[4,5+3\,a+\,(1,36+0,2\,a)\,b], . . . . . . . . (10) welche für normale Fälle, bei denen k = 23 und die für 1k Wasser zuzuführende Wärmemenge λ1 = 600c ist, einfach übergeht in: \frac{M}{F}=\frac{2}{3}\,[4,5+3\,a+\,(1,36+0,2\,a)\,b] . . . . . .  . (11)Vgl. Mittheilungen des Architekten- und Ingenieurvereines in Böhmen, 1872 Heft 2 Seite 26. Der Maschinenbauer, 1872. Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1878. In derselben bedeutet: a=\frac{t_3-w}{100},\ b=\frac{t_1-w}{100} . . . . . . . (12) Die Brauchbarkeit dieser rein empirischen Formel wurde nachgewiesen für t1 = 900 bis 1400° und t3 – 200 bis 500°. Im vorliegenden Falle ist aber die Endtemperatur t3 der Rauchgase nur bei dem Versuch vom 5. April > w, bei den anderen 3 Versuchen < w und bei allen < 200°, daher eigentlich nicht mehr die Bedingung der Anwendbarkeit vorhanden. Erlauben wir uns aber dennoch die Formel (10) anzuwenden, so finden wir:        a = – 0,30 – 0,05 – 0,02 – 0,02        b =   11,31   12,48    4,99    5,25 M : F =   12,2   14,1    7,5    7,7, welche Werthe von den eben erhaltenen: M : F  =   13,5   15,8    8,2    7,8 schon bei weitem nicht so sehr abweichen, wie die unmittelbar aus den Versuchen resultirenden Tabellenwerthe, welche nur durch unsere Annahme, daſs ein groſser Theil der Heizfläche unwirksam ist, begreiflich werden. Durch diese Erfahrung werden wir zu der Idee angeregt, daſs das Element der zugeführten Wärmemenge überhaupt gar nicht = k (t – w) df, sondern etwa = k (t – w – 100) df und dafür der Coefficient k entsprechend gröſser gesetzt werden sollte. Dies wäre eine Correctur in demselben Sinne, nur weniger ausgiebig wie die R. Werner'sche Hypothese, daſs die elementare Wärmemenge = k (t – w)2df zu setzen sei, welche wegen der Bedeutung der absoluten Temperatur (273 + t), die ohnehin schon dem Quadrat der Moleculargeschwindigkeit proportional ist, theoretisch nicht wohl haltbar ist. Vielleicht kommen wir bei anderer Gelegenheit hierauf zurück. Es bleibt noch übrig anzugeben, wie Bunte die Correctur von M auf M1 gerechnet hat. Es war z.B. am 8. April in 12 Stunden M = 10624k bei w = 163,9, also λ = 606,5 + 0,305 w = 656,4 und λ – t0 = 610c,7, während bei w = 100° und t0 = 0° der Werth λ – t0 = 637° ist. Folglich ist M1 = 10624 × (610,7 : 637) = 10185 und für eine Stunde M1 = 848,7 und M1 : F = 4,88. Die Reduction von M auf M1 ist also so gemacht worden, als ob alles Speisewasser wirklich verdampft worden wäre. Richtiger wäre die für 1k Wasser zuzuführende Wärmemenge zu setzen: 0,97 × 611 + 0,03 × 118 = 596 statt 611, d.h. man müſste die Werthe \frac{M_1}{F} und \frac{M_1}{B} noch um 2½ Proc. vermindern, oder, was damit gleichwerthig wäre, annehmen, daſs sich die Tabellenwerthe auf Speisewasser von 16° und Dampf von 100° beziehen. Gustav Schmidt.