Titel: Ueber Neuerungen an Vertikalkesseln.
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 321
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Ueber Neuerungen an Vertikalkesseln. Patentklasse 13. Mit Abbildungen auf Tafel 21 und 24. Neuerungen an Vertikalkesseln. Die stark zunehmende Verwendung der Dampfmaschinen im Kleinbetriebe macht es erklärlich, daſs in jüngster Zeit zahlreiche neue Constructionen der für den Kleinbetrieb sehr geeigneten stehenden Kessel auftauchen. Es sind diesmal nur Röhrenkessel zu verzeichnen, sowohl solche mit Rauch- oder Heizröhren, durch welche die Heizgase ziehen, wie auch solche mit Wasserrohren, in welchen hauptsächlich die Dampfbildung vor sich geht. 1) Heizröhrenkessel. In Fig. 1 bis 5 Taf. 21 sind zunächst 3 Kessel dargestellt, bei welchen, wie bei manchen anderen bekannten Constructionen, eine unten im Kessel liegende Feuerbüchse mit einer oben liegenden Rauchkammer durch ein Röhrenbündel verbunden ist. An dem Kessel Fig. 1 von A. Duez-Gourlet in Jemappes, Belgien, (Erl. * D. R. P. Nr. 11504 vom 23. März 1880) ist bemerkenswerth, daſs in die verhältniſsmäſsig lange, trichterförmige Rauchkammer ein Dampftrockner bezieh. Ueberhitzer eingehängt ist, der bei stehenden Kesseln wegen der geringen- Wasseroberfläche sehr angebracht erscheint. Die dargestellte Form – ein flaches Guſsstück, in welches ein schlangenförmig gewundener Kanal eingegossen ist und das allerdings beim Anheizen u.s.w. nicht leicht verbrennen kann –, dürfte doch wohl kaum brauchbar sein, da eine gründliche Reinigung desselben ausgeschlossen ist. Fig. 2 und 3 Taf. 21 zeigen nach Engineering, 1882 Bd. 34 S. 83 einen als Schiffskessel benutzten Dampferzeuger von Simpson und Denison in Dartmouth, welcher sich durch seinen auſsergewohnlich groſsen Durchmesser und besonders noch dadurch auszeichnet, daſs der obere Theil erweitert ist, um eine möglichst groſse freie Wasseroberfläche zu erhalten. Die Feuerbüchse ist sehr weit und hoch, damit auch mit Holz gefeuert werden kann. Bei der Construction Fig. 4 und 5 Taf. 21, welche von J. Behrisch in Colin a. d. Elbe (Erl. * D. R. P. Nr. 17167 vom 7. Juli 1881) herrührt, ist der Kessel zur Aufnahme einer gröſseren Brennstoffmenge mit einem centralen Füllschachte versehen. Mit Hilfe der durchgehenden Spindel B, an welcher unten ein Kegel C und spiralförmige Schaufeln D befestigt sind, werden die Kohlen o. dgl. regelmäſsig dem ringförmigen Roste zugeführt. Die Wand des Feuerraumes wird durch einen auch den unteren Theil des Kessels umgebenden, offenen Vorwärmer G gebildet; die Mitte nimmt ein Chamottestein ein. Die Heizgase gelangen durch die Röhren in einen ringförmigen Kanal H, aus welchem sie dann durch zwei Stutzen und ein Querrohr J entweichen. Der Kessel hat nur sehr kleinen Wasser- und Dampfraum. So vortheilhaft einerseits das Hindurchführen der Heizrohren durch den Dampfraum in Hinsicht auf die Gewinnung trockenen Dampfes sein mag, so sind doch andererseits wegen der schnellen Zerstörung der Röhren die damit verbundenen Nachtheile und Gefahren so bedeutend, daſs man jetzt möglichst die Röhren im Dampfraume vermeidet und die Heizgase seitwärts oder auch nach unten aus dem Kessel herausführt, wie dies die folgenden, fast sämmtlich aus England stammenden Anordnungen veranschaulichen. Fig. 6 Taf. 21 zeigt nach dem Engineer, 1882 Bd. 53 S. 292 einen Kessel von D. Midgely in Stanningley bei Leeds, welcher mit einer hohen cylindrischen Feuerbüchse und einer den Kessel ringförmig umgebenden Rauchkammer versehen ist. Zwischen beiden sind radial in groſser Anzahl die kurzen Heizröhren eingesetzt. Der äuſsere Mantel besteht aus mehreren