Titel: Schaffner und Helbig's Prozess der Schwefelregeneration.
Autor: S.
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 34
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Schaffner und Helbig's Prozeſs der Schwefelregeneration. Schaffner und Helbig's Prozeſs der Schwefelregeneration. A. Chance hat in den letzten 9 Monaten mit Schaffner und Helbig's Prozesse gearbeitet und theilt in einem im Journal of the Society of Chemical Industrie, 1883 S. 202 abgedruckten Vortrage in Liverpool den englischen Sodafabrikanten seine Resultate und Erfahrungen mit, welche mit etwa 1000t verarbeitetem Rückstande gemacht wurden. Der Rückstand wird in den Zersetzern folgendermaſsen verarbeitet: Die Chlormagnesiumlösung, welche nicht über 60° warm sein darf – weil sie sonst Schwefelwasserstoff entwickelt, bevor der Zersetzer fertig beschickt ist –, wird in den Zersetzer eingefüllt, dann der Rückstand eingetragen und mit Dampf die über der Beschickung befindliche Luft verdrängt, um ein Vermischen des Schwefelwasserstoffgases mit Luft zu verhüten und so Explosionen unmöglich zu machen. Erst dann wird unter gutem Umrühren mit indirektem Dampfe angewärmt. Es soll vortheilhafter sein, einen Dampfmantel zu benutzen, der den Zersetzer so hoch einfaſst, als die Füllung reicht, als daſs man eine Dampfschlange in den Zersetzer selbst einführt. Die guſseisernen Dampfschlangen widerstehen aber dem Schwefelwasserstoffgase weit besser als der schmiedeiserne Mantel. Zum Carbonisiren der Magnesiumoxyd-Chlorcalciumlaugen findet es Chance vortheilhafter, in hohen Gefäſsen ohne Rührer zu arbeiten, als in liegenden Gefäſsen unter Rühren bei 1at,25 Druck. Vollständiges Carbonisiren ist um so schneller erreicht, je tiefer die Thürme und je höher procentig die Kohlensäure ist. Chance arbeitete mit Gasen, welche 26 Proc. Kohlensäure enthielten. Jede Operation mit 8t Rückstand dauert 5 bis 6 Stunden. Der Kalkschlamm wird gesiebt und in Filterpressen gewaschen, die besseren Waschwässer werden zusammen mit den besseren Laugen in Dampfkesseln eingedampft, die letzten Waschwässer dagegen ganz verloren gegeben. In wiefern die Chlormagnesiumlauge den Dampfkesseln nachtheilig ist, darüber macht Chance keine Angaben. (Vgl. Lunge 1882 246 * 526.) Das Schwefelwasserstoffgas wird in einem Gasometer gesammelt. Gaseintritt und Austritt sind unter Wasserverschluſs, um Explosionen zu verhüten. Das Verbrennen des Schwefelwasserstoffes zu Zwecken der Schwefelsäurefabrikation hat gar keinen Anstand; dagegen sind alle Versuche, aus dem Gase direkt Schwefel zu gewinnen, bis jetzt erfolglos geblieben. Den Verlust an Chlormagnesium gibt Chance zu 4 bis 4t,5 für 100t Sulfat an, also etwa 20t auf 100t Schwefel. Dieser Verlust soll zu ¾ ein mechanischer sein und soll bedeutend reducirt werden können. Von dem durchschnittlichen Verluste von 4,29 Proc. fallen: für 100 Sulfat für 100 Schwefel auf chemischen Verlust 1,81   9,05   „  mechanischen   „ 2,48 12,40 –––––– –––––– 4,29 21,45 Was nun den Kalk betrifft, welcher sich bei dem Verfahren regeneriren läſst, so hat Chance an verschiedene englische Sodafabrikanten gröſsere Mengen davon geschickt, damit diese selbst versuchen sollten, denselben für die Sodaschmelze anzuwenden. Es soll sich dieser Kalk seines groſsen Chlor- und Wassergehaltes wegen schlecht dazu eignen und muſs besonders getrocknet werden, da derselbe, wie er von der Filterpresse kommt, noch 50 Proc. Wasser enthält. Im rotirenden Sodaofen bleibt die Beschickung zu voluminös während der ganzen