Titel: Neue Farbstoffe und deren Darstellung. (Patentkl. 22.)
Fundstelle: Band 248, Jahrgang 1883, S. 340
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Neue Farbstoffe und deren Darstellung. (Patentkl. 22.) Neue Farbstoffe und deren Darstellung. Während die Phenylamidoazobenzolmonosulfosäuren röthlich gelb bis orange, die Homologen derselben orange bis gelbroth färben, liefern die Tri- und Tetrasulfosäuren des Phenylamidoazobenzols nach Dahl und Comp. in Barmen (D. R. P. Nr. 21903 vom 25. März 1882) rein gelbe Farbstoffe; die Homologen färben röthlich gelb bis orange. Zur Herstellung der Polysulfosäuren des Phenylamidoazobenzols: C6H5.NH.C6H4.N2.C6H5 werden 20k desselben allmählich unter Abkühlung in 100k rauchende Schwefelsäure von 20 Proc. Anhydridgehalt eingetragen. Nun erwärmt man auf 60 bis 70°, läſst nach 3 bis 4 Stunden erkalten, gieſst die Masse in viel Wasser, behandelt mit Kalkmilch und führt die Kalksalze der Sulfosäuren in Natronsalze über. Nach einem ferneren Vorschlage werden 20k Phenylamidoazobenzol nach und nach bei 40 bis 50° in 60k Schwefelsäurechlorhydrin eingetragen, dann wird 2 bis 3 Stunden lang auf 80 bis 85° erwärmt und, wie eben angegeben, weiter behandelt. Man kann ferner 20k Phenylamidoazobenzol in 80k Schwefelsäuremonohydrat lösen, auf 60 bis 70° erwärmen und nach und nach 20k fein gepulvertes Natrium- oder Kaliumpyrosulfat zugeben. Nach 2 stündiger Einwirkung läſst man erkalten, gieſst in viel Wasser, behandelt mit Kalkmilch und dampft die filtrirte Lösung ein. Zur Darstellung der Polysulfosäuren des Phenylamidoazobenzols aus den Monosulfosäuren werden 20k Phenylamidoazobenzolmonosulfosäure allmählich bei etwa 20° in 80k rauchende Schwefelsäure von 20 Proc. Anhydridgehalt eingetragen, die Lösung wird 3 bis 4 Stunden lang auf 70 bis 80° gehalten und dann wie beim ersten Verfahren weiterbehandelt. Es werden ferner 20k Phenylamidoazobenzolmonosulfosäure in 80k Schwefelsäuremonohydrat gelöst, auf 60 bis 70° erwärmt und allmählich 20k fein gepulvertes Natrium- oder Kaliumpyrosulfat zugegeben, worauf man in obiger Weise weiter verfuhrt. Wegen der leichteren Herstellungsweise der Phenylamidoazobenzolmonosulfosäuren ist die Anwendung derselben zur Darstellung der Polysulfosäuren der des Phenylamidoazobenzols vorzuziehen. Die Farbstoffe werden als Kali- oder Natronsalze in trockenem Zustande in den Handel gebracht. Zur Darstellung von künstlichem Indigo aus den Orthoamidoderivaten des Acetophenons und des Phenylacetylens wird nach Angabe der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen (D. R. P. Nr. 21592 vom 12. August 1882) zu einer concentrirten Lösung von Acetylorthoamidoacetophenon oder von Acetylorthoamidophenylacetylen in Schwefelkohlenstoff eine gleiche Gewichtsmenge trockenen Broms langsam und unter Vermeidung von Erwärmung hinzugefügt. Während der Operation scheidet sich eine krystallinische Bromverbindung ab, deren Menge beim Stehen zunimmt. Dieselbe wird vom Lösungsmittel getrennt und in die 10 bis 20 fache Gewichtsmenge concentrirter Schwefelsäure unter Abkühlung und beständigem Umrühren eingetragen. Wenn die nach kurzer Zeit eintretende lebhafte Entwickelung von Bromwasserstoff nachgelassen hat, wird die Lösung mit kaltem Wasser verdünnt und das sich in farblosen Flocken abscheidende Umwandlungsproduct von der sauren Flüssigkeit getrennt. Zur Ueberführung dieses