Titel: Ueber die Herstellung von Presshefe.
Fundstelle: Band 244, Jahrgang 1882, S. 448
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Ueber die Herstellung von Preſshefe. Ueber die Herstellung von Preſshefe. Die Ausnutzung der Stickstoff haltigen Stoffe in der Preſshefefabrikation untersuchte M. Hayduck (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1882 S. 90). Um den Antheil des in den Rohstoffen enthaltenen Stickstoffes zu bestimmen, welcher von der Hefe assimilirt werden kann, wurden die fein geschrotenen Rohstoffe mit destillirtem Wasser von 50°, bezieh. mit verdünnter Säure bei derselben Temperatur ausgezogen; im Filtrat wurde die Gesammtmenge der aufgelösten Proteine bestimmt, dann in der Flüssigkeit, nach Zusatz einer geeigneten Menge Zucker, Hefe ausgesäet und nach beendeter Hefenentwicklung der Stickstoff abermals bestimmt. Den Unterschied zwischen dem jetzt in der Lösung befindlichen und dem gesammten vorher darin enthaltenen Stickstoff gab die von der Hefe assimilirte Stickstoffmenge. Fein geschrotener, 10 Proc. Protein enthaltender Roggen wurde mit 50° warmem Wasser ausgezogen und zwar bei verschiedenen Versuchen 1 bis 8 Stunden, um die Versuchsdauer zur Lösung einer möglichst groſsen Menge von Proteinstoffen festzustellen. Bei 1stündiger Behandlung lösten sich 33,3 Procent des gesammten Proteins, bei den 6 bis 8 Stunden dauernden Versuchen 38 Proc. Ein gewisser Theil der Proteinstoffe des Roggens ist somit im Wasser sehr leicht löslich, so daſs in 1 Stunde fast ebenso viel in Lösung übergeführt wird als in 8 Stunden. Bei dem 1stündigen Versuche waren in der Lösung 8 Proc. assimilirbares Protein, beim 6stündigen 16 Proc. vorhanden, so daſs man aus der erhaltenen Menge des gelösten Proteins durchaus keine Schlüsse auf die Brauchbarkeit der Lösung zur Hefenernährung ziehen kann. Dieses Resultat war um so überraschender, als sich bei der länger dauernden Einwirkung des warmen Wassers auf den Roggen nur eine äuſserst geringe Säuremenge gebildet hatte, so daſs man kaum glauben sollte, daſs durch eine so geringe Säuremenge eine so starke Peptonisirung stattgefunden haben kann. Es wäre ja allerdings auch möglich, daſs die Peptonisirung in diesem Falle auf eine andere Ursache zurückzuführen ist. In derselben Weise behandelter Mais gab an Wasser von 50° 12 Proc. lösliches Protein ab, und zwar wurde beim 8stündigen Versuch nicht mehr gelöst als in 4 Stunden. Assimilbar waren bei 4stündiger Versuchsdauer 6, bei 8stündiger 7 Procent des gesammten Proteins. Von dem Maisprotein sind daher viel geringere Mengen im Wasser löslich als von dem Roggenprotein; jedoch ist ein sehr hoher Procentsatz des gelösten Maisproteïns zur Ernährung der Hefe verwendbar. Es wurde ferner derselbe Roggen, welcher zu den ersten Versuchen gedient hatte, mit ½procentiger Milchsäure bei 50° behandelt. Es gingen 51 Procent des gesammten Proteins bei 2stündiger Einwirkung der Säure in Lösung, bei 6stündiger Einwirkung 60 Procent. An assimilirbaren Stickstoff waren bei 2stündiger Einwirkung 12 Proc. in der Lösung vorhanden, bei 6stündiger Einwirkung waren 31 Procent des gesammten Proteïns assimilirbar, also beinahe das 3fache. Während