Titel: Zur Untersuchung von Leuchtgas und Verwendung desselben zum Treiben von Maschinen; von Ferd. Fischer.
Autor: Ferd. Fischer
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 178
Download: XML
Zur Untersuchung von Leuchtgas und Verwendung desselben zum Treiben von Maschinen; von Ferd. Fischer. F. Fischer, über Untersuchung und Verwendung von Leuchtgas. Zur Untersuchung des Leuchtgases mit dem früher beschriebenen Apparate (vgl. 1880 237 * 392) bestimmt man zunächst in der angegebenen Weise Kohlensäure und Sauerstoff, spült dann die Arbeitsglocke mit Wasser aus, welches durch den Dreiweghahn abgesaugt wird, wobei auch das im Trichter zurückgehaltene Wasser mittels durch den Trichter eingelassenen Quecksilbers verdrängt wird, worauf man die Gasprobe in, die Arbeitsglocke zurücktreten läſst. Man schiebt nun eine nach Bunsen's Vorschlag mit stark rauchender Schwefelsäure getränkte, an einem Platindrahte befestigte Kokeskugel in der Glocke in die Höhe, so daſs sich die Kugel etwa mitten im Gase befindet. Um eine vollständige Absorption der schweren Kohlenwasserstoffe zu erzielen, ersetzt man nach etwa 10 Minuten diese Kugel durch eine andere, ebenfalls mit an Anhydrid reicher Schwefelsäure getränkte Kugel entfernt auch diese nach etwa 25 Minuten, läſst durch den Trichter etwas Kalilauge eintreten und saugt nach einigen Minuten das zurückgebliebene Gas in das Meſsrohr. Von diesem so von Kohlensäure, Sauerstoff und schweren Kohlenwasserstoffen befreiten Gase läſst man durch den Dreiweghahn so viel entweichen, daſs im Meſsrohre nur 50 bis 60 Vol. (bei gewöhnlichem Drucke) zurückbleiben, läſst dann 60 bis 70 Vol. Sauertoff und etwa 150 Vol. atmosphärische Luft von bekanntem Sauerstoffgehalte zutreten, entzündet das Gasgemisch durch einen zwischen den Platindrähten überspringenden Inductionsfunken, bestimmt die Menge des zurückgebliebenen Gases, dann den Gehalt desselben an Kohlensäure und Sauerstoff. Es ist sehr zu empfehlen, alle Ablesungen bei zwei verschiedenen Quecksilberständen im Druckrohre, somit unter zwei verschiedenen Drücken auszuführen; auf 1000mm Quecksilberdruck und 0° reducirt, müssen dann beide Ablesungen fast genau das gleiche Resultat ergeben, sonst ist die Kalibrirung des Meſsrohres ungenau oder die Ablesungen sind falsch. Das Mittel von je zwei gut stimmenden Ablesungen wird den folgenden Berechnungen zu Grunde gelegt. Eine so ausgeführte Untersuchung von hannoverschem Leuchtgase ergab, reducirt auf 1000mm und 0°: Angewendete Gasmenge 173,41 Nach Absorption von Kohlensäure 172,01 Desgl. von Sauerstoff 171,88 Nach Behandlung mit SO3 166,38. Ferner: Hiervon angewendete Gasmenge 37,10 Nach Zulaſs von Sauerstoff 88,59 Nach Zulaſs von Luft 194,35 Nach der Explosion 136,35 Nach Absorption von Kohlensäure 118,56 Nach Absorption von Sauerstoff 84,15. Auf 100 Th. Leuchtgas berechnet, ergaben sich also: Kohlensäure   0,81 Sauerstoff Spur Durch SO3 absorbirte schwere Kohlenwasserst.   3,17 Nicht absorbirbare Bestandtheile 96,02. Da die bei der Untersuchung der letzteren verwendete Luft 79,20 Proc. Stickstoff enthielt, 105,76 Vol. daher 83,76, so enthielten die verwendeten 37,10 Vol. Gas 0,39 Stickstoff und 36,71 brennbare Gase (v), welche eine Contraction von 58,00 (n) und 17,79 Kohlensäure (k) ergaben. Auf obige 96,02 Vol. umgerechnet, ist somit v = 95,01, k =48,74 und n = 150,11. Die 96,02 Volumen von Schwefelsäure nicht absorbirbare Gase bestanden somitDa nach den früher (1880 237 391) mitgetheilten Formeln die Beziehungen bestehen: w = v – k, c = ⅓ k + v –n und m = ⅔ k – v + ⅔ n. aus: Methan (CH4) 37,55 