passend gebogenen Blechplatten, welche mit besonders hergestellten feuerfesten Ziegeln ausgekleidet und durch Gelenke verbunden sind, so daſs dieselben behufs Reinigung der Röhren einzeln fortgenommen werden können. Aus der Rauchkammer entweichen die Heizgase unten, der Feuerthür gegenüber. Der Kessel soll vielfach in Gebrauch sein. Der in Fig. 11 und 12 Taf. 21 abgebildete Kessel von W. und J. Beesley in Barrow-in-Furness (* D. R. P. Nr. 21726 vom 27. Juni 1882) hat Röhren, welche nach einem Viertelkreisbogen gekrümmt und einerseits in die ebene Decke der Feuerbüchse, andererseits in die ebene Wand f der seitlich angehängten Rauchkammer eingerollt sind. Die Röhren liegen in parallelen Ebenen und sämmtliche Röhren einer Ebene haben denselben Krümmungsmittelpunkt. Durch die der Rohrplatte f gegenüber liegende groſse Thür sind die Röhren bequem zugänglich. Die Reinigung wird mit einer an einem starken Stahldrahte befestigten Bürste bewirkt. Zur Verankerung der vertikalen Rohrplatte dient ein breites, diametral eingenietetes Blech, mit welchem zugleich die Feuerbüchsdecke wie die Kesseldecke durch Bolzen verbunden sind. Der Kessel wird nach dem Iron, 1883 Bd. 21 S. 46 in sehr verschiedenen Gröſsen mit 4 bis 55qm Heizfläche ausgeführt. Der dargestellte Kessel hat 16qm,35 Heizfläche, 0qm,83 Rostfläche, 2m,75 Höhe und 1m,20 Durchmesser. Die 88 Röhren sind aus weichem Stahl, haben 50mm äuſseren Durchmesser und 0mm,75 Wandstärke. Für den Kessel ist ebenfalls Stahlblech benutzt, dessen Dicke im Mantel, der Feuerbüchse und der Rauchkammer 9mm,5, in der Decke 16mm und in den Rohrplatten 12mm,7 beträgt. Dabei ist eine Betriebsspannung von etwa 5at zu Grunde gelegt. G. Hill in Liverpool (* D. R. P. Nr. 20810 vom 28. April 1882) hat dem Kessel die aus Fig. 9 und 10 Taf. 21 ersichtliche Form gegeben. Oberhalb der Feuerbüchse ist, durch einen kurzen Stutzen mit derselben verbunden, eine trommelförmige Verbrennungskammer E angeordnet. Von jeder Seite derselben geht ein Röhrenbündel aus, welches durch einen seitlichen Ansatz B des Kessels hindurch nach einer Rauchkammer C führt. Die beiden auf die Kammern C aufgesetzten Schornsteine können getrennt in die Höhe geführt oder auch vereinigt werden. Es ist hier, wie ersichtlich, ein Hauptaugenmerk auf eine möglichst gute Verbrennung gerichtet, die bei den gewöhnlichen Anordnungen, bei welchen die Heizgase aus der Feuerbüchse direkt in die Röhren eintreten, nicht erreicht wird. Aehnlich wie bei der Einrichtung von Garrett (1882 244 * 12) wird auch hier durch Röhren G, welche mit einem Knie durch die Rauchkammern gehen und am unteren Ende mit Klappen verschlieſsbar sind, Luft in den Verbrennungsraum eingeführt. Der Kessel ist oben kuppelförmig abgeschlossen und kann eine beliebige Höhe haben. Soll auf demselben (z.B. bei Anwendung auf Locomobilen) eine Maschine befestigt werden, so wird der Hauptkörper so niedrig gemacht, daſs er über die Seitentheile B nicht hervorragt. Diese sind dann länger und weiter zu nehmen, so daſs sie einen genügenden Dampfraum ergeben. – Der Kessel scheint weniger für den Kleinbetrieb als für mittlere und gröſsere Leistungen bestimmt zu sein. Bei 3m,3 Höhe, 1m,5 Durchmesser erhält er 95 Röhren von etwa 50mm Durchmesser und soll Dampf für 36e liefern, bei 4m,5 Höhe, 2m,1 Durchmesser und mit 370 Röhren dagegen für 84e ausreichen. Der in Fig. 7 und 8 Taf. 21 nach Engineering, 1883 Bd. 35 S. 581 abgebildete Kessel von Sharpe-Palmer, welcher von Abbott und Comp. in Newark gebaut wird, hat eine sehr hohe, fast bis unter den Wasserspiegel reichende Feuerbüchse, in welche von der Seite ein kegelförmiger Körper C hineinragt. Durch