also wieder eine verhältniſsmäſsig unbedeutende Menge mehr Protein in 6 Stunden als in 2 Stunden in Lösung gegangen war, hatte dagegen die Milchsäure eine stark peptonisirende Wirkung auf das gelöste Roggenprotein ausgeübt. Auf die Auflösung bezieh. Peptonisirung des Maisproteins war die Milchsäure ohne Wirksamkeit. Versuche mit Gerstenmalz, welches ebenfalls mit Wasser und ½procentiger Milchsäure ausgezogen wurde, ergaben, daſs sich schon in kurzer Zeit sehr bedeutende Proteinmengen aus dem Malz ausziehen lassen. In 2 Stunden wurden aus geschrotenem trockenem Malz bei der Behandlung desselben mit Wasser von 50° 43 Procent des gesammten Proteins gelöst, in 8 Stunden 46 Proc. Assimilirbar waren bei 2stündigem Versuch 28 und bei 8stündigem 29 Procent des gesammten Proteins. Längere oder kürzere Einwirkungsdauer war somit ohne Einfluſs auf die Lösung und die Peptonisirung der Stickstoff haltigen Bestandtheile des Malzes, welche zum groſsen Theile nicht als Proteine, sondern zur Gruppe der Amide gehörend anzusehen sind. Diese lösen sich im Wasser leicht auf und bedürfen nicht erst, wie die Proteine, einer chemischen Veränderung, um von der Hefe assimilirt zu werden. Jedenfalls bewirkt der Keimungsproceſs eine tiefgehende Veränderung der Proteinstoffe der Getreidearten. Ein Versuch mit Roggenmalz ergab dem entsprechend, daſs unter gleichen Versuchsbedingungen aus einem Roggen 37 Procent des gesammten Proteins, aus dem daraus dargestellten Roggenmalz dagegen 60 Procent des gesammten Proteins gelöst wurden. Ein Zusatz von Milchsäure übte auch beim Roggenmalz keinen günstigen Einfluſs auf die weitere Auflösung bezieh. auf die Peptonisirung des Roggenmalzproteins aus. Um festzustellen, in welchem Grade eine Kartoffelmaische geeignet ist, die Hefe zu ernähren, wurde eine filtrirte Kartoffelmaische, welche Malz und Kartoffeln im Verhältniſs von 1 zu 24 enthielt, auf 12° Saccharometer verdünnt. Die Analyse zeigte, daſs die Kartoffelmaische 0,1 Proc. gelösten Stickstoff enthielt, also ungefähr ebenso viel wie die vorhin erwähnte Getreidemaische; aber während in der letzteren nur ⅓ des gelösten Stickstoffes im assimilirbaren Zustande vorhanden war, enthielt die Kartoffelmaische 60 Proc. assimilirbaren Stickstoff. Die darin ausgesäete Hefe vermehrte sich auſserordentlich stark. Es ist ein sehr verbreiteter Irrthum, daſs die Kartoffelmaische arm an Stickstoff sei, weil die Kartoffel nur eine geringe Menge Protein enthalte und weil durch die hohe Dämpfungstemperatur die Proteine in einer für die Hefennährung ungünstigen Weise verändert werden sollen. Die Kartoffeln enthalten den Stickstoff nicht nur in genügender Menge, sondern auch in einer für die Bedürfnisse der Hefe sehr passenden Form, so daſs die Kartoffeln, soweit es sich um die Hefeproduction handelt, als ein sehr gutes Zumaischmaterial zur Preſshefenmaische zu bezeichnen sind. Es wird nun eine weitere Aufgabe sein, dahin zu wirken, daſs eine gröſsere Menge Proteïn in Lösung geführt wird, als bis jetzt möglich ist. Bei Verwendung von Roggen löst sich zwar eine gewisse Menge von Proteïn auf; aber diese Proteïnmenge ist von verhältniſsmäſsig geringer Bedeutung für die Hefenernährung, wenn