Zwischenproductes in Indigoblau wird dasselbe mit einem geringen und bleibenden Ueberschusse verdünnter Natronlauge bei ungefähr 50 bis 60° so lange digerirt, bis eine klare, tiefgelbe Lösung entstanden ist, aus welcher sodann bei Berührung mit Luft sich reichlich Indigo abscheidet. Die Bromirung der acetylirten Amidoverbindungen ist auch ohne Anwendung von Schwefelkohlenstoff oder ähnlicher Lösungsmittel ausführbar, wenn man das fein gepulverte, trockene Acetylderivat so lange in der Kälte einer Bromatmosphäre aussetzt, bis sich dasselbe unter Aufnahme einer ungefähr gleichen Gewichtsmenge Brom in ein tief rothgelbes Pulver umgewandelt hat. Aehnlich, aber unvollkommener als Schwefelsäure, wirkt Salzsäure auf die Bromverbindung ein. Die getrennte Einwirkung des Broms und der Schwefelsäure kann auch zweckmäſsig zu einer Operation vereinigt werden, indem man die Amidoverbindungen oder deren Acetylderivate in Schwefelsäure löst, dann das Brom langsam zusetzt und im Uebrigen verfährt, wie vorstehend angegeben. Mit den durch Brom und Schwefelsäure bezieh. Salzsäure gebildeten Zwischenproducten bewirken ätzende Alkalien bereits in der Kälte, alkalische Erden und kohlensaure Alkalien in der Wärme Indigobildung. Orthonitrometamethylbenzaldehyd aus Metamethylbenzaldehyd. Nach Angabe der Farbwerke vormals Meister, Lucius und Brüning in Höchst a. M. (D. R. P. Nr. 21683 vom 2. Juli 1882) nimmt beim Nitriren des aus Metaxylol hergestellten Toluylaldehyds wie bei der Metabrombenzoesäure die Nitrogruppe die Orthostellung zur CHO-Gruppe ein. Der auf diese Weise gebildete Metamethylorthonitrobenzaldehyd kann in der von der Badischen Anilinfabrik (1883 247 95) angegebenen Weise leicht in Metamethylindigo übergeführt werden. 12 Th. Toluylaldehyd werden in der 6 fachen Gewichtsmenge concentrirter Schwefelsäure unter Abkühlung gelöst. In diese Lösung läſst man ein kaltes Gemisch von 10 Th. Salpetersäure (1,4 sp. G.) mit 20 Th. concentrirter Schwefelsäure bei 15° nicht übersteigender Temperatur langsam einflieſsen. Beim Eingieſsen der Reactionsmasse in Eiswasser scheidet sich der gebildete Nitroaldehyd als Oel ab. Derselbe kann nach dem Waschen mit Wasser und verdünnter Sodalösung entweder sofort, oder nach der Destillation im Wasserdampfstrome zur Darstellung von Methylindigo verwendet werden. Der erhaltene Nitroaldehyd ist ölförmig und von gelblicher Farbe, schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol, Benzol, Aether und Aceton. Mit Wasserdämpfen ist er flüchtig. Schüttelt man ihn mit einer concentrirten Lösung von saurem schwefligsaurem Natrium, so entsteht eine Doppel Verbindung in glänzenden farblosen Blättchen. Zur Herstellung von Methylindigo löst man 1 Th. Metamethylorthonitrobenzaldehyd in der doppelten Menge Aceton und versetzt die Lösung mit 25 Th. einer 2 procentigen Natronlauge. Der Indigo, dessen Bildung in kurzer Zeit erfolgt, wird auf einem Filter gesammelt und zur Reinigung mit Wasser, später mit Alkohol ausgewaschen. An Stelle des Acetons können auch Aldehyd und Brenztraubensäure verwendet werden; überhaupt können alle die erwähnten Methoden der Badischen Anilinfabrik für die Umwandlung des Orthonitrobenzaldehyds in Indigo auch für diejenige des Metamethylorthonitrobenzaldehyds in Metamethylindigo Verwendung finden. Der Methylindigo ist wie der natürliche Indigo von dunkelblauer Farbe und zeigt nach dem Reiben