Titel: Ueber die Bestimmung von Alkalien.
Fundstelle: Band 241, Jahrgang 1881, S. 138
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Ueber die Bestimmung von Alkalien. Ueber die Bestimmung von Alkalien. Gelegentlich der Untersuchung von Säuren auf geringe Mengen von Ammoniak machte Th. Salzer (Zeitschrift für analytische Chemie, 1881 S. 225) die Beobachtung, daſs Ammoniak durch Zusatz einiger Tropfen des Neſsler'schen Reagens nicht nachweisbar ist, wenn man vorher die Säuren durch kohlensaures Alkali übersättigt hat; selbst eine anfangs entstandene Färbung oder Trübung verschwindet wieder beim Umschütteln der Flüssigkeit. Es ist nämlich die in solchen Flüssigkeiten enthaltene halb gebundene Kohlensäure im Stande, die Bildung von Tetramerkurammoniumjodid gleich einer freien Säure zu verhindern. Da nun die meisten Brunnenwasser Calciumbicarbonat, oft auch das entsprechende Magnesiasalz, gelöst enthalten und schon deshalb durch Neſsler's Reagens getrübt werden, so ist empfohlen, das Wasser mit kohlensaurem und ätzendem Alkali im Ueberschuſs zu versetzen, nach einiger Zeit von dem Niederschlag abzugieſsen und dann erst das Neſsler'sche Reagens hinzuzufügen; hierdurch wird also gleichzeitig die freie Kohlensäure gebunden und unschädlich gemacht. Diese Vorsichtsmaſsregel muſs aber auch bei denjenigen Wassern angewendet werden, welche keine Erdalkalien enthalten, und ganz besonders bei denen, welche gröſsere Mengen freie Kohlensäure oder saure kohlensaure Alkalien enthalten. Da nun die Aetzalkalien selten frei von Ammoniak sind, so ergibt sich daraus die weitere Noth wendigkeit, eine gleiche Menge ammonfreien destillirten Wassers mit derselben Menge ätzendem und kohlensaurem Alkali und derselben (nicht zu geringen) Menge Reagens zu versetzen und dann die Farbe der beiden Flüssigkeiten mit einander zu vergleichen. Zum Nachweis freier oder halb gebundener neben vollständig gebundener Kohlensäure müssen ganz geringe Mengen von Reagens wie von Ammonsalz genommen werden, da das überschüssige Reagens durch sein freies Alkali die Kohlensäure binden würde, gröſsere Ammoniakmengen aber nicht nur gelbe Färbung, sondern auch einen gelbrothen Niederschlag erzeugen würden, welcher, wenn einmal gebildet, durch Schütteln mit der Kehlensäure haltigen Flüssigkeit nur schwierig wieder in Lösung zu bringen ist. Durch Auflösung von 0g,315 Salmiak in 1l Wasser erhält man eine Flüssigkeit., welche zur quantitativen Ammoniakbestimmung gut verwendbar ist und welche in 1cc 0mg,1 Ammoniak enthält. Bringt man nun 10cc Wasser in ein Reagensgläschen und fügt einen Tropfen dieser Ammonlösung zu, so wird durch einen Tropfen von Neſsler's Reagens deutlich gelbe Färbung hervorgerufen, einerlei ob das Wasser eine Temperatur von 10° oder von 50° hat. Bei 15 und 20cc Wasser und je 1 Tropfen der Reagentien war die Färbung nur dann zu beobachten, wenn das Wasser vorher durch Auskochen von dem gröſsten Theile der Kohlensäure befreit worden war. Wurde den 10cc Wasser eine Auflösung von 5mg sauren kohlensauren Kalis (entsprechend 1mg,1 halb gebundener Kohlensäure) und ein Tropfen Ammonlösung zugefügt, so verursachte ein Tropfen Reagens keine Färbung; ein oder zwei weitere Tropfen riefen dieselbe jedoch hervor. Aehnlich können noch 0mg,5 freie Kohlensäure dadurch nachgewiesen werden, daſs sie eine weniger intensive Färbung der Flüssigkeit bedingen. Die gleichzeitige Gegenwart wechselnder Mengen neutraler