Kohlenoxyd 11,19 Wasserstoff 46,27 Stickstoff 1,01. Zur Bestimmung der näheren Bestandtheile der von Schwefelsäure absorbirbaren Gase werden etwa 50 Volumen des von Kohlensäure und Sauerstoff befreiten LeuchtgasesStatt dessen kann man natürlich auch das ursprüngliche Gas nehmen und in diesem zunächst Kohlensäure und Sauerstoff bestimmen. in gleicher Weise mit Sauerstoff und Luft gemischt verbrannt: Angewendetes Gas 40,02 Nach Zulaſs von Sauerstoff 100,26 Nach Zulaſs von Luft 196,16 Nach der Explosion 132,82 Nach Absorption von Kohlensäure 109,33. Die Probe ergab somit eine Contraction von 63,34 und 23,49 Kohlensäure oder auf 99,19 von Kohlensäure und Sauerstoff befreites Gas 156,98 und 58,22. Hiervon die für obige, von schweren Kohlenwasserstoffen befreiten 96,02 Vol. erhaltenen Zahlen abgezogen, ergeben sich für die 3,17 Volumen durch Schwefelsäure absorbirbaren Gase 9,48 Kohlensäure (k) und 6,87 Contraction (n). Nun geben nach der Gleichung C2H4 + 6O = 2CO2 + 2H2O 2 Vol. Aethylen mit 6 Vol. Sauerstoff 4 Vol. Kohlensäure, somit eine Contraction von 2; nach der Gleichung C3H6 + 9O = 3CO2 + 3H2O 2 Vol. Propylen mit 9 Vol. Sauerstoff 6 Vol. Kohlensäure, somit 2,5 Contraction und nach C6H6 + 15O = 6CO2 + 3H2O geben 2 Vol. Benzol mit 15 Vol. Sauerstoff 12 Vol. Kohlensäure, also ebenfalls 2,5 als Contraction. Bezeichnet man daher Aethylen mit a, Propylen mit p und Benzol mit b, so erhält man: v = a + p + b, k = 2a + 3p + 6b, n = 2a + 2,5p + 2,5b und daraus: a = 5v – 2n, p = ⅓ (8n – 14vk), b = ⅓ (2v + k – 2n), folglich 2,11 Aethylen, 0,37 Propylen und 0,69 Benzol.Vgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie der Brennstoffe, S. 288. Das Leuchtgas (vgl. 1882 246 325) hatte daher folgende Zusammensetzung: Benzol 0,69 Propylen 0,37 Aethylen 2,11 Methan 37,55 Wasserstoff 46,27 Kohlenoxyd 11,19 Kohlensäure 0,81 Sauerstoff Spur Stickstoff 1,01 –––––– 100,00. Dieses Gas, zum Betriebe einer 6pferdigen Otto'schen Gaskraftmaschine verwendet, ergab in den abziehenden Gasen 6,0 bis 7,7 Proc. Kohlensäure, im Mittel 6,5 Proc. Kohlensäure und 9,9 Proc. Sauerstoff, beim Leerlaufe nur 2,4 Proc. Kohlensäure und 17,2 Proc. Sauerstoff nebst sehr geringen Mengen unvollständig verbrannter Gase. Die Temperatur der Gase betrug etwa 400°. Eine Erdölkraftmaschine der Maschinenfabrik in Linden ergab dagegen in den abziehenden Gasen im Durchschnitte 9,4 Proc. Kohlensäure und 5,1 Proc. Sauerstoff; in den Leitungsröhren des Gasanalysenapparates (vgl. 1880 237 * 387) verdichtete sich aber etwas Erdöl, welches unverbrannt entwichen war, so daſs der durch diese mit 253° entweichenden Gase bedingte Wärmeverlust nicht festgestellt werden konnte, bevor nicht durch eine besondere Untersuchung diese flüssigen Kohlenwasserstoffe bestimmt werden. Beim Leerlaufe entwichen die Gase mit 6,0 Proc. Kohlensäure und 11,4 Proc. Sauerstoff bei 130° Temperatur. Die Gaskraftmaschine arbeitet also mit etwa doppelt so viel Luft, als zur vollständigen Verbrennung erforderlich ist, bei geringer Inanspruchnahme sogar mit der 3 bis 4 fachen Luftmenge. Man wird daher auch viel weniger reiche Gase, als Leuchtgas, für Gaskraftmaschinen verwenden können, bei richtiger Abmessung der zutretenden Luft wahrscheinlich selbst Generatorgase. Auf Grund von Gasanalysen in dieser Richtung ausgeführte Versuche erscheinen daher sehr wünschenswerth. Nach E. GrabauVortrag, gehalten am 16. Februar 1883 im Hannoverschen Bezirksverein deutscher Ingenieure. (Verlag von Schmorl und v. Seefeld in Hannover.) ergeben sich für eine Dampfpferdekraft die in Tabelle 1 angegebenen Betriebskosten, während sich dieselben bei Tabelle 1. Kohlen für die Stunde und effective Dampf-      pferdekraft                                             kEntsprechende Anzahl WärmeeinheitenMechanisches Aequivalent \frac{C\,\times\,424}{75\,\times\,3600}Stärke der Maschine                              eff. eQualität und Art der Maschine 1700010,99750Beste Ma-schine mitCond. 