Titel: F. E. Voigt's und F. Lappe's Dampfmaschinen mit hin- und hergehendem Cylinder.
Autor: Whg.
Fundstelle: Band 243, Jahrgang 1882, S. 269
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F. E. Voigt's und F. Lappe's Dampfmaschinen mit hin- und hergehendem Cylinder. Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 22. [F. E. Voigt's und Lappe's Dampfmaschinen mit hin- und hergehendem Cylinder.] Die beiden in den Fig. 1 bis 7 Taf. 22 dargestellten Dampfmaschinen von Friedr. E. Voigt in Berlin (* D. R. P. Nr. 13640 vom 2. November 1880) und von F. Lappe in Ravensburg, Württemberg (* D. R. P. Nr. 15234 vom 1. December 1880) haben beide das Eigenartige gemein, daſs die Cylinder eine hin- und hergehende Bewegung haben, unterscheiden sich aber dadurch von einander, daſs bei der Voigt'schen Maschine (Fig. 1 bis 4) der Kolben gleichfalls hin- und hergeht (in entgegengesetztem Sinne zum Cylinder), bei der Lappe'schen Maschine (Fig. 5 bis 7) aber der Kolben festgestellt ist; auſserdem ist die Steuerung bei beiden eine ganz verschiedenartige. F. E. Voigt hat bei seiner Maschine eine Doppelschiebersteuerung mit durch den Regulator veränderlicher Füllung benutzt. Die Schieber befinden sich an den Enden des Cylinders, so daſs die schädlichen Räume gering ausfallen. In den beiden starr mit einander verbundenen Grundschiebern sind die Kanäle auf dem Rücken getheilt, um ein schnelles Oeffnen und Schlieſsen zu erreichen. In der Mitte der Grundschieberstange befindet sich ein Schlitz, in welchen ein horizontal auf dem Cylinder liegender Hebel eingreift. Letzterer steht andererseits mit zwei verticalen Hebeln e und f in Verbindung, welche beim Hin- und Hergang des Cylinders abwechselnd gegen feststehende Rollen c und d stoſsen und hierdurch am Ende jedes Hubes eine schnelle Umstellung der oder vielmehr des (zweitheiligen) Grundschiebers veranlassen. Die beiden Expansionsschieberstangen sind mit den oberen Armen der kleinen Ankerhebel w verbunden, deren untere Arme durch Federn l und m stets nach auſsen gezogen werden, einem Oeffnen der Expansionsschieber entsprechend. Die mittleren Arme der Ankerhebel w tragen parallel geführte brückenartige Schienen o und n, welche, sobald sie beim Hin- und Hergang des Cylinders gegen die Rollen p und q stoſsen, den Schluſs der Expansionsschieber verursachen. Die Rollen p und q stützen sich oben gegen eine feststehende Schiene und werden beim Steigen des Regulators nach innen, beim Fallen nach auſsen geschoben, wodurch ein früherer oder späterer Dampfabschluſs herbeigeführt wird. Der Cylinder ist einerseits durch zwei Lenkstangen mit der Kurbelwelle, andererseits mit den Kolbenstangen der Condensator- und der Speisepumpe verbunden. Statt der letzteren können auch groſse Pumpen für Wasserleitungszwecke u. dgl. angeordnet sein. Die gewählte Einrichtung bietet für den Betrieb von Pumpen den Vortheil, daſs ohne weitere Uebersetzungen die Kolbengeschwindigkeit im Dampfcylinder doppelt so groſs ausfällt als im Pumpencylinder. Es kann ferner das Gestell der Maschine leicht gebaut sein; auch wird die Inanspruchnahme der Kurbelwelle etwas günstiger ausfallen als bei feststehendem Cylinder. Nachtheile sind die groſse, vom Cylinder verursachte Reibung und die nothwendige Führung der Dampfzufluſs- und Abfluſsröhren in Stopfbüchsen. Beachtenswerth ist die Einrichtung, durch welche die das innere Dampfzuleitungsrohr a abdichtende Stopfbüchse von auſsen angezogen wird. F. Lappe scheint die Anordnung des beweglichen Cylinders nur gewählt zu haben, um bei der benutzten Steuerung mit im Kolben liegenden Ventilen die mit dem Kolben verbundenen Dampfzuleitungs- und Ableitungsrohre feststellen zu können. Auf denselben gleitet der Cylinder, durch Stopfbüchsen abgedichtet, hin und her. Die ziemlich unvollkommene Steuerung mittels der Doppelventile G und H, welche am Ende jedes Kolbenhubes durch Anstoſsen an die Cylinderdeckel umgestellt werden, ist schon früher von Chr. Eberhard (* D. R. P. Nr. 7704) ausgeführt worden. Hier ist sie durch Hinzufügung eines besonderen Expansionsventiles J verbessert worden. Dasselbe wird durch einen Daumenmuff mit schraubenförmiger Abfallkante, welche in der Längsrichtung verschoben werden kann, zu Anfang jedes Kolbenhubes, also bei jeder Kurbeldrehung zweimal, geöffnet und durch eine starke Blattfeder wieder geschlossen. Abgesehen von der Einfachheit der Steuerung bietet die Maschine keine bemerkenswerthen Vortheile. Dagegen ist auch hier die vom Cylinder verursachte groſse Reibung und der Uebelstand, daſs das heiſse Dampfzuführungsrohr durch eine Stopfbüchse geführt ist, vorhanden. Whg.

Tafeln

Tafel Tafel 22
Tafel 22