Titel: Die englische Explosivstoff-Industrie; von Fabriksdirector Oscar Guttmann.
Autor: Oscar Guttmann
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 455
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Die englische Explosivstoff-Industrie; von Fabriksdirector Oscar Guttmann. Mit Abbildungen. Guttmann, über die englische Explosivstoff-Industrie. Als Experte in eine Pulverfabrik nächst London berufen und mit Empfehlung des k. ungarischen Ministeriums des Innern an die Londoner Botschaft versehen, war es mir im Mai d. J., trotz des allgemeinen Miſstrauens nach den irisch-fenischen Attentaten, gegönnt, eine gröſsere Anzahl von Explosivstoff-Fabriken Englands eingehend zu besichtigen und mir über den Stand dieser Industrie möglichst genaue Kenntniſs zu verschaffen. Nachfolgend eine Zusammenfassung meiner Erfahrungen. In den Vereinigten Königreichen wurden mit Ende des J. 1882 folgende Explosivstoffe erzeugt: 1) Schieſs- und Sprengpulver in 28 Fabriken. Die bedeutenderen sind: Curtis' and Harvey limited in Bedfont, Hounslow, Glyn Neath und Tunbridge, John Hall and Son in Faversham und Eastwood, Pigou Wilks and Lawrence lim. in Dartford und Battle, W. H. Wakefield und Comp. in Bassinghyll und Gatebeck, Hay, Merricks and Comp. in Roslin, Kennall Gunpowder Company in Kennall Vale, Kames Gunpowder Company in Kames, Ballincollig Royal Gunpowder Mills Company lim. in Cork, Williamson and Comp. lim. in Fernilee, F. C. Dickson and Comp. in Blackbeck, New Sedgwick Gunpowder Company in Sedgwick, Westfield in Chilworth, Shortridge and Comp. in Barnsley, J. and T. Sharp and Comp. in Chilworth u.s.w. 2) Espir's Explosivpulver, im Wesentlichen ein Sprengpulver, das an Stelle der Kohle Galläpfelmehl enthält. Es wird von der Firma Fairholm and Comp. erzeugt. 3) Safety blasting powder (Sicherheits-Sprengpulver), welches für Rechnung der Safety blasting powder Company lim. von der Firma Pigou, Wilks und Lawrence lim. in Dartford gefertigt wird und mit dem in Oesterreich-Ungarn und Frankreich erzeugten, aus Salpeter, Schwefel, Gerberlohe und Ruſs bestehenden Carboazotine identisch ist. 4) Asphaline von der Asphaline Company in Oernant dargestellt, hat folgende Zusammensetzung: Nr. 1 = 54 Th. chlorsaures Kalium, 4 Th. salpetersaures oder schwefelsaures Kalium, 42 Th. Kleie, Nr. 2 = 54 Th. chlorsaures Kalium, 20 bis 25 Th. salpetersaures oder schwefelsaures Kalium, 21 bis 26 Th. Kleie. 5) Dynamit Nr. 1 und 2. Wird nach dem ehemaligen Nobel'schen Patente erzeugt von Nobel's Explosives Company lim. in Ardeer, ferner von der Explosives Company lim. in Pembrey. 6) Gelatine-Dynamit Nr. 1 bis 4. Erzeuger nach dem Nobel'schen Patente die Nobel's Explosives Company lim. in Ardeer. 7) Lithofracteur, von der Explosives Company lim. in Pembrey erzeugt; ich konnte nicht erfahren, ob darunter das gleichnamige Sprengmittel von Gebrüder Krebs und Comp. in Kalk bei Köln zu verstehen sei, das in gröſseren Mengen eingeführt wird. 8) Schultze'sches Schieſspulver und Sprengpulver. Wird nach der Erfindung des preuſsischen Officiers Schultze aus zerkleinertem und nitrirtem Holze von der Schultze Gunpowder Company lim. in Newforest, Hampshire, dargestellt. 9) Schieſsbaumwolle. Erzeuger: The Explosives Company lim. in Stowmarket, Cotton Powder Company lim. in Faversham, Potentite Company lim. in Melling. Um die Schieſswolle für Sprengungszwecke tauglicher zu machen, wird sie mit verschiedenen, die Brisanz vermindernden Beigaben versehen und zwar von der Fabrik in Stowmarket mit Kali-Salpeter als salpetrisirte Schieſswolle, dieselbe gekörnt als Gewehr-Schieſswolle, mit in Aether aufgelöstem Aurine (Rosolsäure) getränkt und gekörnt als E. C. Jagdpulver, mit ebenso gelöster Pikrinsäure in gleicher Weise bearbeitet als E. C. Gewehrpulver; von der Fabrik in Faversham mit Bariumnitrat und Zucker versetzt und gekörnt als Tonite Nr. 1 und 2, von der Fabrik in Melling mit Salpeter als Potentite, mit gewöhnlichem Sägemehle als Sägemehl- und Schieſswollpulver, mit nitrirtem Sägemehle als Sägemehl-Schieſspulver. 