Titel: Ueber die Messung und Registrirung der in elektrischen Leitungen verbrauchten Arbeit.
Autor: Wehage
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, S. 475
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Ueber die Messung und Registrirung der in elektrischen Leitungen verbrauchten Arbeit. Mit Abbildungen. Uppenborn's totalisirender Arbeitsmesser für elektrische Leitungen. Um die zwischen zwei Punkten einer Leitung in einer gewissen Zeit verbrauchte elektrische Energie zu bestimmen, benutzt man in der Regel Galvanometer, welche durch die Gröſse der Ablenkung eines Magnetes die Stärke des Stromes anzeigen. Es ist dabei gleichgültig, ob die Elektricität nur einen Leitungswiderstand zu überwinden hat und sich in Wärme umsetzt, oder ob sie zur Hervorbringung von Licht dient, oder ob sie eine Dynamomaschine treibt und in mechanische Arbeit übergeht. Man verfährt in der Weise, daſs man zunächst ein Galvanometer, dessen Widerstand gegen den zwischen den beiden Punkten vorhandenen Widerstand vernachlässigt werden kann, in die Leitung selbst einschaltet. Dasselbe zeigt direkt die Stromstärke, d.h. die in der Zeiteinheit durch einen Querschnitt der Leitung gehende Elektricitätsmenge an, welche sich sowohl mit der Spannungsdifferenz zwischen den beiden Punkten, als auch mit dem vorhandenen Widerstände ändert. Ein zweites Galvanometer wird in einer zwischen den Punkten hergestellten Nebenleitung angebracht, in welche aber auſserdem ein Rheostat eingeschaltet ist, gegen dessen Widerstand derjenige der Hauptleitung verschwindend klein ist. Da bei Stromverzweigungen die Stromstärken sich umgekehrt verhalten wie die Widerstände in den einzelnen Zweigen, so wird durch diese Nebenleitung auch nur eine ganz geringe Elektricitätsmenge strömen, welche gegen die durch die Hauptleitung flieſsende vernachlässigt werden kann. Diese durch die Nebenleitung gehende Elektricitätsmenge gibt, durch das zweite Galvanometer gemessen, zugleich ein Maſs für die Spannungs- oder Potentialdifferenz der beiden in Betracht gezogenen Punkte, da die Stromstärke nur von dieser Spannungsdifferenz und dem Widerstände abhängt, letzterer aber, im Wesentlichen aus dem Rheostat bestehend, bekannt ist. Da der Widerstand constant bleibt (falls er nicht absichtlich geändert wird), so ändert sich die von dem zweiten Galvanometer angezeigte Stromstärke nur mit der Spannungsdifferenz, d.h. gleichsam mit der Fallhöhe der Elektricität, welche auch für die Hauptleitung in Betracht kommt. Nach der schon mehrfach angewendeten Parallele zwischen einem elektrischen und einem Wasserstrome würde die dem Vorstehenden entsprechende Messung der zwischen zwei Punkten eines Wasserlaufes verbrauchten Energie etwa folgendermaſsen durchzuführen sein: Man miſst, z.B. mit Hilfe eines Stromquadranten (durch die Ablenkung eines Schwimmers), die Geschwindigkeit in dem Wasserlaufe selbst. Um hieraus die in der Zeiteinheit durch einen Querschnitt flieſsende Wassermenge zu bestimmen, ist allerdings noch die Kenntniſs des Querprofiles nothwendig. Ferner bringt man zwischen den beiden betrachteten Punkten eine Nebenleitung an, in welche etwa in Form einer langen, engen Röhre ein dem Rheostaten entsprechender Widerstand eingeschaltet wird. Ist die zur Ueberwindung dieses Widerstandes nöthige Arbeit bekannt und miſst man die durch die Nebenleitung flieſsende Wassermenge, was auch wieder mittels eines Stromquadranten geschehen kann, so läſst sich aus Widerstandsarbeit und Wassermenge die Gefällhöhe ermitteln. Der Vergleich paſst allerdings in so fern nicht ganz, als weder die Widerstandsarbeit, noch der hydraulische Widerstand selbst in seinem Verhältnisse zur Wassermasse und zur Gefällhöhe dem elektrischen Widerstände entspricht. Dem letzteren würde eine Gröſse entsprechen, welche, mit der Wassermasse multiplicirt, die Gefällhöhe gibt. Für diese Gröſse fehlt aber eine besondere Bezeichnung. Bleibt nun in einer elektrischen Leitung zwischen den beiden gedachten Punkten sowohl die Stromstärke, wie auch die Spannungsdifferenz während längerer Zeit constant, so genügt eine einmalige Ablesung an beiden Galvanometern, um die während jener Zeit verbrauchte elektrische Energie zu ermitteln. Aendern sich die beiden Gröſsen zeitweilig oder fortwährend, so ist eine mehr oder weniger häufige Ablesung erforderlich, um aus den so erhaltenen, paarweise zusammengehörigen Werthen die gesammte Energie berechnen zu können. Es kann aber auch in manchen Fällen sehr erwünscht sein, durch einen Apparat nach Art der