die Proteine nicht vorher peptonisirt werden. Dies wird durch Säuren und zwar, wie es scheint, am besten durch Milchsäure bewirkt; doch wird ein günstiges Resultat erst durch eine sehr lange Einwirkung der Säure erreicht. Hiernach erscheint es geboten, bei der Preſshefefabrikation die Einwirkung der Säuren auf das Roggenprotein behufs Peptonisirung, welche bis jetzt bekanntlich in den Preſshefefabriken meist nur sehr kurze Zeit in Anspruch nimmt, möglichst zu verlängern. Je länger die Säure einwirkt, desto gröſser ist der Gehalt der Maische an assimilirbaren Stickstoff haltigen Stoffen und desto gröſser wird auch der Ertrag an Hefe (vgl. 1881 240 392). M. Delbrück bespricht in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1881 S. 454 und 1882 S. 94 die Verarbeitung der Kartoffeln auf Preſshefe. Schuster (vgl. S. 451 d. Bd.) und Burow dämpfen zu diesem Zweck die Kartoffeln unter Zusatz von Wasser; Ersterer setzt noch etwas Schwefelsäure hinzu. Der Druck wird auf sehr mäſsiger Höhe gehalten, oder es wird ohne Druck etwa ¾ Stunden lang gedämpft und dann aus dem Dämpfer mit Druck ausgeblasen. Eine Erhöhung des Druckes beim Dämpfen würde eine Färbung der Kartoffelmaische zur Folge haben, welche sich nachher der Hefe mittheilt. Weitere Vorsichtsmaſsregeln sind nicht nöthig; nur empfiehlt Burow in den Dämpfer erst die Kartoffeln, das nöthige Wasser und dann sofort das zugehörige Maisschrot einzufüllen, die Mischung zusammen zu kochen und auszublasen. In Biesdorf wurde zuerst nach dem Schuster'schen Verfahren gearbeitet, wobei Bottiche von 2300l Inhalt bis 32k,5 von Stärke freie Preſshefe lieferten. Als aber statt mit Mutterhefe das saure Hefengut mit Preſshefe angestellt wurde, hob sich die Ausbeute sofort auf 42k,5. Es wurden dann Dach Burow auf 2300l Maischraum eingemaischt: 110k Roggen, 100k Mais, 350k Kartoffeln, 115k Grünmalz und 50k Buchweizen. Davon wurden erzielt im Durchschnitt 48k von Stärke freie Preſshefe – in einzelnen Fällen selbst 52k,5 – und 100l 100procentiger Spiritus. Für 100l Maischraum wurden demnach gewonnen: 2k,08 von Stärke freie Hefe und 4l,78 100procentiger Spiritus. Rechnet man nun 350k Kartoffeln gleich 116k,5 Getreide und 115k Grünmalz gleich 80k,5 Getreide, so erhält man eine Gesammtmaischung von 457k Getreide auf 2300l Maischraum bezieh. von rund 20k Getreide auf 100l Maischraum. 100k Getreide lieferten danach 10k,5 von Stärke freie Preſshefe und 24l 100procentigen Spiritus. Nimmt man als Durchschnitt für Preſshefefabriken mit Getreidemaischung eine Ausbeute von 10 Proc. Hefe und 12 Proc. Spiritus an, so ergeben sich für die 350k Kartoffeln 13k,95 Preſshefe und 28l,3 Spiritus von 100 Proc., so daſs 100k Kartoffeln 4k Preſshefe und 8l Spiritus von 100 Proc. ergeben. Danach muſs die Ausbeute an Preſshefe als eine vorzügliche bezeichnet werden, während die Spiritusausbeute wohl noch gesteigert werden könnte. Der Stickstoffgehalt dieser Hefe ist ebenso hoch als der aus reinem Roggen und Mais gemaischten Hefe, ihre Haltbarkeit ebenso groſs als die der Roggenhefe. Wird dem letzten Waschwasser Schwefelsäure zugesetzt, so wird dadurch die Entwicklung der Bacterien gehindert, die Haltbarkeit