10) Knallquecksilber von 4 Fabriken. In obiger, zum Theile dem Berichte der Explosiv-Inspectoren entnommenen Zusammenstellung ist die königliche Pulverfabrik von Waltham-Abbey nicht inbegriffen, welche Schieſs- und Sprengpulver, sowie Schieſsbaumwolle erzeugt. Pulverfabriken. Die englischen Pulverfabriken sind zum gröſsten Theile sehr alt; manche bestehen schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts und in neuerer Zeit werden nur sehr wenig Licenzen auf solche genommen. Meistens haben dieselben Flüsse oder Bäche in ihrem Besitzthume, welche in verschiedenen Kanälen abgezweigt sind; das Fabriksgrundstück ist schön parkirt und mit dichten Baumpflanzungen versehen. Die Gebäude sind gewöhnlich schon alt, welche wie die Einrichtungen nur sehr langsam verbessert werden. Man findet Gebäude jeder Art. Vorherrschend ist Ziegelmauerwerk mit Blechbedachung, sehr häufig auch reines Holzfachwerk, jedoch nur bei Gebäuden, Hie als gefährlich gelten. Neuestens ist das leichte und bequem zu verarbeitende verzinkte Wellblech bevorzugt, insbesondere zu Dächern; doch sind z.B. in Stowmarket auch Gebäude, ja selbst die Einzäunung ganz aus diesem Materiale hergestellt. Man macht dafür den Vortheil verhältniſsmäſsiger Billigkeit, groſser Solidität und Stabilität, sowie die geringe Flugfähigkeit im Falle einer Explosion geltend. Jedes Gebäude muſs vorschriftsmäſsig mit einem Blitzableiter versehen sein, – ein Schutzmittel, das man bekanntlich nicht überall als solches betrachtet. Die Gebäude sind innen mit Holz verkleidet und zwar mit in Nuth und Feder gefalzten, gehobelten Brettern, welche einen waschbaren Anstrich von lichtem Firnisse erhalten. Der bretterne Fuſsboden ist entweder mit Leinwand oder Gummi, meistens aber mit dem in England allgemein benutzten, auch auf dem Festlande bekannten Linoleum bedeckt. Dies gilt jedoch nur für sogen. danger buildings (gefährliche Gebäude), in welchen bereits fertige oder nahezu trockene Masse verarbeitet wird. In Bezug auf die Entfernung der einzelnen Gebäude von einander gibt es keine eigentliche Gesetzesvorschrift und nur in so weit es sich um Vorrathsmagazine oder um Niederlagen für gemahlene Holzkohle handelt. Alle übrigen Einzelheiten der Anlage werden dem Eigenthümer überlassen, von welchem man den Schutz seiner Interessen richtig voraussetzt, und sie unterliegen nur der Genehmigung des Staatssecretärs des Innern bezieh. des Explosiv-Inspectors. Mit Rücksicht auf schon bestehende Anlagen wurde bei Erlaſs der Explosives Act im J. 1875 Manches nachgesehen und so findet man denn auch oft ganz eigenthümliche Anordnungen. Eigentliche Erdwälle habe ich überhaupt nicht angetroffen. Neun Zehntel sämmtlicher Gebäude stehen frei; nur hier und da findet man wegen groſser Nähe anderer Gebäude auf einer Seite in der Richtung des nächsten Gebäudes eine 48 bis 64cm dicke Ziegelmauer, oder zwischen zwei Ziegelmauern eingestampfte Erde. An manchen Orten werden die danger buildings mit einem schmalen seichten Teiche umgeben. Gänge auſserhalb derselben werden als dangerous way (gefährlicher Weg) angesehen, welche man mit gewöhnlicher Beschuhung nicht betreten darf und die so oft als möglich mit Wasser bespritzt werden. Sie werden allgemein aus Langhölzern und Querbohlen hergestellt, wobei ein Verbindungsstück ausgeschaltet wird, wenn sie der Breite nach überschritten werden sollen. Die Kleidung der Arbeiter ist aus einer Art glänzenden schwarzen Zwilchs hergestellt, welcher durch Tränkung mit Borax oder ähnlichen Stoffen schwer verbrennbar gemacht wurde. Die Kleider dürfen keine Taschen haben, damit nicht Zündhölzchen oder überhaupt fremde Gegenstände eingeschmuggelt werden. Jeder Raum hat eine Vorhalle, deren Eingang mit einem etwa 40cm hohen Brette abgeschlossen ist, welches überstiegen werden muſs. Innerhalb dieses Brettes steht eine Anzahl von Lederschuhen ohne Nagelung, bloſs aus dicken Häuten genäht, in welche der Arbeiter wie in Holzschuhe hineintritt; sie werden ihrer Unbeholfenheit wegen elefant foots (Elephantenfüſse) genannt. Die Einrichtung der Fabriken ist mitunter noch primitiv, in den gröſseren und neueren Anlagen aber unter groſsem Geldaufwande oft mit allen modernen technischen Hilfsmitteln hergestellt. Fast jede Fabrik hat ihre eigene Gasanstalt und auch das elektrische Licht findet immer ausgedehntere Anwendung. Versuche mit leuchtenden Farben sind in Waltham-Abbey ungünstig ausgefallen. Zum Transporte der Materialien von einem Gebäude zum anderen werden Schiebkarren mit aufgesetzten verschlieſsbaren Kästen, wo es aber thunlich ist, gedeckte Boote verwendet, deren Dächer aufzuklappen sind. Der gedeckte Theil des Bootes gilt als danger building. Sie werden von Hand mit Stangen