Titel: Verfahren zum Härten des Stahles durch Druck.
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 218
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Verfahren zum Härten des Stahles durch Druck. Verfahren zum Härten des Stahles. Mit dem Ausdrucke trempe par compression bezeichnet L. Clémandot ein neues Behandlungsverfahren der Metalle, insbesondere des Stahles, welches darin besteht, daſs man das Metall bis zur Kirschrothglut erwärmt, in diesem Zustande einem starken Drucke aussetzt und bis zu seinem vollständigen Erkalten unter diesem Drucke läſst. Dadurch erlangt das Metall vor allen Dingen eine auſserordentliche Härte, eine derartige moleculare Zusammenziehung und Feinheit des Kornes, daſs es durch Politur das Ansehen des polirten Nickels erhält. Ferner erlangt der gepreſste Stahl, ebenso wie der auf gewöhnliche Weise gehärtete, die Fähigkeit, permanenten Magnetismus anzunehmen. Wie lange seine Coercitivkraft anhält, läſst sich zur Zeit noch nicht genau angeben; indessen hat die Erfahrung bereits gelehrt, daſs die zu Telephonen nach dem System Gower und Ader verwendeten Theile aus gepreſstem und magnetisirtem Stahl seit länger als 3 Monaten ihren Magnetismus unverändert beibehalten haben. Die unter den genannten Bedingungen bewerkstelligte Pressung des Stahles ist nach Clémandot ein der Härtung vollkommen ähnlicher Vorgang. Das Kaltschmieden ändert wohl auch den Molecularzustand des Metalles, aber die Wirkung des mit Hilfe der hydraulischen Presse erzielten Druckes ist, wie Proben zeigen, weitaus kräftiger. Der Erfinder empfiehlt die Anwendung der Accumulatoren, welche die Ausübungrascher Pressungen gestatten, und man darf annehmen, daſs das Metall, wie bei dem Härten durch Eintauchung, unter dem augenblicklichen Einflüsse eines heftigen, die Lagerung der Molecüle verändernden Stoſses in den amorphen Zustand übergeht. Als einen besonderen Vortheil seiner Methode bezeichnet Clémandot u.a. auch den Umstand, daſs die Stärke der Compression, innerhalb gewisser im Voraus festgesetzter Grenzen, nach Graden gemessen werden kann, wodurch für die Stufe des Härtungsprozesses ein Anhaltspunkt gegeben ist. (Nach den Comptes rendus, 1882 Bd. 94 S. 703.) Lan (Daselbst S. 952) bemerkt hierzu, daſs wesentlich dieselben Erfahrungen auf dem Hüttenwerk Saint-Jacques in Montluçon (Allier) gemacht seien, wo seit 6 Monaten der gegossene, noch flüssige Stahl einem Druck von 1000 bis 1500k/qc mittels hydraulischer Presse ausgesetzt werde, ein Verfahren, welches Withworth schon früher (vgl. 1877 225 * 423. 1881 239 137) anwendete. Die in Folge dieses ausgeübten Druckes erzielte Härtezunahme tritt um so deutlicher hervor, je gröſser der Kohlenstoffgehalt des Stahles ist; sie wird unmerklich, wenn der Kohlenstoff unter 0,5 Proc. sinkt. Um das Verhalten des Kohlenstoffes hierbei festzustellen, wurden aus einer Pfanne Stahlgranaten gegossen und hiervon einige dem hohen Druck ausgesetzt, andere nicht. Es wurden nun von beiden Sorten Proben 23cm (A), 43cm (B), 63cm (C) und auf der anderen Seite der Granate 46cm vom Boden (D) genommen und in diesen der Gesammtkohlenstoff nach Boussingault, der gebundene Kohlenstoff nach Eggertz bestimmt: Gepreſst Nicht gepreſst Gesammtkohlenstoff 0,70 Proc. 0,70 Proc. Gebundener Kohlenstoff A 0,60 0,49 B 0,56 0,50 C 0,55 0,47 D 0,60 0,50 Mittel 0,585 0,490 Graphitischer Kohlenstoff 0,115 0,210 Bei gleichem Kohlenstoffgehalt enthält somit, wie durch mehrere Versuche bestätigt ist, der gepreſste Stahl mehr gebundenen, aber weniger freien oder graphitischen Kohlenstoff als nicht gepreſster. Dasselbe Verhältniſs der Härte und der Beschaffenheit des Kohlenstoffes wird erzielt, wenn an Kohlenstoff reiches Eisen oder Stahl in Metallformen oder Coquillen gegossen und rasch gekühlt wird, so daſs Druck dieselben physikalischen und chemischen Wirkungen im Eisen und Stahl erzielt als rasche Abkühlung.