Titel: Expansionsvorrichtungen für Dampfmaschinen mit Schiebersteuerung.
Autor: Whg.
Fundstelle: Band 247, Jahrgang 1883, S. 437
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Expansionsvorrichtungen für Dampfmaschinen mit Schiebersteuerung. (Patentklasse 14. Schluſs des Berichtes S. 397 dieses Bandes.) Mit Abbildungen auf Tafel 31 und 34. Expansions-Schiebersteuerungen für Dampfmaschinen. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen auslösenden Mechanismen ist bei der in Fig. 1 Taf. 34 dargestellten Steuerung von Gebrüder Stork in Hengelo (* D. R. P. Nr. 16307 vom 9. März 1881) eine auch beim Schluſs zwangläufige Bewegung des Ventiles vorhanden. An der nach aufwärts gerichteten Excenterstange ist der schon bekannte Lenkermechanismus angebracht, welcher auch von Ch. Brown (* D. R. P. Nr. 295, vgl. 1878 229 * 497) und nach ihm von der Sächsischen Maschinenfabrik (* D. R. P. Nr. 16167 und 17071, vgl. 1882 245 * 402 u. 403) für Ventilsteuerungen benutzt ist. Der obere Endpunkt der Excenterstange ist durch eine lange Zugstange mit einem Hebel a verbunden, dessen obere, mit stählernen Rollen versehene Arme abwechselnd auf die an der Ventilspindel befestigte Platte b wirken. Der unteren Fläche dieser Platte ist eine solche Gestalt gegeben, daſs das Ventil durch die Arme von a schnell angehoben und auf einer bestimmten, unveränderlichen und vom Füllungsgrade unabhängigen Höhe gehalten wird, bis – ebenfalls schnell, aber zwangläufig – der Schluſs erfolgt. Der seitliche Angriff wird hier nicht sehr nachtheilig sein, da die Ventilspindel dicht über der Platte b geführt wird. Behufs möglichster Verminderung des schädlichen Raumes zwischen Ventil und Schieber ist das Ventilgehäuse in den Schieberkasten gelegt und wird mit einer Feder gegen den Schieber gepreſst. Bei dieser Anordnung ist es nothwendig, daſs die Ventilspindel nicht fest mit dem Ventile verbunden ist, sondern eine der Abnutzung des Schiebers entsprechende Verrückung des ganzen Ventilgehäuses gestattet. Bei dem in Fig. 2 bis 5 Taf. 34 abgebildeten Apparat von G. Maack in Köln (Erl. * D. R. P. Nr. 5147 vom 20. Oktober 1878) ist statt des Ventiles ein schwingender gitterförmiger Hahn (Drehschieber) und zur Bewegung desselben wieder ein Klinkenmechanismus benutzt. Da der Hahn sowohl bei einem Ausschlag nach rechts, wie bei einem Ausschlag nach links, von der gezeichneten Schluſsstellung aus, die Kanäle öffnet, so braucht derselbe während jeder Kurbelumdrehung nur eine Hin- und Herschwingung zu machen. Er erhält die öffnende Bewegung von dem Hebel fg, welcher mit einem Excenter verbunden ist und um einen in der Verlängerung der Hahnwelle am Gehäuse befindlichen Zapfen schwingt. Dieser Hebel trägt am oberen Ende zwei Klinken h, welche bei der Schwingung abwechselnd einen horizontal geführten Rahmen cde (Fig. 4) mitnehmen, bis sie ausgelöst werden. Von dem Rahmen wird dann die Bewegung durch den auf der Hahnwelle befestigten Hebel a auf den Hahn übertragen. Um denselben nach der Auslösung der Klinken jedesmal wieder in die Mittelstellung zurückzuführen, ist am unteren Ende des Hebels a ein Gewicht angebracht. Auſserdem ist a mit zwei in den Büchsen b liegenden Schraubenfedern verbunden, von denen bei jedem Ausschlage die eine ausgezogen, die andere zusammengepreſst wird. – Diese für den Schluſs des Hahnes dienende Einrichtung ist das mangelhafteste an der ganzen Construction. Der Hebel a wird nach der Auslösung stets einige Schwingungen um seine Mittellage machen, zumal beim Durchgang durch dieselbe die auf ihn wirkenden Kräfte sich stetig ändern. Besser würde für den genannten Zweck etwa die bei der Schiebersteuerung von J. R. Frikart (* D. R. P. Nr. 20836, vgl. * S. 271 d. Bd.) benutzte Federanordnung zur Rückführung der Schieber in ihre Mittellage sein. Ein stetig rotirender Hahn findet sich bei der in Fig. 6 bis 8 Taf. 34 dargestellten Construction verwendet, welche der Prinz