diesen gehen die Heizröhren hindurch, welche in eine seitlich angehängte Rauchkammer B führen. Der Körper C steht sowohl auf der einen Seite, wie auch nach unten und oben mit dem Kesselräume in Verbindung, so daſs eine stetige Strömung durch diesen Körper, in welchem hauptsächlich die Verdampfung vor sich geht, stattfinden wird. Ein Schirm verhindert das Emporsprudeln des Wasser- und Dampfgemisches in den Dampfraum. Die Heizgase sind gezwungen, vor dem Eintritte in die Röhren zunächst den Körper C zu umspülen, da ein an denselben sich anschlieſsender halbkreisförmiger Ring aus feuerfesten Ziegeln den direkten Zutritt versperrt. Fig. 14 Taf. 21 zeigt nach Engineering, 1883 Bd. 35 S. 491 einen amerikanischen Kessel von J. Souther in Boston, welcher aus zwei auf einander gesetzten Theilen besteht. Die Decke des unteren und der Boden des oberen Theiles sind am Rande nach auſsen umgebördelt, in der Mitte ausgeschnitten und mit je einem kräftigen Ringe C versehen. Auf diese Weise ist zwischen den beiden Theilen eine niedrige Rauchkammer gebildet, in welche die Heizgase aus der Feuerbüchse durch einen Doppelkranz kurzer Röhren eintreten, um dann durch einen weiteren Kranz langer Röhren wieder abwärts zu ziehen und schlieſslich noch den Kesselmantel auſsen zu umspülen. Durch die gut auf einander abgedichteten Ringe C stehen die beiden Kesselräume mit einander in Verbindung. Mit einem dieser Oeffnung entsprechenden Drucke strebt daher auch der Dampf die beiden Theile aus einander zu treiben und dieser Druck wird von einem einzigen kräftigen Bolzen D, welcher unten an die Feuerbüchsdecke gehängt ist, aufgenommen. Im Februar d. J. explodirte ein derartiger, 6 Jahre alter Kessel von 1m Durchmesser und 2m,3 Höhe. Bei der Untersuchung ergab sich, daſs der 50mm starke Bolzen sich aus dem jedenfalls sehr schlecht aufgeschweiſsten Kopfe, in welchen er 50mm hineinreichte, herausgezogen hatte (vgl. Fig. 13). Die Sicherheitsventile waren auf 9at belastet. Derartige Fehler sind um so verhängniſsvoller, als sie durch eine Untersuchung des Kessels (abgesehen von einer Wasserdruckprobe) nicht aufgefunden werden können. H. Wilcke in Berlin (* D. R. P. Nr. 22864 vom 19. Januar 1883) gibt die drei verschiedenen in Fig. 15 bis 19 Taf. 21 abgebildeten Kesselformen mit horizontalen Heizröhren an, bei welchen die Heizgase wieder durch eine seitlich angehängte Rauchkammer abziehen. Bei Fig. 15 und 16 ist der untere Theil des mit Unterfeuerung versehenen Kessels behufs Herstellung ebener Rohrwände abgeplattet. Von dem runden Boden reicht ein Schlammsack F durch den Rost hindurch und in der Achse des Kessels ist ein Rohr f zur Beförderung eines Wasserumlaufes eingehängt. Die Heizgase steigen von dem ringförmigen Roste durch einen halbmondförmigen Spalt zunächst in eine Verbrennungskammer J, welche aus feuerfesten Steinen überhängend an den Kessel angebaut ist, und treten von hier in die Heizröhren ein. Wie aus Fig. 17 und 18 zu entnehmen, ist bei der zweiten Ausführung die Kammer J in den Kessel eingebaut. Der mittlere Schuſs des Mantels hat einen um so viel gröſseren Durchmesser als der obere und untere, daſs er auf der abgeflachten Seite hinter diesen nicht zurücktritt. Der untere, die Feuerbüchse bildende Theil des Mantels ist ausgemauert. In Fig. 19 endlich ist der mittlere Querschnitt wieder beiderseits abgeflacht, wie bei Fig. 15; derselbe ist hier aber, um die Herstellung der Kesselwandung zu erleichtern, nach oben und unten allmählich in den Kreisquerschnitt übergeführt. Die kegelförmige Feuerbüchse ist wie gewöhnlich von einem Wassermantel umgeben und die Kammer J wie bei Fig. 15 angehängt. (Schluſs folgt.)