Titel: Ueber die Herstellung von Spiritus.
Fundstelle: Band 244, Jahrgang 1882, S. 386
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Ueber die Herstellung von Spiritus. Ueber die Herstellung von Spiritus. Den Verhandlungen der 29. Generalversammlung des Vereines der Spiritusfabrikanten in Deutschland entnehmen wir nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1882 S. 87, 113 und 137 folgende Mittheilungen. M. Märcker bespricht die Bestimmung des Raffinationswerthes des Rohspiritus. Bei Anwendung eines bestimmten Rohstoffes entsteht regelmäſsig ein Rohspiritus von ganz bestimmtem Charakter, den man schon durch den Geruch und Geschmack erkennen kann, so daſs die Rohstoffe einen sehr erheblichen Einfluſs auf die Bildung der Nebenproducte haben, welche bei der Raffination ausgeschieden werden müssen. So enthält der Melassenspiritus sehr groſse Mengen Aldehyd, während Roggenspiritus wenig Aldehyd, aber mehr Amylalkohol enthält. Ferner ist die Art und Weise der Behandlung der Rohstoffe in den Brennereien von ganz erheblichem Einfluſs auf die Zusammensetzung des erzielten Spiritus. Maisspiritus, welchen man bei niedrigem Druck und kurzer Dämpfung erzeugt, ist bei weitem reiner als der bei hoher Temperatur und langer Dämpfung hergestellte, weil sich im letzteren Falle wahrscheinlich Fettsäureäther bilden. Auch die Hefe ist von wesentlichem Einfluſs auf die Natur des entstehenden Productes. Brefeld zeigte, daſs die lebenkräftigste, best ernährte Hefe auch einen Alkohol von fast völliger Reinheit erzeugen kann, fast ohne die Bildung von Fuselöl oder sonstigen homologen Alkoholen, welche zwischen dem Fuselöl und dem Aethylalkohol stehen und für die Raffination die allergefährlichsten Beimengungen des Rohspiritus bilden. Wir wissen, daſs, je mehr eine Hefe kränkelt und sich dem Absterben nähert, um so weniger Alkohol sie zu erzeugen im Stande ist und in um so gröſserer Menge die erwähnten Nebenproducte auftreten, so daſs man schon an dem Geruch des Destillats, welches durch eine kräftige, gut ernährte, vollkommen ausgebildete, junge Hefe erzeugt wurde, gegenüber einer Hefe, welche kränkelt, die Natur der Hefe erkennen muſs, ob sie gut ernährt war, oder ob Fehler bei der Entwicklung der Hefe stattfanden. Märcker fand ferner, durch Untersuchung verschiedener Spiritusproben, daſs in denjenigen Brennereien, welche schlecht ziehen, niemals ein guter Spiritus erzeugt wird, daſs unter schlechten Verhältnissen erzeugter Spiritus auch sehr geringwerthig ist. Je vollkommener dagegen der Verlauf der Gährung, je besser der Betrieb der Brennerei ist, um so reiner und werthvoller ist auch das Product. Es gilt nun ein Verfahren anzubahnen, den Spiritus von dem Raffinadeur nach seinem Rafflnationswerth bezahlen zu lassen, denjenigen Brennereien, welche gut arbeiten, den Vortheil, welchen sie durch die gute Leitung ihres Betriebes haben, auch wirklich voll zu Gute kommen zu lassen. Hierzu ist aber ein Verfahren nöthig, um den Reinheitsgrad des Rohspiritus ebenso leicht schätzen zu können als etwa den sogenannten Quotienten des Zuckers. Das einzige Mittel, welches Märcker bis jetzt hat auffinden können, um die Verunreinigungen zu trennen, ist die fractionirte Destillation. Es wird sich nun darum handeln, durch Untersuchungen, welche Hand in Hand mit dem Spiritusraffinadeur ausgeführt werden müssen, nachzuweisen, wie groſs der Raffinationswerth eines Spiritus ist, welcher nach einer im Laboratorium vorgenommenen Fraction bestimmte Producte gibt. Er hat ferner versucht, die Nebenproducte durch verschiedene Stoffe abzuscheiden oder nach verschiedenen Verfahren zu schätzen. Das Destilliren über Fett erwies sich