Carlshütte, Grauel, Hensel und Comp. und E. F. Hamann in Rothenburg a. d. Saale (Erl. * D. R. P. Nr. 3742 vom 7. Mai 1878) patentirt worden ist. Zwei genau in einander und in das zugehörige Gehäuse eingepaſste Hohlcylinder sind auf einem im Gehäuse fest geschraubten Stift leicht drehbar aufgehängt. Der innere Cylinder ist an den Enden durch Böden abgeschlossen. In dem die Cylinder umgebenden Mantel, welcher als besonderes auswechselbares Stück in das Gehäuse eingesetzt ist, befinden sich 6 Oeffnungen, von denen drei senkrecht über einander und die anderen drei ihnen diametral gegenüber liegen. Die oberen und unteren sind halb so breit als die mittleren. Diesen Oeffnungen entsprechen der Höhe nach in jedem Cylinder drei den halben Umfang einnehmende Ausschnitte, von denen der mittlere dem oberen und unteren gegenüber liegt. Die beiden Cylinder werden von zwei concentrischen Wellen, von denen die äuſsere zugleich die Regulatorspindel (vgl. Fig. 7) ist, durch Mitnehmer in Drehung versetzt, und zwar erhält der äuſsere Cylinder dieselbe Umlaufzahl wie die Kurbelwelle. Im Beharrungszustande hat auch der innere Cylinder die gleiche Geschwindigkeit, so daſs sich beide wie ein Stück bewegen. Beim Steigen und Fallen der Regulatorurne wird jedoch durch eine in ihr befestigte Mutter die an dieser Stelle mit steilem Gewinde versehene innere Welle zu einem Vor- oder Nacheilen gegen die äuſsere gezwungen und hierdurch ein früherer oder späterer Abschluſs der Oeffnungen erzielt (vgl. Fig. 6 und 8). Der Dampf strömt bei e ein und gelangt durch a in den Schieberkasten. Der Apparat gestattet beliebig kleine und groſse Füllungsgrade. Er würde mit zu den besten Expansionsapparaten gehören, wenn dauernd eine gute Dichtung der Cylinder zu ermöglichen wäre. Da dieselben vollständig entlastet sind, so wird allerdings bei passender Wahl des Materials und guter Ausführung die Abnutzung nicht sehr groſs sein. Ganz eigenartig in ihrer Wirkungsweise sind die folgenden neueren Expansionsapparate, bei welchen ein in seinem Gehäuse frei bewegliches, mit keinem äuſseren Mechanismus in Verbindung stehendes Ventil benutzt ist. Dasselbe wird dadurch zum Oeffnen und Schlieſsen gebracht, daſs in Folge besonderer Kanalanordnungen in einer Kammer, welche von einem mit dem Ventil starr verbundenen Kolben in dem Gehäuse abgesperrt ist, abwechselnd eine höhere und eine tiefere Spannung hergestellt wird. Es ist also ein besonderer kleiner Dampfkolben zur Bewegung des Ventiles verwendet und es kommt zur Erreichung einer sicheren Regelung des Dampfeinlasses nur darauf an, diesen Kolben passend zu steuern. Bei der ersten derartigen Vorrichtung von R. Affeltranger in Bern (* D. R. P. Nr. 3301, vgl. 1879 233 * 355) war versucht, auch diese Steuerung ohne alle Bewegungsmechanismen zu bewirken und die Apparate haben in der That auch ihren Dienst versehen, höchst wahrscheinlich aber nur bei einer ganz bestimmten Umlaufzahl der Maschine und bei einer ganz bestimmten Dampfspannung, für welche sie eingestellt waren. Bei jeder wesentlichen Aenderung der Geschwindigkeit oder der Dampfspannung lag die Gefahr nahe, daſs das Ventil sich zu unrechter Zeit oder gar nicht öffnete. – Das Patent Nr. 3301 ist von Escher Wyſs und Comp. in Zürich erworben und die Construction von dieser Firma dann weiter ausgebildet worden. Fig. 9 bis 13 Taf. 34 zeigen die neueste Einrichtung des Affeltranger'schen Apparates (* D. R. P. Nr. 20103 vom 31. März 1882, Zus. zu Nr. 3301). Das Ventilgehäuse ist wie bei Fig. 1 Taf. 34 in den Schieberkasten gelegt und wird durch eine Feder gegen den Schieber gedrückt. Um einen dichten Abschluſs zwischen beiden, wie auch zwischen Schieber und Schieberspiegel zu erreichen, wird von dem Dampfeinströmrohr e aus durch Kanäle f frischer Dampf in den Schieberkasten geleitet, aus welchem er aber nicht entweichen kann. Der mit dem Ventil verbundene Kolben steht bei geschlossenem Ventil auch auf einem Ventilsitz, so