der Hefe erhöht, die Farbe erheblich heller. Da Asparagin ein günstiges Nahrungsmittel für die Hefe ist, so empfiehlt Birner in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1882 S. 95 gedämpfte Leguminosen, Lupinen, Erbsen, Wicken u.s.w., welche als Material für die Darstellung des Asparagins in groſsem Maſse dienen, bei der Hefefabrikation zu berücksichtigen. Das Verfahren zur Bereitung von Preſshefe und Spiritus aus ungeschrotenem Getreide ohne Anwendung von Dampfdruck von F. Schuster in Prieborn (D. R. P. Kl. 6 Nr. 16078 vom 15. März 1881) besteht darin, daſs 100k Getreide mit 200l Wasser und 660cc reiner Schwefelsäure bei 40° eingeweicht werden. Nach 48 bis 60 Stunden wird das so vorbereitete Material mit Wasser in den mit einer Maischmühle versehenen Vormaischbottich gebracht. Die Körner werden leicht und schnell zerrieben und erfolgt nun bei 60° die Verzuckerung viel rascher und vollständiger als sonst. Den Einfluſs des Alkoholes auf die Entwicklung der Hefe untersuchte M. Hayduck (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1882 S. 183). Er fand, daſs in einer bei 30° zur Gährung angestellten, 15 Proc. Zucker und die nöthigen Aschenbestandtheile enthaltenden Lösung der vorhandene Stickstoff von der Hefe vollständig assimilirt wurde, wenn nicht mehr als 0,25 Proc. Asparagin, also 0,0465 Proc. Stickstoff in der Lösung vorhanden war. In Nährlösungen, welche 0,5 Proc. Asparagin enthielten, geschah dies nicht mehr, es muſste somit durch die Gährung ein der Hefenentwicklung nachtheiliger Stoff gebildet sein. Von den bei der normalen Gährung gebildeten Stoffen sind Bernsteinsäure, Glycerin und die Stickstoff haltigen Ausscheidungsproducte in den vorkommenden Mengen vollkommen unschädlich; dagegen scheinen die Fuselöle einen sehr nachtheiligen Einfluſs auszuüben. 0,5 Proc. Amylalkohol reichten hin, um in einer 10procentigen Zuckerlösung die Gährwirkung der Hefe erheblich zu schädigen, während 2 Proc. Amylalkohol die Gährung gänzlich unterdrückten. Der Gehalt der Maische an Fuselölen ist aber wohl so gering, daſs ein bedeutender Einfluſs desselben auf den Verlauf der Gährung nicht wahrscheinlich ist. Bekanntlich wirkt der Alkohol gährungshemmend und zwar hört nach Brefeld das Wachsthum der Hefe in einer 14,8 Vol.-Proc. Alkohol enthaltenden Nährlösung auf; die Gährung hört auf, wenn der Alkoholgehalt 17,3 Vol.-Proc. erreicht, während nach Hayduck's Versuchen die Gährung unterdrückt wird, wenn die Versuchsflüssigkeit 15 Vol.-Proc. Alkohol enthält; verlangsamt wird die Gährung schon durch viel geringere Alkoholmengen. Um nun festzustellen, bei welchem Alkoholgehalt die Hefenbildung unterdrückt wird, wurden zwei Versuchsflüssigkeiten, deren jede im Liter 100g Rohrzucker, 2g,5 Asparagin und die erforderlichen Aschenbestandtheile enthielt, durch je 2g,5 Preſshefe bei 30° in Gährung gebracht, nachdem die eine Probe mit 7,5, die andere mit 10 Vol.-Proc. Alkohol versetzt war. Nach 8 Tagen wurde die Hefenvermehrung durch Zählung (vgl. 1880 236 315) und der Alkoholgehalt der Flüssigkeiten bestimmt: Alkoholgehaltder Versuchs-flüssigkeitVol.-Proc. Alkoholgehaltder vergonrenenFlüssigkeitVol.-Proc. Während des Ver-suches entstände-ner AlkoholVol.