als völlig unbrauchbar; auch mittels Chlorcalcium konnte kein völlig reiner Aethylalkohol erzielt werden. Farbstoffe, welche nicht im Alkohol, wohl aber in den fuselartigen Stoffen löslich sind, konnten nicht gefunden werden, weil die Eigenschaften der dem Aethylalkohol folgenden Alkohole jenem so nahe stehen, daſs sie fast das gleiche Lösungsvermögen haben. Nur das in Frankreich längst eingeführte Savalle'sche Diaphanometer kann anscheinend wenigstens zur oberflächlichen Beurtheilung des Werthes des Rohspiritus verwendet werden. Kocht man nämlich reinen Aethylalkohol mit Schwefelsäure, so färbt er sich nicht, während die Verunreinigungen desselben gelbe bis braune Färbungen erzeugen. Savalle hat dem entsprechend eine Farbenscale aufgestellt, um danach die Menge der Verunreinigungen schätzen zu können. Bis jetzt stimmen die Destillationsversuche mit dem Savalle'schen Verfahren annähernd überein. Man wird damit zwar nicht ohne weiteres den Raffinationswerth des Spiritus feststellen können; wohl aber kann man unterscheiden, ob man es mit einem reinen oder verunreinigten Spiritus zu thun hat. Pampe hat gefunden, daſs es vorzugsweise auf die physikalische Mischbarkeit dieser Verunreinigungen mit dem Aethylakohol ankommt. So ist z.B. Aldehyd ganz besonders mischbar mit Aethylalkohol, verschlechtert daher den Werth des Rohspiritus sehr, während sich Amylalkohol leicht abscheiden läſst. Kartoffelspiritus, welcher vorzugsweise Amylalkohol enthält, wird daher besser bezahlt als Maisspiritus und Melassespiritus. Die Frage, ob ein aus Roggen unter Mitverwendung von Mais hergestellter Spiritus als Kornspiritus verkauft werden dürfe, wird von M. Märcker u.a. dahin beantwortet, daſs Kornspiritus lediglich aus Roggen hergestellt werden soll, ein Zusatz von Maisspiritus aber als Fälschung anzusehen sei. Dagegen heiſst in Amerika der Maisspiritus officiell Kornsprit. M. Delbrück behandelt die Maischdestillir- und Rectificationsapparate. Während man früher zur Fertigstellung von 2 Maischungen etwa 10 Stunden gebrauchte, werden jetzt 3 Maischen bequem in 7 Stunden fertig gestellt. Es muſs demnach auch die Leistungsfähigkeit der Destillirapparate erhöht werden, da man nur während des Maischens abgehenden Dampf hat. Ein Blasenapparat in Biesdorf, welcher früher nur 400 bis 500l in der Stunde verarbeitete, wurde durch Weigel dahin umgeändert, daſs seine Leistungsfähigkeit auf stündlich 700 bis 800l stieg. Dennoch ist es fraglich, ob es nicht vortheilhafter wäre, die alten periodisch arbeitenden Apparate durch ununterbrochen wirkende zu ersetzen. Zur Entscheidung dieser Frage wurde der Dampfverbrauch verschiedener Apparate in der Weise festgestellt, daſs die Wärmemenge bestimmt wurde, welche in Maische und Kühlwasser beim Abfluſs mehr enthalten war als beim Zufluſs. Gewisse Anhaltspunkte erhält man bereits aus der Vermehrung der Schlempe, einschlieſslich des Lutterwassers, da diese um so gröſser ist, je mehr Dampf verbraucht wurde. Für 100l Maische gab an Schlempe und Lutterwasser ein hölzerner Blasenapparat 125l, der von Weigel veränderte Blasenapparat 135 bis 139l, der continuirliche Apparat von Ilges bei Erzielung von 90 procentigem Alkohol 118l Schlempe, der von Christoph bei 86 procentigem Alkohol 113l und ein von Bohm gelieferter Colonnenapparat 116l,5 Schlempe. Die ununterbrochen arbeitenden Apparate stellen sich demnach wesentlich günstiger als die älteren Constructionen. Der erwähnte hölzerne Blasenapparat gebrauchte für 100l Maische 272l Wasser, welches mit 47° abfloſs, der Weigel'sche Apparat 134 und 179l Wasser mit 69 und 65°, entsprechend einem Wärmeverbrauch gleich 6,4 und 5k,8 Kohlen. Der Apparat von