Kupferglanz; zum Unterschiede vom Indigo zeigt er eine bemerkenswerthe Löslichkeit in Alkohol. Salpetersäure löst ihn beim Erwärmen unter Zerstörung mit gelber Farbe. Dieselben Farbwerke (D. R. P. Nr. 22038 vom 26. Mai 1882) beschreiben ferner die Darstellung von Azofarbstoffen aus den Trisulfosäuren des β-Naphtols. Um zunächst das β-Naphtol in die Trisulfosäure überzuführen, versetzt man 4 bis 5 Th. rauchende Schwefelsäure (20 Proc. SO3) mit 1 Th. Naphtol, so daſs die Temperatur der Mischung auf 140 bis 160° steigt, und läſst die Schwefelsäure bei dieser Temperatur so lange auf das Naphtol einwirken, bis eine Probe der Reactionsmasse mit Ammoniak eine Lösung von rein grüner Fluorescenz und mit Diazoxylol in alkalischer Lösung erst nach einiger Zeit einen Farbstoff liefert. Ist dies erreicht, so verarbeitet man die Masse in der üblichen Weise auf das Natriumsalz der gebildeten β-Naphtoltrisulfosäure. Statt der rauchenden Schwefelsäure können alle sonstigen Sulfonirungsmittel verwendet werden. Von den Diazoverbindungen, welche mit der neuen Naphtoltrisulfosäure zur Herstellung von gelben, orangefarbigen, rothen und blaurothen Azofarbstoffen combinirt sind, werden erwähnt: Diazobenzol, Diazobenzolsulfosäure, Diazochlorxylol, Diazochloranisol, Diazonitrobenzol, Diazosulfonaphtalin, Diazoazobenzol, Diazosulfoazobenzol, Diazomethylazobenzol (CH3.C6H4.N = N.C6H4.NN.Cl), Diazobenzoesäure und Diazozimmtsäuremethyläther. Folgende drei Farbstoffe zeichnen sich durch ihre Schönheit aus und eignen sich vorzüglich zum Färben von Baumwolle. Zur Herstellung eines rothen Farbstoffes werden 22,3 Th. α-Naphtylaminsulfosäure, welche mit 25 Th. Salzsäure (33 Proc. HCl) und 250 Th. Wasser zu einem Breie angerührt sind, durch 6,9 Th. salpetrigsaures Natrium in die Diazoverbindung übergeführt. Dann bereitet man eine Lösung von 50 Th. des β-naphtoltrisulfosauren Natrons in 250 Th. Wasser, setzt 20 Th. Ammoniakflüssigkeit (24 Proc. NH3) hinzu und läſst nun die erwähnte Diazoverbindung der α-Naphtylaminsulfosäure in diese Lösung langsam einlaufen. Um einen blaurothen Farbstoff zu erhalten, werden 19,7 Th. Amidoazobenzol, 25 Th. 33procentige Salzsäure und 250 Th. Wasser innig gemischt und dann unter Abkühlen 6,9 Th. salpetrigsaures Natrium, gelöst in 20 Th. Wasser, hinzugesetzt. Wenn, nachdem die Mischung hinreichende Zeit gestanden und die Diazoverbindung sich vollständig gebildet hat, wird die Lösung derselben in eine Lösung von 50 Th. des β-naphtoltrisulfosauren Natriums in 250 Th. Wasser unter Zusatz von 10 Th. 24 procentiger Ammoniakflüssigkeit gegossen. Ein anderer blaurother Farbstoff wird erhalten, wenn 27,7 Th. der Amidoazobenzolsulfosäure, 25 Th. Salzsäure (33 proc.) und 250 Th. Wasser innig gemischt und dann unter Abkühlen 6,9 Th. salpetrigsaures Natrium, gelöst in 20 Th. Wasser, hinzugesetzt werden. Wenn die Diazoverbindung sich vollständig gebildet hat, wird die Lösung derselben in eine Lösung von 50 Th. des β-naphtoltrisulfosauren Natriums in 250 Th. Wasser unter Zusatz von 20 Th. 24 procentiger Ammoniakflüssigkeit gegossen. In den angeführten Beispielen scheidet sich der Farbstoff beim Vermischen der Lösungen der Diazoverbindung und des β-naphtoltrisulfosauren Natriums zum gröſsten Theile als voluminöser Niederschlag ab; er wird durch Auflösen in Wasser und Ausfällen aus dieser Lösung mittels Kochsalz gereinigt. (Schluſs folgt.)