-Proc. Hefezellen in der Volumen-Einheitbei Beginn desVersuches Ende desVersuches   7,5 13,0 5,5 5,0 13,6 10,0 13,0 3,0 5,0   6,6 Ein anfänglicher Alkoholgehalt von 7,5 Vol.-Proc. war somit der Hefenbildung bereits sehr nachtheilig; 10 Proc. Alkohol unterdrückten die Entwicklung der Hefe so gut wie vollständig. Um zu ermitteln, welchen Einfluſs geringere Alkoholmengen auf die Hefe ausüben und bei welchem Alkoholgehalt eine nachtheilige Wirkung desselben auf die Entwicklung der Hefe beginnt, wurden 3 Flaschen, deren jede 1l Versuchsflüssigkeit mit einem Alkoholgehalt von 0, 2 und 4 Vol.-Proc. enthielt, mit je 2g,5 Hefe auf 16° gehalten. Nach 4tägiger Gährung wurden Hefenvermehrung und Alhoholgehalt bestimmt, dann wurde die Flüssigkeit noch 2 Tage bei 30° erhalten: Anfänglicher Alko-holgehalt der Ver-suchsflüssigkeitenVol.-Proc. Alkoholgehaltnach4 tägiger GährungVol.-Proc. ZunahmedesAlkoholgehaltesVol.-Proc. Zahl der Hefen-zellen in der Vol.-Einheit nach4 tägiger Gährung Alkoholgehaltnach 6 tägigerVergährungVol.-Proc. 0   3,45   3,45 37 6,0 2 4,6 2,6 29 8,0 4 6,1 2,1 25 9,7 Bei einem anfänglichen Alkoholgehalt von 6 Proc. betrug die Alkoholzunahme bei 16° innerhalb 5 Tage 2,2 Proc., die Zahl der Hefezellen nach der Gährung nur 11. Die Hefenentwicklung wird demnach schon durch geringe Alkoholmengen stark beeinfluſst. Auf die Bildung der Hefe in Spiritusmaischen muſs demnach der Alkohol ebenfalls groſsen Einfluſs haben. Bekanntlich beginnt in Maischen bald nach Anstellung derselben eine sehr lebhafte Bildung von Hefezellen. Sobald die Maische in wallende Gährung geräth, findet man in der Regel, daſs die Hefenbildung beendet ist. Dies tritt je nach der Anstellungstemperatur früher oder später, im Durchschnitt ungefähr 30 Stunden nach dem Anstellen der Maische, ein. Während der übrigen Zeit der Gährung findet keine nennenswerthe Neubildung von Hefezellen statt. Die Ursache dieser Erscheinung kann hier ebenso wie bei den erwähnten Versuchen entweder darin gesucht werden, daſs ein für die Hefenentwicklung unentbehrlicher Bestandtheil der Maische verbraucht ist, oder daſs eines der entstandenen Gährungsproducte der weiteren Entwicklung der Hefe hinderlich wird. Die Kartoffel- und Getreidemaischen enthalten in dem Stadium der Gährung, in welchem die Hefenbildung aufhört, thatsächlich noch alle zur Ernährung der Hefe nöthigen Bestandtheile; doch ist zu berücksichtigen, daſs die Stickstoff haltigen Bestandtheile in den Maischen nur theilweise in solcher Form enthalten sind, daſs sie von der Hefe assimilirt werden können (vgl. S. 448 d. Bd.) Es kann daher vorkommen, daſs eine Maische auſser allen anderen zur Ernährung der Hefe nöthigen Bestandtheilen auch Stickstoffverbindungen enthält und trotzdem zur Ernährung der Hefe nicht mehr befähigt ist. Bezüglich des Einflusses des Alkoholes auf die Hefenbildung in Spiritusmaischen ergaben frühere Versuche, daſs in Kartoffelmaischen die Hefenbildung beendet war, wenn sie 3,4 bis 5,9 Proc. Alkohol enthielten (vgl. 1880 236 320), während nach obigen Versuchen die Hefe noch fähig ist, in einer 10 Proc. Alkohol enthaltenden Flüssigkeit zu sprossen. Es wurden nun in