kohlensaurer Alkalien zeigt sich auf die Empfindlichkeit der Reaction ohne Einfluſs. Die quantitative Bestimmung der freien oder halb gebundenen Kohlensäure läſst sich durch ein einfaches, auf dieses Verhalten gegründetes Meſsverfahren nicht ausführen. Zum Nachweis von Alkalihydrat neben kohlensaurem Alkali werden etwa 10cc der zu untersuchenden Flüssigkeit mit einem Tropfen der oben erwähnten Salmiaklösung mit 10mg saurem kohlensaurem Kali und einem Tropfen von Neſsler's Reagens versetzt; eintretende Gelbfärbung zeigt die Gegenwart von mindestens etwa 3mg Alkalihydrat an; bleibt jedoch die Flüssigkeit farblos, so enthält sie jedenfalls weniger als die angegebene Menge Alkalihydrat. Da es sich bei der Werthbestimmung von Aetzkali und Aetznatron meist nur um die Frage handelt, ob ein Aetzkali eine gewisse Menge reines Alkalihydrat enthält oder nicht, so dürfte die Antwort leichter, rascher und ebenso genau dadurch zu erlangen sein, daſs man das Aetzkali mit der entsprechenden Menge von reinem doppelt kohlensaurem Kali vermischt, in Wasser löst und sieht, ob alsdann zugefügtes Ammonsalz durch Neſsler's Reagens nachweisbar ist. 1 Mol. = 100 Th. saures kohlensaures Kali neutralisiren 1 Mol. = 56 Th. Kalihydrat oder 40 Th. Natronhydrat; durch einfache Rechnung ergibt sich daraus, daſs 100 Th. Aetzkali, welches x Procent reines Kalihydrat enthält, 100/56 x Theile saures kohlensaures Kali neutralisiren können. Man wird also z.B., wenn ein Aetzkali 80 Proc. Kali enthalten soll, dann 10g Probe abwägen, mit 14g,28 saurem kohlensaurem Kali gemischt in 50 bis 100cc Wasser auflösen, nach erfolgter Klärung etwa 10cc herausnehmen, mit einem Tropfen der oben erwähnten Salmiaklösung und dann mit ein oder zwei Tropfen von Neſsler's Reagens versetzen; die gelbe Farbe wird sofort hervortreten, andernfalls enthält das Aetzkali weniger als 80 Proc. Kalihydrat und die weiter nothwendige Menge von Reagenszusatz läſst auf den Grad der Minderwerthigkeit schlieſsen. Hat man die 10g Aetzkali zu 100cc Flüssigkeit gelöst und eine Normallösung von saurem kohlensaurem Kali zur Hand, so läſst sich durch einige Proben in ganz kurzer Zeit auch die Menge des Kalihydrates bis auf 0,1 Proc. genau bestimmen. Als sehr empfindliches Reagens auf kaustische Alkalien empfiehlt W. Bachmeyer in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1881 S. 234 eine Lösung von Tannin, welche noch bei 1mg Aetzkali auf 1l Wasser durch Eintritt einer rothen bis rothbraunen Färbung erkannt werden kann. Nach R. B. Warder (American Chemical Journal, 1881 Bd. 3 S. 55) gibt 0g,1 Phenolphtaleïn als Indicator in der Alkalimetrie in 100 Th. Wasser erst mit 1cc Hundertstelnormalkali eine deutliche blaſsrothe Färbung; Bicarbonate färben Phenolphtaleïn nicht. Als Indicator zur Bestimmung des Kausticitätsgrades von Alkalilösungen ist es nicht empfehlenswerth (vgl. 1877 225 516). Für farblose Flüssigkeiten empfiehlt W. Langbeck in der Chemical News, 1881 Bd. 43 S. 161 als Indicator eine Lösung von 1 Th. Nitrophenol in 5000 Th. Wasser, welche auf Zusatz einer Spur von Alkali gelb gefärbt wird. Zur Bestimmung des Kalis mittels Platinchlorid will T. Morrell (Journal of the American Society, 1880 Bd. 2 S. 145) das erhaltene Kaliumplatinchlorid in Wasser lösen, mit Jodkalium versetzen und die entstehende Farbe mit denjenigen vergleichen, welche Platinlösungen von bekanntem Gehalt nach dem Versetzen mit Jodkalium zeigen (vgl. Chemisches