daſs das Ganze ein Doppelsitzventil bildet; doch kann der obere Sitz auch fortbleiben. Die von dem Kolben abgesperrte Kammer n steht durch eine feine Bohrung a mit dem Einströmrohr und durch einen Kanal b (Fig. 13) mit dem Raum r zwischen Ventil und Kolben bezieh. mit dem Schieberkanal d in Verbindung. In den Kanal b ist ein cylindrisches Absperrorgan c, halb Hahn, halb Muschelschieber, eingeschaltet, welches nicht nur, wie bei der ersten Anordnung, durch den Regulator im Falle einer Geschwindigkeitsänderung eine Drehung, sondern auſserdem durch Verbindung mit der Hauptschieberstange eine regelmäſsig hin- und hergehende Bewegung erhält. Aus der Abwickelung dieses Hahnschiebers c und seines Gehäuses Fig. 11 ist ersichtlich, daſs bei jedem Hingang und jedem Rückgang des Schiebers c durch die Höhlung x desselben die beiden Kanalmündungen b kürzere oder längere Zeit mit einander verbunden werden und zugleich während dieser Zeit der Durchströmquerschnitt mehr oder weniger verengt ist. Bei der in Fig. 9 gezeichneten Stellung wird das Ventil durch die mit Handrad versehene Schraube s geschlossen gehalten. Beim Anlassen der Maschine ist das Ventil durch Herausdrehen der Schraube s frei zu geben. Damit die Maschine in Gang komme, muſs nun der Schieber c eine Durchströmöffnung lassen, welche mindestens ein wenig gröſser ist als der Querschnitt der Bohrung a, so daſs der durch a in die Kammer n eindringende Dampf durch b nach dem Räume r entweichen kann. Einer der Cylinderkanäle ist ebenfalls geöffnet zu denken. Der Dampf wird dann das Ventil öffnen und durch den Schieber in den Cylinder einströmen. Gleich nach der Oeffnung des Ventiles wird der Kanal b durch den Schieber c abgesperrt; der durch a in die Kammer n einströmende Dampf kann nicht mehr entweichen, die Spannung in n steigt in Folge dessen und, wenn sie nahezu die Spannung des frischen Dampfes erreicht hat, wird das Ventil durch Eigengewicht und Federdruck geschlossen. Es bleibt geschlossen, bis kurz vor Ende des betreffenden Hubes der Schieber c, durch seine Mittellage gehend, den Kanal b auf einige Zeit öffnet und dem Dampf in n den Abzug gestattet, worauf das Ventil wieder gehoben wird. Im Räume r herrscht vor Oeffnung des Ventiles die Spannung, welche im Cylinder beim Abschluſs des Hauptschiebers vorhanden war, da der Dampf in r an der Expansion im Cylinder theilnimmt. Je länger und je mehr der Kanal b geöffnet wird, um so mehr Dampf wird aus n entweichen und um so längere Zeit wird es also dauern, bis der durch a nachströmende Dampf die zum Schluſs des Ventiles nöthige Spannung in n wieder hergestellt hat; um so längere Zeit wird mithin das Ventil geöffnet bleiben. Jedenfalls muſs jedoch gleich nach Oeffnung des Ventiles der Kanal b wieder abgesperrt sein, da sonst der frische Dampf auch durch b nach n gelangen könnte. Ein zweiter derartiger Apparat von J. Patrick in Frankfurt a. M. (* D. R. P. Nr. 18507 vom 26. November 1881) ist in Fig. 14 bis 16 Taf. 34 abgebildet. Ventil und Kolben befinden sich hier nicht in demselben Räume, sondern es bildet der untere Theil des Gehäuses einen besonderen kleinen Dampfcylinder für den Kolben k. Die den Kolben und das Ventil verbindende Stange geht durch die Zwischenwand b hindurch. An den Raum c oberhalb des Ventiles ist das Einströmrohr e angeschlossen; der Raum unter dem Kolben steht durch den Kanal f mit dem Einströmraum c in Verbindung und der Raum n über dem Kolben durch eine in der Zwischenwand b befindliche Bohrung i (vgl. Fig. 14) mit dem nach dem Schieberkasten führenden Stutzen a. In den Kanal f ist ein mit der Hauptschiebers tange der Maschine verbundener kleiner Schieber s eingeschaltet (vgl. Fig. 15 und 16), welcher den Kanal f kurz vor Ende jedes Kolbenhubes öffnet und bald darauf wieder schlieſst. Die Bohrung i kann durch einen mit dem Regulator in Verbindung stehenden Hahn h mehr oder weniger versperrt werden. Endlich sind auch die Räume unter und