gewissen Zeitabständen der Alkoholgehalt der Maische und gleichzeitig die Hefenentwicklung durch Zählung bestimmt, ferner von jeder Probe Maischfiltrat mit einer frischen Aussaat von Mutterhefe aus der Brennerei zur Gährung angestellt. Zu Anfang wurde die Hefenaussaat und nach 24stündiger Gährung die Menge der entstandenen Hefe durch Zählung bestimmt (vgl. Tabelle auf S. 454). Die benutzte Maische zeigte bei der Anstellung 19,1° Saccharometer, bei der Vergährung 1,2°. Die Hefenentwicklung in der Maische war demnach so gut wie beendet, als der Alkoholgehalt auf 5 Vol.-Proc. gestiegen war. Bei einer Aussaat von frischer Hefe fand aber noch Zellenbildung bei einem Alkoholgehalt der Maische von 8,7 Vol.-Proc. statt. Es ist sehr wohl denkbar, daſs die in der Maische enthaltene Hefe, welche längere Stundenzahlnachder AnstellungderMaische Temperatur derMaische Vol.-Proc. Alkoholder Maische Zahl der Hefezellenin der Vol.-Einheit Hefenbildung in dem Maischfiltrat mitfrischer Hefenaussaat Zahl der Hefe-zellen in der Volumen-Einheit bei Beginndes Versuches Endedes Versuches Stdn. Min. 17,0   0,55   3,9 13 40 18,1   1,75 18,4 4,2 20,0 18 25 19,4 2,6 22,3 2,3 14,7 21 50 21,6   3,75 29,0 5,5 13,6 25 55 23,7 5,0 40,7 5,0 11,3 28 55 26,3 6,5 41,9 5,6   9,5 31 55 27,5 7,7 42,1 4,2   8,4 34 55 28,8 8,7 41,7 3,7   5,2 38   5 28,8   9,05 41,9 4,1   3,9 43 10 28,8   9,45 2,7   2,6 Zeit dem Einfluſs des an Menge fortwährend zunehmenden Alkohols ausgesetzt ist, so geschwächt wird, daſs ihre Fortpflanzungsfähigkeit schon durch einen geringeren Alkoholgehalt aufgehoben wird als frisch zugesetzte Hefe. Um festzustellen, ob der Stickstoff der Maische ganz oder zum Theil für Hefe assimilirbar wird, wenn der Alkohol entfernt wird, wurde normal vergohrene Kartoffelmaische mit einem Alkoholgehalt von 9,25 Vol.-Proc. klar filtrirt und von jeder Hefe vollständig getrennt. In 400cc dieses Filtrates wurden 20g Rohrzucker gelöst und wurde die erhaltene Flüssigkeit mit 1g Preſshefe bei 30° zur Gährung angestellt. Es fand deutliche Gährung, aber keine Hefenbildung statt, der Stickstoffgehalt des Filtrates betrug vor der Gährung 0,129 Proc., nach 2tägiger Gährung 0,127 Proc., so daſs kein Stickstoff durch Hefe aufgenommen war. Ein zweiter Theil des Maischfiltrates wurde durch Destillation vom Alkohol befreit und mit Wasser wieder auf das anfängliche Volumen ergänzt, dann filtrirt und wie die vorige Probe zur Gährung gebracht. Der Stickstoffgehalt des Filtrates betrug vor der Gährung 0,125, nach der Gährung 0,084 Proc. Die Hefe begann bald nach der Anstellung der Gährung, lebhaft zu sprossen; das Gewicht der gebildeten Hefetrockensubstanz betrug 1g,64, so daſs bei einem Wassergehalt der normalen Hefe von 74 Proc. sich bei 1g Hefenaussaat 5g,3 Hefe neu gebildet hatten. Nach der in gleicher Weise ausgeführten dritten Gährung betrug der Stickstoffgehalt nur noch 0,069 Proc., so daſs nochmals 18 Proc. Stickstoff von der Hefe aufgenommen und von dem Gesammtstickstoff der vergohrenen Kartoffelmaische in beiden Gährungen noch 44 Proc. assimilirt waren. Die bisherige Annahme, daſs Kartoffel maischen Mangel an Stickstoffhaltigen Nährstoffen haben, ist somit nicht richtig. Man