Centralblatt, 1880 S. 826). Am 1. Mai 1880 schickte R. Tatlock ein Rundschreiben an die Kalisalzfabrikanten Deutschlands, in welchem das folgende Verfahren zur Bestimmung des Kaligehaltes der Kalisalze empfohlen wird: Löse 35g der Probe in Wasser, filtrire wenn nöthig und verdünne auf 500cc. Bringe 10cc dieser Lösung in eine kleine Porzellanschale, füge 20cc Wasser zu, rühre um und füge dann 30cc einer Platinchloridlösung zu, welche in 100cc 7g Platin enthält. Verdampfe im Wasserbade, aber nicht zur völligen Trockne, füge einige Tropfen Wasser zu, verdampfe wiederum, behandle den Niederschlag unter gutem Umrühren mit 2cc der Platinchloridlösung, bringe ihn auf ein Filter, wasche ihn auf demselben mit noch 1cc der Platinchloridlösung und wasche nun Schale, Filterinhalt und Filter mit so wenig als möglich Alkohol von 95 Proc. Trockne nunmehr das Filter auf dem Wasserbade, bringe den Niederschlag möglichst vollständig in eine kleine Platinschale, trockne ihn bei 100° und wäge, das Filter aber, dem noch Spuren des Niederschlages anhaften, äschere ein, wäge den Rückstand (Pt + 2KCl), berechne ihn auf Kaliumplatinchlorid und addire das so erhaltene Gewicht zu der bereits gefundenen Menge des letzteren. Im Auftrage der Chlorkaliumfabriken zu Leopoldshall und Staſsfurt haben Zuckschwerdt und West (Zeitschrift für analytische Chemie, 1881 S. 185) dieses Verfahren geprüft. Zu diesem Zweck wurde reines Chlorkalium in Kaliumplatinchlorid übergeführt und dieses wieder zersetzt, um völlig reines Chlorkalium zu erhalten. Nach dem Verfahren von Tatlock wurden in demselben 99,53 bis 99,80, im Mittel 99,683 Proc., nach dem in Staſsfurt üblichen Verfahren 99,90 bis 100,11, im Mittel 100,023 Proc. aufgefunden, wenn K2PtCl6 = 488,20.Nach den Untersuchungen von K. Seubert (Liebig's Annalen, 1881 Bd. 207 S. 1) ist das Atomgewicht des Platins 194,46. Demnach sind bei der Bestimmung von Ammoniak als Ammoniumplatinchlorid, Pt(NH4)2Cl6 = 442,67, auf 100 Th. des Salzes 8,137 Th. Ammonium in Rechnung zu setzen. Für das Kaliumplatinchlorid ergeben sich folgende Zahlen:BerechnetGefundenPt194,46  40,119  40,1102KCl148,79  30,697  30,685Cl4141,46  29,184  29,211–––––––––––––––––––––––––––484,71100,000100,006. Drei der letzten Analysen ergaben, nachdem der getrocknete Niederschlag später auch nach Tatlock behandelt, d.h. das Filter verascht wurde, im Durchschnitt statt 100,020 nur 99,917 Proc. Es wurden ferner Versuche mit Mischungen von reinem Chlorkalium und reinem Chlornatrium angestellt, welche den gewöhnlichen Handelsproben ungefähr entsprachen. Bei 90 Proc. Chlorkalium und 10 Proc. Chlornatrium wurde nach der Methode von Tatlock erhalten 89,693 Proc. Chlorkalium statt 90,00, nach Staſsfurter Methode 90,066 Proc. statt 90,00. Bei 85 Proc. Chlorkalium und 15 Proc. Chlornatrium ergab sich nach der Methode von Tatlock statt 85,00 nur 84,635 Proc., nach Staſsfurter Methode statt 85,00 blos 84,94 Proc. Die Resultate nach der Tatlock'schen Methode sind also durchschnittlich um etwa 0,35 Proc. zu niedrig, während die nach Staſsfurter Methode erhaltenen der Wahrheit hinlänglich nahe kommen. Die Erklärung hierfür liegt einmal darin, daſs Platinchlorid Kaliumplatinchlorid in ziemlichen Mengen löst. 100cc einer Lösung von 7g Platin in 100cc lösten bei etwa 30stündigem Schütteln am Schwungrade einer Dampfmaschine 325mg K2PtCl6. Concentrirtes Platinchlorid löst allerdings weniger; immerhin bleibt der Fehler