vorwärts bewegt. Wenn das Boot in einen Seitenarm (creek) einfährt, so dreht der Schiffer eine an einem über beide Ufer gespannten Rundeisenbogen befestigte Tafel um, die auf einer Seite weiſs angestrichen ist, auf der anderen die Inschrift trägt: This creek is closed for gunpowder boats (dieser Arm ist für Pulverboote geschlossen). Die wenigsten Fabriken haben specielle Techniker oder Chemiker angestellt; der Fabrikant richtet sein ganzes Augenmerk auf sorgfältige Erzeugung, welche mit gröſster Genauigkeit und unendlich praktischem Sinne erfolgt. Fremde Literatur und die anderwärts gemachten Erfahrungen sind so gut wie nirgends berücksichtigt oder selbst nur gekannt, sofern sie nicht von Ausländern hereingebracht werden. Die Absatz Verhältnisse der englischen Pulverfabriken sind sehr günstig. Das Land hat sehr groſsen Bergbau, die Jagd wird in ausgedehntem Maſse betrieben und die Engländer sind bekanntlich auch die Pulverlieferanten für alle denkbaren exotischen Völker. Im J. 1882 betrug die Ausfuhr an Schieſspulver 6431483k (126604 Centner engl.) im Werthe von 7156040 M. (357802 £) und, trotzdem die Fabriken bei der groſsen Concurrenz genöthigt sind, sehr billig zu verkaufen, haben doch Fabrikant wie Arbeiter guten Verdienst. Letztere verdienen wöchentlich mindestens £ 1, einzelne Kategorien im Accord sogar £ 3. Der Transport erfolgt nunmehr ausschlieſslich auf Eisenbahnen und Kanälen, nachdem von 103 Eisenbahnen nur 8, von 117 Kanalgesellschaften nur 11 die Aufnahme verweigern. Bei Beschreibung der einzelnen Fabrikationsoperationen werde ich mich hauptsächlich auf die königliche Pulverfabrik von Waltham-Abbey und die Fabrik von Pigou, Wilks und Laurence in Dartford beziehen, weil die erstere geradezu groſsartig eingerichtet, die letztere aber so ziemlich typisch für die Privatfabriken ist. Waltham-Abbey ist eine Bahnstunde nördlich von London entfernt; die Fabrik bildet eigentlich den Ort, dessen Straſse durch sie hindurch geht, und ihr Terrain ist 6km,44 (4 Meilen engl.) lang. Dartford ist eine Bahnstunde südöstlich von London gelegen; die Pulverfabrik besteht schon über 100 Jahre und ist eine der berühmtesten Englands. Waltham-Abbey steht unter der Leitung des Superintendenten Colonel Brackenbury und seines Stellvertreters Capitain Watkins. Die Fabrik arbeitet nur für militärische Zwecke, während die Fabrik von Dartford, durch Hrn. Laurence geleitet, alle Gattungen von Schieſs- und Sprengpulver erzeugt, wobei für verschiedene Arten von Wild oder verschiedene Völker auch verschiedene Pulversorten gemacht werden. Salpeterraffinerie. Der eingeführte rohe ostindische Salpeter wird nach dem bekannten Verfahren in kochendem Wasser aufgelöst, durch Leinwand filtrirt, in langen Holzgefäſsen auskrystallisirt, gewaschen, getrocknet und auf das übliche 1/10000 Reinheit geprüft. Es ist dieser Prozeſs identisch mit dem nach erfolgter Erzeugung des Kalisalpeters aus dem salpetersauren Natrium auf dem Festlande gebräuchlichen, weshalb darüber nur noch erwähnt sei, daſs jede gröſsere Fabrik mit einer Salpeterraffinerie versehen ist. Holzverkohlung. Für Schieſspulver wird allgemein das Holz der Hundskirsche (dogwood) genommen, während Erlenholz (alderwood) für Militärpulver, Weide (willow) für Kanonenpulver verwendet wird. Das Holz wird partienweise aufgeschichtet, mit dem Namen des Lieferanten und dem Tage der Abgabe bezeichnet und bleibt 6 bis 12 Monate lang der Witterung ausgesetzt, ehe es zur Verwendung gelangt. Die Verkohlungsöfen aus Ziegelmauerwerk stehen mehrere in einer Gruppe an einander und ihre Construction ist – nach einem bekannten Beispiele – etwa wie die der Oefen zum Rösten der Feigen zum Surrogatkaffee. In dem Ofen ist ein guſseiserner Cylinder zur Abhaltung der Stichflammen und direkten Wärme eingebaut und in diesen wird der Verkohlungscylinder eingeschoben. In Waltham-Abbey ist dieser aus Eisenblech hergestellt; seine Stirnseite ist als Thür zu öffnen und mit mehreren Ausschnitten zum Entweichen der Gase versehen. Die Beschickung mit dem in Bündel gebundenen Holze erfolgt auf einem mit zwei halbkreisförmigen Trägern versehenen Eisengestelle, welches mittels Kurbel eine Neigung über 45° erhalten kann und mit Rädern auf Schienen zum Ofen geführt wird. Ist der Cylinder eingeschoben, so wird der Ofen mit einer gewölbten eisernen Thür verschlossen. Beim Ausziehen der Ladung wird der Cylinder