Titel: Zu Mond's Schwefelregeneration; von H. Schaeppi in Widnes, Lancashire.
Autor: H. Schaeppi
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 387
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Zu Mond's Schwefelregeneration; von H. Schaeppi in Widnes, Lancashire. Mit Abbildung. (Schluſs der Abhandlung S. 341 d. Bd.) Schaeppi, zu Mond's Schwefelregeneration. Praktische Resultate. Die Thatsachen, welche sich aus vorangeführten Versuchen über Oxydation, Laugerei und Zersetzung der Laugen ergaben, wurden bei der Leitung des Prozesses im Groſsen möglichst ausgenutzt, um die von denselben versprochene bessere Ausbeute zu erreichen und das Verfahren zu einem ökonomischeren zu machen. Bevor ich näher darauf eingehe, soll über die Verhältnisse in den Oxydationskasten und die wechselnde Zusammensetzung der Laugen etwas berichtet werden. 1) Verhältnisse in den Auslaugekasten. Bekanntlich sind die einzelnen Oxydationskasten bei Mond's System unabhängig von einander. Der Inhalt derselben wird nach 9 bis 12stündiger Oxydation mit Wasser oder sehwacher Lauge bedeckt und diese entweder sofort, oder nach einigen Stunden abgelassen. Ist ein Kasten mit Wasser oder schwacher Lauge von durchgehend gleicher Zusammensetzung gefüllt und aller Rückstand überdeckt, so ist nicht nur die Stärke der Lauge in verschiedenen Höhen eine wechselnde, nach oben abnehmende, sondern auch die chemische Zusammensetzung ist eine völlig verschiedene. Proben, welche zur Feststellung dieser Thatsache in verschiedenen Höhen des Kastens gezogen wurden, zeigten, daſs die Lauge um so reicher an Hyposulfit ist, je tiefer, dagegen um so reicher an Sulfid ist, je höher im Kasten sie liegt. Der Versuch war folgender: 3 Eisenröhren wurden während des Beschickens des Rückstandes in verschiedenen Tiefen in die Mitte des Kastens gestellt und eine Hebervorrichtung daran angebracht, welche mit Wasser gefüllt, mit Quetschhahn verschlossen zum Gebrauche fertig gehalten wurde. ½ Stunde, nachdem der Kasten gewässert, wurden die Quetschhähne geöffnet und während 5 Minuten die Lauge weglaufen lassen, alsdann eine Probe gezogen. Die Resultate sind wieder für 5cc Lauge in Cubikcentimeter 0,1-Jodlösung angegeben: Lösung zu unterst Lösung in der Mitte Lösung oben Sulfid 54,0 50,3 31,5 Hyposulfit   8,5   3,2   2,0 Spec. Gew.      1,058      1,033      1,020 Der Rückstand wird demnach am Boden des Kastens vorzugsweise oxydirt. Daſs dies wirklich der Fall ist, folgt noch aus folgendem Versuche: Ein Kasteninhalt wurde 5 mal je 14 Stunden oxydirt und 2 Stunden ausgelaugt, dann aus dem Kasten entleert und vom Rückstande in verschiedenen Tiefen und an verschiedenen Stellen möglichst gute Durchschnittsproben gezogen und auf als Calciumsulfid vorhandenen Schwefel geprüft; die Resultate bedeuten Proc. Schwefel: Entlang den Seitenwändenetwa 10 bis 20cm vom Rande Mitte desKastens Unten im Kasten 20 bis 30cm vom Boden 5,8   7,8 Halbe Höhe des Kastens 6,6 11,6 Oben im Kasten, 20 bis 30cm unter der Oberfläche 7,0 10,8 Der Rückstand am Boden und entlang den Seitenwänden des Kastens wird demnach am schnellsten oxydirt, während in der Mitte eine verhältniſsmäſsig langsamere Zersetzung vor sich geht. Der Rückstand enthielt anfangs 16 bis 20 Proc. Schwefel als Sulfid. 2) Herstellung und Zusammensetzung der Laugen. Die Schwefellauge soll nach Mond so zusammengesetzt sein, daſs beim Zersetzen derselben mit Salzsäure auf je 1 Molecül SO2 2 Mol. Schwefelwasserstoff frei werden; dann erhält man die besten Resultate. Ganz constant läſst sich die Lösung nicht halten; man hält sie am besten etwas überblasen, doch so wenig wie möglich, weil mit weiter zunehmendem Hyposulfitüberschuſs die Produktion abnimmt, während die bezüglichen Kosten sich mehren, da man weit gröſsere Mengen Wasser zu bewältigen hat und mehr Dampfkraft zum Oxydiren benutzen muſs. Ich kann einige praktische Resultate angeben bei möglichst regelmäſsiger Arbeit und verschieden stark überblasen gehaltenen Lösungen: Druck amGebläse Menge der Lauge(relativ) Gesammt-schwefel Theoret. Verlustan Schwefel Produktionin 100k    4,0cm 1,0 5,38 Proc.      0,25 Proc. 246 8,0 1,5 5,24      0,95 232 