gibt einer Kartoffelmaische, um den gewünschten Zuckergehalt zu erreichen, viel mehr Stickstoff haltige Nahrungsmittel, als von der Hefe während der Gährung aufgenommen werden können. Dieser Umstand ist gewiſs auch von Bedeutung für die Anwendung der Schlempe bei der Bereitung der Kunsthefe. Man nahm bisher in der Regel nach Pasteur's Beobachtung, nach welcher wässeriger Hefenauszug ein vorzügliches Ernährungsmittel für Hefe ist, an, daſs der Werth der Schlempe für die Hefenernährung dadurch bedingt sei, daſs die in der vergohrenen Maische enthaltene Hefe beim Kochen im Destillirapparat ausgelaugt wird, daſs also die Schlempe eine Abkochung von Hefe ist. In der aus concentrirten Kartoffelmaischen erhaltenen Schlempe sind aber jedenfalls die Stickstoff haltigen, von der Hefe während der Gährung nicht verwendeten Stoffe von ebenso groſser Bedeutung bei der Darstellung der Schlempehefe. Man darf wohl als sicher annehmen, daſs die Maische bei 5 Proc. Alkoholgehalt noch Stickstoff haltige Nährmittel in genügender Menge enthielt und daſs nicht der Mangel an diesen, sondern der Alkoholgehalt die Hefenentwicklung unterdrückt hat. Es wurde nun eine vergohrene Preſshefenmaische aus Roggen, Darrmalz und Buchweizen in derselben Weise behandelt wie die zum vorigen Versuch verwendete Kartoffelmaische. Die Preſshefenmaische enthielt 5 Proc. Alkohol und fand beim Abdestilliren desselben eine reichliche Ausscheidung von Eiweiſsstoffen statt. Der Stickstoffgehalt des Alkohol haltigen Maischfiltrates betrug vor der Gährung 0,125, nach der Gährung 0,120 Proc, der Stickstoffgehalt des vom Alkohol befreiten, durch Wasserzusatz wieder auf das ursprüngliche Volumen gebrachten Maischfiltrates vof der Gährung 0,073, nach der Gährung 0,074 Proc. In beiden Versuchen mit vergohrener Preſshefenmaische fand eine ziemlich lebhafte Sprossung der frisch zugesetzten Preſshefe statt, nach obigen Analysen der Flüssigkeit aber offenbar auf Kosten ihres eigenen Stickstoffes. Es ergibt sich daraus, daſs die in den Getreidemaischen in groſser Menge enthaltenen coagulirbaren Eiweiſsstoffe der Hefe nicht als Nahrung dienen können. In beiden Versuchen enthielten die Versuchsflüssigkeiten einen sehr ungleichen Gehalt an gelöstem Stickstoff. Beim ersten Versuch waren die coagulirbaren Eiweiſsstoffe in Lösung enthalten, beim zweiten Versuch waren sie entfernt. Trotz des verschiedenen Stickstoffgehaltes fand in keinem der beiden Fälle eine Aufnahme von Stickstoff durch die Hefe statt. Es war also der in der Preſshefenmaische enthaltene assimilirbare Stickstoff von der Hefe thatsächlich verbraucht worden; ein schädlicher Einfluſs des Alkohols auf die Entwicklung der Hefe und die Aufnahme des Stickstoffes durch dieselbe war somit im vorliegenden Falle nicht zur Geltung gekommen. Den Nährstoffbedarf der Hefe in Maismaischen erörtert A. Schrohe in der Zeitschrift für Spiritusindustrie. 1882 S. 188. Die in Amerika gebräuchliche Herstellung von Spiritus aus Mais ist bei weitem nicht so gut durchgebildet als in Deutschland; doch ist es bemerkenswerth, daſs man dort bei der Verarbeitung des Mais Roggen zusetzt, um der Hefe zu ihrer Kräftigung mehr Stickstoff zuzuführen.