Dauer der Schmelze, so daſs für jede Schmelze weniger Sulfat zersetzt werden kann; auch dauert eine Operation weit länger wie gewöhnlich. Die erhaltene Rohsoda ist reich an Chloriden und Calciumcarbonat, dagegen arm an Soda und Schwefelcalcium (Hurter, Brock). Einige Analysen zeigen die ziemlich wechselnde Zusammensetzung des Kalkschlammes: I II III IV Calciumcarbonat 75,62 79,32 76,48 71,14 Calciumsulfat 4,60 3,89 4,62 4,52 Calciumchlorid 0,36 0,25 0,30 1,51 Magnesiumcarbonat 0,60 1,77 0,70 Magnesiumoxyd 2,50 1,67 2,85 3,20 Magnesiumchlorid 0,88 0,78 1,70 2,58 Kohle 5,80 3,72 3,00 3,80 Kieselsäure 0,50 0,30 1,12 3,45 Eisenoxyd 2,30 2,60 1,34 1,07 Thonerde 0,96 0,80 0,76 0,94 Soda 0,95 0,85 0,70 1,75 Wasser 4,65 4,30 6,00 6,00 Chance gibt ausführlich seine Erfahrungen über die Kosten des Prozesses und kommt zu dem Schlüsse, daſs derselbe nicht mehr rentiren könne wenn der Preis des Pyritschwefels auf die Hälfte sinke, besonders aber, wenn der dabei erhaltene Kalk nicht für die Sodaschmelze brauchbar sei. Der Prozeſs habe aber in dem Falle, daſs sich Schwefelwasserstoff leicht in reinen Schwefel umsetzen lasse, eine sichere Zukunft. In der auf den Vortrag folgenden Besprechung sagt Weldon, England und Amerika brauchen zusammen jährlich 150000t sicilianischen Schwefel, d.h. 50 Proc. mehr, als die gesammte englische Sodaindustrie liefern könnte. Schaffner's von Arsen völlig freier Schwefel sollte den sicilianischen leicht verdrängen können. Muspratt und Mactear versichern dagegen, daſs es ihnen schon jetzt schwer werde, 2000 bis 6000t jährlich zu verkaufen, selbst zu einem Preise, welcher weit hinter dem Marktpreise von sicilianischem Schwefel zurückstehe. (Es ist aber stets ein guter Absatz für von Arsen freiem Schwefel vorhanden, welcher von Mond's und Schaffner's altem Verfahren geliefert wird. Ref.) Hurter gibt Analysen von Sodarückstand und von Sodalaugen, welche von Rohsoda stammen, zu deren Herstellung ausschlieſslich Kalkschlamm (von Chance geliefert) benutzt wurde: I II III IV Lösliche Soda   0,55     0,44     0,36       0,175 Gesammtsoda   1,77     0,97     1,52     0,73 Schwefelcalcium 30,00 33,4 29,1 23,4 Die Zahlen bedeuten Procente auf getrockneten Rückstand, der unter normalen Verhältnissen durchschnittlich 40 Proc. Schwefelcalcium enthalten sollte. Die Analyse der Sodarohlauge ergab: Na2O 165,2g in 1l NaOH   44,27 Na2S     5,08 Na2SO4     6,77 NaCl   42,57 Na4Fe(CN)6     0,01 Das Chlormagnesium sollte besser ausgewaschen sein und ist es unumgänglich nothwendig, beim Waschen des Kalkschlammes die letzten Waschwässer verloren zu geben. Für Fabrikanten, welche nur kaustische Soda darstellen, würde es gewiſs sehr schwer sein, den kaustischen Sodaschlamm zugleich mit dem Schlamme von Schaffner und Helbig's Prozeſs für die Sodaschmelze zu benutzen. Die englische Pyritconvention gibt 1t Schwefel im Pyrite zu annähernd 48 M. ab. Chance spricht sich dahin aus, daſs die Tonne Schwefel zu 28 M. für die Schwefelsäurefabrikation regenerirt werden könne. Mactear glaubt, wenn der Kalkschlamm Verwendung finde, wovon er überzeugt sei, so komme der regenerirte Schwefel auf nur 16 M. zu stehen. Newall (Washington), welcher sich für die Regeneration einrichtet, verspricht sich sogar Schwefel für weniger als 8 M. die Tonne. Trotz dieser Begeisterung für Schaffner und Helbig's Prozeſs ist die Stimmung der englischen Sodafabrikanten mehr als je zurückhaltend und abwartend. Allgemein hofft man auf ein Herabgehen des Preises für Pyritschwefel auf die Hälfte. S.