8,0 1,6 4,90      0,90 231 Die Arbeit dauerte je eine Woche bei constantem Druck; die Angabe von Gesammtschwefel und Verlust ergab sich aus der Durchschnittsanalyse. Gewöhnlich nimmt man an, nur die Hälfte des im Hyposulfitüberschuſs enthaltenen Schwefels gehe beim Zersetzen verloren. Im Gegensatz dazu finde ich, daſs man fast allen im Hyposulfitüberschuſs enthaltenen Schwefel verloren geben muſs, da sich Hyposulfit mit Salzsäure in so verdünnten Lösungen, gleichviel, ob heiſs oder kalt, nur schwierig und langsam zersetzt, so daſs sein Schwefel sich in der Zeit, während welcher die Lösung im Zersetzer und im Filter liegt, nur in unbedeutender Menge ausscheiden kann. Als Bestätigung möge noch folgendes dienen: Nimmt man eine Probe der von den Schwefelfiltern abflieſsenden Chlorcalciumlauge und läſst sie einige Stunden stehen, so scheidet sich reichlich Schwefel ab. Es geht daraus hervor, wie wichtig es ist, nur auf schwach überblasene Lösungen zu arbeiten. Diese Versuche ergeben folgende Hauptregeln für den Betrieb: I) Je länger man Lauge und oxydirten Rückstand in Berührung läſst, um so mehr Sulfid löst sich, um so stärker kann man oxydiren, ohne bei derselben Stärke der Lauge diese überblasen zu erhalten. Man thut am besten, wenn man so stark oxydirt wie möglich, so lang wie möglich auslaugt (Maximum 2 bis 3 Stunden ohne Schaden für die weitere Arbeitsfähigkeit des Rückstandes) und dabei die Lauge so hält, daſs sie eben ein weniges überblasen ist; denn je schwächer die Lauge, um so reicher an Sulfiden ist sie, je stärker, um so reicher an Hyposulfit; je mehr man also oxydirt, um so schwächer muſs man die Lösung halten. Ich arbeitete gewöhnlich mit einer Lösung von 16° Tw. (heiſs). Als ich dann anfing, mit einer Lösung von 12° Tw. (heiſs) zu arbeiten, konnte ich nahezu mit der doppelten Luftmenge oxydiren, ohne eine überblasene Lauge zu erhalten, womit ein ganz beträchtlich besseres Ausbringen des Schwefels verbunden war. II) Die Anwendung von heiſsem WasserMond empfiehlt in seinem Patente heiſses Wasser; es wird aber in keiner mir bekannten Fabrik solches verwendet. war ebenfalls ein ganz beträchtlicher Fortschritt: man löst damit nicht nur in kurzer Zeit weit mehr Sulfide auf, sondern, was wichtiger ist, man kühlt den Rückstand nicht ab. Daſs man damit viel gewinnt, folgt daraus, daſs der Rückstand nach Abflieſsen der Lauge sofort wieder gut oxydirt, während man unter gewöhnlichen Umständen 4 bis 6 Stunden braucht, bis derselbe zu energischer Oxydation wieder heiſs genug geworden ist. III) Zersetzt man im Groſsen so, daſs Lauge und Säure sich unter Luftabschluſs mischen müssen, bevor sie in den Zersetzer eintreten, so gewinnt man zweierlei: Man hat nur unbedeutenden Verlust an Schwefelwasserstoff durch schlechte Zersetzung und es läſst sich weit leichter mit dem Zersetzer arbeiten, da ein solcher von weit geringerem Inhalt genügt. Nur eine Vorsicht ist dabei zu gebrauchen, die Lauge muſs mit Abgangdampf auf 80 bis 90° gehalten werden, da sich sonst der Schwefel nicht in leicht filtrirbarer Form bildet. Ob sich bei dieser Art der Zersetzung weniger Tetrathionat bildet, habe ich nicht zu entscheiden versucht. Textabbildung Bd. 245, S. 390 Eine Skizze des Zersetzers wird mir zu erklären erleichtern, wie Säure und Lauge gemischt wurden. Beistehend ist ein gewöhnlicher Zersetzer dargestellt, aus welchem die Lösung durch Rohr f auf die Filter flieſst und zwar bei g direkt, bei i durch Ueberlauf. Im Inneren des Zersetzers ist ein durchbohrter Balken b seitlich aufgestellt und steht durch die Oeffnung c mit der aufsteigenden Thonröhre e in Verbindung, die etwa 30cm unter dem höchsten Flüssigkeitsspiegel mündet. Die Arbeit ist nun folgende: Durch die beiden gebogenen Thonröhren a flieſsen Lauge und Säure unter hydraulischem Verschluſs zusammen, mischen sich auf dem Wege nach e und werden in die obere Schicht des Zersetzers entleert, um nach vollständiger Durcharbeitung mit dem mechanischen Rührwerk unten im Zersetzer auf die Filter abzuflieſsen. d ist eine rechtwinklig gebogene Thonröhre, welche durch die Wand des Zersetzers in eine Rinne mündet. Gewöhnlich ist sie mit einem