mit einem Haken erfaſst, auf das Gestelle geschoben und durch Neigung in vorgehaltene offene Blechcylinder zur Abkühlung ausgeleert. In den Privatfabriken ist die Thür des Cylinders meist voll; dagegen ist dieser am unteren Ende auf etwa ein Drittel seiner Länge mit vielen Löchern von ungefähr 1cm Durchmesser versehen. Das Ausziehen des Cylinders erfolgt durch ein an einer Handhabe befestigtes, über Rollen laufendes Seil, an welches ein Gewicht gehängt wird. Die so erzeugte Kohle bleibt oft länger als 1 Jahr vor ihrer Verwendung eingelagert; man hält sie für um so weniger geneigt zur Entzündung auf den Mühlen, je gröſser die Zeit der Einlagerung war. Die Aufbereitung der Kohle erfolgt auf Kollermühlen. Zusammensetzung. Das in England allgemein übliche Mischungsverhältniſs für Schieſs- und Sprengpulver ist: 75 Th. Kalisalpeter, 10 Th. Schwefel, 15 Th. Holzkohle. Nur nebenbei bemerke ich, daſs mir in Waltham-Abbey erzählt wurde, es herrsche jetzt in Deutschland das Bestreben, den Schwefelgehalt bei Kanonenpulver bis auf 3 Proc. herabzusetzen, und daſs auch dort demnächst solches probeweise erzeugt werden wird, nachdem vorhergegangene Versuche auf die Erlangung eines minder brisanten, für groſse Geschütze geeigneten Pulvers rechnen lassen. Ein mir gezeigtes Muster von aus Köln stammendem prismatischem Pulver, welches im Aussehen etwa der böhmischen Braunkohle glich, mag noch erwähnt sein. Mengung. Die Mengung des Pulversatzes erfolgt auf Kollermühlen (incorporating mills). Zumeist sind dieselben in Gruppen von 2 oder 3 beisammen; in Waltham-Abbey sind sogar Dampfkessel, Dampfmaschine und 3 Mühlen in einem Gebäude. Die einzelnen Mühlen sind durch Backsteinwände von einander getrennt; die Thüren sind breit und so ausgeführt, daſs auch nur die obere Hälfte behufs Besichtigung geöffnet werden kann, damit nicht so leicht Sand vom Luftzuge eingetrieben wird. Der Antrieb der Kollermühlen ist verschieden, von oben sowohl wie von unten; die Läufer sind auf hölzernen Armen drehbar aufgehängt. Der Zuführungsklotz hat die Gestalt einer Pyramiden-Längshälfte, zertheilt also mehr, als er zusammenrecht. Tisch wie Läufer sind aus Guſseisen. Die Ingangsetzung erfolgt von der Auſsenseite des Gebäudes mit Handrad. Für den Fall einer Explosion sind in einer jeden Mühle Bewässerungsapparate (tipping cans oder drenching apparatus) angebracht, gewöhnlich eine Platte an einem Hebel, welcher mit einem Wasserbehälter in jeder Mühle verbunden ist und durch den Druck der Pulvergase gehoben wird. Der Pulversatz (green charge, grüner Satz) wird in Mengen von 25, gewöhnlich aber 60 Pfund engl. bei mehrmaliger Befeuchtung etwa 8 Stunden lang auf der Kollermühle behandelt. Pressen. Das Verdichten des Pulversatzes erfolgt in der bekannten Weise durch hydraulische Pressen. In Waltham-Abbey geschieht dies in einer beiderseits mit Holz bekleideten Metallkiste, deren Seiten beweglich sind, durch Aufschichten des Satzes zwischen Brettereinlagen. In Dartford legt man auf die Presse eine mit Leinwand bedeckte Bronzeplatte und wirft den feuchten Satz mit einer Bronzeschaufel einfach darauf, wobei man ihn so weit andrückt und die Seiten glatt streicht, daſs die Schicht zusammenhält; auf die erste Schicht folgt eine zweite u.s.f. Der Ueberschuſs an den Seiten fällt nach dem Pressen herab und wird später wieder vom Fuſsboden aufgelesen. Körnen. Das Körnen erfolgt wohl überall mit Walzen-Körnmaschinen. In Waltham-Abbey gibt es deren zwei Gattungen; die eine ist im Wesentlichen eine Reihe von mit Stacheln versehenen Walzenpaaren, welchen das Körngut durch ein mit breiten, aber niedrigen Aufnahmhölzern versehenes Tuch ohne Ende zugeführt wird. Die Körnmaschine für das Pebble-Pulver, welche die Aufgabe hat, ziemlich regelmäſsige Würfel zu erzeugen, besteht aus zwei rechtwinklig zu einander stehenden, mit Messern besetzten Walzenpaaren. Das erste bricht lange Streifen ab, wirft sie auf ein Tuch, von wo sie durch an zwei endlosen Gurten befestigte Lineale auf ein unterhalb rechtwinklig rollendes endloses Tuch geworfen werden, das sie dem zweiten Walzenpaare nunmehr der Länge nach zuführt, wo sie zu Würfeln gebrochen werden. In Dartford ist die Körnmaschine gleichfalls eine Reihe von Walzenpaaren, von denen das erste gezahnt ist. Stets ist eine Walze fest, die zweite wird durch ein Gegengewicht angedrückt. Die Zuführung geschieht durch ein