Ilges gebraucht für 100l Maische 95l Wasser mit 65° Erwärmung, entsprechend 4k,4 Kohlen, der von Christoph 116l mit 48°, entsprechend 4k,2 Kohlen und der von Bohm 76l Wasser mit 62,5° Erwärmung oder 4k Kohlen. Die ältere Construction des continuirlichen Colonnenapparates erfordert demnach den geringsten Dampfverbrauch. Die neueren Constructionen von Christoph und Ilges haben eben das Bestreben, den Apparat möglichst einfach zu gestalten und gerade aufzubauen, während die ältere Construction den unförmlichen Dephlegmator anwendet. In diesem wird aber die Maische kostenfrei durch die Wärme vorgewärmt, welche doch so wie so den Spiritusdämpfen entzogen werden muſs. Den neueren Apparaten fehlen diese Vorwärmer, sie gebrauchen daher auch mehr Dampf; dagegen stellen sie sich in der Anschaffung billiger als die älteren Apparate. Sehr empfehlenswerth ist bei diesen Apparaten die Anbringung eines Dampfregulirventiles. Die Frage, ob eiserne oder kupferne Destillirapparate anzuwenden sind, wird von verschiedenen Seiten dahin beantwortet, daſs sich die guſseisernen Apparate sehr gut halten, wenn nur dafür gesorgt wird, daſs der Dampf nicht direct gegen eine Fläche eintritt, damit nicht die sich abscheidende, schützende Graphitschicht entfernt wird. Uebrigens werden auch die kupfernen Apparate angegriffen, wenn sie auch etwas widerstandsfähiger gegen saure Maische sind als eiserne. Bei Versuchen über die Verzuckerung mit Malz fand Petzold, daſs bei Anwendung eines vorher auf 61° erwärmten Malzauszuges 30 bis 40 Procent weniger Zucker gebildet wurde als bei der normalen Verzuckerung. Bei vorheriger Erwärmung auf 50° wurde der Unterschied sehr gering, so daſs der schädliche Einfluſs erst über 50° beginnt. Ob man den Malzauszug auf einmal zur Stärke gab, oder ihn allmählich zusetzte, hatte auf die Verzuckerung keinen Einfluſs, ebenso wenig ob man die ganze Diastasemenge zur ganzen Stärkemenge gab, oder die Diastase auf einen Theil der Stärke einwirken lieſs und nach der Verzuckerung dann diese Flüssigkeit dem Stärkerest hinzufügte. Nach M. Delbrück kommt es bei Anwendung des Henze'schen Dämpfers nur darauf an, daſs die höhere, schädlich wirkende Temperatur eine möglichst kurze Zeit dauert. Bläst man von vorn herein so scharf aus, daſs sofort beim Beginn die Temperatur von 59 bis 61° erreicht wird, und hält man während der ganzen Dauer des Ausblasens diese Temperatur fest, so wird kein günstiges Gährungsresultat erzielt. Es genügt also keineswegs, wenn man beim Maischen die Temperatur von 61° nicht überschritten hat, da man trotzdem schlecht gearbeitet haben kann, sondern man muſs von 50° an langsam mit der Temperatur steigen und mit 61° enden. Wenn man dagegen mit dem Hollefreund'schen Apparat arbeitet, wo das Malz auf einmal mit der ganzen Stärke zusammengemischt wird, so geschieht die Erwärmung in Gegenwart groſser Mengen Zucker und ist dann für die Diastase weniger schädlich, als wenn sie in Gegenwart von Wasser geschieht. Wenn man beim Henze'schen Apparat von vorn herein das ganze Malz zugibt und nun die Temperatur durch wenig heiſse Kartoffelmasse steigert, dann geschieht die Erwärmung in Gegenwart von wenig Zucker und in diesem Falle scheint die Diastase geschädigt zu werden. Salzsäure führt Stärke leichter in Zucker über als Malz. Man hat in Biesdorf verschiedene Versuche nach dem Verfahren von Wassmuſs ausgeführt, und zwar wurde ein kupferner Apparat aufgestellt, in welchem die Ueberführung der Stärke der Kartoffeln in Zucker durch Salzsäure geschieht. Dabei hat sich herausgestellt, daſs allerdings die Ueberführung eine sehr schnelle und vollständige ist und daſs die dabei erzeugte, sehr dunkel aussehende