1,751225019,2350Bestemit Cond. 2,21540024,1850Maschineohne Cnd. 32100032,9750Gewöhnl.Maschineohne Cnd.      Mark Anlagekosten.Maschine mit Rohrleitung, Pumpen u. dgl.FundamenteMaschinenhausDampfkesselanlageKesselhaus mit Schornstein 130000  20000  14000  60000  19500 11700  2000  2000  8300  4000   9900  1900  1800  8800  4000   8000  1900  180010000  4000 Summe der Anlagekosten 243500 28000 26400 25700      Mark Betriebskosten.Verzinsung des Anlagekapitals 5 Proc.Abschreibung für Maschine u. Kessel 10 Proc.Abschreibung für Gebäude und Schornstein      2 Proc.Ausgaben für Kohlen bei 3000 Stunden      BetriebszeitLöhne für Maschinisten, Heizer und Hilfs-      arbeiterInstandhaltung des Kessels, Reinigung,      Revision u. dgl.Instandhaltung der Maschine, Oelverbrauch      u. dgl.   12175  21000      670  31500    4000    1000    7500   1400  2200    120  3675  1800    150    500   1320  2060    116  4620  1800    175    475   1235  1990    116  6300  1800    200    450 Summe der Betriebskosten   77845   9845 10566 12141 Betriebskosten für die Stunde und 1e eff. Pf. 3,459 6,563 7,044 8,094 Verwendung einer 50e-Gaskraftmaschine, welche stündlich 0cbm,75 Gas für 1e gebraucht, aus Tabelle 2 ergeben. 1cbm Leuchtgas kann demnach selbst Tabelle 2. Anlagekosten. M. Betriebskosten. M. Gaskraftmaschine mit Funda-      mentGebäude            Summe 17000  1000–––––18000 Zins und Amortisation:      an Motor 15 Proc.      an Gebäuden 7,5 Proc.Instandhaltung der MaschineLöhne 2550    75  250  200 Gaspreis für 1cbm                                  Pf. 3 4 5 14 Gasverbrauchskosten für 3000 Betriebs-      stunden                                          M. 3375 4500 5625 15750 Summe der Betriebskosten                  M. 6450 7575 8700 18825 Kosten für Stunde und 1e                    Pf. 4,3 5,05 5,8 12,55 5 bis 7 Pf. kosten, um die Verwendung von Gaskraftmaschinen an Stelle von Dampfmaschinen noch vortheilhaft erscheinen zu lassen, um so mehr als bei gröſseren Anlagen hierdurch die Kraftübertragung auf die einzelnen Arbeitsräume erheblich erleichtert wird. Daſs solche Preise aber sehr wohl erreichbar sind, namentlich wenn gröſsere Fabriken das in eigener Gasanstalt erzeugte Gas gleichzeitig zur Beleuchtung anwenden, Tabelle 3. Anlagekosten. M. Ausgaben. M. GebäudeApparateOefen 102502770013600 1400t KohlenLöhneReparaturen 13374,4  3316,5    950,0 Summe 51550 Summe 17640,9 Einnahmen. M. Allgemeine Unkosten. M. 630t Kokes zu 12 M.Theer zu 36 M. für 1tAmmoniakwasser zu 7,30 M.   7560,0  2559,6  1137,9 Zins und Amortisation:    an Gebäuden 7,5 Proc.    an Apparaten 10 Proc.    an Oefen 15 Proc.Antheil an Verwaltungskosten   768,752770,002040,00  800,00 Summe 11257,5 Summe 6378,75 Gesammtkosten der Jahresproduction von 422174cbm Gas = 12762,15 M., somit Kosten für 1cbm Gas = 3,02 Pf. zeigen die aus Tabelle 3 zu entnehmenden Betriebsresultate der Gasfabrik von Pfeiffer und Langen in Elsdorf. Berücksichtigt man, daſs bei Verwendung von Gaskraftmaschinen die Umwohner weder durch Rauch belästigt, noch durch die Möglichkeit von Dampfkessel-Explosionen beunruhigt werden, so sollte, namentlich für Städte, danach gestrebt werden, die Dampfmaschinen durch Gaskraftmaschinen zu ersetzen.