geneigtes Brett, welches mittels Excenter in rüttelnde Bewegung versetzt wird, wie gewisse alte Kohlenrätter. Das Quetschgut fällt auf ein Sieb, von wo die zu groſsen Körner zurückgeführt werden. Sortiren. In Waltham-Abbey sortirt die Körnmaschine selbst, indem sich unter jedem Walzenpaare ein geneigtes Sieb befindet, von welchem die zu groſsen Körner den nächsten Walzen zufallen. In Dartford ist eine besondere Siebvorrichtung vorhanden; sie ist eine im Viereck gebogene Rinne mit stetigem Gefälle, deren Boden mit Drahtgitter von viererlei Maschenweite belegt und deren jede Seite mit einem Sacke verbunden ist, in welchen die verschiedenen Korngröſsen fallen. Die Rinnen sind um eine Welle mit Excenter nach Art der Lefebvre'schen Körnmaschine angeordnet und werden so in schwingende Bewegung versetzt. Um den sowohl durch das Körnen, wie durch das Sortiren in diesem Dartforder Räume massenhaft erzeugten Staub aus der Luft zu entfernen, ist ein groſser hölzerner Kasten aufgestellt, in welchem von oben nach unten Leinwanddecken gespannt sind. Ein Flügelgebläse saugt durch am Boden des Kastens angebrachte Löcher die mit Staub erfüllte Luft an, setzt einen Theil des Staubes an den Decken, einen anderen im Dachraume auf Leinwand ab; diese Vorrichtung ist dennoch ziemlich ungenügend. Trocknen. Zum Trocknen verwendet man allgemein hohe, mit Thüren verschlossene hölzerne Kästen, in welche auf eine Reihe von Holzleisten die etwa 1m langen und 60cm breiten, mit dichter Leinwand überzogenen Rahmen gelegt werden. Die Heizung erfolgt durch Röhren am Boden des Kastens, denen ein Schieber frische Luft zuführt; diese steigt in dem etwa 10cm betragenden Zwischenräume zwischen den Leisten und der Wand in die Höhe und wird durch einen am Kopfe des Kastens befindlichen Schlot abgeführt. In Waltham-Abbey sowie in den neueren Fabriken wird mit Dampf geheizt, während in Dartford Warmwasserheizung eingeführt ist. Zu letzterem Zwecke stehen in kurzer Entfernung von den Trockenhäusern halb unterirdisch kleine, nicht eingemauerte Walzenkessel, von denen das erwärmte Wasser abgeleitet wird; der Rauchkanal ist etwa 20 bis 30m weit fortgeführt, wo er in einen isolirt stehenden Schornstein mündet. Ausstauben und Poliren erfolgt gewöhnlich in langen, mit feinem Roſshaargitter überzogenen, horizontal liegenden Cylindern, nach Art der Mehlsichtecylinder, je nach der Pulvergattung auch unter Zusatz von Graphit. Wo das Ausstauben und Poliren nicht in einer Operation, also unter fortwährender Abfuhr des beim Poliren gebildeten Staubes durchgeführt wird, hat man besondere Polirfässer. Das Ausstauben einer Beschickung dauert 6 bis 8 Stunden, das Poliren bis zu 24 Stunden. Verpacken. In England ist die Versendung in Packeten von 1 Pfund engl. allgemein üblich; seltener werden diese 5 Pfund schwer gemacht. Die Packung in Papier ist nicht beliebt; gewöhnlich werden die bekannten ovalen Blechdosen mit einem kleinen Schieber benutzt. Je 100 Pfund kommen sodann in ein Faſs, welches bestimmten, vom Ministerium vorgeschriebenen Proben in Bezug auf seine Festigkeit und Dichtigkeit entsprechen muſs. Comprimirtes Pulver. Waltham-Abbey erzeugt selbstverständlich die meisten Gattungen comprimirten Pulvers, da die englische Armee und Flotte die verschiedensten Kanonensysteme besitzt. Dartford macht bloſs eine Gattung comprimirten Pulvers, während andere Fabriken speciell für Bergbauzwecke Sprengpulverpatronen herstellen. Der Form nach werden im Allgemeinen erzeugt: länglich-cylindrische Patronen mit centraler Bohrung, prismatisches Pulver mit sechseckigem Querschnitte und centraler Bohrung, Pellet-Pulver, kugelförmige Körner von etwa 13mm Durchmesser mit cylindrischem Aequator. Die Sprengpulverpatronen sind cylindrisch mit centraler aber conischer Bohrung, weil die englischen Bergleute gewohnt sind, das Ende der Zündschnur umzubiegen, dieselbe beim weiteren Theile der Bohrung einzuziehen und so zu verzwicken, darauf sodann die anderen Patronen aufzureihen und alle auf einmal in das Bohrloch zu versenken. Alle diese comprimirten Pulversorten werden aus bereits gekörntem, jedoch nicht polirtem Pulver hergestellt und zwar die für Nordenfeldt's Kanonen bestimmten cylindrischen Patronen aus gröberem Korne als die anderen. Das Pressen der Patronen erfolgt fast ausschlieſslich auf hydraulischen Maschinen, ausgenommen das Savety powder, dessen Patronen auf