Schlempe dem Vieh nicht nachtheilig ist, da die Salzsäure mit Soda neutralisirt wird. Der Versuchsapparat war jedoch zu klein, so daſs die gewonnene Maische nicht die für unser Steuersystem nothwendige Concentration hatte. Es darf nicht zu viel Salzsäure angewendet werden, da das gebildete Kochsalz hemmend auf die Gährthätigkeit der Hefe wirkt (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1881 S. 813). Bei der Dampfzuleitung für Henze'sche Dämpfer darf nach M. Delbrück der Dampf nicht zu fein vertheilt werden, da er dann nicht den erforderlichen Stoſs ausüben kann. In Biesdorf ist daher die Leinhaas'sche Schlange durch 5 Dampfeinströmungen ersetzt, welche am Conus des Henze'schen Apparates an verschiedenen Stellen verheilt sind. Dadurch ist es gelungen, die Dämpfzeit für Mais wesentlich zu verringern und sogar Mais und Kartoffeln gemeinsam zu dämpfen. Kiepert hat die 5 kupfernen Einströmungsröhren ähnlich angeordnet und zwar von unten nach oben spiralförmig, so daſs, wenn sämmtliche 5 Dampfeinströmungen in Thätigkeit sind, der im Wasser schwimmende Mais im Henze'schen Dämpfer in eine drehende Bewegung versetzt wird, wie sie in früherer Zeit bekanntlich durch Rührwerke hervorgebracht wurde. Mittels dieser Vorrichtung kann man den Mais innerhalb einer Stunde vollständig gar dämpfen, so daſs dadurch eine Menge Kohlen erspart wird. Man brachte diese Einströmungen auch an dem Henze'schen Dämpfer, welcher zur Verarbeitung von Kartoffeln dient, an und es hat sich gezeigt, daſs im vorigen Jahr, wo ja zum Theil erfrorene Kartoffeln eingemaischt werden muſsten, das Dämpfen derselben auch leichter von statten ging als durch die bisher üblichen 2 Einströmungen. Nach Franke hat sich in Biesdorf herausgestellt, daſs, wenn die Maische länger als gewöhnlich gedämpft wurde, die Saccharometeranzeige höher war, die Ausbeute an Spiritus dagegen schlechter. Die Bestimmung des Stärkegehaltes der Körnerfrüchte wurde nun früher so ausgeführt, daſs der fein gemahlene Mais oder Roggen bei 50° mit Malzauszug verzuckert und dann unter Hochdruck bei 4at mehrere Stunden erhitzt wurde. Die Resultate fielen aber so niedrig aus, daſs zur Controle reine Kartoffelstärke in gleicher Weise behandelt wurde. Dabei stellte sich heraus, daſs auf diese Weise etwa 5 Proc. durch den Hochdruck zerstört wurden, daſs also der Zucker, den man vorher sorgfältig erzeugt hatte, bei dieser Temperatur verbrannt wurde, d.h. in Stoffe überging, weiche nicht mehr gährungsfähig waren. Da nun jede Stärke haltige Substanz mehr oder weniger Zucker enthält und auf jeden Fall durch den Hochdruck die Stärke in Zucker übergeführt wird, wenn auch nur in geringer Menge, so ist immer eine gewisse Vorsicht anzuwenden, daſs man die Temperatur bei diesem Dämpfen nicht zu sehr steigert; denn was vielleicht an Aufschlieſsung dadurch gewonnen wird, geht andererseits wieder verloren. Bei dem Riebe'schen Verfahren, wo bekanntlich der geschrotene Mais erst eine Verzuckerung erleidet, ehe er in den Dämpfer kommt, ist ganz besonders aufmerksam darauf zu machen. Die nach dem Verfahren von Wassmuſs mit Salzsäure hergestellte Maische war Tinte ähnlich, die Saccharometeranzeige war 14, der Zuckergehalt nur 7 Proc., ein Umstand, welcher nur dadurch erklärlich ist, daſs der durch die Salzsäure im Dämpfer gebildete Zucker wieder verbrannt worden ist. Jedenfalls ist hier Vorsicht zu empfehlen und wird man bei nicht zu starkem Dämpfen jedenfalls reineren Spiritus erzeugen, wahrscheinlich auch bessere Ausbeute haben. M. Delbrück bemerkt hierzu, daſs ausgewachsener Roggen und erfrorene Kartoffeln ihres Zuckergehaltes wegen bei niedriger Temperatur gedämpft werden müssen.