totalisirenden Arbeitsmesser die in einer gewissen Zeit verbrauchte gesammte Elektricität nach Menge und Spannung selbstthätig aufzeichnen zu lassen, wobei im Allgemeinen eine fortwährende stetige Aenderung sowohl der Stromstärke, wie auch der Spannungsdifferenz vorausgesetzt werden muſs. Bezeichnet man erstere mit I und leztere mit E1E2, so ist also von dem Apparate das Integral ∫ I(E1E2) dt, über eine beliebige Zeitdauer ausgedehnt, zu bilden. Fig. 1., Bd. 249, S. 476 Ein solcher Apparat kann etwa die in Fig. 1 schematisch dargestellte Einrichtung erhalten, welche von F. Uppenborn in der Zeitschrift für angewandte Elektricitätslehre (jetzt Centralblatt für Elektrotechnik), 1882 S. 518, angegeben ist. Der Welle w wird durch irgend eine Antriebsvorrichtung (z.B. ein Uhrwerk) eine gleichförmige Umdrehung ertheilt. Von ihr wird durch eine ebene Scheibe S und ein dieselbe berührendes Reibungsrad R eine Welle w1 mit gröſserer oder geringerer Geschwindigkeit getrieben, je nach der Stellung des auf der Welle w1 verschiebbaren Rädchens R. Die Verschiebung soll nun durch einen die Stärke I des elektrischen Stromes messenden Apparat derartig bewirkt werden., daſs R die Scheibe genau in ihrem Mittelpunkte berührt, wenn die Stromstärke Null ist und daſs die Verschiebung proportional der Stromstärke vor sich geht. Es wird dann auch die Drehung der Welle w1 in jedem Augenblicke proportional der Stromstärke sein, also die Zahl der Umläufe, welche w1 in einer bestimmten Zeit macht, das Integral a∫Idt angeben, worin a eine von dem Mechanismus abhängige Constante bezeichnet. Durch eine zweite Scheibe S1 und ein zweites Reibungsrad R1 wird dann die Bewegung in gleicher Weise auf eine dritte Welle w2, welche einem Zählwerke angehört, übertragen. Die Verschiebung des Rädchens R1 soll proportional der Potentialdifferenz ElE2 bewirkt werden, so daſs mithin das Zählwerk das Integral c ∫ I (E1E2) dt, worin c wieder eine Constante ist, unmittelbar anzeigt. Die Einrichtung kann leicht so getroffen werden, daſs c = 1 wird. Ist aber, wie jetzt gebräuchlich, I in Ampère und E1E2 in Volt gemessen und soll die Energie direkt in Meterkilogramm abgelesen werden, so ist die Constante gleich (1 : g) = (1 : 9,81) zu machen. Wird z.B. R für je 1 Ampère und R1 für je 1 Volt um 1mm verschoben, beträgt ferner der Radius von R wie auch von R1rmm und soll die Welle w2, d. i. die Einerwelle des Zählwerkes, etwa für je 100mk eine Umdrehung machen, so muſs die Welle w in der Sekunde (r × r) : (9,81 × 100) Umläufe machen, wonach die Antriebsvorrichtung einzurichten ist. Fig. 2., Bd. 249, S. 477 In Fig. 2 ist die Vorrichtung veranschaulicht, welche zur Verschiebung von R benutzt werden soll. Dieselbe besteht aus einem Elektromagnete M, dessen Anker durch eine excentrische Scheibe gebildet wird und einer mit diesem Anker auf gleicher Achse befestigten Schnurrolle, mit welcher die das Rädchen R tragende Schelle verbunden ist. Der Elektromagnet M wird in den Hauptstromkreis eingeschaltet; sein Widerstand muſs so gering sein, daſs er vernachlässigt werden kann. Zur Verschiebung von R1, d.h. zur Messung der Spannungsdifferenz, wird ein ganz gleicher Apparat benutzt; jedoch wird der Elektromagnet desselben wie das gewöhnlich benutzte Galvanometer in eine Nebenleitung eingeschaltet, gegen deren Widerstand jener Widerstand der Hauptleitung vernachlässigt werden darf. Der Apparat kann u.a. Verwendung finden, wenn von einer Hauptleitung Zweigleitungen abgehen und die in den letzteren während beliebig langer Zeit verbrauchte elektrische Energie gemessen werden soll, gleichwie durch die Gasuhren die in den einzelnen Zweigen einer Gasleitung verbrauchte Gasmenge gemessen wird. Fig. 3 zeigt die einem solchen Falle entsprechende Anordnung: H ist die Hauptleitung, N die Nebenleitung mit Rückstrom durch die Erde. W ist der zwischen den Punkten V und V1 eingeschaltete nützliche Widerstand. M ist der die Fig. 3. Stromstärke und M1 der die Spannungsdifferenz zwischen V und V1 messende Elektromagnet. Durch den Ausschalter A wird bewirkt, daſs, während der Widerstand W ausgerückt ist, also der elektrische Strom nicht benutzt werden soll, auch kein Strom durch den Elektromagnet M1 geht. Man kann ferner auch, sobald der Verbrauch an elektrischer Energie unterbrochen wird, die Antriebsvorrichtung des Meſsapparates (das Uhrwerk) durch einen einfachen Mechanismus, welcher von einem der Elektromagnete ausgelöst wird, einstellen, damit derselbe sich nicht unnöthiger Weise dreht. Fig. 3., Bd. 249, S. 478 Wehage.