einer Excenterpresse hergestellt werden. Durch Riemenscheiben und Zahnräder wird eine Reihe von Excentern in Drehung gebracht, deren eine Hälfte den Preſsstempel niederdrückt, während die andere ihn aufhebt; die Presse besitzt drei solcher Stempel. Die Form für die Patrone besteht aus 2 Theilen. Ein Eisenstück mit 3 Halbcylinderformen steht fix, ein zweites ist durch ein Excenter vor und dicht anzuschieben. Von unten tritt, gleichfalls durch ein Excenter bewegt, ein Unterlagstück mit drei conischen Dornen in die Form, worauf durch eine Gosse die Füllung selbstthätig erfolgt; die Stempel sind selbstverständlich ausgebohrt. Nachdem die Pressung beendet ist, gehen die Dorne herab und ein Abstreifer wirft die Patronen heraus. Die so gepreſsten Patronen zeigen deutlich die Naht, wo die beiden Halbcylinder an einander stoſsen; dieselben haben einen Durchmesser von 52mm bei 105mm Höhe und sind auſserordentlich hart. Ueber die Gröſse des hierbei angewendeten Druckes konnte mir selbst der Erbauer der Maschine keine Auskunft geben; da jedoch das Preſsgut aus ungleich groſsen Körnern besteht, die Patronen aber dennoch dichte Structur haben, die Höhe der Patrone bedeutend ist, wodurch ein quadratisches Steigen des Druckes bedingt wird, so muſste ich nach von mir ausgeführten Versuchen auf einer hydraulischen Presse den hier angewendeten Druck auf mindestens 1500k/qc veranschlagen, – was der Maschinenfabrikant auch ohne Zögern als möglich zugab. Daſs unter solchen, für eine Excenterpresse abnormen Verhältnissen alle Theile derselben sehr groſsen Abnutzungen und häufigen Brüchen unterworfen sind, ist nur natürlich. Die einfachste Art des Pressens von Patronen mit der hydraulischen Presse ist die in Faversham, Sedgwick u.a. O. gebräuchliche, wo die Presse eine gewöhnliche Oel- oder Buchbinderpresse ist. Nur die Formen sind an verschiedenen Orten verschieden. Manche haben bloſs ein Formstück, stecken den Stempel hinein und geben das Ganze unter die Presse. Andere haben in einer Form platte viele Löcher, auf welche eine mit entsprechenden Stempeln versehene Platte aufgesetzt wird. Noch andere geben 3 Formbüchsen in einen Holzklotz, an welchen sich unten eine Metallplatte anlegt. In Höhlungen dieser Platte werden Dorne für die Bohrung der Patronen eingesteckt und nach Füllung der Büchsen die entsprechend ausgehöhlten Stempel aufgesetzt. Je drei solcher Patronenformen werden unter Zwischenlegung einer Metallplatte über einander gestellt und auf einmal gepreſst. Die Büchse ist ein wenig conisch, so daſs durch einen leichten Schlag mit einem Hammer die Patrone herausfallt. Fig. 1., Bd. 249, S. 463 Alle so gepreſsten Patronen haben den Druck nur von einer Seite erhalten; um sie also für praktische Zwecke fest genug zu machen, muſs ein verhältniſsmäſsig groſser Druck von etwa 550at aufgewendet werden. Auf genau gleiche Dichtigkeit des Pulvers in allen Theilen der Patrone wird eben kein Gewicht gelegt. Zum Pressen von prismatischen oder cylindrischen Patronen sind in Waltham-Abbey und in Dartford groſse hydraulische Pressen mit Druck von beiden Seiten im Gebrauche, welche sehr umständlich gebaut und ebenso kostspielig sind. Die Presse in Waltham-Abbey hat auf einem massiven, eisernen Gestelle 2 Preſscylinder, einen unten, einen oben; beide Kolben sind aus Kupfer und haben 395mm im Durchmesser. Der untere Kolben K1 (Fig. 1) trägt eine Platte p1 aus Guſseisen mit 40 central durchbohrten (runden oder prismatischen) Hohlstempeln s, in deren Mitte je eine lange Nadel n aus Phosphorbronze eingesteckt ist, welche unten in dem guſseisernen Cylinderkörper C eingeschraubt sind. Die Presse hat ferner in der Mitte einen feststehenden guſseisernen Quertisch T, in welchen 40 Büchsen b aus Phosphorbronze mit einem (cylindrischen oder prismatischen) Hohlräume eingelassen sind. Die schon erwähnten Nadeln n reichen bis an die Oberfläche des Preſstisches T. Der obere Kolben K2 trägt gleichfalls an einer Guſseisenplatte p2 40 central gebohrte Stempel S aus Phosphorbronze. Das Pressen geschieht in folgender Weise: Seitwärts von der Presse in einem gegen diese offenen Vorbaue sind die Hähne zur Zu- und Ableitung des Wassers. Der Arbeiter öffnet den Hahn zum unteren Kolben K1 und bringt dadurch die unteren Stempel s, in welchen stets die Nadeln n spielen, ein wenig in die Büchsen b. Nun werden diese gefüllt und zwar entweder mit einer