Stopfen oder mit Kautschukschlauch und Quetschhahn verschlossen und wird nur beim Einstellen des Zersetzers benutzt. Man läſst den halben Inhalt desselben ausflieſsen, öffnet dann d, um die Röhren b und c zu entleeren, damit sie sich nicht durch Absetzen von Schwefel verstopfen können. Schluſsergebniſs. Es existirt für jeden Rückstand (welcher für eine und dieselbe Fabrik derselbe, für verschiedene Fabriken wechselt) ein bestimmtes specifisches Gewicht, bis zu welchem die Schwefellaugen gebracht werden müssen und das von der Zeit der Oxydation, der Zeit des Auslaugens und der Menge Luft, welche zur Oxydation benutzt wird, abhängt. Je länger man oxydirt, je mehr Luft man dabei braucht, um so schwächer, je länger und heiſser man auslaugt, um so stärker muſs man die Lauge halten, um möglichst günstige Zusammensetzung derselben zu erzielen. In engem Zusammenhange damit steht das Ausbringen, weshalb man suchen muſs, bei sehr starker Oxydation das specifische Gewicht der Lauge so niedrig zu halten, daſs sie eben ein wenig überblasen ist. Ausbringen des Schwefels, Behandelt man Sodarückstand ganz nach den Angaben Mond's, oxydirt und laugt abwechselnd, 5 bis 6mal, so erhält man einen Rückstand, welchen man für weitere Arbeit gewöhnlich als untauglich betrachtet, hauptsächlich aus dem Grunde, weil dieser im Kasten zu hart wird und von Luft und Wasser nur schwer durchdrungen werden kann. Dieser Rückstand ist aber für weitere Arbeit durchaus nicht werthlos und enthält im Mittel 9 bis 12 Proc. Schwefel als Sulfid, wenn der ursprüngliche 16 bis 20 Proc. enthielt. Entleert man den Rückstand, bevor er hart wird, und verwendet ihn wieder, so arbeitet er fast so gut wie anfangs. Ich kann dafür einen Versuch angeben, welcher probeweise eine Woche lang durchgeführt wurde: 1. Woche 960 frischer Rückstand in 12 Kasten zu 40t verarbeitet, gaben 24t,2t Schwefel, 2. Woche 480t frischer und alter Rückstand gaben 19t,7 Schwefel. In der 2. Woche wurde auf je einen Kasten frischen Rückstand ein Kasten mit altem Rückstand gefüllt. Das Wiederbeschicken des Rückstandes bedingt natürlich ein Umschaufeln und hat nur den Zweck, denselben recht locker zu machen; man wird am besten einen Kasteninhalt direkt in einen leeren Kasten umfüllen. In der ersten Woche wurden aus 480t frischem Rückstand 12t Schwefel gewonnen. Somit ergaben die 480t alter Rückstand der 2. Woche noch weitere 7t und der Rückstand enthielt selbst dann immer noch 4 bis 6 Proc. Schwefel als Sulfid. Man kann demnach weit mehr Schwefel ausbringen, wenn man genügend Oxydationskasten hat. Das Umschaufeln kostet aber sehr viel Arbeit und würde es gewiſs zweckmäſsiger sein, wenn man in niederen Kasten arbeitete, wobei die Oxydation rascher und gleichmäſsiger werden müſste. Wahrscheinlich würde sich dabei auch weniger Sulfit bilden; auch würde man den Rückstand besser ausarbeiten können. Ein Kasten wurde ausnahmsweise 12 Tage nicht frisch beschickt und gab nach 8 Tagen noch starke Laugen. Er war beim Ausleeren sehr hart und kostete doppelte Arbeit; auch war er vollständig mit gelbem Schwefelcalcium durchsetzt. Es sei noch eine Vorsicht angeführt, deren Tragweite oft übersehen wird. Man sollte frischen Rückstand vor dem ersten Laugen nahezu die doppelte Zeit oxydiren, da es lange dauert, bis er ordentlich heiſs wird. Thut man dies, so wird der Rückstand für die ganze Behandlung in weit besserem Zustande verbleiben. Es kommt oft vor, daſs sich ein alter Rückstand durch länger andauernde Oxydation wieder erholt. Mond's Prozeſs ist jedenfalls noch weiterer Verbesserung fähig und wird von Concurrenzverfahren zur Zeit noch nicht verdrängt werden können, um so weniger, als in vielen englischen Fabriken die Salzsäure noch immer geringen Werth besitzt und er bei kleinen Anlagekosten bedeutende Mengen Rückstand bewältigt. Das Verfahren der Oxydation des Rückstandes läſst noch viel zu wünschen übrig und ist die angewendete trockene Luft wohl der Hauptgrund des Austrocknens und Hartwerdens des Rückstandes. Die Anwendung eines Dampfgebläses, welches feuchte warme Luft liefert, würde diesem Uebelstande sehr wahrscheinlich vorbeugen. Widnes in Lancashire, Juli 1882.