Titel: Zur Milchuntersuchung.
Fundstelle: Band 247, Jahrgang 1883, S. 306
Download: XML
Zur Milchuntersuchung. P. Vieth, zur Milchuntersuchung. Wie P. Vieth in den Forschungen auf dem Gebiete der Viehhaltung, 1882 S. 191 zeigt, vermindert sich der Trockensubstanzgehalt der Milch beim Aufbewahren. Im Mittel von 5 Versuchen verlor Milch beim Aufbewahren in 2 Tagen bei 10 bis 15° 0,30, bei 19 bis 21° 0,78 Proc., in 4 Tagen 1,0 bezieh. 1,92 Proc. Trockensubstanz. Dieser Verlust kann nicht auf Rechnung des Zerfalles von Milchzucker in Milchsäure geschrieben werden, sondern es müssen noch weitere Zersetzungen vor sich gehen und zwar solche, bei denen auch unter oder bei 1000 flüchtige Verbindungen entstehen. Es ist hier in erster Linie an alkoholische Gährung, welche wiederum den Milchzucker betrifft, zu denken; ob auch die übrigen Bestandteile und in wie weit sie etwa an einer so schnellen Zersetzung theilnehmen, bedarf noch weiteren Nachweises. Jedenfalls aber zeigen die ausgeführten Versuche, daſs die Bestimmung der Trockensubstanz in saurer Milch, selbst wenn dieselbe erst wenige Tage alt ist, unter Umständen Resultate liefern kann, welche ein durchaus abweichendes Bild von dem ursprünglichen Gehalt der noch süſsen Milch an Trockensubstanz geben. Vieth (Daselbst S. 195) hat ferner die Veränderung des Fettgehaltes der Milch während des Kleinverkaufes untersucht. Die Milchlieferanten für die Aylesbury-Dairy Company, ein sehr bedeutendes Milchverkaufgeschäft in London, müssen alle Milch gleich nach dem Melken auf einem Lawrence'schen Apparat kühlen. Sie wird dann in stundenlanger Fahrt mit der Bahn nach London, dann mit Wagen zu den Geschäftsräumen der Gesellschaft und nach entsprechender Umfüllung den Kunden zugeführt, nachdem aus jeder Kanne, bevor sie den Hof verläſst, eine Probe genommen ist, von welcher das specifische Gewicht bestimmt wird. Es wurde nun von der gut gemischten Milch bei der Abfahrt um 1 Uhr eine Probe genommen, dann während der Rundfahrt bei den Kunden um 2 Uhr 45 Minuten und um 5 Uhr 20 Minuten. Sämmtliche 3 Proben waren aus dem in der Nähe des Bodens der Kanne befindlichen Hahn abgelassen: Probeentnommen um Spec.Gewicht Trocken-substanz Fett FettfreieTrockensubstanz 1 Uhr 1,0335 13,05 3,30       9,75 Proc. 2   „   45 Minuten 1,0335 13,13 3,40       9,73 5   „   20      „ 1,0330 13,24 3,50       9,74 Diese Zahlen zeigen, daſs eine für praktische Verhältnisse nur unwesentlich zu nennende Veränderung des Fettgehaltes vor sich gegangen war, und stimmt dieses Resultat durchaus mit den Erfahrungen überein, welche Vieth täglich an den regelmäſsig durch die Inspektoren der Gesellschaft von deren Leuten entnommenen Milchproben zu machen Gelegenheit hat. Nur eine Milch zeigte ein erheblich abweichendes Verhalten; es wurden daher von dieser 3 Proben genommen und zwar die erste von der eben eingelieferten und gut durchgemischten Milch, die zweite und dritte nach 1stündigem ruhigem Stehen, beziehungsweise von oben geschöpft und vom Hahn abgezapft. Die Proben zeigten die folgende Zusammensetzung: Probeentnommen um Spec.Gewicht Trocken-substanz Fett FettfreieTrockensubstanz 12 Uhr 1,0330 13,36   3,90       9,46 Proc.   1   „   von oben 1,0245 20,96 11,50       9,46   1   „   vom Hahn 1,0340 12,40   2,90       9,50 Die Milch wurde ferner kurz vor dem Verlassen des Geschäftes gut gemischt und eine Probe genommen; ferner wurden während der Fahrt und bei der Rückkehr Proben genommen, welche folgende Zusammensetzung zeigten: Probeentnommen um Spec.Gewicht Trocken-substanz Fett FettfreieTrockensubstanz   1 Uhr 1,0325 13,30 3,90       9,40 Proc. 2   „ 1,0345 12,04 2,50       9,54 3   „ 1,0350 11,86 2,30       9,56 4   „ 1,0305 15,80 6,40       9,40 5   „ 1,0290 16,32 6,90       9,42 Diese Milch wurde nun nicht mehr zum Verkaufe ausgeschickt. Jedenfalls sollte dieses Verhalten einer Milch zur Vorsicht mahnen bei der Abgabe eines Urtheiles über Milchproben, welche beim Kleinverkauf entnommen werden.