Meſsmaschine (40 Trichter mit in Gelenk beweglichem Boden, welcher bei einem bestimmten Gewichte aufklappt), oder von Hand mit einer auf der Wage gewogenen Menge. Sodann wird Wasser über den oberen Kolben K2 gelassen; derselbe senkt sich auf das Pulver, wobei die Nadeln n in die Stempel S eintreten. Zugleich werden auch die unteren Stempel s gehoben und wird der so erzeugte beiderseitige Druck 2 Minuten lang aufrecht erhalten. Sodann wird das Wasser oben ganz, unten etwas abgelassen, wobei der obere Kolben K2 durch ein Gegengewicht hinaufgezogen, während der untere K1 nun abermals und so lange gehoben wird, bis die Patronen heraustreten, um von Hand abgenommen werden zu können. Der hierbei ausgeübte Druck beträgt fast 400at und wird nicht direkt durch Pumpen erzeugt; vielmehr heben diese einen in einem besonderen Thurme stehenden Accumulator, welcher das Wasser nun mit stets gleichem Drucke in die Preſscylinder treibt; die Röhrenleitung hierzu liegt auf der ganzen, etwa 50m betragenden Strecke frei auf dem Boden. Das von den prismatischen Patronen geforderte specifische Gewicht ist 1,884. Man hat jedoch auch in Waltham-Abbey die schon früher in Ochta und anderwärts gemachte Erfahrung beobachtet, daſs der verschiedene Feuchtigkeitsgehalt der Luft Einfluſs auf das specifische Gewicht der Patronen habe, d.h. daſs man dieselben Morgens und Abends, sowie bei schlechtem Wetter unter gleichem Drucke stärker zusammenpressen könne als sonst. Man ist deshalb genöthigt, mehr Pulver aufzugeben, oder den Druck zu vermindern, um die gleiche Patronenhöhe zu erreichen. Das Pressen mit dem Accumulator hat daher nicht den Erfolg, welchen man sich davon versprach, nämlich in Folge des stets gleichen Druckes auch stets gleiche Patronen zu erhalten. Eine andere, in Waltham-Abbey noch unaufgeklärte Erscheinung ist die, daſs zu cylindrischen Patronen von Pulver gleicher Korngröſse und zur selben Zeit eine um ein Fünftel höhere Füllung nöthig ist als zu prismatischen Patronen. Diese Erscheinung erklärt sich nur dadurch, daſs die cylindrischen Patronen von Waltham-Abbey einen gröſseren Durchmesser bezieh. Umfang haben als die prismatischen. Denn obwohl kantige Hohlräume bei gleichem Umfange im Allgemeinen schwerer zu füllen sind als runde – der Füllungsgrad wird geringer, weil die Adhäsion an den Wänden steigt –, so wird doch aus demselben Grunde eine runde Patrone von kleinerem Querschnitte auch einen kleineren Füllungsgrad besitzen. Mit anderen Worten: Die Füllhöhe ist dem Formumfange umgekehrt proportional. – Diese hydraulische Presse in Waltham-Abbey kommt auf etwa 25000 M. zu stehen. Eine ähnliche, nur noch weniger einfache Presse arbeitet in der Dartforder Fabrik und wurde von J. und E. Hall in Dartford gebaut. Ich konnte meine Meinung nicht verhehlen, daſs eine Presse, welche beiderseits Druck ausübt und doch nur mit einem Kolben arbeitet, leicht herzustellen und unverhältniſsmäſsig billiger ist, ohne so umständlich zu sein. Fig. 2., Bd. 249, S. 465 Das Pressen von Pellet powder erfolgt auf der mehrfach (z.B. in Karmarsch und Heeren's Wörterbuch, 1878 Bd. 3 S. 332) abgebildeten hydraulischen Presse, jedoch werden nicht, wie dort angeführt, kleine Cylinder mit Vertiefung an einem Ende erzeugt, sondern in einer cylindrischen Form pressen zwei concav ausgehöhlte Stempel, wodurch kugelförmige Körper mit cylindrischem Aequator entstehen (vgl. Fig. 2). Fig. 3., Bd. 249, S. 465 Fig. 4., Bd. 249, S. 465 Zur Controle der Pressungsdauer wird allgemein eine dem Capitain Watkins von Waltham-Abbey patentirte Sanduhr benutzt. Das Glasgefäſs derselben hat die bekannte doppelt eiförmige Gestalt- die eine Birne hat jedoch, wie aus Fig. 3 und 4 zu ersehen, unterhalb an der Seite eine kleine Oeffnung, mit welcher ein cylindrischer Glasbehälter verbunden ist, der durch einen Glasstab oben an die zweite Birne angeschmolzen ist. Dieser Glaskörper ist in einem hölzernen Kasten so gefaſst, daſs nur die eigentliche Sanduhr sichtbar wird; der Kasten ist an einer Messingsäule drehbar aufgehängt und wird durch eine am Boden des Gestelles befindliche Sperrfeder in senkrechter Stellung gehalten. Soll nun die Sanduhr gestellt werden, so füllt man die eine Birne aus dem Behälter durch entsprechendes Umlegen mit Sand, läſst ihn während der auf einer Taschenuhr beobachteten gewünschten Zeit in die zweite Birne laufen und schüttet den Rest in den