über dem Kolben k durch feine Bohrungen im Kolben selbst mit einander verbunden. Ist nun beim Gange der Maschine das Ventil geschlossen (wie gezeichnet), so wird der unter dem Ventil befindliche Dampf an der Expansion im Cylinder theilnehmen und in Folge dessen auch aus n durch i etwas Dampf entweichen. Läſst dann gegen Ende des Hubes der Schieber s den frischen Dampf unter den Kolben k treten, so wird derselbe, da er einen gröſseren Durchmesser als das Ventil hat, sammt diesem gehoben, so daſs der Dampf durch a in den Schieberkasten bezieh. in den Cylinder gelangen kann. Da derselbe aber auch durch die Bohrungen im Kolben k, sowie durch die Oeffnung i in der Zwischenwand b zu dem Räume n Zutritt hat, so wird bald nach Oeffnung des Ventiles die Spannung in n wieder so weit gestiegen sein, daſs Kolben und Ventil durch ihr Eigengewicht zum Niederfallen gebracht werden. Je mehr die Oeffnung i durch den Hahn h verengt ist, um so weniger Dampf kann aus n während der Expansionsperiode entweichen, um so schneller wird daher nach Oeffnung des Ventiles der Volldruck hier wieder hergestellt, um so kürzere Zeit mithin das Ventil geöffnet bleiben. Bald nach Schluſs des Ventiles muſs auch der Schieber s den Kanal f absperren, damit durch f und den Kolben k hindurch kein Dampf mehr nach n gelangen kann und vor Ende des Hubes die Spannung hier genügend gesunken ist, um ein Wiederöffnen des Ventiles zu ermöglichen. In Fig. 17 ist der Patrick'sche Apparat in Verbindung mit der Maschine dargestellt. Bei dieser Anordnung ist auf eine möglichst weitgehende Verstellbarkeit der einzelnen beweglichen Theile Bedacht genommen. Die dritte sich hier anschlieſsende Anordnung, von O. Hutzler in Tiefenstein, Baden (* D. R. P. Nr. 20936 vom 11. November 1881) herrührend, ist in Fig. 18 bis 20 Taf. 34 veranschaulicht. Ventil und Kolben sind im Gehäuse ähnlich wie bei dem vorigen Apparate angebracht, mit dem allerdings sehr wesentlichen Unterschiede, daſs die Zwischenwand nicht vorhanden ist. Ferner ist sowohl der Schieber s, wie der Hahn h im Kanäle f untergebracht. Trotz der äuſserlichen Aehnlichkeit ist daher die Wirkungsweise dieser beiden Apparate sehr verschieden. Die Oeffnung des Ventiles erfolgt ebenfalls durch den von unten auf den Kolben wirkenden Dampfdruck, sobald der Schieber s den Kanal f frei gegeben hat; der Ventilschluſs aber wird direkt durch den Arbeitsdampf, welcher durch das Ventil nach dem Schieberkasten strömt, bewirkt. Es werden hier also wohl nur sehr geringe Füllungen möglich sein. Ist der Hahn h nur wenig geöffnet, so werden Kolben und Ventil nur langsam steigen und der Schluſs des Ventiles schon eintreten, wenn dasselbe sich erst wenig gehoben hat. Wenn dagegen der Hahn ganz geöffnet ist (bei tiefster Regulatorstellung), so wird das Ventil schnell und weit geöffnet, die Fallzeit mithin eine gröſsere werden und mehr Dampf in den Cylinder gelangen. Es scheint hiernach, daſs bei dieser Einrichtung die Regulirung des Ganges der Maschine mehr als bei den beiden vorher beschriebenen Apparaten durch Drosselung des Dampfes erzielt wird. Eine theoretische Untersuchung dieser drei letztgenannten Apparate bietet unüberwindliche Schwierigkeiten, da bei der mangelnden Kenntniſs der einschlägigen Gesetze über die Bewegung der Dämpfe die Pressungsänderungen in den Kanälen und Bohrungen mit ihren mehrfachen Querschnitts- und Richtungsänderungen und auf den Ventil- und Kolbenflächen bei der fortwährend sich ändernden Durchströmgeschwindigkeit auch nur einigermaſsen annähernd nicht ermittelt werden können. Es sind daher genaue Versuche hinsichtlich der Zuverläſsigkeit, der Wirkungsweise und des Dampfverbrauches mit diesen Apparaten abzuwarten. Jedenfalls erfordern die Apparate eine sorgfältige Ausführung, Einstellung und Wartung. Das Erhalten derselben in dauernd gutem Zustande scheint durch die Benutzung enger Bohrungen, welche sich leicht verstopfen können, erschwert. Whg.