so bedeutend, daſs sich die ersten Tropfen des Filtrates nach Tatlock durch Zusatz von absolutem Alkohol trüben und mikroskopische Krystalle von Kaliumplatinchlorid ausfallen. So gaben bei einer Analyse nach Tatlock 2g,1 KCl 6g,8553 K2PtCl6 = 2g,095 oder 99,76 Proc. Chlorkalium. Aus dem alkoholischen Waschwasser wurden noch 0g,0195 K2PtCl6 entsprechend 0g,005959 oder 0,284 Proc. KCl abgeschieden. Auſserdem entsteht bei dem Verbrennen des Filters ein merklicher Verlust durch Verdampfen von KCl, welcher von der Menge des am Filter haften gebliebenen Niederschlages abhängig ist. Auſser diesen beiden offenbaren Fehlerquellen hat die Tatlock'sche Methode noch folgende kleinere Nachtheile: Das Abmessen von 10cc einer Lösung von 35g in 500cc ist eine sehr schwierige Arbeit, da ein Tropfen Verlust bereits einen Fehler von 0,5 Proc. KCl gibt bei 100procentigem Salz. Tatlock bringt den Inhalt des zum Abdampfen benutzten Porzellanschälchens mit Hilfe von zuerst 2, nachher noch 1cc Platinchloridlösung auf das Filter und wäscht dann mit Alkohol aus; das Decantiren ist aber namentlich bei gröſseren Mengen Niederschlag stets die schnellere und sicherer zum Ziele führende Methode des Auswaschens. Zu berücksichtigen ist noch der Ueberschuſs an Platinchlorid; denn während zu 0g,7 Chlorkalium nur 0g,925 Platin gehören, verwendet Tatlock 2g,1. Die Tatlock'sche Methode gibt daher keine richtigen Resultate und ist deshalb vollkommen zu verwerfen. Die Fresenius'sche Methode ist offenbar eine solche, welche vollkommen genaue Resultate liefert, nur ist sie für die Praxis etwas zu umständlich und glauben die Verfasser daher für den Gebrauch in Fabriken der folgenden in Leopoldshall-Staſsfurt allgemein üblichen Methode den Vorzug geben zu müssen: 10g der gut gemischten Probe werden in einem Halbliter-Kolben gelöst, bis zur Marke aufgefüllt, geschüttelt, ein entsprechender Theil abfiltrirt und davon 20cc (= 0g,4) abgemessen. Dieselben werden in einer Porzellanschale mit 7cc einer Lösung von Platinchlorid versetzt, welche 10g Platin in 100cc enthält. Da Handelsanalysen selten mehr als 20 Proc. Chlornatrium haben, so ist stets ein bedeutender Ueberschuſs an Platinchlorid vorhanden. Der Inhalt der Schale wird dann auf dem Wasserbade unter öfterem Umschütteln oder Umrühren bis zur Syrupconsistenz verdampft, so daſs nach dem Erkalten die Masse trocken erscheint. Die freie Salzsäure ist dabei zum gröſsten Theil verjagt. Nach dem Erkalten übergieſst man die Masse mit etwa 10cc Alkohol von 95 Proc. (absoluter Alkohol gibt dieselben Resultate), zerreibt mit einem Glasstäbchen die Masse gründlich und gieſst das Waschwasser durch ein gewogenes Filter, spritzt wieder Alkohol auf (diesmal genügt eine etwas kleinere Menge), reibt die Masse wiederum durch, gieſst das Waschwasser ab und wiederholt diese Operation nochmals. In der Regel wird bei dem zweiten Decantiren die Farbe der Auswaschflüssigkeit – und somit der Gehalt an Platindoppelsalzen – nur noch sehr gering sein; beim dritten Male verschwindet sie sicher ganz, andernfalls die Operation nochmals wiederholt werden müſste. Der Niederschlag, der nun aus vollkommen reinem Kaliumplatinchlorid besteht, wird dann mit Hilfe der Alkoholspritzflasche auf das Filter gebracht und dasselbe nach etwa ½stündigem Trocknen bei 110 bis 115° unter denselben Bedingungen wie das leere Filter gewogen. Die Gesammtmenge des verbrauchten Alkohols beträgt in der Regel 50cc.