Titel: Ueber die Abhängigkeit des Wassergehaltes der Faserstoffe von dem Feuchtigkeitsgehalte der Atmosphäre.
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 210
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Ueber die Abhängigkeit des Wassergehaltes der Faserstoffe von dem Feuchtigkeitsgehalte der Atmosphäre. E. Müller, über den Wassergehalt der Faserstoffe. Ernst Müller hat im Verlaufe des vorigen Jahres im mechanischtechnologischen Laboratorium des Polytechnikums zu Dresden ausgedehnte Versuche über die Abhängigkeit des Wassergehaltes der Faserstoffe vom Feuchtigkeitsgehalte der Luft ausgeführt, welche im Civilingenieur, 1882 * S. 155 ausführlicher besprochen sind. Es wurde das Gewicht eines hygroskopischen Materials für eine Reihe verschiedener Luftfeuchtigkeiten gleichzeitig mit der Luftfeuchtigkeit ermittelt und dann das Gewicht der absolut trockenen Substanz, woraus sich der jeweilige Feuchtigkeitsgehalt derselben ergab. Als Versuchsobjekte waren gewählt: Baumwolle, Flachs, Seide, Kammzug, gewaschene und ungewaschene Wolle und zwar alle in möglichst lockerer Beschaffenheit. Die Wage, auf welcher die Wägungen vorgenommen wurden, lieſs noch Abweichungen von 0mg,1 erkennen, d.h. den Feuchtigkeitsgehalt auf etwa 0,05 Proc. bestimmen. Die Messung der Luftfeuchtigkeit erfolgte mit Hilfe des August'schen Psychrometers. Die Untersuchungen bewegten sich in Temperaturgrenzen von 9° bis 26° bei einer mittleren Temperatur von 19,67°. Allgemein ergab sich, daſs die Fasersubstanzen das Wasser nicht so rasch aufnehmen bezieh. abgeben wie die Luft und daſs deshalb bei zunehmender relativer Luftfeuchtigkeit die Werthe für den Wassergehalt der Substanzen unter, bei abnehmender Luftfeuchtigkeit dagegen über den Durch Schnitts wer then sich bewegen. Die Gröſse dieser Abweichungen ergibt ein Maſs für die Schnelligkeit des Nachfolgens der verschiedenen Fasersubstanzen; diese sind, ausgedrückt in Procent des absolut trockenen Materials, 0,12 bei Seide, 0,20 bei Flachs, 0,26 bei Baumwolle, 0,21 bei Kammzug, 0,50 bei gewaschener, 0,54 bei ungewaschener Wolle. Der allgemeine Verlauf der Veränderung des Wassergehaltes bei zunehmender relativer Luftfeuchtigkeit erfolgt von 0 mit derselben ausgehend anfangs sehr rasch, dann proportional derselben, endlich wieder stärker anwachsend. Es ergibt sich nun bei Aufzeichnung dieses Verlaufes, daſs diese Curve innerhalb der am häufigst vorkommenden Feuchtigkeitsgrade sehr genau durch eine gerade Linie ersetzt und durch deren Formel dargestellt werden kann. Hierbei zeigt sich auch, daſs der absolute Feuchtigkeitsgehalt der Luft bei erhöhter Temperatur sehr rasch anwächst, während im Gegensatz hierzu die hygroskopische Kraft der Fasern sich vermindert. Unter Rücksichtnahme hierauf, sowie unter der Annahme, daſs Luft von 100° alle Feuchtigkeit aus den Materialien aufsaugen wird, läſst sich der procentuale Wassergehalt w der Substanzen, bezogen auf das absolut trockene Material, durch folgende Formel darstellen: w=(\alpha+\beta\,\varphi)\,\sqrt[4]{100-t}, wobei α und β folgende Werthe für die verschiedenen Substanzen gemäſs den Versuchen besitzen: Baumwolle α = 0,8067 β = 0,02912 Flachs 1,233 0,03055 Seide 2,188 0,01640 Kammzug und gewaschene Wolle 2,800 0,02938 Ungewaschene Wolle 0 0,07413 und φ die relative Feuchtigkeit in Procent, t die Lufttemperatur bedeutet. Diese Formel ergibt Zahlen, welche die Beobachtungswerthe innerhalb der Beobachtungsgrenzen mit hinreichender Genauigkeit wiedergeben. An diese Versuche hat E. Müller noch Bestimmungen des specifischen Gewichtes der betreffenden Materialien im lufttrockenen Zustande angeschlossen, die er mit Hilfe der Auftriebmethode ermittelte. Er fand hierbei: Seide (Floret) 1,361 sp. G. (Crins) 1,359 Kammzug 1,314 Baumwolle 1,503 Flachs 1,465 welche Werthe eine gute Uebereinstimmung mit anderen Angaben zeigen.