Titel: Einfluss der Feuchtigkeit auf die Festigkeitseigenschaften des spanischen Rohres.
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 325
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Einfluſs der Feuchtigkeit auf die Festigkeitseigenschaften des spanischen Rohres. Hugo Fischer, über Untersuchungen des spanischen Rohres. Im Civilingenieur, 1882 Bd. 28 * 8. 307 ff. veröffentlicht Professor Hugo Fischer in Dresden die Resultate von Untersuchungen über den Einfluſs der Anfeuchtung auf die Festigkeitseigenschaften des in der Korbflechterei und verwandten Industrien als Peddigrohr und Stuhl- oder Flechtrohr vielfach benutzten spanischen Rohres. Die Wassergehalte des untersuchten Materials schwankten zwischen 7,6 Proc., demjenigen des lufttrockenen Rohres, und 55 Proc., dem Sättigungsgrad, wie er durch mehrtägiges Einweichen des Rohres in Wasser bezieh. durch Sättigung im luftleeren Räume erhalten wurde. Beobachtet wurden mit Hilfe eines Zerreiſsapparates von Reusch (1880 235 * 414) die Bruchdehnungen, die Antheile der bleibenden und elastischen Dehnungen an der Bruchgrenze, die Dehnung an der Elasticitätsgrenze. Reiſslänge, Arbeitsmodul und Diagrammcharakteristik lieferten einfache, auf die mit dem Apparat erhaltenen Diagramme gestützte Rechnungen. Hierbei ergaben sich folgende Resultate: Probe Wasser-gehalt inProc. Gesammt-dehnung in% der An-langslänge BleibendeDehnungin % derGesammt-dehnung ElastischeDehnungin % derGesammt-dehnung Dehnung ander Elastici-tätsgrenze Reiſslängein km Arbeits-modul inmk Charakte-ristik η Peddigrohr. Mittel aus 1 bis 3   7,6      4,11 40,5 59,5 1/75 8,79 0,252 0,698 4 17,3    10,65 58,7 41,3 7,87 0,583 0,697 56 32,240,4    13,37   12,70 58,747,2 41,352,8 1/84 9,587,13 0,8920,577 0,6950,635 7 47,0    10,80 44,1 55,9 5,59 0,306 0,681 Mittel aus 8 und 9 55,0    13,78 44,9 55,1 1/55 4,97 0,408 0,595 Flechtrohr 1      7,57 12,5 69,1 30,9 9,49 0,854 0,723 2    27,03 16,8 62,0 38,0 8,52 0,935 0,643 3 34,6 18,3 53,8 46,2 8,57 0,854 0,545 4 47,2 17,2 50,7 49,3 4,86 0,475 0,569 Durch anderweite Untersuchungen wurde ferner ermittelt: Der Porositätsgrad des Rohrstammes \left(\frac{\mbox{Porenvolumen}}{\mbox{Volumen des Probestückes}}\right) = 0,575 das relative Gewicht der Zellsubstanz = 1,53 das relative Gewicht des mit Luft erfüllten absolut trockenen Rohres = 0,505 der Aschengehalt der Stammoberhaut = 25,5% der Aschengehalt des inneren Stammgewebes = 1,0020%. Zum Vergleich sind ferner die Ergebnisse der Untersuchung von Fichtenholzstäbchen mit 35,8 Proc. Wassergehalt mitgetheilt, welche den beträchtlichen Unterschied der monocotylen und dicotylen Bäume in mechanischer Beziehung deutlich erkennen lassen. Es fand sich für das Fichtenholz: Gesammtdehnung = 0,757 Procent der Anfangslänge Bleibende Dehnung = 15,8 Procent der Gesammtdehnung Elastische       „ = 84,2 Reiſslänge = 15km,2 Arbeitsmodul = 0mk,0573 Charakteristik = 0,5. Von besonderem Interesse erscheint der Umstand, daſs nach den Untersuchungen die Festigkeitseigenschaften des spanischen Rohres bei dem Wassergehalt von 30 bis 35 Proc. ein Maximum erreichen. Es ist dies, wie eine vergleichende Rechnung lehrt, jedenfalls ein solcher, welcher dem Saftgehalt der lebenden Pflanze nahekommt. Dies gilt sowohl für die inneren, als äuſseren Stammtheile. Innerhalb des Intervalles von 8 bis 35 Proc. ist die Zunahme der auf 1g des Materials bezogenen Arbeitsgröſse bei der äuſseren Stammschicht wesentlich kleiner als bei den Schichten der Stammmitte, woselbst sie bei 30 bis 35 Proc. Wassergehalt fast das 3,5fache derjenigen Arbeitsgröſse beträgt, welche 1g lufttrockenes Material aufzunehmen vermag. Die Dehnungsfähigkeit der äuſseren Stammtheile ist bedeutend gröſser als die der inneren Gefäſsbündel; dies entspricht den Biegungsbeanspruchungen des hoch aufgeschossenen, frei stehenden Stammes unter dem Einfluſs heftiger Stürme. Dagegen findet in den Gefäſsen, welche dem Stammumfang zunächst liegen, eine Herabminderung der Festigkeit statt und zwar derart, daſs die Arbeitsgröſse, welche die einzelnen Stammtheile bei einer Zugbeanspruchung aufzunehmen haben, für alle Theile gleich groſs ist.