Behälter zurück. Man hat es so in der Hand, die Sanduhr auf jede beliebige Zeit einzustellen. Die comprimirten Patronen kommen in Trockenkästen der früher beschriebenen Art; solche mit Bohrung werden nicht auf Rahmen gegeben, sondern es liegen in Einschnitten auf den Führungsleisten Drähte, auf welche die Patronen gefaſst werden. Die Trocknungsdauer beträgt 3 bis 4 Tage, trotzdem die Patronen durchschnittlich nur 3 Proc. Feuchtigkeit besitzen. Laboratorien und Versuchsapparate. Bei dem schon erwähnten Umstände, daſs in den Pulverfabriken meist nur Empiriker angestellt sind, findet man auch eine eigentliche chemische Aufsicht daselbst nicht. Den Anforderungen des Kriegsministeriums oder des Handels zu entsprechen, beschränkt man sich auf die Bestimmung der Feuchtigkeit, der Dichtigkeit und der ballistischen Wirkung des Pulvers. Den Exsiccator kennt man beinahe gar nicht. Das gewogene Pulver wird lediglich 10 bis 12 Stunden lang einer Temperatur von 82° ausgesetzt und daraus der Feuchtigkeitsgehalt berechnet. Zur Bestimmung der Dichtigkeit ist das Densimeter von Bianchi üblich, welcher in Desortiaux's Uebersetzung des Upmann und Meyer'schen Werkes beschrieben ist. Fig. 5., Bd. 249, S. 466 Für comprimirte Pulver hat man in Waltham-Abbey einen besonderen Dichtigkeitsmesser, welcher im Wesentlichen eine Vereinfachung des Bothe'schen Apparates ist. In einem Messinggestelle sind in 2 Ringträgern je 3 Messingrollen concentrisch und drehbar aufgehängt (vgl. Fig. 5); sie dienen zur Führung eines Metallstabes, welcher an seinem unteren Ende 4 Klauen trägt, eingetheilt ist und in eine mit Quecksilber gefüllte Schale taucht. Das zu prüfende Pulver wird in die Klauen gesteckt und auf dem Quecksilber schwimmen gelassen; je nach seiner gröſseren oder geringeren Dichtigkeit wird das Pulver und somit auch der Messingstab höher oder tiefer stehen, was an der Eintheilung mit Hilfe einer Nullmarke abgelesen wird. An Brisanzapparaten hat man nur den Noble'schen Crusher und den Le Boulengé'schen Chronographen älterer Construction; zu des letzteren Bedienung sind gewöhnlich luxuriös ausgestattete Geschütze vorhanden. Safety powder. Die Einrichtung zur Erzeugung dieses lediglich für Sprengzwecke bestimmten Pulvers fand ich trotz der reichen Erfahrungen der Dartforder Schwarzpulverfabrik ziemlich primitiv; ich vermeide deshalb deren nähere Beschreibung. Der Prozeſs ist im Wesentlichen ein Arbeiten mit Lösungen der Salze. Dynamitfabriken. Bis vor einem Jahre war noch in den Vereinigten Königreichen das Nobel'sche Patent in Wirksamkeit, wodurch ausschlieſslich die mit Hrn. Nobel verbundene Gesellschaft eine Fabrik in Betrieb hatte. Es ist nun natürlich, daſs auch die englische Unternehmung von allen jenen reichen Erfahrungen in der Erzeugung von Nitroglycerinpräparaten Nutzen zog, welche die vielen Nobel'schen Fabriken sammelten und es ist deshalb über diesen Zweig der Sprengmittel-Fabrikation Neues nicht zu berichten, da auch die seit einem Jahre etwa bestehende Fabrik in Pembrey jetzt nach dem gleichen Systeme arbeitet. Ursprünglich hatte die Pembreyer Fabrik das Boutmy-Faucher'sche Verfahren der Nitroglycerin-Erzeugung angenommen, wobei zuerst eine Emulsion von Glycerin und Schwefelsäure hergestellt und dann die Salpetersäure hinzugefügt wird. Vor Kurzem wurde dieses Verfahren jedoch wieder aufgegeben, nachdem es sich als gefährlicher erwiesen hat. Es nöthigt nämlich dazu, die Nitrirflüssigkeiten viel längere Zeit auf einander einwirken zu lassen, als dies nach den älteren Prozessen nothwendig ist, weil das in der Schwefelsäure aufgenommene Glycerin mit der verhältniſsmäſsig geringen Menge von Salpetersäure nicht so leicht in innige Berührung tritt, dann aber das Nitroglycerin sich nur schwer wieder von den Säuren trennt und längere Zeit absitzen muſs. In einem solchen Falle (am 11. November 1882) ist eine bereits fertige Nitrirbeschickung, glücklicherweise in Abwesenheit der Arbeiter, wahrscheinlich in Folge stürmischer Wärme-Entwickelung explodirt und dies war die unmittelbare Veranlassung zum Aufgeben des wohl etwas bessere Ergebnisse liefernden, aber auch mehr Zeit beanspruchenden Boutmy-Faucher'schen Verfahrens. Mit dem Erlöschen des Nobel'schen Patentes wurde auch der Einfuhr von Dynamit aus Deutschland der Weg geöffnet und man hat im J. 1882 bereits 457252k (1008050 Pfund engl.) eingeführt. (Schluſs folgt.)